L 2 EG 4/16

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 3 EG 12/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 EG 4/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 21. Juni 2016 wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Zahlung von Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat ihres Sohnes.

Die am ... 1981 geborene Klägerin ist die Mutter des am ... 2013 geborenen Sohnes M ... Der Vater des Kindes ist E. S., er hat die Vaterschaft am 25. Juni 2013 anerkannt. Am 16. Juli 2013 stellte die Klägerin einen Antrag auf Elterngeld bei dem Beklagten, welches durch beide Eltern beansprucht werden sollte. Sie wollte Elternzeit vom 19. Juni 2013 bis zum 18. Juni 2014 für die ersten 12 Lebensmonate des Kindes nehmen. Der andere Elternteil beantragte Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes vom 19. Juni bis zum 18. August 2014. Die Klägerin beantragte das Elterngeld auf der Grundlage des Einkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit der letzten 12 Monate vor der Geburt des Kindes. In der Elternzeit werde sie nicht erwerbstätig sein und keine Einkünfte erzielen.

Für das Kind M. besteht ausweislich der Urkunde des Jugendamtes vom 5. Juli 2013 eine gemeinsame elterliche Sorge der Eltern.

Mit Bescheid vom 30. Juli 2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin Elterngeld für den Zeitraum 19. Juni 2013 bis zum 18. Juni 2014 in Höhe von 649,08 EUR monatlich.

Mit Schreiben vom 18. März 2014 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie sich von dem Kindesvater am 3. März 2014 getrennt habe und ihr Sohn bei ihr lebe. Sie stellte den Antrag, die 2-monatige Elternzeit von dem Kindesvater zu übernehmen. Am 19. Juni 2014 teilte der Kindesvater dem Beklagten mit, dass er den Antrag auf Elterngeld nicht aufrechthalte.

Die Klägerin legte am 19. März 2014 den ausgefüllten Antrag auf Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Sohnes vor. Sie lebe mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt und betreue das Kind selbst. Sie werde während der Elternzeit unverändert keine Erwerbstätigkeit ausüben. Weiter gab sie an, dass sie mit dem anderen Elternteil die gemeinsame Personensorge besitze.

Mit Bescheid vom 7. April 2014 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Elterngeld für die weiteren 2 Lebensmonate des Kindes ab: Gemäß den gesetzlichen Vorschriften könne ein Elternteil nur für 14 Monate Elterngeld beziehen, wenn ihm die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zustehe. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Sofern ihr die alleinige elterliche Sorge oder das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind durch das Familiengericht übertragen werde, könne sie erneut einen Antrag auf Überprüfung der Entscheidung über die Ablehnung der Gewährung von Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes stellen.

Hiergegen legte die Klägerin am 6. Mai 2014 Widerspruch ein: Ihr Sohn lebe laut Gerichtsbeschluss vom 7. April 2014 bei ihr. Daher sei die Ablehnung nicht mehr begründet. Zum Beleg hat sie ein Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Z., Az ..., vom 7. April 2014 beigefügt. Danach schlossen die Eltern zur Beendigung des Verfahrens einen Vergleich. In Ziffer 1. bis 5. regelten sie umfassend und detailliert das Umgangsrecht des Kindesvaters mit dem Kind. In Ziffer 6. lautet es: "Die Eltern sind sich darüber einig, dass das gemeinsame Kind M. S., geboren am ... 2013, im Haushalt der Kindesmutter lebt" und in Ziffer 7 des Vergleiches stimmt der Kindesvater der Ummeldung des Kindes in die P. Str ... in ... Z. zu. Danach beschloss das Gericht, die von den Beteiligten getroffene Regelung hinsichtlich des Umgangsrechtes werde gebilligt und als gerichtliche Regelung übernommen.

Einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Halle (S 3 EG 8/14 ER) hat die Klägerin am 24. Juli 2014 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Sie hat für die Zeit der Elternzeit SGB II-Leistungen beim Jobcenter B. bezogen, der am 1. Juli 2014 einen Erstattungsanspruch bei dem Beklagten angemeldet hat.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2014 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus: Die Zahlung von Elterngeld über den zwölften Lebensmonat des Kindes hinaus sei nach den gesetzlichen Vorschriften nicht möglich. Trotz des vorgelegten Vergleiches übe die Klägerin die Personensorge für ihren Sohn gemeinsam mit dem Kindesvater aus und auch ein Aufenthaltsbestimmungsrecht sei mit diesem Vergleich nicht auf sie allein übertragen worden. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ermögliche es den Eltern, Aufenthaltsort, Wohnort und Wohnung des Kindes zu bestimmen. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil der elterlichen Sorge könne auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge auf nur einen Elternteil übertragen werden. Der Nachweis hierüber erfolge durch Vorlage der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung des Familiengerichtes. Mit dem vorgelegten Vergleich sei lediglich das Umgangsrecht des Kindesvaters mit dem Kind geregelt worden.

Hiergegen hat die Klägerin am 1. Oktober 2014 Klage vor dem Sozialgericht Halle erhoben und diese wie folgt begründet: Es sei nicht genügend beachtet worden, dass in Ziffer 6 des Vergleiches vom 7. April 2014 geregelt sei, dass M. seinen ständigen Aufenthalt in ihrem Haushalt nehme. In Ziffer 7 sei die Zustimmung des Kindesvaters zur Ummeldung des Kindes in ihre Wohnung bestimmt worden. Von dieser Vereinbarung könne sich der Kindesvater nur durch eine gerichtliche Entscheidung wieder lösen. Der Aufenthalt sei daher geregelt und die Kindesmutter habe nach der familiengerichtlichen Rechtsprechung kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, sich das Aufenthaltsbestimmungsrecht gerichtlich zuordnen zu lassen.

Insofern sei auch zu beachten, dass das familiengerichtliche Verfahren als Antrag des Kindesvaters auf vorläufige Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes an ihn begonnen habe und mit dem Vergleich der Rechtsstreit beigelegt worden sei. Im Ergebnis des Verfahrens stehe jetzt fest, dass die Klägerin die betreuende Person des Kindes sei und die Position des Kindesvaters sich auf geregelte Umgangsrechte beschränke. Damit sei der Kindesvater nicht betreuende Person und daher nicht berechtigt, Elterngeld zu beantragen. Aufgrund des Vergleiches sei dem Kindesvater eine Betreuung des Kindes als Voraussetzung des Elterngeldes unmöglich geworden. Mit der Anknüpfung an das Aufenthaltsbestimmungsrecht habe der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung erreichen wollen, dass die das Kind tatsächlich betreuende Person in den Genuss der Leistung komme und ein Missbrauch hinsichtlich der Inanspruchnahme eingeschränkt werde. Eine im gerichtlichen Verfahren gefundene Regelung stehe dem Tatbestandsmerkmal der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung gleich. Es würde eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darstellen, die Klägerin als Alleinerziehende von der verlängerten Inanspruchnahme des Elterngeldes auszuschließen, weil ihr nach den gesetzlichen Regelungen eine Revision bei der Sorgerechtsentscheidung nicht möglich sei. Dies gelte im Verhältnis zu einer Alleinerziehenden, bei der eine Sorgerechtsentscheidung noch ausstehe, aber zwingend die Mitsorge einzuräumen sei. Mithin sei die betreffende gesetzliche Regelung so auszulegen, dass eine in einem familiengerichtlichen Verfahren getroffene Regelung, die den dauernden Aufenthalt und die Festlegung des betreuenden Elternteils beinhalte, gleichsam ausreichend sei. Es müsse auch beachtet werden, dass nach der familiengerichtlichen Rechtsprechung nicht einfach das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Elternteil übertragen werde, damit dieser weitere zwei Monate Elterngeld beziehen könne. Eine solche Übertragung sei nur aus Gründen des Kindeswohles vorzunehmen und stellte einen Eingriff in die Rechte des anderen Elternteils dar. Diese zeige, dass das Merkmal des Aufenthaltsbestimmungsrechtes nicht sachgerecht sei und im Wege der verfassungskonformen Auslegung korrigiert werden müsse.

Mit Urteil vom 21. Juni 2016 hat das Sozialgericht Halle der Klage stattgegeben, der Klägerin Elterngeld in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum 19. Juni 2014 bis zum 18. August 2014 zugesprochen und zur Begründung ausgeführt: Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug von zwei weiteren Monaten Elterngeld durch das gleiche Elternteil seien nach dem Wortlaut nicht gegeben. Diese Bestimmung sei aber nach der Überzeugung der Kammer verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass das Elterngeld auch demjenigen zustehe, der faktisch das Aufenthaltsbestimmungsrecht ausübe und das Kind allein betreue. Ein Ausschluss der faktisch allein das Aufenthaltsbestimmungsrecht ausübenden Eltern vom verlängerten Bezug des Erziehungsgeldes würde dem Sinn und Zweck der Vorschrift zuwiderlaufen, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlagen zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmerten.

Gegen das ihm am 1. August 2016 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 30. August 2016 Berufung eingelegt und diese wie folgt begründet: Ein Anspruch der Klägerin auf die zusätzlichen Monate bestehe nicht. Bei der Klägerin liege unstreitig keiner der Ausnahmefälle vor, in denen ein Elternteil abweichend vom Grundsatz Elterngeld für 14 Lebensmonate des Kindes beanspruchen könne. Vorliegend habe die elterliche Sorge für den Sohn einschließlich des Aufenthaltsbestimmungsrechtes beiden Eltern gemeinsam zugestanden. Eine rechtsverbindliche Abänderung dieses Rechtszustandes setze eine familiengerichtliche Entscheidung nach § 1671 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) voraus. Dies ergebe sich aus dem familienrechtlichen Grundsatz der Unverzichtbarkeit und Unübertragbarkeit der elterlichen Sorge. Eine verfassungskonforme Auslegung finde da ihre Grenze, wo sie dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers widersprechen würde.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 21. Juni 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und verweist auf ihre ausführlichen Ausführungen in der Klagebegründung vor dem Sozialgericht.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Gem. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann der Senat den Rechtsstreit mit dem von den Beteiligten gegebenen Einverständnis ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Berufung ist zulässig. Sie bedarf gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG keiner Zulassung, weil der Beschwerdewert von 750,01 EUR erreicht wird. Der Beklagte ist zur Zahlung von zwei weiteren Monaten Elterngeld verurteilt worden. Dieses wurde der Klägerin zuvor in Höhe von 649,08 EUR monatlich gewährt.

Die Klage ist insoweit als Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 SGG zulässig. Sie richtet sich auf Zahlung von Elterngeld dem Grunde nach.

Die Klägerin hat entgegen dem Urteil des Sozialgerichts Halle keinen Anspruch auf Zahlung von weiterem Elterngeld für ihren Sohnes M. gegen den Beklagten. Mit dem Bescheid vom 7. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2014 hat der Beklagte das für den 13. und 14. Lebensmonat des Sohnes M. beantragte Elterngeld zu Recht abgelehnt.

Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen nach § 1 des Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz (BEEG). Danach hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, mit einem Kind in einem Haushalt lebt, dieses Kind selbst betreut und erzieht und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Diese Voraussetzungen liegen auch in Bezug auf den 13. und 14 Lebensmonat des Kindes vor.

Es fehlen jedoch die zusätzlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 BEEG in der Fassung vom 10. September 2012 gültig vom 18. September 2012 bis zum 31. Dezember 2014 (künftig BEEG a. F.). Die Klägerin erfüllt noch die zusätzliche Voraussetzung der Einkommenseinbuße durch die Elternzeit. Denn sie hat vor der Geburt des Sohnes M. gearbeitet und nach seiner Geburt kein Einkommen aus der Erwerbstätigkeit erzielt.

Allerdings liegen die Ausnahmeregelungen für einen Bezug von Elterngeld für ein Elternteil für 14 Monate und damit zwei weitere Monate nach § 4 Abs. 3 Satz 3 oder 4 BEEG a. F. nicht vor.

Im Einzelnen gilt:

Der Gesetzgeber hatte in § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG in der damaligen Fassung bestimmt, dass ein Elternteil mindestens für zwei und höchstens für zwölf Monate Elterngeld bezieht. Auch für beide Elternteile beschränkt sich gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 BEEG a. F. das Elterngeld auf zwölf Monatsbeträge. Ein weiterer Bezug von zwei weiteren Monaten Elterngeld war nur ausnahmsweise vorgesehen. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, dass Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge als Partnermonate unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich als Bonus gewährt werden, wenn auch der Partner wegen der Kindererziehung seine Erwerbstätigkeit einschränkt oder unterbricht (BT-Drucks. 16/1889, S. 2).

In § 4 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 BEEG a. F. sind die Voraussetzungen geregelt unter denen auch ein Elternteil allein für 14 Monate Elterngeld beziehen kann. Darin heißt es in Satz 3: "Ein Elternteil kann abweichend von Satz 1 14 Monate Elterngeld beziehen, wenn eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und mit der Betreuung durch den anderen Elternteil eine Gefährdung des Kindeswohls im Sinne von § 1666 Abs.1 und 2 BGB verbunden wäre oder die Betreuung durch den anderen Elternteil unmöglich ist, insbesondere weil er wegen einer schweren Erkrankung oder Schwerbehinderung sein Kind nicht betreuen kann; für die Feststellung der Unmöglichkeit der Betreuung bleiben wirtschaftliche Gründe und Gründe einer Verhinderung wegen anderweitiger Tätigkeiten außer Betracht.

Hier kommt allenfalls eine Unmöglichkeit der Betreuung durch den Kindesvater in Betracht. Wortlaut und Regelungszusammenhang deuten darauf hin, dass eine ausnahmsweise zur Verlängerung der 12-monatigen Bezugsdauer um zwei weitere Monate führende Unmöglichkeit objektive Hinderungsgründe in der Person des anderen Elternteils erfordert (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 2014 – B 10 EG 6/13 R – zitiert nach juris). Das BSG hat überzeugend ausgeführt, dass die aufgeführten benannten Beispielsfälle Krankheit usw. hierauf hindeuteten. Es bedarf einer Unmöglichkeit der Betreuungsarbeit selbst, dass der betreffende Elternteil die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme auch objektiv nicht herstellen kann. Dieses enge Normverständnis zugrunde gelegt, gibt es keine objektiven Gründe, warum der Kindesvater gesundheitlich usw. nicht in der Lage sein soll, die Betreuung des Kindes zu übernehmen. Die Möglichkeit, sich mit der Klägerin auf eine Betreuung des Kindes für zwei Monate zu verständigen, hätte bestanden. Die Eltern trafen aber eine andere Vereinbarung.

Auch die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 Satz 4 BEEG a. F. liegen nicht vor. Danach steht Elterngeld für 14 Monate einem Elternteil auch dann zu, wenn

1. ihm die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zusteht oder er eine einstweilige Anordnung erwirkt hat, mit der ihm die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind vorläufig übertragen worden ist,

2. eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und

3. der andere Elternteil weder mit ihm noch mit dem Kind in einer Wohnung lebt.

Es fehlen die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 BEEG a. F ... Der Klägerin steht die elterliche Sorge nur gemeinsam mit dem Kindesvater zu.

Auch ein Aufenthaltsbestimmungsrecht ist ihr nicht allein übertragen worden. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist Teil der elterlichen Sorge für diesen Teilbereich. Die elterliche Sorge ist wegen ihres Pflichtgehalts und wegen des Leitsatzes, dass Kontinuität in der Sorgerechtsbeziehung in der Regel dem Wohl des Kindes dient, in allen ihren Bestandteilen grundsätzlich unverzichtbar und als höchstpersönliches Recht unübertragbar (Huber in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1626 Rn. 13 m. w. N.). Gem. § 1671 Abs. 1 BGB kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dabei ist nach Abs. 2 der Vorschrift dem Antrag stattzugeben, soweit der andere Elternteil zustimmt oder zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und Übertragung auf den einen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

Der vorgelegte Vergleich vom 7. April 2014 in dem Rechtsstreit vor dem Familiengericht ( ...) und die Billigung des Umgangsrechtes durch den Beschluss des Familiengerichts an diesem Tag stellt keine solche Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes nach § 1671 BGB dar.

Vorliegend haben sich schon die Eltern von M. in dem Vergleich nicht über die Übertragung eines Teils der elterlichen Sorge geeinigt, sondern nur den aktuellen Lebensmittelpunkt des Sohnes festgelegt. In Ziffer 7 des Vergleiches heißt es, dass der Kindesvater der Ummeldung des Kindes in die aktuelle Wohnung der Mutter, P. Str ... in Z. zustimmt und in Ziffer 6, dass sich die Eltern darüber einig sind, dass der Sohn im Haushalt der Kindesmutter lebt. Eine Einigung über eine Übertragung eines Teils der elterlichen Sorge liegt darin nicht. Vielmehr haben sich die Eltern über den aktuellen Aufenthalt und Lebensmittelpunkt des Kindes in Ausübung ihrer gemeinsamen elterlichen Sorge geeinigt. Es mag zwar zutreffen, dass die Klägerin nunmehr auch bei dem Familiengericht keine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes mehr erreichen kann, um die Voraussetzungen des Bezuges von 14 Monaten Elterngeld zu erfüllen, hierauf kommt es aber nicht an. Denn die Entscheidung über die elterliche Sorge orientiert sich allein am Kindeswohl und nicht an einer Fernwirkung für den Elterngeldbezug. Dies hat das OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. Februar 2013 – 2 UF 272/12 – zitiert nach juris, hervorgehoben. Danach ist es kein ausreichender Grund, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf einen Elternteil auf dessen Antrag zu übertragen, weil dies die Voraussetzung für den Bezug von den Bonusmonaten Elterngeld gem. § 4 Abs. 3 Satz 4 BEEG a. F. ist. Nur wenn der Kindesvater einer Teilübertragung des Sorgerechtes allein auf die Klägern zustimmt, hätte das Familiengericht gem. § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB dem Antrag zustimmen können. Allein die Festlegung, in welchem Haushalt das Kind lebt, besagt nichts über den Willen, das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen. Bei einer Übertragung dieses Teils des Sorgerechts kann der berechtigte Elternteil dann auch mit dem Kind wegziehen usw., ohne dass der andere Elternteil hierzu zustimmen müsste (vgl. MüKo/Hennemann, 7. Aufl. 2017, BGB, § 1671 Rn. 138). Die Rechte sind dann viel weitergehend übertragen als nur in Bezug auf die Entscheidung in welchem Haushalt und an welcher Anschrift das Kind aktuell lebt.

Hier hat demnach schon der Kindesvater nicht vergleichsweise auf sein Aufenthaltsbestimmungsrecht verzichtet und dieses allein auf die Klägerin übertragen. Insofern braucht auch nicht weiter geprüft zu werden, ob es ohnehin noch einer expliziten gesonderten familiengerichtlichen Entscheidung bedurft hätte, die über den Beschluss der Billigung des Umgangsrechtes der Eltern hinausgeht. Bei der Bedeutung der Entscheidung und der grundsätzlichen Unübertragbarkeit des Sorgerechts außerhalb von § 1671 BGB spricht viel dafür, dass es eines gesonderten Ausspruches über die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes durch das Familiengericht bedurft hätte (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. März 2016 – L 11 AG 4681/15 zitiert nach juris).

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Halle ist die gesetzliche Regelung auch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung zu korrigieren. Zum einen bedarf es keiner verfassungskonformen Auslegung, weil bereits der oben dargestellte Regelungsgehalt der Norm nicht gegen die Verfassung verstößt, zum anderen verweist bereits der Beklagte zutreffend darauf, dass die Grenze der verfassungskonformen Auslegung der Wortlaut des Gesetzes ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat zur verfassungskonformen Auslegung ausgeführt: "Eine Norm ist nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung vereinbare Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelung und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, so ist diese geboten" (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2014 – 1 BvR 2142/11 – zitiert nach juris, Rn. 86).

Vorliegend gibt es nicht mehrere Deutungen der Vorschrift, sondern sie ist eindeutig geregelt. Der Gesetzgeber hat an die Terminologie des Familienrechtes angeknüpft. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil der elterlichen Sorge ist dort definiert und der Grundsatz der Unübertragbarkeit außer durch eine familiengerichtliche Entscheidung geregelt. Hieran knüpft der Gesetzgeber nicht nur durch die Wortwahl "Aufenthaltsbestimmungsrecht", sondern auch durch den Bezug auf die notwendige vorläufige Entscheidung des Familiengerichtes und den Gesamtzusammenhang der Vorschrift an. Neben der vollständigen Übertragung des alleinigen Sorgerechts reicht auch die Teilübertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes aus. Auch dieser Zusammenhang zeigt auf, dass es nicht nur um den tatsächlichen Aufenthalt, sondern als einen Teil der elterlichen Sorge um das Aufenthaltsbestimmungsrecht selbst geht. Die vom Sozialgericht gewählte Auslegung als tatsächlicher Aufenthalt ist daher nicht möglich.

Die Vorschrift mit diesem Regelungsgehalt verstößt nicht gegen die Verfassung. Eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) durch § 3 Abs. 3 BEEG ist nicht zu erkennen ist. Das Bundesverfassungsgericht selbst hat bereits in seinem Nichtannahmebeschluss vom 26. Oktober 2011 – 1 BvR 2075/11 – zitiert nach juris, hervorgehoben, dass die Regelung der Partnermonate durch den dem Gesetzgeber in Art. 3 Abs. 2 GG erteilten Auftrag gerechtfertigt sei, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau zu fördern. Die Einführung der Partnermonate hatte diesen Zweck. Auch in den Gesetzesmaterialien wird hervorgehoben, dass die Förderung der wirtschaftlichen Existenz durch die Zahlung von zwölf Monaten Elterngeld erreicht werden solle. Die Gewährung von zwei Zusatzmonaten diene hingegen als Bonus, um einen aktiven Beitrag des anderen Elternteils zu erreichen. Es solle damit ein Anreiz geboten werden, um einen Beitrag für die Gleichstellung der Geschlechter zu leisten (BT-Drucks. 16/1889 Seite 2, 4. Absatz, S. 15 II. Ziele, S. 16 Ziffer 3.). Entgegen der Ansicht des Sozialgerichtes ist der primäre Zweck der Bonusmonate deshalb nicht, wie bei den 12 Basismonaten des Elterngeldes, alle Elternteile bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sie sich vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern. Insofern ist die Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 3 und 4 BEEG a. F. nur eine eng begrenzte Regelung, wann ausnahmsweise auch ein Elternteil doch in den Genuss von 14 Monaten Elterngeld kommt, obwohl der andere Partner sich nicht an der Erziehungsarbeit beteiligt. Diese Ausnahme ist eng auszulegen, da sie über den eigentlichen Zweck der Partnermonate, die Gleichberechtigung zu fördern, hinausgeht. Auch das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung von 26. März 2014 – B 10 EG 6/13 R – zitiert nach juris, bekräftigt, dass der Gesetzgeber im Grundsatz beiden Elternteilen gemeinsam einen Anspruch auf 12 Monate und nur im Ausnahmefall auf 14 Monate Elterngeld gibt. Es hat hervorgehoben, dass es dem Gesetzgeber grundsätzlich unbenommen sei, zur Durchsetzung des verfassungsrechtlichen Auftrags der Gleichberechtigung der Geschlechter Ausnahmen von den Väter- bzw. Partnermonaten auf unerlässliche Fälle zu beschränken, in denen Alternativen nicht mehr vorhanden sind (BSG, a. a. O, Rn. 18). Einen Gleichheitsverstoß nach Art. 3 Abs. 1 GG hat die Klägerin nicht dargetan. Für die Ungleichbehandlung von Elternteilen, denen das Aufenthaltsbestimmungsrecht durch das Familiengericht allein übertragen wurde und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, besteht ein sachlicher Grund. Denn sie verfügen über einen Teil des Sorgerechtes allein und damit über eine weitergehende Rechtsposition.

Der Senat verkennt nicht, dass es gute Gründe gibt, die Berechtigung für den Bezug von 14 Monaten bei einem Elternteil an die Alleinerziehung zu knüpfen, wie dies der Gesetzgeber ab dem 1. Januar 2015 auch getan hat. Insbesondere, da insoweit ein möglicher Fehlanreiz für eine einvernehmliche Teilsorgerechtsübertragung nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB gesetzt wurde. Verfassungsrechtlich geboten war die Änderung nicht. In der Gesetzesbegründung zur Neuregelung u. a. des § 4 Abs. 6 BEEG ab dem 1. Januar 2015 (mit dem Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld – Elternzeitgesetz vom 18. Dezember 2014, BGBl I 2014 Nr. 62 S. 2325) wird einführend hervorgehoben, dass auch Alleinerziehende, die die Aufgaben ohne partnerschaftliche Unterstützung zu bewältigen haben, in entsprechender Weise von den Bonusmonaten profitieren sollten (BT Drucks. 18/2583 S. 16, S. 18).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG bestehen nicht. Es handelt sich um ausgelaufenes Recht und das Bundessozialgericht hat in der Entscheidung vom 26. März 2014 – B 10 EG 6/13 R bereits Grundsätze zu der Auslegung einer in Ausnahmefällen vorgesehenen Inanspruchnahme von 14 Monaten Elterngeld von einem Elternteil aufgestellt, von denen der Senat nicht abweicht. Eine notwendige grundsätzliche Klärung wegen verfassungsrechtlicher Implikationen sieht der Senat nicht.
Rechtskraft
Aus
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