L 11 RJ 3127/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 RJ 4394/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 RJ 3127/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Feststellung der Anerkennung als Vertriebener oder Spätaussiedler durch die hierfür zuständige Behörde ist für den Rentenversicherungsträger und die Sozialgerichte bindend.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung von in R. zurückgelegten Rentenzeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) im Wege eines Zugunstenbescheides.

Die 1947 in O. (R.) geborene Klägerin war zwischen Mai 1966 und Mai 1993 in R. mit einer Unterbrechung zwischen dem 02.08.1968 und 13.06.1969 versicherungs-pflichtig tätig.

Am 24.06.1990 reiste die Klägerin, deren Antrag auf Übernahme in das Bundesgebiet am 11.07.1989 genehmigt worden war, erstmals mit ihrem Ehemann in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Bereits am 12.07.1990 kehrten die Eheleute nach R. zurücKarlsruhe Ihren Antrag auf Einbeziehung in die Verteilung als Aussiedler vom 12.07.1990 hatte das Bundesverwaltungsamt Empfingen mit Bescheid vom 12.07.1990 abgelehnt. Zur Begründung war ausgeführt worden, es könne nicht festgestellt werden, ob sich der Vater der Klägerin zum deutschen Volkstum bekannt und seine Tochter in überwiegend deutschem Sinn erzogen habe. Die Klägerin spreche kein Wort Deutsch. Eine Prägung durch deutsches Kulturgut sei nicht erkennbar. Nach ihren eigenen Angaben habe kein engerer gesellschaftlicher Kontakt zu deutschen Volkszugehörigen bestanden. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.1991 zurückgewiesen. Da der Widerspruchsbescheid keine eigenen Ermessenserwägungen hinsichtlich der Gründe der Rücknahme enthielt, wurde im Klageverfahren Ablehnungs- und Widerspruchsbescheid aufgehoben.

Nachdem sich die Klägerin im Februar 1991 noch einmal kurze Zeit in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hatte, siedelte sie am 22.07.1995 mit ihrem Ehemann endgültig in die Bundesrepublik Deutschland über. Ausweislich des Registrierscheins vom 11.08.1995 erfüllte der Ehemann der Klägerin die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in das Verteilverfahren als Spätaussiedler im Sinne des § 4 Bundesvertriebenengesetzes (BVFG). Die Klägerin wurde als Ehegatte des Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 BVFG geführt. Mit Bescheinigung nach § 15 BVFG vom 10.03.1998 stellte das Landratsamt R. - Ausgleichsamt - fest, dass der Ehemann der Klägerin Spätaussiedler nach § 4 BVFG und die Klägerin Ehegatte eines Spätaussiedlers nach § 7 Abs. 2 BVFG ist.

Am 26.05.2000 beantragte die Klägerin eine Kontenklärung.

Mit Bescheid vom 27.06.2000 stellte die Beklagte u.a. fest, die im Herkunftsland zurückgelegten Zeiten könnten nach dem Fremdrentenrecht nicht anerkannt werden, da die Klägerin nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehöre. Nach § 1 Buchst. a FRG finde das Fremdrentenrecht Anwendung auf Vertriebene im Sinne des § 1 BVFG sowie auf Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG. Aus der vorgelegten Bescheinigung nach § 15 BVFG gehe hervor, dass die Klägerin lediglich eine Anerkennung nach § 7 Abs. 2 BVFG bekommen habe, also nur Ehegatte eines Spätaussiedlers sei. Damit erfülle sie nicht die Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 1 FRG.

Ihren dagegen erhobenen Widerspruch nahm die Klägerin zurücKarlsruhe

Am 23.02.2001 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheids vom 27.06.2000 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Sie machte geltend, sie sei vor dem 01.07.1990 in die Bundesrepublik Deutschland als Vertriebene aufgenommen worden. Deshalb komme es nicht auf die Bescheinigung nach § 7 BVFG, sondern darauf, ob sie Vertriebene sei, an. Die Beklagte werde gebeten, einen Antrag gemäß § 100 Abs. 2 BVFG beim zuständigen Ausgleichsamt in R. zu stellen.

Das Landratsamt R. teilte der Beklagten auf deren Ersuchen mit Schreiben vom 02.05.2001 mit, die Klägerin sei laut eigenen Antragsangaben und Eintrag im Registrierschein am 23.07.1995 ins Bundesgebiet eingereist und habe am 28.08.1995 die Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 7 Abs. 2 BVFG als Ehegatte eines Spätaussiedlers beantragt. Diesem Antrag sei mit Bescheid vom 10.03.1998 stattgegeben worden. Vor diesem Zeitpunkt habe sich die Klägerin bereits zweimal vorübergehend im Bundesgebiet aufgehalten und zwar vom 24.06. bis 12.07.1990 und im Februar 1991. Beides Mal sei sie freiwillig nach R. zurückgekehrt. Es sei weder eine Aufnahme als Vertriebene noch eine entsprechende Antragstellung nach dem BVFG erfolgt. Eine Anerkennung als fremdvölkische Ehegattin eines Vertriebenen im Sinne von § 1 Abs. 3 BVFG sei daher nicht möglich.

Mit Bescheid vom 07.05.2001 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Überprüfung ab. Eine Anerkennung als Vertriebene im Sinne von § 1 Abs. 3 BVFG sei nach Mitteilung des Landratsamtes R. ausgeschlossen, weil sie sich in den Jahren 1990 und 1991 nur vorübergehend im Bundesgebiet aufgehalten habe. Somit habe ihr in dieser Zeit der Wille gefehlt, den ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu begründen. Die Anerkennung der in R. zurückgelegten Zeiten nach dem Fremdrentengesetz bleibe ausgeschlossen. Ein neuer Sachverhalt habe sich nicht ergeben.

Den nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2001 zurücKarlsruhe

Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht KARLSRUHE (SG) mit welcher sie ihr Begehren weiterverfolgte. Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass sie keine Aufnahme als Vertriebene gefunden habe. Ein entsprechender Antrag gemäß § 100 Abs. 2 BVFG sei beim zuständigen Ausgleichsamt nicht gestellt worden. Es treffe zwar zu, dass sie sich lediglich in den vom Landratsamt R. mitgeteilten Zeiträumen in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe. Dies sei aber keinesfalls nur vorübergehend gewesen. Die Rückkehr sei jeweils unfreiwillig erfolgt, da ihr von der zuständigen Ausländerbehörde zu Unrecht mitgeteilt worden sei, dass sie nur im Rahmen eines Aufnahmeverfahrens nach dem BVFG in die Bundesrepublik einreisen könne und sie im Falle einer nicht freiwilligen Rückreise abgeschoben werden müsse. Selbst wenn sie in den genannten Zeiträumen tatsächlich keine Aufnahme als Vertriebene gefunden habe, wäre ihre Klage jedoch auf jeden Fall auch deshalb begründet, da § 1 FRG in seiner jetzt geltenden Fassung mit Art. 3 Grundgesetz nicht vereinbar sei. Es sei kein Grund ersichtlich, weswegen die Ehegatten von Spätaussiedlern nunmehr anders behandelt werden sollten als die Ehegatten zum Zeitpunkt der Geltung des § 1 FRG in der alten Fassung.

Die Beklagte trug dagegen vor, dass in allen Fällen des Zuzugs aus den Vertreibungsgebieten nach dem 31.12.1992 nur noch eine Feststellung über die Eigenschaft als Spätaussiedler und eine Bescheinigung über diese Eigenschaft nach § 15 BVFG, nicht jedoch die Feststellung der Vertriebeneneigenschaft möglich sei. § 100 Abs. 2 BVFG komme deshalb nicht in Betracht.

Mit Gerichtsbescheid vom 27.06.2003, an die Klägerin per Übergabe-Einschreiben abgesandt am 01.07.2003, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, die Ablehnung der Anerkennung von Versicherungszeiten in R. nach dem FRG durch Bescheid vom 27.06.2000 sei zu Recht erfolgt. Nach § 15 Abs. 1 FRG stünden Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der Versicherung zurückgelegt sind den nach Bundesrecht zu berücksichtigenden Beitragszeiten gleich. Voraussetzung dafür sei aber, dass der Versicherte zum Personenkreis gehöre, für den das FRG Anwendung finde. Diesem Personenkreis sei die Klägerin nicht zuzurechnen. Sie könne auch keine Anerkennung als Vertriebene oder Spätaussiedlerin mehr erlangen. Zur Zeit ihrer Einreise habe sie nicht die deutsche, sondern die rumänische Staatsangehörigkeit besessen. Deutsche Volkszugehörige sei sie nicht. Dies ergebe sich aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 12.07.1990. Vor dem 23.07.1995 habe sie keinen ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründet. Von Verfassungs wegen sei es auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Bereinigung von Kriegsfolgengesetzen vom 21.07.1992 gemäß § 1 FRG i.V.m. §§ 1, 4, 7, 13 BVFG nur noch dem Ehegatten eines Vertrieben bzw. eines Aussiedlers mit Aufenthaltsnahme bis 31.12.1992, nicht jedoch dem Ehegatten eines Spätaussiedlers die Eingliederung in die Rentenversicherung mit den im Herkunftsland zurückgelegten Zeiten vergönne.

Hiergegen hat die Klägerin am 31.07.2003 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass ihr zwar eine Spätaussiedlerbescheinigung ausgestellt worden sei, sie jedoch den Status eines Vertriebenen im Sinne des § 1 Abs. 3 BVFG im Zeitpunkt des Verlustes des Wohnsitzes durch Aussiedlung erworben habe. Sie sei mit ihrem Ehemann in die Bundesrepublik Deutschland aus R. fliehend eingereist. Sie sei im Besitz einer Übernahmegenehmigung gewesen und habe sich am 24.06.1990 bei der Außenstelle des Bundesverwaltungsamtes in Empfingen zwecks Registrierung gemeldet. Durch diesen Antrag auf Registrierung habe sie kundgetan, dass sie als Aussiedler bzw. Ehegatte eines Aussiedlers im Sinne des § 1 Abs. 3 BVFG aufgenommen werden wollte. Das Vertreibungsgebiet habe sie aufgrund des damals noch vermuteten und zu diesem Zeitpunkt auch herrschenden Vertreibungsdrucks verlassen. Aufgrund eines Irrtums des Bundesverwaltungsamtes sei die Registrierung abgelehnt und ihr erklärt worden, ihre Übernahmegenehmigung sei zurückgenommen worden. Sie sei von den Behörden, an die sie sich habe wenden müssen, aufgefordert worden, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Da sie mit der Abschiebung bedroht und vor dem Gefängnis höllische Angst gehabt habe, sei sie zunächst aus der Bundesrepublik Deutschland ausgereist. Das Verfahren habe sie jedoch weiterbetrieben. Als klar gewesen sei, dass die bisher als zurückgenommen geglaubte Übernahmegenehmigung nicht zurückgenommen worden sei, sei sie wieder zurückgekehrt. Daraufhin habe sie von der Behörde eine Spätaussiedlerbescheinigung erhalten. Diese Bescheinigung sei womöglich ebenfalls irrtümlich ausgestellt worden. Gemäß § 100 Abs. 2 BVFG müsste sie als Vertriebene angesehen werden. Im vorliegenden Verfahren sei die Beklagte verpflichtet, ihren Vertriebenenstatus gemäß § 100 Abs. 2 BVFG feststellen zu lassen. Hierzu könne sie auch verpflichtet werden. Zwar sei es in der Rechtsprechung umstritten, ob dieser Antrag von ihr, der Klägerin, direkt gestellt werden könne. Der Gesetzestext und die Mehrheit in der Rechtsprechung vertrete jedoch die Meinung, dass die Behörde in dem dazugehörigen Verfahren verpflichtet werden könne, den entsprechenden Antrag zu stellen und anschließend unter Berücksichtigung der Entscheidung der Vertriebenenbehörde zu entscheiden. Andererseits werde die Meinung vertreten, dass die Gerichte die Entscheidungen der Behörde ersetzen könnten. In beiden Fällen käme man zu dem Ergebnis, dass sie (spätestens) am 24.06.1990 Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 3 BVFG geworden sei. Ein einmal erworbener Vertriebenenstatus gehe durch eine erzwungene Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland, die eindeutig und alleine in einem Fehler der Behörde liege, nicht unter. Zur Unterstützung ihres Begehrens legte sie ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 03.09.2002 - 22 K 3731/99 - und ein Schreiben des Bundesverwaltungsamtes Köln vom 01.08.1997 vor. Aus letzterem geht u.a. noch hervor, dass die Klägerin im Jahr 1993 keinen Aufnahmeantrag gestellt, sondern sich auf die erteilte Übernahmegenehmigung berufen hat. Ein Aufnahmebescheid sei zu keiner Zeit erteilt worden.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts KARLSRUHE vom 27. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2001 zu verurteilen, den Bescheid vom 27. Juni 2000 abzuändern und die Zeit vom 1.Mai 1966 bis 29. Mai 1993 als Fremdrentenzeit anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, sie dürfe über die Vertriebeneneigenschaft nicht in eigener Zuständigkeit entscheiden. Die Entscheidung der für die Durchführung des BVFG zuständigen Behörde sei für alle übrigen Stellen verbindlich (§ 15 Abs. 5 BVFG a.F.). Auf ihr Ersuchen nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG vom 28.02.2001 über die Vertriebeneneigenschaft der Klägerin zu entscheiden, habe das Rechts- und Ordnungsamt des Landratsamtes R. am 02.05.2001 unmissver-ständlich erklärt, dass die Klägerin nicht unter den Personenkreis des § 1 Abs. 3 BVFG falle.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 07.05.2001 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheids vom 08.11.2001 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den vorangegangenen Bescheid vom 27.06.2000 abzuändern.

Die rechtlichen Grundlagen für die Rücknahme eines Bescheids gemäß § 44 SGB X und die Voraussetzungen für die Anerkennung von Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der Rentenversicherung zurückgelegt sind, sind im Gerichtsbescheid des SG zutreffend dargestellt. Darauf wird verwiesen.

Danach könnten die von der Klägerin in R. zurückgelegten Rentenversicherungszeiten nach der Vorschrift des § 15 FRG berücksichtigt werden, wenn sie zum Personenkreis des FRG gehören würde. Wer hierzu gehört richtet sich nach § 1 FRG. Notwendig ist eine entsprechende Anerkennung durch die nach dem BVFG zuständige Feststellungsbehörde. Eine solche Feststellung durch das Landratsamt liegt hier nicht vor. Die Klägerin ist "nur" gemäß § 7 Abs. 2 BVFG als Ehegatte eines Spätaussiedlers anerkannt. Im Hinblick darauf, ob diese Anerkennung zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist, steht der Beklagten kein eigenständiges Prüfungsrecht zu. Die Frage der Zugehörigkeit der Klägerin zu dem Personenkreis des § 1 FRG aufgrund der am 11.07.1989 erteilten Übernahmegenehmigung kann deshalb in diesem Verfahren dahingestellt bleiben. Die Beklagte hat gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG lediglich die Möglichkeit, die Vertriebenen- oder Spätaussiedlereigenschaft durch die zuständige Behörde feststellen zu lassen. Ein entsprechendes Ersuchen hat sie an das Landratsamt gestellt. Das Landratsamt hat eine Anerkennung mit Schreiben vom 02.05.2001 abgelehnt. An diese negative Entscheidung ist die Beklagte im Sinne einer Tatbestandswirkung gebunden (vgl. Landessozialgericht Essen, Urteil vom 28.01.2000 - L 4 RJ 109/99 -, BSG, Urteil vom 23.06.1999 - B 5 RJ 44/98 R -, Verwaltungsgerichtshof Mannheim, Urteil vom 19.03.1996 - 16 S 3027/95 -). Diese Tatbestandswirkung hat auch zur Folge, dass auch der Senat nicht eigenständig prüfen darf, ob die Klägerin nach dem BVFG als Vertriebene aufgrund der bereits in den Jahren 1990 und 1991 erfolgten Einreisen als Vertriebene anzuerkennen ist. Selbst wenn der Klägerin darin zugestimmt würde, dass sie die Voraussetzungen sowohl des § 1 als auch die des § 6 BVFG erfüllt und dass die bisherige negative Entscheidung bezüglich ihrer eigenen Spätaussiedlereigenschaft unbeachtlich ist, müsste zunächst ihre Vertriebeneneigenschaft durch das dafür allein zuständige Landratsamt festgestellt werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin den Ausweis bzw. die Bescheinigung erst nach dem 31.12.1992 beantragt hat. Auch in diesen Fällen ist keine individuelle Prüfung jedes Einzelfalles durch den jeweiligen Leistungsträger vorzunehmen. Die Klägerin muss vielmehr auch bei Vorliegen dieser Konstellation entsprechend der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19.03.1996 zunächst den Aufnahmebescheid beantragen und notfalls gerichtlich erstreiten. Sollte die Klägerin mit einem solchen Vorgehen Erfolg haben, stünde die im Moment noch negative Tatbestandswirkung der Entscheidung der Verwaltungsbehörden einem eventuell erneuten Antrag gemäß § 44 SGB X nicht mehr entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision besteht kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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