L 3 AL 19/19 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 26 AL 230/18 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 19/19 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Verpflichtung eines beigeladenen Trägers im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes (hier bzgl. Leistungen als Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 2 AsylbLG) kann nur subsidiär gegenüber einer Verpflichtung des Antragsgegners (hier bzgl. Berufsausbildungsbeihilfe) erfolgen. Sie kommt daher auch nur in Betracht, wenn der vorrangig zu prüfende Antrag gegen den Antragsgegner keinen Erfolg hat.
2. Zur Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, wenn zum einen sowohl die Auslegung des § 132 SGB III als auch die Auslegung des § 22 SGB XII und der §§ 2 und 3 AsylbLG streitig und gerade aufgrund der verfassungsrechtlichen Fragen schwierig und ungeklärt ist, und zum anderen in der Sache die
konkret bei der Antragstellerin zu berücksichtigenden besonderen Umstände, die für eine Bleibeperspektive oder für einen Härtefall sprechen können, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend geklärt werden können.
I. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 18. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Beigeladene hat die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Antragstellerin zu tragen.

Gründe:

I.

Der Beigeladene wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts, mit welchem die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 1. November 2018 gegen den Bescheid des Beigeladenen vom 2. Oktober 2018 angeordnet und er verpflichtet wurde, an die Antragstellerin vorläufig Leistungen für den Lebensunterhalt nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) unter Berücksichtigung der Einnahmen aus der Ausbildungsvergütung zu erbringen.

Die 1977 geborene Antragstellerin ist georgische Staatsangehörige. Sie studierte an der Y ...-Universität in X ... Zahnmedizin und Oralchirurgie und erwarb im Jahr 2000 einen Diplomabschluss.

Am 11. April 2016 reiste die Antragstellerin mit ihrem Ehemann sowie den beiden 2006 und 2011 geborenen Söhnen in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie hält sich seit diesem Zeitpunkt als Asylsuchende in der Bundesrepublik Deutschland auf. Über den am 25. Juni 2016 gestellten Asylantrag der Familie wurde bislang noch nicht abschließend entschieden. Der Antragstellerin ist zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet.

Einen Antrag auf Anerkennung ihres Studiums stellte die Antragstellerin bisher nicht, da die Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Aus der anabin[= Anerkennung und Bewertung ausländischer Bildungsnachweise]-Datenbank gehe hervor, dass die Anerkennung des Hochschulabschlusses einer Einzelfallprüfung unterliege und die Akkreditierungen erst im Jahr 2018 beginnen würden. Zudem werde im Rahmen des Verfahrens geprüft, ob keine wesentlichen Unterschiede zwischen dem ausländischen und dem deutschen Abschluss bestünden, und ob Sprachkenntnisse auf Niveau B 2 in der Umgangssprache sowie in der medizinischen Fachsprache auf dem Niveau C 1 vorliegen würden. Bereits die sprachlichen Voraussetzungen erfülle sie nicht.

Mit Zuweisungsentscheidung vom 16. Juni 2016 wurde die Familie gemäß § 50 Abs. 4 des Asylgesetzes (AsylG) dem Beigeladenen zugewiesen und verpflichtet, gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AsylG dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen.

Der Beigeladene, die zuständige Behörde für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (vgl. § 10 Satz 1 AsylbLG i. V. m. § 1 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes [AsylbLGDVO] vom 28. März 2001 [SächsGVBl. S. 135], § 10a AsylbLG), bewilligte der Antragstellerin und den drei weiteren Familienmitgliedern mit Bescheid vom 16. Juni 2016 mit Wirkung ab dem 16. Juni 2016 Leistungen nach § 3 AsylbLG. Ab dem Monat Juli 2016 gewährte der Beigelande Leistungen in Höhe von insgesamt 1.750,98 EUR; resultierend aus Sachleistungen für Unterkunft, Heizung, Wohnen und Geldleistungen, für Nahrungsmittel, Gesundheitspflege, Bekleidung und Schuhe sowie einem Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse im Sinne des soziokulturellen Existenzminimums (sogenanntes Taschengeld).

Der Beigeladene wies der Familie eine Gemeinschaftsunterkunft in W ... und seit dem 30. März 2017 eine eigene Belegwohnung in A ... zu, wo die Familie bis heute wohnt.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 2017 bewilligte der Beigeladene der Antragstellerin und ihrer Familie Leistungen nach § 2 AsylblG für die Zeit ab dem 1. August 2017.

Mit Bescheid vom 9. Januar 2018 gestattete das Ausländeramt (Sachgebiet Statusangelegenheiten) des Beigeladenen der Antragstellerin die Aufnahme einer Beschäftigung als Hilfskraft für Zahnmedizinische Fachangestellte bei Dr. med. dent. U ... befristet bis zum 10. August 2018. Vom 22. Januar 2018 bis zum 31. Juli 2018 ging die Antragstellerin dort einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als zahnärztliche Hilfskraft mit einer monatlichen Vergütung in Höhe von 767,00 EUR brutto nach, welche bedarfsmindernd auf die Leistungen angerechnet wurde.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2018 gestattete das Ausländeramt (Sachgebiet Statusangelegenheiten) des Beigeladenen der Antragstellerin die Aufnahme einer Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten in der Zahnarztpraxis Dr. med. dent. U ... gemäß § 61 Abs. 2 AsylG i. V. m. § 32 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (Beschäftigungsverordnung – BeschV) befristet vom 1. August 2018 bis zum 31. Juli 2021, wobei die Beschäftigungserlaubnis sechs Monate nach bestandskräftigen/rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens erlöschen würde.

Der Beigeladene meldete mit Schreiben vom 18. Juni 2018 vorsorglich einen Erstattungsanspruch wegen eines möglichen Anspruchs der Antragstellerin auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) in Form von Berufsausbildungsbeihilfe bei der Antragsgegnerin, der Bundesagentur für Arbeit, an. Mit Schreiben vom selben Tag forderte er außerdem die Antragstellerin auf, den Zufluss des Verdienstes nachzuweisen sowie einen Antrag auf Leistungen gemäß SGB III in Form von Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit ab dem 1. August 2018 zu stellen.

Am 1. August 2018 begann die Antragstellerin die Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten, aus der sie im ersten Ausbildungsjahr 600,00 EUR brutto (477,15 EUR netto) bezieht. Für die Fahrtkosten zur Ausbildungsstelle zahlt sie monatlich 86,60 EUR für ein B ... Azubi-Abo-Ticket.

Die Antragstellerin bezog aufgrund des Bescheides vom 16. Oktober 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 17. Dezember 2017, 6. März 2018, 22. Mai 2018 und 30. August 2018 Leistungen als Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 2 AsylblG ab August 2018 bis auf weiteres unter Berücksichtigung der gezahlten tatsächlichen beziehungsweise nachfolgend fiktiven Ausbildungsvergütung der Antragstellerin für den Monat September 2018 in Höhe von insgesamt 1.091,83 EUR und für den Monat August 2018 und ab dem Monat Oktober 2018 in Höhe von insgesamt 1.048,05 EUR (hiervon für die Antragstellerin 82,05 EUR und die anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung).

Den von der Antragstellerin am 27. Juli 2018 gestellten Antrag auf Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 5. September 2018 mit der Begründung ab, die Antragstellerin gehöre nicht zum förderfähigen Personenkreis. Die Berufsausbildungsbeihilfe würde für die Antragstellerin vom 1. August 2018 bis zum 15. Oktober 2018 monatlich 253,00 EUR und vom 16. Oktober 2018 bis zum 31. Juli 2019 monatlich 383,00 EUR betragen. Die Antragstellerin wandte sich gegen den Bescheid mit Widerspruch vom 1. Oktober 2018, über welchen noch nicht entschieden wurde.

Die Antragsgegnerin teilte dem Beigeladenen am 10. September 2018 mit, dass ein Erstattungsanspruch nicht geltend gemacht werden könne, da kein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe bestehe.

Der Beigeladene nahm mit Bescheid vom 2. Oktober 2018 die Bewilligung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für die Antragstellerin ab dem 1. November 2018 zurück. Für die Vergangenheit bestehe Vertrauensschutz, da es sich um einen komplexen gesetzlich vorgeschriebenen Sachverhalt handele, der für eine außenstehende Person schwer nachvollziehbar sei. Da es sich bei dem Ausbildungsberuf zur Zahnmedizinischen Fachangestellten jedoch um einen anerkannten Ausbildungsberuf handele, sei der Bescheid nach § 45 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) wegen § 22 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) für die Zukunft zurückzunehmen, da die Antragstellerin von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen sei. Die Antragstellerin legte hiergegen mit Schreiben vom 1. Oktober 2018 Widerspruch ein, über welchen noch nicht entschieden wurde.

Der Beigeladene machte mit Nutzungs- und Kostenbescheid vom 4. Oktober 2018 gegenüber der Antragstellerin für die Nutzung des Wohnplatzes ab dem 1. November 2018 Gebühren in Höhe von 109,50 EUR pro Monat geltend, da aufgrund der Ausbildung kein Leistungsanspruch nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bestehe. Die Antragstellerin wandte sich gegen den Bescheid mit Widerspruch vom 9. November 2018, über welchen noch nicht entschieden wurde.

Am 24. Oktober 2018 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, um eine vorläufige Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe oder hilfsweise von aufstockenden Leistungen zur Existenzsicherung zu erreichen. Sie hat geltend gemacht, dass bei Berücksichtigung der von der Ausbildungsvergütung in Höhe von netto 477,15 EUR zu bestreitenden Kosten (109,50 EUR Wohnkosten, 86,60 EUR Fahrtkosten) für den sonstigen Lebensunterhalt ein nicht auskömmlicher Betrag verbleibe. Das Existenzminimum sei nicht gesichert und sie müsse die Ausbildung abbrechen. Ohne eine vorläufige Anordnung würden schwere Nachteile drohen.

Die Antragsgegnerin hat vertreten, dass eine Förderung nach § 132 SGB III nicht möglich sei, da für die Antragstellerin keine gute Bleibeperspektive vorliege.

Der Beigeladene hat die Auffassung vertreten, dass kein Anspruch nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bestehe, da keine besondere Härte nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII i. V. m. § 2 AsylblG vorliege. Allein der nötige Abbruch der Ausbildung aus wirtschaftlichen Gründen könne die Annahme der besonderen Härte nicht rechtfertigen. Die gesetzgeberische Wertung, wonach bestimmte Ausbildungsverhältnisse aufgrund individueller Ausschlussgründe nicht über andere Sozialleistungen zu fördern seien, sei zu respektieren.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2018 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Antragsgegnerin abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 1. November 2018 gegen den Bescheid des Beigeladenen vom 2. Oktober 2018 angeordnet und den Beigeladenen verpflichtet, an die Antragstellerin vorläufig Leistungen für den Lebensunterhalt nach § 2 AsylblG unter Berücksichtigung der Einnahmen aus der Ausbildungsvergütung zu erbringen. Ein Anordnungsanspruch für die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe sei nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin absolviere zwar eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung, gehöre aber nicht zum förderfähigen Personenkreis nach § 59 SGB III oder nach § 132 SGB III. Da offenkundig die Voraussetzungen des § 59 SGB III derzeit nicht vorliegen würden, komme allein ein Anspruch nach § 132 Abs. 1 SGB III in Betracht, wenn ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten sei. Erforderlich sei, dass überwiegend wahrscheinlich sei, dass die Person den Status als Flüchtling (§ 3 ff. AsylG) oder einen subsidiären Schutz im Sinne des § 4 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) erlangen könne. Welche Kriterien zu welchen Zeitpunkten für die Bleibeperspektive maßbegend seien, werde in der Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Das Bundesverfassungsgericht habe mit stattgebendem Kammerbeschluss vom 28. September 2017 (Az.: 1 BvR 1510/17, NJW 2018, 40 f. = NZS 2018, 222 ff. = juris Rdnr. 22) ausgeführt, dass es im Hinblick darauf, dass § 132 SGB III sich als eine auf die Gewährung Beihilfeleistungen ausgerichtete Rechtsvorschrift darstelle, zumindest zweifelhaft erscheine, ob für die Prognose eines zu erwartenden rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts nach § 44 des Gesetze über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG)und nach § 132 Abs. 1 SGB III dieselben Maßstäbe anzulegen seien. Im vorliegenden Fall könne letztlich offenbleiben, ob auch bei einer unter 50 % liegenden Gesamtschutzquote oder im Einzelfall auch unabhängig von der Gesamtschutzquote eine hinreichende Bleibeperspektive bestehen könne. Jedenfalls bei der anzunehmenden Gesamtschutzquote von 2,1 % für aus dem Herkunftsland Georgien stammende Asylsuchende sei anhand der Quote statistisch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem negativen Ausgang des Asylverfahrens auszugehen, auch wenn es sich bei Georgien nicht um einen sicheren Herkunftsstaat nach Artikel 16a des Grundgesetzes (GG), § 29a AsylG handle. Belastbare Prognosen eines aus individuellen Gründen erfolgreichen Ausgangs des Asylverfahrens seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Zudem bestehe für eine Folgenabwägung insofern im Hinblick auf die Erfolgsaussichten des hilfsweise auf die Erbringung von Analogleistungen nach dem Asylverfahrensgesetz gerichteten Antrags kein Raum. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vollständigen Rücknahme der Leistungsbewilligung von Asylbewerberleistungen, da zumindest ein Härtefall gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII vorliege, in dessen Folge Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden könnten. Eine Ermessensausübung habe jedoch nicht stattgefunden. Infolge der mit Wirkung zum 1. August 2016 erfolgten Änderung der vergleichbaren Regelung im Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) spreche einiges dafür, auch die Auslegung des in § 22 Abs. 1 SGB XII verankerten Ausschlusses enger zu fassen, um eine planwidrig zu weite Auslegung zu vermeiden. Dies sei angezeigt, da beide Vorschriften in wesentlichen Merkmalen denselben Personenkreis, konkret hilfebedürftige Personen, die eine förderungsfähige Berufsausbildung absolvierten, beträfen. Die Kammer sehe sich gehalten, im Rahmen der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs zu berücksichtigen, dass bei enger Eingrenzung der Anwendungsfälle eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung drohe. Dies sowohl zu den inländischen und ausländischen Auszubildenden, die (ergänzende) Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) beziehen könnten, als auch zu den Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die sich noch nicht 15 Monate in der Bundesrepublik befänden, die deshalb Grundleistungen nach § 3 AsylblG beziehen würden und für die von Gesetzes wegen kein Leistungsausschluss bei Ausbildung vorgesehen sei. Einhergehend mit der teleologischen und historischen Auslegung sei deshalb auch systematisch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber zwischenzeitlich im Anwendungsbereich des SGB II, der den ganz überwiegenden Anteil der in Berufsausbildung befindlichen Personen erfasse, von der strikten Trennung der Fördersysteme Abstand genommen habe. Nach Maßgabe dieser Gesichtspunkte seien an das Vorliegen eines Härtefalls keine gesteigerten Anforderungen zu stellen. Dieser liege im Allgemeinen vor, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß dessen hinausgingen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfen zum Lebensunterhalt verbunden sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die ausländerrechtlichen Vorgaben zur Wohnsitznahme und der Zustimmungsbedürftigkeit einer Erwerbstätigkeit für gestattete und geduldete Ausländer eine Kostensenkung oder die Erzielung weiterer Einkommen zur Bedarfsdeckung nicht ohne weiteres möglich seien und der ohne ergänzende Leistungen zum Lebensunterhalt drohende Ausbildungsabbruch sich im Hinblick auf die angestrebte Integration als in der Folge besonders schwerwiegend für einen Antragsteller mit gestattetem oder geduldetem Aufenthalt darstellen würde. Ferner würde durch die Anrechnung der Ausbildungsvergütung in den Fällen, in denen ohne eine Ausbildung regelmäßig ein Anspruch auf Analogleistungen nach § 2 AsylblG bestehe, kein der Höhe nach zusätzlicher, sondern im Ergebnis ein geminderter Anspruch erwachsen. In der Gesamtschau sei bei einem mit Erlaubnis der zuständigen Ausländerbehörde in Berufsausbildung befindlichen Ausländer, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehe, dem Umstand des drohenden Ausbildungsabbruchs wegen einer Bedarfsunterdeckung bei der Prüfung des Härtefalls ein höheres Gewicht beizumessen. Dies werde in der Rechtsanwendung bereits praktiziert, indem die Länder Bayern, Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein laut Auskunft der Bundesregierung Erlasse oder Hinweise veröffentlicht hätten, in denen sie den Sozialämtern empfehlen würden, im Rahmen der Härtefallregelung einen Ausländer mit Duldung oder Aufenthaltsgestattung Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Falle der Aufnahme einer Berufsausbildung zu erbringen (vgl. BT-Drs. 19/2459, S. 5).

Zusammenfassend sei im Falle der Antragstellerin aufgrund der Unterdeckung des Grundsicherungsbedarfes und des glaubhaft drohenden Ausbildungsabbruchs im Rahmen der Ermessensreduzierung ein Anspruch nach § 2 AsylblG auf Hilfe zum Lebensunterhalt entsprechend dem SGB XII begründet. Da im Ergebnis mit Bescheid vom 30. August 2018 unter Berücksichtigung und Anrechnung der Ausbildungsvergütung Leistungen bewilligt worden seien, die sich im Ergebnis der summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als rechtmäßig darstellen würden, stehe dies einer Rücknahme nach § 45 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) entgegen, so dass dem Antrag stattzugeben sei.

Der Beigeladene hat am 18. Januar 2019 Beschwerde eingelegt. Ein Leistungsanspruch nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Verbindung mit dem SGB XII bestehe nicht. Zwar würden die Voraussetzungen grundsätzlich vorliegen, da die Antragstellerin im Besitz einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens sei und sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalte. Auch sei die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Es liege jedoch ein Leistungsausschluss nach § 22 Abs. 1 SGB XII vor. Zweck der Vorschrift sei es, über die Sozialhilfe keine versteckte Ausbildungsförderung vorzunehmen. Hilfebedürftige, die eine förderungsfähige Ausbildung betreiben würden, die nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht oder nicht mehr gefördert werden könne, seien grundsätzlich gehalten, von der Ausbildung ganz oder überwiegend Abstand zu nehmen, um für die Dauer der Hilfebedürftigkeit den Ausschluss von Hilfen zum Lebensunterhalt abzuwenden. Der Ausnahmecharakter der Härtefallregelung werde unterstrichen, indem normiert sei, dass vom Regelfall des Anspruchsausschlusses nur in "besonderen" Fällen abgewichen werden könne. Allein der Umstand, dass die Höhe des Ausbildungsentgeltes nicht bedarfsdeckend sei, könne eine solche besondere Härte nicht begründen. Der Gesetzgeber habe davon ausgehen können, dass es sich bei Auszubildenden regelmäßig um junge Menschen handeln würde, die einerseits ihre Lebensführung vorübergehend einschränkten und von denen andererseits erwartet werden könne, dass sie sich etwas hinzuverdienen. Die Antragstellerin habe erst zum 1. August 2018 mit der Ausbildung begonnen und stehe somit nicht vor deren Abschluss. Weder eine Krankheit oder Behinderung sei bekannt. Zudem sei nicht erkennbar, dass die Ausbildung die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstelle. Eine ergänzende Erwerbstätigkeit sei möglich und zumutbar. Dass die insofern notwendige ausländerrechtliche Erlaubnis erteilt werden würde, sei offensichtlich. Aus § 2 SGB XII folge der grundsätzliche Nachrang der Sozialhilfe. Zutreffend sei zwar, dass mit Wirkung zum 1. August 2016 aufgrund der Änderung von § 7 Abs. 5 SGB II Auszubildende, die dem Anwendungsbereich des SGB II unterfielen, anders zu behandeln seien. Dies sei jedoch als bewusste gesetzgeberische Entscheidung anzusehen, welche nicht durch eine Auslegung des Härtefallbegriffs unterlaufen werden könne. Auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz seien verfassungskonforme Auslegungen nicht geboten. Der Personenkreis nach § 2 AsylblG werde im Verhältnis zu den Leistungsberechtigten nach dem SGB XII nicht anders behandelt. Die Besserstellung von Leistungsberechtigten nach dem SGB II würde in den unterschiedlichen Zwecken des Asylbewerberleistungsgesetzes einerseits sowie des SGB II andererseits eine hinreichende Rechtfertigung finden. Soweit die Antragstellerin die Ausbildung abbreche, werde ein Kostenersatz nach § 103 SGB XII für alle ab Abbruch der Ausbildung erbrachten Leistungen geprüft und geltend gemacht.

Der Beigeladene beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 18. Dezember 2018 hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 1. November 2018 gegen den Bescheid des Beigeladenen vom 2. Oktober 2018 und der Verpflichtung des Beigeladenen, vorläufig Leistungen nach § 2 AsylblG in Verbindung mit SGB XII unter Anrechnung des erzielten Einkommens an die Antragstellerin zu erbringen, aufzuheben.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Verweisung auf eine zusätzliche Erwerbstätigkeit sei unrealistisch, da sie im Rahmen ihrer Ausbildung vollzeitbeschäftigt sei. Das Sozialgericht gehe zu Recht davon aus, dass eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung drohe. Es wäre für sie ein Leichtes, die Ausbildung abzubrechen und damit wieder in den Genuss von Leistungen nach § 2 AsylblG in voller Höhe zu kommen. Es stelle sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Entscheidung. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde sei daher fraglich.

Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt. Neue rechtserhebliche Gesichtspunkte würden sich nicht stellen. Zudem sei sie durch den Beschluss des Sozialgerichts nicht beschwert. Sie gehe davon aus, dass die Ablehnung des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich der Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe rechtskräftig geworden sei. Anderenfalls verweise sie auf die zutreffenden tragenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte beider Instanzen und die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde (vgl. §§ 172, 173 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) des Beigeladenen ist zulässig.

a) Der Beschwerde fehlt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht das notwendige Rechtsschutzbedürfnis.

Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Sachurteilsvoraussetzung, die bei jeder Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gegeben sein muss. Der Begriff des Rechtsschutzbedürfnisses bedeutet, dass nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 27. März 2014 – L 3 AS 187/14 B ER – ZFSH/SGB 2014, 434 ff. = info also 2014, 125 ff. = juris Rdnr. 15, m. w. N.; Sächs. LSG, Urteil vom 24. Januar 2019 – L 3 AS 476/17 – juris Rdnr. 30, m. w. N.).

Der Beigeladene hat allein deshalb ein rechtsschutzwürdiges Interesse an der Beschwerdeentscheidung, weil er durch die im Rahmen der einstweiligen Anordnung ausgesprochene Zahlungsverpflichtung in seiner Rechtsstellung betroffen ist. Zudem nimmt der Umstand, dass die Antragstellerin bei einem Erfolg der Beschwerde des Beigeladenen die Ausbildung nach ihren Angaben abbrechen werde und der Beigeladene dann zu Leistungen nach § 2 AsylbLG – dann sogar ohne Minderung durch das Ausbildungsentgelt – verpflichtet wäre, der Beschwerde des Beigeladenen nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn einerseits ist der Abbruch der Ausbildung nicht sicher. Anderseits hat der Beigeladene für den Fall des Abbruchs angekündigt, einen Kostenersatz geltend zu machen. Der Beigeladene hat daher ein berechtigtes Interesse, in der Beschwerdeinstanz klären zu lassen, ob er tatsächlich zur vorläufigen Leistungserbringung verpflichtet ist, zumal im Beschwerdeverfahren auch zu entscheiden ist, ob der Antragsgegner vom Sozialgericht hätte verpflichtet werden müssen (hierzu unter b).

b) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist auch die von der Antragstellerin mit dem Hauptantrag begehrte einstweilige Anordnung mit dem Ziel, vorläufig Berufsausbildungsbeihilfe zu erlangen, Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Dies obwohl die Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts, welches den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Antragsgegnerin abgelehnt hat, keine Beschwerde erhoben hat. Die Verpflichtung eines beigeladenen Trägers im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kann nur subsidiär gegenüber einer Verpflichtung des Antragsgegners erfolgen. Sie kommt daher auch nur in Betracht, wenn der vorrangig zu prüfende Antrag gegen den Antragsgegner keinen Erfolg hat. Diese Auslegung und Anwendung von § 75 Abs. 2 und 5 SGG soll gerade verhindern, dass die Abweisung des Antrages in Rechtskraft erwächst (so für das Hauptsacheverfahren: BSG, Urteil vom 15. November 1979 – 11 RA 9/79BSGE 49, 143 ff. = SozR 5090 § 6 Nr. 4 = juris Rdnr. 16, m. w. N.; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [12. Aufl., 2017] § 75 Rdnr. 18c, m. w. N.).

2. Die Beschwerde des Beigeladenen ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 1. November 2018 gegen den Bescheid des Beigeladenen vom 2. Oktober 2018 angeordnet, mit welchem der Beigeladene die mit Bescheid vom 30. August 2018 bis auf weiteres erfolgte Bewilligung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ab dem 1. November 2018 gemäß § 9 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG i. V. m. § 45 SGB X bezüglich der Antragstellerin zurückgenommen hat.

a) Statthafter Rechtsbehelf ist diesbezüglich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Der Widerspruch der Antragstellerin vom 1. November 2018 gegen den Bescheid vom 2. Oktober 2018 hat gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG keine aufschiebende Wirkung. § 11 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG erfasst Verwaltungsakte, die eine vollständige oder teilweise Leistungsentziehung (vgl. § 9 Abs. 3 AsylbLG i. V. m. § 66 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – [SGB I]) oder – wie vorliegend – eine Aufhebung der Leistungsbewilligung (vgl. § 9 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG i. V. m. §§ 45, 47 oder 48 SGB X analog) zum Gegenstand haben (vgl. Dollinger, in: Siefert, Asylbewerberleistungsgesetz [2018] § 11 Rdnr. 55).

b) Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist begründet, wenn das private Interesse des Anfechtenden, den Vollzug des angefochtenen Bescheides bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen (privates Aussetzungsinteresse), gegenüber dem öffentlichen Interesse an dessen Sofortvollzug (öffentliches Vollzugsinteresse) überwiegt. Dies ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren summarisch zu prüfen und dabei der Sachverhalt gemäß § 103 SGG von Amts wegen unter Heranziehung der Beteiligten zu ermitteln, soweit dies unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens geboten ist. Die danach nötige Abwägung zwischen dem privaten Aussetzungsinteresse und dem öffentlichen Vollzugsinteresse hat sich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, weil am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides in der Regel kein öffentliches Interesse besteht, während bei einem rechtmäßigen Bescheid das öffentliche Interesse angesichts der gesetzlich angeordneten, sofortigen Vollziehbarkeit in der Regel vorrangig ist. Daneben sind aber auch alle sonstigen Umstände des Einzelfalles, die für und gegen die sofortige Vollziehbarkeit sprechen, gegeneinander abzuwägen, insbesondere das besondere Vollzugsinteresse im Einzelfall, der Umfang der drohenden Rechtsbeeinträchtigung und die Folgen, die der Sofortvollzug eines rechtswidrigen Bescheides einerseits und das Aussetzen des Sofortvollzugs eines rechtmäßigen Bescheides andererseits mit sich bringen würde. Je geringer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, ums so gewichtiger müssen die sonstigen, gegen den Sofortvollzug sprechenden Umstände sein. Bei einem gänzlich offenen Ausgang in der Hauptsache müssen die sonstigen, gegen den Sofortvollzug sprechenden Umstände in jedem Fall höher zu bewerten sein, als die für ihn sprechenden, sonstigen Umstände, da es andernfalls bei der bereits gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit bleibt (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 28. April 2008 – L 3 AS 110/08 AS-ER – juris Rdnr. 7; Sächs. LSG, Beschluss vom 16. August 2018 – L 3 AS 508/18 B ER – juris Rdnr. 33; Krodel, in: Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren [4. Aufl., 2016], Rdnr. 186 ff.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, [12. Aufl., 2017], § 86b Rdnr. 12a bis 12e).

Nach dem Sinn und Zweck des Eilverfahrens kann es im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte sein, eine umfassende rechtliche Prüfung der Hauptsache vorzunehmen. Denn damit würde die Effektivität dieses Verfahrens und des gerichtlichen Rechtsschutzes insgesamt geschwächt. Entscheidungen dürfen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. März 1998 – 2 BvR 378/98NVwZ-RR 1999, S. 217 = juris Rdnr. 17). Jedoch gelten strengere Anforderungen, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 – 2 BvR 745/88BVerfGE 79, 69 ff. = NJW 1989, 827 f. = juris Rdnr. 17; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93BVerfGE 94, 166 ff. = juris Rdnr. 158). Ausdrücklich hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 25. Februar 2009 (Az. 1 BvR 120/09 – juris Rdnr.11) ausgeführt: "Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern [.]." Ergänzend hierzu hat das Bundesverfassungsgericht im Kammerbeschluss vom 20. November 2018 (Az. 2 BvR 80/18, juris Rdnr. 8) ausgeführt: "Möchten die Gerichte sich in solchen Fällen an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren, müssen sie die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen ([ ]). Eine solche abschließende Prüfung kommt allerdings nur in Betracht, wenn eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren möglich ist; andernfalls ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden ([ ]). Stellen sich in einem Rechtsstreit Rechtsfragen, die schwierig und ungeklärt sind oder die im entscheidungserheblichen Zeitpunkt als hoch streitig eingestuft werden müssen, so hindert dieser Umstand für sich genommen eine abschließende Prüfung im Eilverfahren nicht. Das Gericht hat allerdings in den Blick zu nehmen, dass sich eine solche Prüfung im Eilverfahren auf die Möglichkeiten des Rechtsschutzsuchenden auswirkt, die Entscheidungsfindung im Hauptsacheverfahren und im Rahmen prozessrechtlich vorgesehener Rechtsmittelverfahren zu beeinflussen; dies gilt im Asylverfahren in besonderer Weise ([ ])."

c) Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Sozialgericht zu Recht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet.

Der Beschluss des Sozialgerichts ist aus den zutreffenden Gründen seiner Entscheidung nicht zu beanstanden. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück, sieht daher gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und führt lediglich ergänzend und hilfsweise aus:

Zur Auslegung von § 132 SGB III, § 22 SGB XII und §§ 2 und 3 AsylbLG gibt es – im vorliegenden Zusammenhang – weder eine höchstrichterliche Rechtsprechung noch eine gefestigte instanzgerichtliche Rechtsprechung.

So hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 17. Januar 2017 eine Beschwerde, die auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung zwecks Erhalt von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gerichtet gewesen ist, zurückgewiesen, weil der Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Härtefall im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht glaubhaft gemacht habe (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Januar 2017 – L 7 AY 18/17 ER-B – juris Rdnr. 10). Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht hat mit Beschluss vom 24. November 2017 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, weil ein Leistungsausschluss nach § 22 Abs. 1 SGB XII vorliege und der Umstand, dass die Höhe der Ausbildungsförderung nicht bedarfsdeckend sei, eine besondere Härte nicht begründen könne Schlesw.-Holst. LSG, Beschluss vom 24. November 2017 – L 9 AY 156/17 B ER – juris Rdnr. 16 ff., 22). Das Sozialgericht Dresden wiederum hat mit Beschlüssen vom 16. Januar 2018 und 20. September 2018 einstweilige Anordnung erlassen, weil die Regelung des § 2 Abs. 1 AsylbLG verfassungskonform einschränkend dahingehend auszulegen sei, dass im Falle eines Ausschlussgrundes nach dem SGB XII die Inanspruchnahme von Leistungen nach § 3 AsylbLG unbenommen bleibe (vgl. SG Dresden, Beschluss vom 16. Januar 2018 – S 20 AY 46/17 ER – juris Rdnr. 19 ff. sowie Beschluss vom 20. September 2018 – S 20 AY 48/18 ER – [n. v.]). Nach dem Beschluss des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg vom 24. Januar 2018 werfe § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung vom 31. Juli 2016 die ungeklärte Rechtsfrage auf, unter welchen Voraussetzungen anzunehmen sei, dass bei einem Ausländer ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten sei. Deshalb sei Berufsausbildungsbeihilfe für einen asylsuchenden Auszubildenden aus Kamerun im Ergebnis der Folgenabwägung vorläufig zu gewähren (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Januar 2018 – L 14 AL 5/18 B ER – juris Rdnr. 2). Nach dem Beschluss des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen vom 13. Februar 2018 bedürfe es seit der Änderung des § 7 Abs. 5 SGB II zum 1. August 2016 der näheren Prüfung der Reichweite des seit 2005 unveränderten Leistungsausschlusses für Auszubildende nach § 22 Abs. 1 SGB XII (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13. Februar 2018 – L 8 AY 1/18 B ER – ZFSH/SGB 2018, 278 ff. = juris Rdnr. 29 ff.). Eine Entscheidung über eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 5 SGB II hat es offen gelassen, weil der Antragsteller jedenfalls das Vorliegen eines besonderen Härtefalls glaubhaft gemacht habe XII (a. a. O., Rdnr. 41). Bei einer nach § 2 AsylbLG leistungsberechtigten Person könne ein Härtefall im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII vorliegen, wenn der Ausländer eine förderungsfähige Berufsausbildung abbrechen müsste, weil er mit der typischerweise geringen Vergütung seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten könne; ein Entschließungsermessen sei dem Leistungsträger in derartigen Fällen nicht eingeräumt (a. a. O., Rdnr. 46 f.). Das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat in zwei Beschlüssen vom 26. Januar 2018 und 19. Februar 2018 entschieden, dass Leistungsbezieher nach § 2 AsylbLG, die eine dem Grunde nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) förderungsfähige Ausbildung besuchen, nach § 2 Abs. 1 AsylbLG i. V. m. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ausgeschlossen seien, auch wenn die Ausbildung tatsächlich nicht nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gefördert werde (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Januar 2018 – L 20 AY 19/17 B ER – juris Rdnr. 23 ff., 35 sowie Beschluss vom 19. Februar 2018 – L 20 AY 4/18 B ER – Breith 2018, 495 ff. = juris Rdnr. 26 ff., 36). Eine besondere Härte im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG i. V. m. 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII lasse sich in einem solchen Fall – abweichend von der Weisungs- und Erlasslage einiger Bundesländer – nicht grundsätzlich annehmen (vgl. Beschluss vom 19. Februar 2018, a. a. O., Rdnr. 51). Die integrations- oder bildungspolitische Zweckmäßigkeit des gesetzlichen Leistungsausschlusses sei im sozialgerichtlichen Verfahren unbeachtlich, wenn der Leistungsausschluss sich klar aus der gesetzlichen Regelung ergebe (vgl. Beschluss vom 26. Januar 2018 – L 20 AY 19/17 B ER – juris Rdnr. 48 sowie Beschluss vom 19. Februar 2018; a. a. O., Rdnr. 49). Im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes komme eine Aussetzung und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Artikel 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht; dem Antragsteller verbleibe insofern nur eine Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht und gegebenenfalls ein Antrag auf eine einstweilige Regelung durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschluss vom 26. Januar 2018, a. a. O., Rdnr. 39 und Beschluss vom 19. Februar 2018, a. a. O., Rdnr. 39).

Zuletzt hat das Bayerischen Landessozialgerichtes mit Beschluss vom 8. April 2019 den Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf die Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe abgelehnt. Eine Leistung der Berufsausbildungsbeihilfe an Ausländer komme nicht in Betracht, wenn nur eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens vorliege und die Prognose zur Erwartung eines dauerhaften und rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland negativ sei (vgl. Bay. LSG, Beschluss vom 8. April 2019 – L 10 AL 23/19 B ER – juris Rdnr. 14 ff.). Die ungewisse Erwartung, dass nach Abschluss des Asylverfahrens eine Duldung bis zur Beendigung der Berufsausbildung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG und daran anschließend für eine Beschäftigung für weitere zwei Jahre eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a Abs. 1a AufenthG erteilt werden könnte, führe allein nicht zu einer positiven Prognose (a. a. O., Rdnr. 23 f.). Sofern dies in der Konsequenz dazu führe, dass ausländische Auszubildende, die sich noch in einem Asylverfahren befinden und prognostisch nicht rechtmäßig und dauerhaft in Deutschland verbleiben werden, von Leistungen der Berufsausbildungsbeihilfe ausgeschlossen seien, sei dies für das SGB III hinzunehmen. Da sich existenzsichernde Ansprüche zunächst auch nicht aus dem Asylbewerberleistungsgesetz ergäben, bestehe vorliegend eine Förderlücke. Eine Schließung der Lücke durch eine bis zu einer Gesetzesänderung erweiternde Auslegung von § 59 Abs. 2 SGB III oder § 132 SGB III sei nicht möglich. Allenfalls sei denkbar, dass in solchen Fällen – insbesondere auch im Hinblick auf die Gefahr eines Ausbildungsabbruchs und dem Setzen falscher Anreize sowie der in Diskussion stehenden Neuregelung des § 2 AsylbLG – das Vorliegen eines besonderen Härtefalls nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII geprüft werden könne (a. a. O., Rdnr. 23 f.):

Auch wenn also vorliegend unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allein darauf abgestellt würde, dass sowohl die Auslegung des § 132 SGB III als auch die Auslegung des § 22 SGB XII und der §§ 2 und 3 AsylbLG streitig und gerade aufgrund der verfassungsrechtlichen Fragen schwierig und ungeklärt ist, und dass zudem in der Sache die konkret bei der Antragstellerin zu berücksichtigenden besonderen Umstände, die für eine Bleibeperspektive oder für einen Härtefall sprechen können, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend geklärt werden können, ist vorliegend auch im Ergebnis der dann (allein) vorzunehmenden Folgenabwägung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen.

Ohne die Anordnung der aufschiebenden Wirkung stünden der Antragstellerin weniger als die ihr nach Artikel 1 und 2 GG zustehenden existenzsichernden Leistungen zur Verfügung. Denn unter Berücksichtigung der auf sie entfallenden Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe der vom Beigeladenen erhobenen Gebühr von 109,50 EUR bliebe der Antragstellerin trotz des durch die Ausbildung erhöhten Bedarfs auch bei bloßer Berücksichtigung der glaubhaft gemachten monatlichen Fahrkosten in Höhe von 86,60 EUR von der ihr allein zur Verfügung stehenden Ausbildungsvergütung in Höhe 477,15 EUR netto (600,00 EUR brutto) ein Betrag in Höhe von monatlich 281,05 EUR für ihre Grundbedürfnisse. Der Regelbedarf nach § 2 AsylbLG i. V. m. § 27a SGB XII beträgt jedoch monatlich 374,00 EUR. Dies hätte mittelbar auch negative Auswirkungen auf ihre zwei noch minderjährigen Kinder und würde die Antragstellerin zwingen, die am 1. August 2018 begonnene Ausbildung abzubrechen. Denn eine ergänzende Erwerbstätigkeit ist der Antragstellerin entgegen der Ausführungen des Beigeladenen vor dem Hintergrund der Vollzeitausbildung und der Sorge für zwei noch minderjährige Kinder nicht möglich und zumutbar. Dies hätte wiederum negative Auswirkungen auf die Integrationsmöglichkeiten der Antragstellerin und ihrer Familie und würde auch die Möglichkeiten der Anerkennung des abgeschlossenen Hochschulstudiums der Antragstellerin erschweren.

Bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung hätte der Beigeladene, sollte die Rechtmäßigkeit des Bescheides in letzter Instanz (gegebenenfalls nach Prüfung der Normen durch das Bundesverfassungsgericht) bestätigt werden, Rückforderungsansprüche hinsichtlich der vorläufig gewährten monatlichen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Höhe von 82,05 EUR und Gebührenansprüche für die Nutzung der Wohnung in Höhe von derzeit monatlich 109,50 EUR. Die Realisierung dieser Ansprüche ist auch nicht ausgeschlossen, da die Antragstellerin bereits vorsorglich eine Duldung zu Ausbildungszwecken entsprechend § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG beantragt hat, anschließend eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a Abs. 1a AufenthG für eine Beschäftigung für weitere zwei Jahre erteilt werden könnte und somit eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Antragstellerin in Deutschland Einkommen erzielen wird. Sollte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben, hätte der Beigeladene sogar Erstattungsansprüche, deren Realisierung zwischen den Leistungsträgern ohne Inanspruchnahme der Antragstellerin erfolgen würde. Diese Erstattungsansprüche hat der Beigeladene bei der Antragsgegnerin auch vorsorglich geltend gemacht.

Danach fällt die Folgenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus. Dies zumal die Gerichte, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht, eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, zu verhindern haben.

Anknüpfend an den Sinn und Zweck der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und die Höhe der existenzsichernden Leistungen hat das Bundesverfassungsgericht (trotz der gesetzgeberisch gewollten und höchstrichterlich bestätigten formalen und strukturellen Unterschiede zwischen SGB II/SGB XII einerseits und dem Asylbewerberleistungsgesetz andererseits) mit Urteil vom 18. Juli 2012 (Az.1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 [Asylbewerberleistungsgesetz] – BVerfGE 132, 134 ff. = SozR 4-3520 § 3 Nr. 2 = NVwZ 2012, 1024 ff. = juris) das Asylbewerberleistungsgesetz als bloßen Annex zum Ausländerrecht entkoppelt. Es ist danach als weiteres steuerfinanziertes Transferleistungssystem zu bewerten. Zwar knüpfen Leistungsanspruch und die Leistungshöhe an die Statusfragen des Asyl-, Aufenthalts- und Niederlassungsrechts an. Entscheidendes Ziel des Gesetzes ist es jedoch, leistungsberechtigte Ausländer verfassungskonform mit Leistungen zu versorgen, die sie zur Sicherung nicht nur des physischen, sondern auch des soziokulturellen Existenzminimums benötigen. Die Grundrechte aus Artikel 1 und 2 GG stehen deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes garantiert das Grundgesetz mit Artikel 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 GG ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Artikel 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch; das Sozialstaatsgebot des Artikel 20 Abs. 1 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, ein menschenwürdiges Existenzminimum tatsächlich zu sichern. Der Gesetzgeber hat die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten. Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch erstreckt sich jedoch nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 [Hartz IV-Regelsatz , Hartz IV-Gesetz] – BVerfGE 125, 175 ff. = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12 = NJW 2010, 505 ff. = juris Rdnr. 133; BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 [Asylbewerberleistungsgesetz] – BVerfGE 132, 134 ff. = SozR 4-3520 § 3 Nr. 2 = NVwZ 2012, 1024 ff. = juris Rdnr. 64; BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 [menschenwürdiges Existenzminimum] – BVerfGE 137, 34 ff. = SozR 4-4200 § 20 Nr. 20 = NJW 2014, 3425 ff. = juris Rdnr. 75; BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 1 BvR 371/11 [Beschränkung des Grundsicherungsanspruchs volljähriger, im elterlichen Haushalt lebender Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres] – BVerfGE 142, 353 ff. = SozR 4-4200 § 9 Nr. 15 = NJW 2016, 3774 ff. = juris Rdnr. 39). Migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden, stellen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 – a. a. O. Rdnr. 95) keine Rechtfertigung dar, um von vornherein den Leistungsstandard unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum abzusenken. Dabei besteht jedoch lediglich ein Anspruch auf eine materiell und strukturell gleichwertige Existenzsicherung, wie sie der Gesetzgeber auch grundsätzlich durch das SGB II, SGB XII und das Asylbewerberleistungsgesetz geschaffen hat. Im Rahmen der Auslegung der einzelnen gesetzlichen Normen ist daher zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber keine verfassungswidrigen, das Existenzminimum beschränkende Regelungen treffen will.

Da den drei steuerfinanzierten Existenzsicherungssystemen somit das Ziel gemeinsam ist, ausgehend vom absolut wirkenden Grundrecht aus Artikel 1 Abs. 1 GG i. V. m. Artikel 20 Abs. 1 GG allen sich in Deutschland aufhaltenden Menschen nicht nur ein physisches, sondern auch ein soziokulturelles Existenzminimum zu gewähren, ist es zwar zu rechtfertigen, Menschen mit einer ungesicherten Bleibeperspektive keine Berufsausbildungsbeihilfe zu gewähren. Jedenfalls unzulässig dürfte es jedoch sein, allein die Aufnahme einer Berufsausbildung zum Anlass zu nehmen, die Existenzsicherungsleistungen zu minimieren, da sich auch die Aufnahme der Ausbildung durch die auf die Leistung anzurechnende Zahlung der Ausbildungsvergütung (die zudem derzeit steigt, so dass zukünftig keine Notwendigkeit für ergänzende Existenzsicherungsleistungen bestehen dürfte) der Bedarf reduziert. Auch wenn dem Gesetzgeber hinsichtlich der Ausgestaltung des soziokulturellen Existenzminimums ein weiter Ermessensspielraum zusteht, bestehen somit Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer vollständigen Streichung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bei Aufnahme einer grundsätzlich förderfähigen Berufsausbildung, was im Rahmen der Folgenabwägung zu berücksichtigen ist.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Gesetzgeber § 2 Abs. 1 AsylbLG mit Wirkung zum 1. September 2019 um den Satz ergänzt hat, dass die Sonderregelung für Auszubildende nach § 22 SGB XII keine Anwendung findet (vgl. Artikel 1 Nr. 3 des Dritten Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 13. August 2019 [BGBl I S. 1290]) und daher die Fortsetzung der Ausbildung durch die Antragstellerin für die Zukunft gesichert sein dürfte, was gleichfalls in die Folgenabwägung zugunsten der Antragstellerin einzubeziehen ist.

Wie durch das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt, ist zudem – auch im Rahmen einer bloßen Folgenabwägung - nicht die Antragsgegnerin zur vorläufigen Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe nach § 132 SGB III zu verpflichten. Eine Verpflichtung käme nur dann in Betracht, wenn ein Anordnungsanspruch und somit ein Anspruch auf Bewilligung der Berufsausbildungsbeihilfe dargelegt und glaubhaft gemacht worden wäre und die zu beanspruchende Leistung erheblich über dem Grundsicherungsniveau liegen würden, so dass auch ein Anordnungsgrund hinsichtlich der höheren Leistung vorliegen würde. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Die dargelegten schweren und unzumutbaren Beeinträchtigungen der Antragstellerin können bereits durch die vorläufige Bewilligung allein der (niedrigeren) Leistungen für den Lebensunterhalt nach § 2 AsylbLG abgewendet werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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