Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 23 U 32/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 152/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.Für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen den in § 11 SGB VII genannten Maßnahmen und Gesundheitsschäden gelten die Grundsätze, die auch sonst für die Beurteilung der Kausaliät in der gesetzlichen Unfallversicherung gelten.
2. Der Schutzzweck des § 11 SGB VII kann im Hinblick auf medizinische Folgen aus sozialen Schäden (hier: psychische Störung auf Grund Enttäuschung über den Arbeitgeber) nicht weiter gehen als im Rahmen des Versicherungsfalles nach § 8 SGB VII.
2. Der Schutzzweck des § 11 SGB VII kann im Hinblick auf medizinische Folgen aus sozialen Schäden (hier: psychische Störung auf Grund Enttäuschung über den Arbeitgeber) nicht weiter gehen als im Rahmen des Versicherungsfalles nach § 8 SGB VII.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. August 2018 aufgehoben, soweit dieses über das angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten im Senatstermin vom 13. August 2019 hinausgeht, und die Klage im Übrigen in vollem Umfang abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1956 geborene Kläger begehrt die Feststellung weiterer Unfallfolgen und die Gewährung einer Rente auf Dauer nach einem anerkannten Arbeitsunfall.
Der Kläger, der inzwischen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhält (Bescheide der DRV Bund vom 23. Mai 2013 und vom 9. Dezember 2013), ist ausgebildeter Groß- und Außenhandelskaufmann. Er wurde bei seiner Tätigkeit als Bankkaufmann (in der Kundenberatung) bei der Kreissparkasse A-Stadt Opfer einer schweren räuberischen Erpressung. Das Ereignis fand am 3. September 2010 wie folgt statt: Der Kläger befand sich mit zwei Kollegen vorne am Tresen, um etwas zu besprechen, als plötzlich ein Mann mit Fahrradhelm, Sonnenbrille und Mundschutz gezielt auf den Tresen zuging und sagte, er wolle Geld haben. Im Gehen öffnete er seine Bauchtasche und holte eine Waffe (Anm.: Es handelte sich um eine Schreckschusspistole) heraus. Der Kläger sagte sofort, dass er Geld holen werde, und ging nach hinten. Der Täter deutete mit der Waffe auf zwei Schränke, die geöffnet werden sollten, weil er dort Geld vermutete, aber die beiden Kollegen zeigten ihm, dass dort kein Geld war. Dann rief der Kläger von hinten, dass er das Geld habe, und der Täter ging nach hinten, ließ sich das Geld einpacken und verschwand. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Hanau vom 11. April 2013 (Az.: 1 KLs - 3350 Js 13769/12) wurde der Täter wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt.
Am 25. November 2010 ging bei der Beklagten die Unfallanzeige des Arbeitgebers ein, am 17. November 2010 ein Bericht des Diplom-Sozialpädagogen C., Inhaber einer Praxis für Beratung und Krisenintervention nach traumatischen Ereignissen, über die psychotherapeutische Beratung und Krisenintervention am 18. Oktober 2010 mit den drei von dem Überfall betroffenen Mitarbeitern der Bank. Herr C. teilt mit, bei dem ersten Gruppengespräch am 16. September 2010 hätte sich bei dem Kläger eine Vielzahl der häufig auftretenden Stressreaktionen auf deutlich erhöhtem Niveau gezeigt. Zu den Stressreaktionen hätten gezählt: häufiges Auftreten von Gedanken und Bildern in Bezug auf den erlebten Überfall, zeitweise verbunden mit dem Gefühl, alles noch einmal zu erleben; gesteigerte Wachsamkeit und erhöhtes Misstrauen gegenüber fremden Personen; stark erhöhte Schreckhaftigkeit und Geräuschempfindlichkeit; stark erhöhte Reizbarkeit; Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen, unruhiges, oberflächliches Schlafen); Konzentrationsprobleme; Verdrängungs- und Vermeidungsverhalten. Der Kläger habe berichtet, dass er in den letzten Jahren mit weiteren belastenden Ereignissen konfrontiert worden sei, zum einen durch die schwere Erkrankung und den Tod eines Familienmitgliedes und zum anderen durch weitere belastende Situationen, in denen er durch seine Tätigkeit bei der freiwilligen Feuerwehr ebenfalls mit dem Tod konfrontiert worden sei. In dem zweiten Beratungsgespräch am 27. Oktober 2010 sei deutlich geworden, dass auch der Dauerstress am Arbeitsplatz ein Aspekt sei und dass das Thema Tod bei allen gemachten Erfahrungen eine wichtige Rolle spiele.
Die Beklagte zog die Unterlagen bei, die dem Antrag des Klägers auf medizinische Rehabilitation bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zu Grunde lagen. In einem Befundbericht vom 21. Oktober 2010 zum Rehabilitationsantrag der Rentenversicherung, hatte der Hausarzt Dr. D. mitgeteilt, der Kläger leide nach dem Unfall unter Angstanfällen, Panikattacken, stark erhöhter Reizbarkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen, erhöhtem Misstrauen gegenüber fremden Personen, depressiver Symptomatik mit Antriebsminderung und Stimmungstief. Als andere soziale Belastungsfaktoren gab der Arzt beruflichen Stress, Todesfälle durch Unfall in der Nachbarschaft und beim Feuerwehreinsatz an. Er empfahl wegen massiven Leidensdrucks insbesondere wegen des Überfalls eine stationäre Rehabilitation (Schreiben vom 16. November 2010).
Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin eine berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung (BGSW) in der Klinik am Rosengarten. Im Aufnahmebericht vom 11. Dezember 2010 gaben die Ärzte der Klinik, der Facharzt für Nervenheilkunde Dr. Dr. E., der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie F. sowie die Stationsärztin G. als behandlungsrelevante, unfallabhängige Diagnose die Teilsymptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nach Raubüberfall vom 3. September 2010 an. Als Beschwerden des Klägers werden u. a. angegeben, er bringe Dinge durcheinander, er versuche, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sparkassenangestellter auszuüben, könne sich nicht aufs Lesen konzentrieren, sei hektisch, habe zunehmend Konzentrationsschwierigkeiten. Auch habe er oftmals das Gefühl, noch einen Kloß im Hals zu haben, so dass es ihm schwerfalle, entspannt zu sein. Als Rehabilitationsziele hielten die Ärzte eine Reduktion der depressiven Symptomatik sowie der Angstsymptomatik sowie eine Stabilisierung der Emotionalität fest. In dem klinisch-psychologischen Abschlussbericht der Klinik vom 18. Januar 2011 wird von der Diplom-Psychologin H., Psychologische Psychotherapeutin, Spezielle Psychotraumatherapie (DeGPT) als Aufnahmediagnose nach testpsychologischer Diagnostik, Exposition in vivo festgestellt: "ICD-10 F43.2 Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik und generell erhöhtem Angstniveau, phobischen Ängsten gegenüber überfallassoziierten Stimuli und chronischem Hyperarousal". Die im Rahmen der Anpassungsstörung bestehenden überfallbezogenen Ängste mit erhöhtem Bedrohungserleben seien Folge des bewaffneten Raubüberfalls vom 3. September 2010. Die übrigen psychischen Beeinträchtigungen hätten zum Zeitpunkt des Überfalls bereits vorgelegen (depressive Erschöpfungs- und Trauerreaktion nach Pflege und Tod der Mutter im Jahr 2009, erhöhte Ängstlichkeit durch Konfrontation mit zwei tödlichen Unfällen von bekannten Personen, Überforderungserleben am Arbeitsplatz) und seien durch den Überfall noch weiter verstärkt. Durch die psychotherapeutische Behandlung in der Klinik habe sich die psychische Störungssymptomatik als überwiegend rückläufig erwiesen. Auch die aus den vorherigen Belastungsfaktoren resultierende psychische Störungssymptomatik habe im Therapieverlauf reduziert werden können. Der Kläger habe sich gegen Ende des stationären Aufenthalts in einem deutlich stabilisierten Zustand befunden, sehe sich zur Bewältigung der im Schalterbereich gegebenen Anforderungen durch die zusätzliche, aus dem Überfall resultierende Stressbelastung indes nicht mehr in der Lage. Um die Arbeitsfähigkeit des Klägers langfristig zu gewähren, wäre daher aus klinisch-psychologischer Sicht eine innerbetriebliche Umsetzung (Tätigkeit ohne Kundenkontakt) empfehlenswert. Die Entlassungsdiagnose lautete: "Abklingende Anpassungsstörung mit jedoch noch verbliebener überfallbezogener Angstsymptomatik".
Nach der Entlassung aus der stationären Behandlung führte der Kläger auf Veranlassung der Beklagten am 25. Januar 2011 ein erstes Reha-Beratungsgespräch. Teilnehmer waren der Reha-Berater J., der Arbeitgeber und der Schwager des Klägers. In dem Gespräch (Bericht des Reha-Beraters vom 26. Januar 2011) wurde vereinbart, dass der Arbeitgeber eine Umsetzung des Klägers in den Fachbereich IT/Organisation prüft. Die Beklagte erklärte sich für den Fall von Gehaltseinbußen (der Kläger verfügte für die dort ausgeschriebene Stelle nicht über die erforderliche fachliche Eignung) dazu bereit, Eingliederungshilfen zu gewähren und/oder erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen des Klägers durch Kostenerstattung zu unterstützen. Aus den Berichten und Vermerken des Reha-Beraters und des Herrn C., der den Kläger auf dessen Wunsch weiter betreute, ergibt sich, dass alle Bemühungen um Wiedereingliederung auch in andere Bereiche des Arbeitgebers scheiterten und dass sich der Gesundheitszustand des Klägers in der Folgezeit verschlechterte: Der Kläger mache einen vermehrt verunsicherten und ängstlichen Eindruck, leide unter der Belastung, nicht an seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückkehren zu können (Gesprächsvermerk des Reha-Beraters über ein Gespräch mit dem Schwager vom 21. September 2011), habe das Vertrauen in seinen Arbeitgeber verloren (Gesprächsvermerk des Reha-Beraters vom 15. April 2011 über ein Gespräch mit Herrn C.), habe nach drei Gesprächen mit dem Arbeitgeber den Eindruck, dieser habe kein Interesse an einer Weiterbeschäftigung (Bericht des Reha-Beraters über das Reha-Beratungsgespräch vom 1. November 2011, Folgebericht des Herrn C. vom 13. Juni 2011), sei nach einem Gespräch mit dem Arbeitgeber so tief erschüttert gewesen, dass er in Trancezustand gefallen sei, dem Gespräch nicht mehr habe folgen können, rausgehen habe müssen und am ganzen Körper gezittert habe (Folgebericht des Herrn C. vom 27. September 2011). In dem Bericht über das letzte Reha-Gespräch am 20. März 2012 berichtet der Reha-Berater u. a., der Kläger mache sich Sorgen um die Finanzierung seines Lebensunterhaltes; er habe am 27. Mai 2011 einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bei der DRV Bund gestellt, der abgelehnt worden sei; prognostisch sei nach der Einschätzung der behandelnden Ärztin Dr. K. mit einem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit (Ablauf der 78. Woche) nicht zu rechnen.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 20. März 2012 die Zahlung von Verletztengeld zum 11. April 2012 ein, da ein Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit des Klägers in dem vor der letzten Arbeitsunfähigkeit ausgeübten Beruf nicht mehr möglich sei. Ein zunächst von dem Kläger erhobener Widerspruch wurde am 15. Oktober 2012 zurückgenommen.
Psychotherapeutisch wurde der Kläger nach Entlassung aus der Klinik am Rosengarten zunächst von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. behandelt, der die Diagnosen der Klinik bestätigte (Bericht vom 24. Januar 2011) und sodann ab dem 24. Mai 2011 von der Neurologin und Psychiaterin Dr. K ... Die Ärztin teilte in ihrem Befundbericht an die Beklagte vom 30. August 2011 als Diagnosen mit "Posttraumatische Belastungsstörung, beginnende Chronifizierung (F43.1 G) mit ausgeprägter depressiver Verstimmung, Ängsten sowie Flashbacks". Zum psychischen Befund berichtete sie u. a. auch von deutlichen Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen.
Die Beklagte holte zur Klärung der Zusammenhangsfrage auf psychiatrischem Fachgebiet ein Gutachten von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 7. Juni 2012 ein. Der Gutachter teilte u. a. mit, in seiner "spontanen Beschwerdeschilderung" habe der Kläger angegeben, dass er Angst habe, irgendetwas zu machen, weil er Angst habe, etwas falsch zu machen, er könne Kritik kaum ertragen, sei sehr gereizt, brauche manchmal zwei bis drei Stunden, um sich zu beruhigen, sei sehr unruhig, frage sehr viel nach, um sich zu vergewissern. Zum psychischen Befund hielt der Sachverständige fest, dass der Kläger affektiv angespannt, erregt wirke, eher negativ ausschwingend, was unter der Schilderung des Unfalls oder negativer Erlebnisse zunehme. Es bestünden Selbstmordgedanken, allerdings keine Selbstmordtendenzen. Der Kläger sei in seiner Konzentration deutlich gestört, verliere mehrfach den Faden, könne ihn einmal nur mit Mühe aufnehmen und es fehlten ihm immer wieder Begriffe, die er dann umschreibe. Er habe Schwierigkeiten mit dem Zeitgitter, könne dies nur an Lebensereignissen festmachen. Der Kläger sei bemüht, Veränderungen herbeizuführen, aber auch behindert durch sein schlechtes Selbstwertgefühl, mit der Angst, Fehler zu machen. Er wirke deutlich gekränkt durch den Arbeitgeber, von dem er entsprechend seiner eigenen Erziehung und anderen Vorerfahrungen Ehrlichkeit und Genauigkeit erwartet habe. Der Sachverständige diagnostizierte bei dem Kläger eine partielle posttraumatische Belastungsstörung, eine Anpassungsstörung mit depressiven und ängstlichen Zügen und eine akzentuierte Persönlichkeit mit zwanghaften und depressiven Zügen. Der Banküberfall am 3. September 2010 sei wesentlich ursächlich für das Auftreten der Belastungsstörung gewesen. Die depressive Anpassungsstörung bzw. Episode könne durchaus solch einen Überfall als Auslösesituation haben, nicht aber als Ursache. Diese Erkrankung nehme ihren Anfang mit der Kränkung durch den Arbeitgeber nach dem stationären Heilverfahren. Die Einschränkungen hätten bis zum Ende des Heilverfahrens in einer quantitativen und qualitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestanden. Gestört gewesen seien Ausdauer, Konzentration und die Fähigkeit, Stress zu bewältigen. Der Umgang mit Kunden sei immer noch eingeschränkt. Besser geworden seien Konzentration und Ausdauer, wie die Situation bei der Testung auch gezeigt habe. Die weiteren Einschränkungen, die sich aus der Selbstwertproblematik ergäben, seien nicht Unfallfolgen.
Der Beratungsarzt Dr. N. führte zu dem Gutachten des Dr. M. in seiner Stellungnahme vom 23. Juli 2012 aus, nach den vorliegenden Aktendaten scheine es naheliegender, entgegen Dr. M. nicht eine PTBS, sondern eine Anpassungsstörung zu diagnostizieren. Diese sei unmittelbar nach dem Ereignis überwiegend unfallabhängig gewesen, im Sinne eines Wechsels der Wesensgrundlage aber im Weiteren wesentlich durch ein subjektives Kränkungserleben und wahrscheinlich auch durch ein Rentenbegehren unterhalten worden. Eine Rentengewährung komme entsprechend der zeitlichen Limitierung nach ICD-10 in Betracht.
Mit Bescheid vom 9. Oktober 2012 stellte die Beklagte fest, dass der Unfall des Klägers vom 3. September 2010 ein Arbeitsunfall gewesen sei. Wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls habe der Kläger Anspruch auf Rente für zurückliegende Zeiten, nämlich vom 12. April 2012 (Tag, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet) bis 30. September 2012 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. Darüber hinaus werde die Gewährung einer Rente abgelehnt, weil der Arbeitsunfall keine rentenberechtigende MdE mehr zur Folge habe. Als Folge des Arbeitsunfalls wurde eine "vorübergehende Anpassungsstörung nach Banküberfall" festgestellt. Als Folge des Arbeitsunfalls wurde nicht anerkannt: "Akzentuierte Persönlichkeit mit zwanghaften und depressiven Zügen".
Der Kläger erhob Widerspruch und legte ein weiteres Attest von Dr. K. vom 20. November 2012 vor über den Behandlungszeitraum vom 24. Mai 2011 bis zur Vorstellung am 15. November 2012. Die Ärztin diagnostizierte weiterhin eine PTBS mit beginnender Chronifizierung und ausgeprägter depressiver Verstimmung. Aus nervenärztlicher Sicht sei der Kläger trotz intensiver Psychotherapie, in der die Traumata immer wieder aufgearbeitet würden und Strategien entwickelt worden seien, weiterhin nicht in der Lage, selbst unterhalbschichtig leichte Tätigkeiten unter drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuführen.
Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme von Dr. N. vom 2. Januar 2014 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2014 den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 9. Oktober 2012 zurück.
Der Kläger hat am 5. März 2014 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht) erhoben. Er beruft sich auf die Verurteilung des Täters wegen schwerer räuberischer Erpressung, womit nochmals deutlich geworden sei, dass der Überfall geeignet gewesen sei, eine PTBS zu verursachen. Der Kläger hat ein nervenärztliches Attest von Dr. K. vom 24. Februar 2014 vorgelegt über seine Behandlung vom 24. Mai 2011 bis 5. Februar 2014. Die Ärztin stellt darin nunmehr fest, das Trauma sei mit dem Überfall nicht abgeschlossen gewesen, sondern habe fortbestanden, zum Teil als "drohende Bedrohung", zum Teil durch die Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, die durch den Überfall und die nachfolgende Krankheit erst ausgelöst worden seien.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens bei der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. O. vom 15. Mai 2015 sowie ergänzender Stellungnahmen der Sachverständigen vom 3. Januar 2016 und vom 9. August 2016. Die Sachverständige hat bei dem Kläger die Diagnosen gestellt "Chronische Posttraumatische Belastungsstörung F43.2, schwere depressive Episode mit kognitiven Einschränkungen F32.2, Entwicklung einer Persönlichkeitsänderung nach schwerer Belastung (nach chronischer PTBS) F62.0". Alle diese Diagnosen hätten ihren Ursprung in dem Überfall; beruhten ursächlich mit Wahrscheinlichkeit nach den Maßstäben des Unfallversicherungsrechtes auf dem Unfallereignis vom 3. September 2010. Eine Vorerkrankung habe bei dem Kläger nicht vorgelegen. Es hätten vulnerable Persönlichkeitsanteile vorgelegen. Das Unfallgeschehen habe eine PTBS ausgelöst. Der weitere Verlauf und die Unsicherheit in Bezug auf den Arbeitsplatz hätten ungünstig die psychische Symptomatik getriggert und eine rasche Kompensation nicht möglich gemacht. Es habe sich ab 2011 eine Chronifizierung entwickelt und im weiteren Verlauf eine schwere Symptomatik, die aktuell als Persönlichkeitsänderung nach chronischer PTBS zu bewerten sei. Bis zur Chronifizierung des Leidens ab August 2011 habe die PTBS als Gesundheitsstörung im Vordergrund der Symptomatik gestanden und die MdE 30 v. H. betragen. Ab August 2011 sei mit Entwicklung der ausgeprägten depressiven Verstimmung und kognitiven Störungen eine Erhöhung der MdE auf 50 v. H. anzunehmen. Zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung sei die MdE mit 100 v. H. zu beurteilen, da die Funktionsbeeinträchtigungen und die Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch die Unfallfolgen so erheblich geworden seien.
Die Beklagte hat Stellungnahmen ihres Beratungsarztes Dr. N. vorgelegt (vom 1. Oktober 2015, vom 17. Mai 2016 und vom 19. September 2016). Der Arzt sieht nach wie vor eine PTBS nicht als gegeben an, da nach seiner Auffassung das A-Kriterium mangels Hilflosigkeit fehlt. Der anschließende Arbeitsplatzverlust sei keine medizinische Folge des Überfalls; soziale Schäden würden nicht durch eine Erhöhung der MdE entschädigt und medizinische Folgen aus sozialen Schäden stünden demgemäß nicht mehr im kausalen Zusammenhang zu einer Unfallrente. Die Frage nach einem etwaigen Rentenbegehren müsse bei der Kausalitätsprüfung als konkurrierender Faktor unabdingbar subtil erörtert werden, was die Sachverständige unterlassen habe. Auch sei das vom Kläger erlittene Trauma nach der Klassifikation nicht geeignet, eine andauernde Persönlichkeitsänderung zu verursachen.
Mit Urteil vom 13. August 2018 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, als weitere Unfallfolgen festzustellen, eine chronische PTBS sowie vom 12. April 2012 bis 19. April 2015 eine mittelgradige depressive Störung, ab dem 20. April 2015 eine schwere depressive Episode mit kognitiven und regressiven Symptomen sowie ab dem 12. April 2012 eine Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung und dem Kläger vom 12. April 2012 bis 19. April 2015 Rente nach einer MdE in Höhe von 30 v. H. und ab dem 20. April 2015 nach einer MdE in Höhe von 50 v. H. zu gewähren. Den Bescheid der Beklagten hat es auch insoweit aufgehoben, als dort eine "vorübergehende Anpassungsstörung" festgestellt worden ist. Im Übrigen hat das Gericht die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle nach den überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. O. infolge des Arbeitsunfalls vom 3. September 2010 sämtliche Kriterien für die Diagnose einer PTBS nach ICD-10 und DSM-5. Insbesondere sei auch das A-Kriterium hier erfüllt. Das Ereignis sei schwer gewesen. Dr. N. habe dieses Kriterium abgelehnt und sich dabei an dem DSM-IV orientiert. Dieses Manual entspreche aber nicht mehr dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand, der sich nunmehr in dem DSM-5 aus dem Jahr 2013 finden würde. Dr. O. habe zwar formal auch nicht DSM-5 angewandt, aber das Vorliegen der PTBS in der Sache genau anhand des A-Kriteriums des DSM-5 geprüft und bejahrt. Mit Dr. K. und Dr. O. sei festzustellen, dass die PTBS bei dem Kläger chronisch sei. Soweit seitens der Beklagten konkurrierende Faktoren geltend gemacht würden, seien diese schon nicht im Vollbeweis bewiesen. Der Psychologe H. (Klinik am Rosengarten) habe die Persönlichkeitsstruktur des Klägers als akzentuiert zwanghaft beschrieben. Diese Aussage weise nicht auf eine Pathologie hin und sei keine Diagnose. Dr. M. habe zwar ausdrücklich eine solche Diagnose gestellt, indes ohne diese zu klassifizieren. Dr. O. habe bei dem Kläger vulnerable Persönlichkeitsanteile festgestellt und darauf hingewiesen, dass diese keine pathologische Bedeutung hätten. Die Trauer um den Tod der Mutter habe der Kläger nach dem Psychologen H. während der stationären Behandlung bewältigen können. Der von Dr. N. angestellten Mutmaßung eines Rentenbegehrens des Klägers sowie dem von dem Psychologen H. herausgestellten angeblichen Wunsch des Klägers, nicht wieder im Schalterbereich der Bank eingesetzt zu werden, sei jeglicher Anknüpfungspunkt schon dadurch entzogen, dass der Kläger sich seit der Entlassung aus der stationären Behandlung sehr intensiv um seine Wiedereingliederung bemüht habe. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. O. habe sich neben der PTBS eine depressive Erkrankung und eine Persönlichkeitsänderung entwickelt, die ebenfalls Unfallfolgen seien. Dr. K. habe die Diagnose einer Depression zeitnah gestellt und wegen der kontinuierlichen Behandlung die Krankheitsentwicklung unmittelbar beobachten können. An ihrem Untersuchungstag, dem 20. April 2015, habe Dr. O. durch den von ihr erhobenen Befund das Vorliegen einer schweren depressiven Episode gesichert. Auch die Diagnose einer Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung sei von Dr. O. überzeugend begründet und diagnostiziert worden; die Sachverständige habe sich dabei auch auf die Angaben des bei der Begutachtung anwesenden Schwagers des Klägers gestützt. Die depressive Erkrankung und die Persönlichkeitsänderung seien kausal auf die PTBS zurückzuführen. Dies ergebe sich in jedem Fall aus dem Spezialtatbestand des § 11 Abs. 2 SGB VII. Dr. K. habe überzeugend ausgeführt, dass diese Erkrankungen entstanden seien auf Grund des wiederholten Aufsuchens des Arbeitgebers zur Erörterung von Eingliederungsmaßnahmen auf Aufforderung der Beklagten. Die Erkrankung der Persönlichkeitsänderung könnte auch neben der PTBS diagnostiziert werden, denn während der PTBS ein einmaliges Ereignis zugrunde liege, seien Ursache der Persönlichkeitsänderung mehrere mit dem Arbeitgeber auf Aufforderung der Beklagten geführte "Reha-Beratungsgespräche". Dr. O. habe auch nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass für die Entwicklung der Erkrankung nicht nur die Existenzbedrohung und Triggerung der PTBS "am Arbeitsplatz" des Klägers verantwortlich seien, sondern auch die unzureichende Behandlung, die nicht traumaspezifisch erfolgt sei.
Gegen das ihr am 20. August 2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28. August 2018 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt. Das Urteil sei nicht haltbar. Die Diagnose einer "Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung" könne hier nicht gestellt werden. Soweit die Bemühungen der Beklagten zur beruflichen Wiedereingliederung als Anknüpfungstatsachen für mittelbare Unfallfolgen nach § 11 Abs. 2 SGB VII herangezogen worden seien, habe das Gericht Sinn und Zweck dieser Vorschrift verkannt. Das Urteil enthalte zudem keinerlei haltbare Feststellungen, auf welche Aufforderungen im Sinne der Vorschrift überhaupt Bezug genommen werde und welches Aufsuchen welcher Stelle und in welcher Weise eine schädigende Einwirkung auf den Kläger darstellen würde. Es sei "absurd", die wenigen Kontakte des Klägers mit dem Reha-Fachberater, zum Teil in Gesprächen mit dem Arbeitgeber, im Sinne einer derartigen "Extrembelastung" zu interpretieren. Im Übrigen könne diese Diagnose zusammen mit der Diagnose PTBS nicht gestellt werden; diese beiden Diagnosen würden einander nach der ICD-10 Klassifikation ausschließen. Die mittelgradige depressive Störung, zu deren Anerkennung die Beklagte ebenfalls verurteilt worden sei, habe keiner der im Verfahren gehörten Ärzte so in dieser Codierung diagnostiziert. Für die Tatsache, dass bei dem Kläger konkurrierend auch unfallunabhängige Störungen vorliegen würden, stütze sie sich auf das Gutachten des Dr. M. und den Bericht der Klinik am Rosengarten. Schließlich habe auch Dr. O. diese konkurrierenden Umstände gesehen, diese nur als nachrangig betrachtet, weil ihnen aus Sicht der Sachverständigen kein Krankheitswert zukam.
Auf Grund der Ermittlungen im Berufungsverfahren hat die Beklagte im Termin des Senats am 13. August 2019 ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass sie entgegen dem Verfügungssatz in dem angefochtenen Bescheid anstelle einer "vorübergehenden Anpassungsstörung" eine "bis auf leichte Restbestände abgeklungene PTBS" anerkennt. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. August 2018 aufzuheben, soweit dieses über das angenommene Teilanerkenntnis im Termin vom 13. August 2019 hinausgeht, und die Klage im Übrigen in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat eine weitere Stellungnahme seiner behandelnden Ärztin Dr. K. vom 15. Juli 2019 vorgelegt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens von dem Neurologen und Psychiater Dr. P. vom 13. April 2019, welches dieser nach eigener ambulanter Untersuchung des Klägers, Fremdanamnese des Schwagers des Klägers und nach Durchführung verschiedener Testverfahren erstellt hat. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (Band II) verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten (Band I und II) sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Band I und II) verwiesen, die zum Verfahren beigezogen worden sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich.
Das erstinstanzliche Urteil konnte – soweit es über das Teilanerkenntnis im Senatstermin hinausgeht - nicht aufrechterhalten werden und war insoweit aufzuheben. Streitgegenstand ist nach dem angenommenen Teilanerkenntnis der Beklagten allein, ob als weitere Unfallfolgen eine chronifizierte PTBS, eine mittelgradige depressive Episode und eine Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung bei dem Kläger vorliegen und dem Kläger (höhere) Rente auf Dauer zu gewähren ist.
Der Kläger hat insbesondere nach den weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente über den von der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid nach dem Ende der Verletztengeldzahlung bewilligten Zeitraum (12. April 2012 bis 30. September 2012) hinaus. Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage für eine Rentenzahlung nach § 56 Abs. 1 SGB VII liegen nicht mehr vor. Nach dem Bewilligungszeitraum sind keine Unfallfolgen festzustellen, die die Erwerbsfähigkeit des Klägers um wenigstens 20 v. H. mindern.
Gesundheitsstörungen müssen, um als Unfallfolge anerkannt zu werden, zunächst im Vollbeweis nachgewiesen sein, d. h. mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Tatsache in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (§ 128 SGG; BSGE 103, 99, 104).
Die geltend gemachte Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung liegt nicht im Vollbeweis vor. Für diese Feststellung stützt sich der Senat auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. in seinem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten vom 13. April 2019. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass die von der Vorgutachterin Dr. O. gestellte Diagnose einer "Persönlichkeitsänderung nach schwerer chronischer Belastungsreaktion" sich so nicht in den Diagnosesystemen findet. Die im ICD-10 aufgeführten Diagnosen einer "andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung" (ICD-10 F62.0), die das Sozialgericht als Unfallfolge festgestellt hat, sowie einer "andauernden Persönlichkeitsänderung nach psychischer Krankheit" (ICD-10 F62.1), lassen sich nach den jeweiligen Diagnosekriterien nicht zweifelsfrei feststellen. Dr. P. führt insoweit im Einklang mit dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. die Sk2-Leitlinie zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften – AWMF – Registernr. 051/029 – Stand: 31. März 2012, Seite 111) aus, dass bei der Diagnose einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung eine übermäßig lang anhaltende oder extreme Belastung vorliegen muss (z. B. Konzentrationslager, Folter, Gefangenschaft, Entführung), so dass die Vulnerabilität der betroffenen Person als Erklärung für die tiefgreifende Auswirkung auf die Persönlichkeit nicht in Erwägung gezogen werden muss. Einmalige äußere Ereignisse können daher definitionsgemäß nicht zu einer andauernden Persönlichkeitsänderung führen. Die Diagnose einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach psychischer Erkrankung ist nach Dr. P. hier ebenfalls nicht gesichert, weil im ICD-10 als Ausschlusskriterium eine hirnorganische Veränderung benannt wird. Auf letztere weisen nach Dr. P. aber der von ihm erhobene klinisch neurologische Befund und die von ihm durchgeführte neuropsychologische Testung hin. Dr. P. stellt schlüssig dar, dass nach Aktenlage im gesamten Verfahren von den Ärzten immer wieder kognitive Störungen benannt worden sind. Dr. K. beschreibt diese in ihrem Befundbericht vom 30. August 2011, Dr. M. (2012) und auch Dr. O. (2015) weisen in ihrem Gutachten darauf hin. Dr. O. sieht in den erheblichen neuropsychologischen Defiziten die von ihr beschriebene Zuspitzung der chronischen PTBS mit der Folge einer Persönlichkeitsänderung, die sie für den Zeitpunkt ab der Begutachtung des Dr M. im Juni 2012 festmacht. Dr. P. hat indes zutreffend herausgearbeitet, dass kognitive Defizite schon zu einem viel früheren Zeitpunkt als von Dr. K. angenommen, nämlich im Rahmen der klinischen Behandlung während der stationären Rehabilitation in der Klinik am Rosengarten vom 9. Dezember 2010 bis zum 20. Januar 2011 konstatiert werden. Diese sind nach Dr. P. nur im Rahmen hirnorganischer Veränderungen zu erklären, bei seiner eigenen Untersuchung habe er dazu passend ein mittelschweres demenzielles Syndrom gefunden. Unabhängig davon, ob bei dem Kläger, wie Dr. P. ausführt, eine Demenz vorliegt, bestehen jedenfalls auf Grund der von dem Sachverständigen nach neuropsychologischer Testung, neurologisch-klinischem Befund und sorgfältiger Auswertung der Akten festgestellten kognitiven Defizite des Klägers erhebliche Zweifel an der Diagnose einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach psychischer Erkrankung. Gegen die Annahme eines solchen Krankheitsbildes spricht zudem, dass dieses nach der Diagnosebeschreibung im ICD-10 F62.- nicht Ausdruck einer anderen psychischen Störung oder Residualsymptom einer vorangegangenen psychischen Störung sein soll. Genau das nimmt aber Dr. O. an, wenn sie eine Persönlichkeitsänderung nach chronischer PTBS annimmt und diese chronifizierte PTBS weiterhin diagnostiziert. Der Kläger trägt die Beweislast für das Vorliegen der geltend gemachten Erkrankung.
Die bei dem Kläger anerkannte PTBS hat sich nicht zu einer chronifizierten PTBS entwickelt, sondern ist bis auf leichte Restsymptome ausgeheilt. Der Senat stützt sich für diese Feststellung ebenfalls auf Dr. P., der überzeugend ausgeführt hat, dass das Vollbild dieses Krankheitsbildes nicht mehr vorliegt und dass die von ihm bei seiner Untersuchung festgestellten Symptome im Sinne eines Vermeidungsverhaltens und einer inneren Erregung bei Konfrontation mit Stimuli, die an das Unfallereignis erinnerten, als leichte Restsymptome der Erkrankung einzuschätzen seien. Dieser Zustand ist nach Dr. P. schon mit dem Ende der stationären Rehabilitation (20. Januar 2011) erreicht gewesen. Der Sachverständige nimmt insoweit Bezug auf die Berichte der Klinik am Rosengarten, in denen auch bezüglich der Unfallverarbeitung ein günstiger Verlauf und zum Ende der Rehabilitation ein Rückgang der psychischen Störungssymptomatik und ein deutlich stabilisierter Zustand des Klägers beschrieben wird. Die Ärzte der Klinik stellen zum Abschluss der Rehabilitation ein "abklingendes" Krankheitsbild fest (Entlassungsbericht vom 18. Januar 2011). Dass diese Störung sich in der Folgezeit über unspezifische Teilsymptome hinaus (die Dr. P. beschrieben hat) verschlechtert und letztlich chronifiziert hat, ist zur Überzeugung des Senats nicht im Vollbeweis gesichert. Dr. P. weist darauf hin, dass die später, nach der Entlassung aus der Klinik, eingetretene sekundäre Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes des Klägers gerade gegen das weitere Vorliegen einer PTBS spricht. Denn ein solcher Verlauf sei für dieses Krankheitsbild nicht typisch. Die Auffassung des Sachverständigen steht im Einklang mit der Sk2-Leitlinie für psychische und psychosomatische Erkrankungen (a. a. O., Seite 107). Dr. O., die einen progredienten Verlauf und eine Chronifizierung der PTBS ab August 2011 annimmt, vermag daher nicht zu überzeugen. Dr. P. und der Beratungsarzt der Beklagten Dr. N. (Stellungnahme vom 1. Oktober 2015) wenden gegen deren Feststellungen zudem zu Recht ein, dass die Sachverständige die schädigungsunabhängigen Faktoren bei der Feststellung der Diagnose nicht ausreichend gewürdigt hat. Nach dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. die Sk2-Leitlinie Seite 107) nimmt eine PTBS nur "bei wenigen Patienten" über viele Jahre hinweg einen chronischen Verlauf. Daher sind bei der Diagnose einer über mehrere Jahre anhaltenden posttraumatischen Belastungsstörung zunehmend hohe Anforderungen an den Nachweis für das Vorhandensein der B-, C- und D-Kriterien zu stellen und zudem hohe Anforderungen an die Abgrenzung zu konkurrierenden Mechanismen. Diesen hohen Anforderungen ist Dr. O. in ihrem Gutachten nicht gerecht geworden. Sie führt nur allgemein aus, die Kriterien einer PTBS hätten nach den Definitionen DSM-IV und ICD-10 bereits unmittelbar zum Ereignis und fortlaufend auch später vorgelegen. Auch sie stellt wie die anderen im Verfahren gehörten Ärzte vulnerable Anteile in der Persönlichkeit des Klägers fest (u. a. ängstlich-zwanghafte Anteile, unsicherer Selbstwert), erörtert indes nicht, ob und inwieweit diese über die Jahre das Krankheitsbild bestimmt haben können. Die von ihr festgestellte Zunahme der Regression begründet Dr. O. vor allem mit den Unsicherheiten des Klägers in Bezug auf den Arbeitsplatz. Letzte sind aber ebenso wie die kognitiven Beeinträchtigungen des Klägers nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. P. gerade unfallfremde, konkurrierende Faktoren, die von den spezifischen traumatischen Faktoren durch das Unfallereignis abzugrenzen sind. Eine Chronifizierung der Störung lässt sich auch nicht mit dem Argument von Dr. O. begründen, der Kläger sei wegen des Überfallereignisses nicht ausreichend, da nicht traumaspezifisch, behandelt worden. Nach Aktenlage wurde der Kläger (auch) traumaspezifisch behandelt. Zeitnah zu dem Ereignis wurde er zusammen mit seinen Kollegen, die ebenfalls Opfer des Überfalls waren, einer Praxis für Beratung und Krisenintervention nach traumatischen Ereignissen zugeführt. Das erste Gruppengespräch dort mit Herrn C. fand am 16. September 2010 statt (Bericht vom 18. Oktober 2010). Auf Grund der Berichte des Herrn C. und den Berichten des behandelnden Arztes Dr. D. (vom 21. Oktober 2010 und vom 6. November 2010) wurde der Kläger sodann auf Veranlassung der Beklagten stationär in der Klinik am Rosengarten behandelt, und zwar wegen "der Reaktion aus einem Überfallereignis sowie Vorfällen im unmittelbaren Umfeld und vorbestehender Erkrankungen" (s. Schreiben der Beklagten an die Krankenkasse des Klägers vom 23. Dezember 2010). Anlass der psychotherapeutischen Behandlung war auch die "vordiagnostizierte" PTBS infolge des Überfalls; die Psychotherapie in der Klinik befasste sich nach dem Entlassungsbericht der Klinik vom 18. Januar 2011 zunächst mit der Bewältigung der Trauer um den Tod der Mutter bzw. Reduktion der depressiven Symptomatik und sodann mit der Bearbeitung des Überfalls, der Traumabearbeitung. Nach der Entlassung ist der Kläger traumaspezifisch behandelt worden, zunächst von Dr. L. und ab Mai 2011 kontinuierlich von Dr. K., deren Thema mit dem Kläger gerade die Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse gewesen ist (s. u. a. den Bericht der Ärztin vom 30. August 2011 und das Attest vom 20. November 2012).
Im Vollbeweis gesichert ist nach Dr. P. in Übereinstimmung mit der behandelnden Psychotherapeutin Dr. K., der Sachverständigen Dr. O. und Dr. M. (Gutachten im Verwaltungsverfahren vom 7. Juni 2012) die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, zurzeit nach Dr. P. in der Ausprägung einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10 F33.1). Der aktuelle Befund und die aktuelle Anamnese ergeben nach Dr. P. das Auftreten einer depressiven Symptomatik vor allen Dingen im Herbst, wenn "die dunkle Zeit" komme (eine Winterdepression hatte der Kläger selbst schon bei seinem Reha-Antrag 2010 angegeben).
Dieses Krankheitsbild ist indes nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen und deshalb keine Unfallfolge.
Für die Kausalitätsfeststellung zwischen den durch ein Ereignis unmittelbar hervorgerufenen Gesundheitserstschäden (haftungsbegründende Kausalität) und den als Unfallfolgen geltend gemachten länger andauernden Gesundheitsstörungen (haftungsausfüllende Kausalität) gilt wie für alle Kausalitätsfeststellungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung der gegenüber dem Vollbeweis geringere Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit bzw. hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - juris). Die Kausalitätsfeststellungen zwischen den einzelnen Gliedern des Versicherungsfalles basieren auf der im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung. Danach geht es auf einer ersten Stufe der Kausalitätsprüfung um die Frage, ob ein Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinne vorliegt, d. h. - so die neueste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - ob eine objektive Verursachung zu bejahen ist (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - juris). Beweisrechtlich ist zudem zu beachten, dass der möglicherweise aus mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden muss (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a.a.O.) und dass die Anknüpfungstatsachen der Kausalkette im Vollbeweis vorliegen müssen (BSG, Beschluss vom 23. September 1997 - 2 BU 194/97 - Deppermann-Wöbbeking in: Thomann (Hrsg), Personenschäden und Unfallverletzungen, Referenz Verlag Frankfurt 2015, S. 630). In einer zweiten Prüfungsstufe ist sodann durch Wertung die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die wesentlich sind, weil sie rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a.a.O; BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - juris).
Vorliegend lässt sich die depressive Episode schon im naturwissenschaftlichen Sinne (1. Prüfungsstufe) nicht hinreichend wahrscheinlich auf das Unfallereignis am 3. September 2010 zurückführen. Vor allem ist die depressive Störung nicht Folge der (anerkannten) PTBS, bzw. hat sich nicht erst aus diesem Krankheitsbild entwickelt.
Unter sorgfältiger Auswertung der Befunde in den Akten und für den Senat überzeugend kommt Dr. P. zu dem Ergebnis, dass der Beginn einer depressiven Symptomatik schon für die Zeit vor dem Unfall anzunehmen und auf unfallfremde Ursachen zurückzuführen ist. Durch die Befunde des behandelnden Arztes Dr. D. (Bericht vom 21. Oktober 2010), der Ärzte der Klinik am Rosengarten (Aufnahmebericht vom 11. Dezember 2010, Entlassungsbericht vom 18. Januar 2011) und den Bericht des Herrn C., Praxis für Beratung und Krisenintervention nach traumatischen Ereignissen, vom 18. Oktober 2010, auf die sich Dr. P. bezieht, ist dokumentiert, dass bei dem Kläger schon vor dem Unfall eine Überforderung durch Dauerstress am Arbeitsplatz bestanden hat und der unverarbeitete Tod der Mutter (2009) sowie das Erleben von tödlichen Unfällen durch Tätigkeit bei der freiwilligen Feuerwehr für den Kläger psychisch belastend gewesen sind. In dem Entlassungsbericht der Klinik wird als vorbestehende psychische Beeinträchtigung am Arbeitsplatz anamnestisch festgehalten, die "Zahlen" des Klägers seien bereits vor dem Überfall nicht so gut gewesen, da es auf der Arbeit nicht in allen Bereichen so gut gelaufen sei und er sich unter Druck gefühlt habe, habe er zunehmend seine Selbstsicherheit verloren. Auch bedingt durch die Eingebundenheit in die Pflege der kranken Mutter hätte die Leistung auf der Arbeit gelitten. Dr. O. ist daher nicht zu folgen, wenn sie annimmt, die depressive Episode (die sie an ihrem Untersuchungstag als schwer ansieht) habe sich erst ab August 2011 entwickelt als chronifiziertes Residuum einer PTBS und sei allein auf diese zurückzuführen. Mit Dr. P. und den Ärzten der Klinik am Rosengarten ist vielmehr davon auszugehen, dass neben der psychischen traumatischen Belastung durch den Überfall mit Übererregung und phobischem Vermeidungsverhalten weitere davon unabhängige unfallfremde psychische Belastungen mit depressiv-ängstlicher Symptomatik bestanden haben. Nach den Ausführungen der Ärzte der Klinik am Rosengarten hat sich die unfallfremde psychische Störungssymptomatik durch den Unfall zunächst verstärkt, konnte aber während der stationären Rehabilitation ebenso wie die Belastung durch den Unfall im Therapieverlauf reduziert und der Kläger insgesamt stabilisiert werden. Ausgeprägte depressive Symptome werden sodann nach der Entlassung aus der Klinik wieder festgestellt von der behandelnden Nervenärztin Dr. K. (psychischer Befund in dem Bericht 30. August 2011), von Dr. M. und von Dr. O ... Dr. M. und vor allem Dr. O. sehen dafür als ursächlich an die Unsicherheit des Klägers in Bezug auf den Arbeitsplatz, bzw. nach Dr. O. die von ihm während der Wiedereingliederung "erlebte subjektive Situation mit dem Arbeitgeber" an. In den Berichten und Vermerken des Reha-Beraters J. (vom 15. April 2011, 21. September 2011, 1. November 2011, 20. März 2012) und den Berichten des Herrn C. (vom 13. Juni 2011, 27. September 2011) wird für die Zeit der Wiedereingliederung festgehalten, der Kläger leide unter der Belastung, nicht an seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückkehren zu können, und unter dem Eindruck, sein Arbeitgeber wolle ihn loswerden, sein Vertrauen in diesen sei erschüttert. Entgegen den Feststellungen von Dr. O. in ihrem Gutachten und ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 3. Januar 2016 lässt sich indes nicht ein positiver Kausalzusammenhang feststellen mit einer durch den Unfall erlittenen PTBS und davon abgeleiteten Folgeschäden im beruflichen Umfeld. Denn der Unfall und die Traumafolgen stehen allenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit den Problemen des Klägers während der Wiedereingliederung. Die ausgeprägte depressive Symptomatik nach der Entlassung aus der Klinik ist nach übereinstimmender Feststellung der Ärzte bzw. Sachverständigen Dr. M., Dr. P., Dr. K. und Dr.O. maßgeblich und überragend durch die empfundene Zurücksetzung und die subjektiv empfundene Kränkung des Klägers im beruflichen Umfeld geprägt, der schon vor dem Unfall unter seinem eingeschränkten Leistungsvermögen gelitten hat. Selbst wenn man einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis im naturwissenschaftlichen Zusammenhang annehmen würde, scheitert die Feststellung der Kausalität auf der 2. Prüfungsstufe daran, dass das Trauma und die Traumafolgen für die depressive Erkrankung nicht wesentlich sind. Dr. N. hat in seiner Stellungnahme vom 1. Oktober 2015 schon zutreffend darauf hingewiesen, dass medizinische Folgen aus sozialen Schäden, wie z. B. die hier beschriebene Unsicherheit bezüglich des Arbeitsplatzes, nicht mehr im kausalen Zusammenhang zu dem Unfallereignis stehen. Das Unfallereignis ist rechtlich nicht wesentlich, sondern die empfundene Zurücksetzung, Kränkung sowie die Unsicherheit in Bezug auf den Arbeitsplatz. Die depressive Erkrankung kann nicht dem versicherten Risiko zugerechnet werden (vgl. dazu auch Feddern, Psychoreaktive Störungen auf unfallbedingte soziale Probleme in: MED SACH 106 1/2010, Seite 30 ff.).
Ein Kausalverlauf lässt sich auch entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht über § 11 Abs. 2 SGB VII begründen (wobei das Sozialgericht nicht ausgeführt hat, welchen Tatbestand des § 11 Abs. 2 SGB VII es für erfüllt ansieht). Die Depression ist keine mittelbare Unfallfolge im Sinne dieser Vorschrift.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind mittelbare Folgen eines Versicherungsfalls u. a. auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten, infolge der Durchführung einer Heilbehandlung oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einschließlich der dazu notwendigen Wege. Nach Abs. 2 der Vorschrift gilt Abs. 1 entsprechend, wenn die Versicherten auf Aufforderung des Unfallversicherungsträgers diesen oder eine von ihm bezeichnete Stelle zur Vorbereitung von Maßnahmen, u. a. von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, aufsuchen; der Aufforderung durch den Unfallversicherungsträger nach Satz 1 steht dabei eine Aufforderung durch eine mit der Durchführung der genannten Maßnahmen beauftragte Stelle gleich (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SGB VII).
Diese Vorschrift regelt somit, dass auch solche Gesundheitsschäden, die durch die Erfüllung der in ihr umschriebenen Tatbestände wesentlich verursacht werden, dem Versicherungsfall rechtlich zugeordnet werden. Diese mittelbaren Folgen müssen dabei – anders als nach § 8 Abs. 1 SGB VII – nicht durch den Gesundheitserstschaden verursacht worden sein (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R – juris). § 11 SGB VII erstreckt sich auch auf Gesundheitsschäden, die ohne neues Unfallereignis auftreten, und ist nicht auf Folgeunfälle im Sinne eines plötzlich eintretenden schädigenden Ereignisses beschränkt. Für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen den in § 11 SGB VII genannten Maßnahmen und den Gesundheitsschäden bzw. dem Tod gelten die Grundsätze, die auch sonst für die Beurteilung der Kausalität in der gesetzlichen Unfallversicherung gelten (Wagner in: jurisPK-SGB VII § 11 Rdnr. 20; BSG, Urteil vom 15. Mai 2012, a. a. O.).
Die Depression des Klägers ist nicht - wie durch das Sozialgericht geschehen - zu begründen mit dem wiederholten Aufsuchen des Arbeitgebers zur Erörterung von Eingliederungsmaßnahmen auf Aufforderung der Beklagten. Die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 11 Abs. 2 SGB VII ist nicht hinreichend wahrscheinlich kausal für die Störung. Zum einen ist depressive Symptomatik des Klägers nicht – wie es das Sozialgericht ausführt – erst durch das wiederholte Aufsuchen des Arbeitgebers zur Erörterung von Eingliederungsmaßnahmen auf Aufforderung der Beklagten entstanden. Wie ausgeführt liegt der Beginn der depressiven Erkrankung auf Grund von Faktoren u.a. aus dem beruflichen Umfeld schon vor dem Unfallereignis. Auch schon vor dem Unfall war der Kläger, wie ausgeführt, vulnerabel im Hinblick darauf, beruflich zu versagen. Nach Aktenlage, dem Inhalt der Gesprächsvermerke und Berichte des Reha-Beraters, sind die Wiedereingliederungsgespräche selbst regelrecht unter Anwesenheit des Klägers, seines Schwagers und teilweise des Arbeitgebers abgelaufen, erkennbar mit der Zielsetzung, für den Kläger die Maßnahmen zu treffen, die für ihn hilfreich sind (Gesprächsvermerke und Berichte des Herrn J. vom 25. Januar 2011, vom 3. März 2011, vom 15. April 2011, vom 28. Juni 2011, vom 21. September 2011, vom 1. November 2011, vom 20. März 2012). Der Reha-Berater ist dazu in regelmäßigem Kontakt mit dem Dipl.-Sozialpädagogen C. und Dr. K. gewesen, die den Kläger auf seinen Wunsch während der Wiedereingliederung betreut bzw. behandelt haben. Ein objektiver Verursachungsbeitrag für das Entstehen oder eine Verschlimmerung der depressiven Symptomatik (1. Prüfungsstufe der Kausalität) lässt sich daraus nicht ableiten. Das angebliche Verhalten des Arbeitgebers bzw. die von dem Kläger nach der Darstellung von Dr. O. empfundenen Kränkungen und Enttäuschungen fallen nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten. Die Tatsache, dass der Kläger so extrem auf die Arbeitgebergespräche reagiert hat, ist gerade nicht Ausdruck der Traumafolgen, sondern in der Persönlichkeit des Klägers und in unfallfremden Faktoren begründet, und bestärkt gerade die Feststellungen von Dr. P ... Der Schutzzweck des § 11 SGB VII (2. Prüfungsstufe der Kausalität) kann im Übrigen im Hinblick auf medizinische Folgen aus sozialen Schäden nicht weiter gehen als im Rahmen des Versicherungsfalles nach § 8 SGB VII, es gelten dieselben Grundsätze bei der Kausalitätsprüfung (vgl. auch BSG Urteil vom 15. Mai 2012, a. a. O.). Die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 11 Abs. 2 SGB VII war für das Entstehen der depressiven Erkrankung nicht wesentlich.
Mit Dr. P. geht der Senat davon aus, dass die bei dem Kläger festzustellende aktuelle erhebliche Symptomatik aufrechterhalten wird durch die schicksalhaften kognitiven Störungen (die der Sachverständige einer Demenz zuordnet) und durch die unfallfremden rezidivierenden depressiven Störungen. Die demgegenüber zu vernachlässigenden leichten Restsymptome der unfallbedingten PTBS bewertet der Sachverständige mit einer MdE in Höhe von 10 v. H. Dies wird der geringen Beeinträchtigung des Klägers durch diese Erkrankung gerecht, die dieser selbst nach Dr. P. nur mit Vermeidungsverhalten beschreibt, wenn z. B. in den Nachrichten Dinge mitgeteilt werden, die an den Überfall erinnern, oder beim Aufsuchen von Sparkassen und Banken, und mit der Angst, alleine spazieren zu gehen (vgl. die Richtwerte in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, Seite 170). Ein Anspruch auf Zuweisung einer rentenberechtigenden MdE ergibt sich daraus nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1956 geborene Kläger begehrt die Feststellung weiterer Unfallfolgen und die Gewährung einer Rente auf Dauer nach einem anerkannten Arbeitsunfall.
Der Kläger, der inzwischen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhält (Bescheide der DRV Bund vom 23. Mai 2013 und vom 9. Dezember 2013), ist ausgebildeter Groß- und Außenhandelskaufmann. Er wurde bei seiner Tätigkeit als Bankkaufmann (in der Kundenberatung) bei der Kreissparkasse A-Stadt Opfer einer schweren räuberischen Erpressung. Das Ereignis fand am 3. September 2010 wie folgt statt: Der Kläger befand sich mit zwei Kollegen vorne am Tresen, um etwas zu besprechen, als plötzlich ein Mann mit Fahrradhelm, Sonnenbrille und Mundschutz gezielt auf den Tresen zuging und sagte, er wolle Geld haben. Im Gehen öffnete er seine Bauchtasche und holte eine Waffe (Anm.: Es handelte sich um eine Schreckschusspistole) heraus. Der Kläger sagte sofort, dass er Geld holen werde, und ging nach hinten. Der Täter deutete mit der Waffe auf zwei Schränke, die geöffnet werden sollten, weil er dort Geld vermutete, aber die beiden Kollegen zeigten ihm, dass dort kein Geld war. Dann rief der Kläger von hinten, dass er das Geld habe, und der Täter ging nach hinten, ließ sich das Geld einpacken und verschwand. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Hanau vom 11. April 2013 (Az.: 1 KLs - 3350 Js 13769/12) wurde der Täter wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt.
Am 25. November 2010 ging bei der Beklagten die Unfallanzeige des Arbeitgebers ein, am 17. November 2010 ein Bericht des Diplom-Sozialpädagogen C., Inhaber einer Praxis für Beratung und Krisenintervention nach traumatischen Ereignissen, über die psychotherapeutische Beratung und Krisenintervention am 18. Oktober 2010 mit den drei von dem Überfall betroffenen Mitarbeitern der Bank. Herr C. teilt mit, bei dem ersten Gruppengespräch am 16. September 2010 hätte sich bei dem Kläger eine Vielzahl der häufig auftretenden Stressreaktionen auf deutlich erhöhtem Niveau gezeigt. Zu den Stressreaktionen hätten gezählt: häufiges Auftreten von Gedanken und Bildern in Bezug auf den erlebten Überfall, zeitweise verbunden mit dem Gefühl, alles noch einmal zu erleben; gesteigerte Wachsamkeit und erhöhtes Misstrauen gegenüber fremden Personen; stark erhöhte Schreckhaftigkeit und Geräuschempfindlichkeit; stark erhöhte Reizbarkeit; Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen, unruhiges, oberflächliches Schlafen); Konzentrationsprobleme; Verdrängungs- und Vermeidungsverhalten. Der Kläger habe berichtet, dass er in den letzten Jahren mit weiteren belastenden Ereignissen konfrontiert worden sei, zum einen durch die schwere Erkrankung und den Tod eines Familienmitgliedes und zum anderen durch weitere belastende Situationen, in denen er durch seine Tätigkeit bei der freiwilligen Feuerwehr ebenfalls mit dem Tod konfrontiert worden sei. In dem zweiten Beratungsgespräch am 27. Oktober 2010 sei deutlich geworden, dass auch der Dauerstress am Arbeitsplatz ein Aspekt sei und dass das Thema Tod bei allen gemachten Erfahrungen eine wichtige Rolle spiele.
Die Beklagte zog die Unterlagen bei, die dem Antrag des Klägers auf medizinische Rehabilitation bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zu Grunde lagen. In einem Befundbericht vom 21. Oktober 2010 zum Rehabilitationsantrag der Rentenversicherung, hatte der Hausarzt Dr. D. mitgeteilt, der Kläger leide nach dem Unfall unter Angstanfällen, Panikattacken, stark erhöhter Reizbarkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen, erhöhtem Misstrauen gegenüber fremden Personen, depressiver Symptomatik mit Antriebsminderung und Stimmungstief. Als andere soziale Belastungsfaktoren gab der Arzt beruflichen Stress, Todesfälle durch Unfall in der Nachbarschaft und beim Feuerwehreinsatz an. Er empfahl wegen massiven Leidensdrucks insbesondere wegen des Überfalls eine stationäre Rehabilitation (Schreiben vom 16. November 2010).
Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin eine berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung (BGSW) in der Klinik am Rosengarten. Im Aufnahmebericht vom 11. Dezember 2010 gaben die Ärzte der Klinik, der Facharzt für Nervenheilkunde Dr. Dr. E., der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie F. sowie die Stationsärztin G. als behandlungsrelevante, unfallabhängige Diagnose die Teilsymptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nach Raubüberfall vom 3. September 2010 an. Als Beschwerden des Klägers werden u. a. angegeben, er bringe Dinge durcheinander, er versuche, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sparkassenangestellter auszuüben, könne sich nicht aufs Lesen konzentrieren, sei hektisch, habe zunehmend Konzentrationsschwierigkeiten. Auch habe er oftmals das Gefühl, noch einen Kloß im Hals zu haben, so dass es ihm schwerfalle, entspannt zu sein. Als Rehabilitationsziele hielten die Ärzte eine Reduktion der depressiven Symptomatik sowie der Angstsymptomatik sowie eine Stabilisierung der Emotionalität fest. In dem klinisch-psychologischen Abschlussbericht der Klinik vom 18. Januar 2011 wird von der Diplom-Psychologin H., Psychologische Psychotherapeutin, Spezielle Psychotraumatherapie (DeGPT) als Aufnahmediagnose nach testpsychologischer Diagnostik, Exposition in vivo festgestellt: "ICD-10 F43.2 Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik und generell erhöhtem Angstniveau, phobischen Ängsten gegenüber überfallassoziierten Stimuli und chronischem Hyperarousal". Die im Rahmen der Anpassungsstörung bestehenden überfallbezogenen Ängste mit erhöhtem Bedrohungserleben seien Folge des bewaffneten Raubüberfalls vom 3. September 2010. Die übrigen psychischen Beeinträchtigungen hätten zum Zeitpunkt des Überfalls bereits vorgelegen (depressive Erschöpfungs- und Trauerreaktion nach Pflege und Tod der Mutter im Jahr 2009, erhöhte Ängstlichkeit durch Konfrontation mit zwei tödlichen Unfällen von bekannten Personen, Überforderungserleben am Arbeitsplatz) und seien durch den Überfall noch weiter verstärkt. Durch die psychotherapeutische Behandlung in der Klinik habe sich die psychische Störungssymptomatik als überwiegend rückläufig erwiesen. Auch die aus den vorherigen Belastungsfaktoren resultierende psychische Störungssymptomatik habe im Therapieverlauf reduziert werden können. Der Kläger habe sich gegen Ende des stationären Aufenthalts in einem deutlich stabilisierten Zustand befunden, sehe sich zur Bewältigung der im Schalterbereich gegebenen Anforderungen durch die zusätzliche, aus dem Überfall resultierende Stressbelastung indes nicht mehr in der Lage. Um die Arbeitsfähigkeit des Klägers langfristig zu gewähren, wäre daher aus klinisch-psychologischer Sicht eine innerbetriebliche Umsetzung (Tätigkeit ohne Kundenkontakt) empfehlenswert. Die Entlassungsdiagnose lautete: "Abklingende Anpassungsstörung mit jedoch noch verbliebener überfallbezogener Angstsymptomatik".
Nach der Entlassung aus der stationären Behandlung führte der Kläger auf Veranlassung der Beklagten am 25. Januar 2011 ein erstes Reha-Beratungsgespräch. Teilnehmer waren der Reha-Berater J., der Arbeitgeber und der Schwager des Klägers. In dem Gespräch (Bericht des Reha-Beraters vom 26. Januar 2011) wurde vereinbart, dass der Arbeitgeber eine Umsetzung des Klägers in den Fachbereich IT/Organisation prüft. Die Beklagte erklärte sich für den Fall von Gehaltseinbußen (der Kläger verfügte für die dort ausgeschriebene Stelle nicht über die erforderliche fachliche Eignung) dazu bereit, Eingliederungshilfen zu gewähren und/oder erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen des Klägers durch Kostenerstattung zu unterstützen. Aus den Berichten und Vermerken des Reha-Beraters und des Herrn C., der den Kläger auf dessen Wunsch weiter betreute, ergibt sich, dass alle Bemühungen um Wiedereingliederung auch in andere Bereiche des Arbeitgebers scheiterten und dass sich der Gesundheitszustand des Klägers in der Folgezeit verschlechterte: Der Kläger mache einen vermehrt verunsicherten und ängstlichen Eindruck, leide unter der Belastung, nicht an seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückkehren zu können (Gesprächsvermerk des Reha-Beraters über ein Gespräch mit dem Schwager vom 21. September 2011), habe das Vertrauen in seinen Arbeitgeber verloren (Gesprächsvermerk des Reha-Beraters vom 15. April 2011 über ein Gespräch mit Herrn C.), habe nach drei Gesprächen mit dem Arbeitgeber den Eindruck, dieser habe kein Interesse an einer Weiterbeschäftigung (Bericht des Reha-Beraters über das Reha-Beratungsgespräch vom 1. November 2011, Folgebericht des Herrn C. vom 13. Juni 2011), sei nach einem Gespräch mit dem Arbeitgeber so tief erschüttert gewesen, dass er in Trancezustand gefallen sei, dem Gespräch nicht mehr habe folgen können, rausgehen habe müssen und am ganzen Körper gezittert habe (Folgebericht des Herrn C. vom 27. September 2011). In dem Bericht über das letzte Reha-Gespräch am 20. März 2012 berichtet der Reha-Berater u. a., der Kläger mache sich Sorgen um die Finanzierung seines Lebensunterhaltes; er habe am 27. Mai 2011 einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bei der DRV Bund gestellt, der abgelehnt worden sei; prognostisch sei nach der Einschätzung der behandelnden Ärztin Dr. K. mit einem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit (Ablauf der 78. Woche) nicht zu rechnen.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 20. März 2012 die Zahlung von Verletztengeld zum 11. April 2012 ein, da ein Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit des Klägers in dem vor der letzten Arbeitsunfähigkeit ausgeübten Beruf nicht mehr möglich sei. Ein zunächst von dem Kläger erhobener Widerspruch wurde am 15. Oktober 2012 zurückgenommen.
Psychotherapeutisch wurde der Kläger nach Entlassung aus der Klinik am Rosengarten zunächst von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. behandelt, der die Diagnosen der Klinik bestätigte (Bericht vom 24. Januar 2011) und sodann ab dem 24. Mai 2011 von der Neurologin und Psychiaterin Dr. K ... Die Ärztin teilte in ihrem Befundbericht an die Beklagte vom 30. August 2011 als Diagnosen mit "Posttraumatische Belastungsstörung, beginnende Chronifizierung (F43.1 G) mit ausgeprägter depressiver Verstimmung, Ängsten sowie Flashbacks". Zum psychischen Befund berichtete sie u. a. auch von deutlichen Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen.
Die Beklagte holte zur Klärung der Zusammenhangsfrage auf psychiatrischem Fachgebiet ein Gutachten von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 7. Juni 2012 ein. Der Gutachter teilte u. a. mit, in seiner "spontanen Beschwerdeschilderung" habe der Kläger angegeben, dass er Angst habe, irgendetwas zu machen, weil er Angst habe, etwas falsch zu machen, er könne Kritik kaum ertragen, sei sehr gereizt, brauche manchmal zwei bis drei Stunden, um sich zu beruhigen, sei sehr unruhig, frage sehr viel nach, um sich zu vergewissern. Zum psychischen Befund hielt der Sachverständige fest, dass der Kläger affektiv angespannt, erregt wirke, eher negativ ausschwingend, was unter der Schilderung des Unfalls oder negativer Erlebnisse zunehme. Es bestünden Selbstmordgedanken, allerdings keine Selbstmordtendenzen. Der Kläger sei in seiner Konzentration deutlich gestört, verliere mehrfach den Faden, könne ihn einmal nur mit Mühe aufnehmen und es fehlten ihm immer wieder Begriffe, die er dann umschreibe. Er habe Schwierigkeiten mit dem Zeitgitter, könne dies nur an Lebensereignissen festmachen. Der Kläger sei bemüht, Veränderungen herbeizuführen, aber auch behindert durch sein schlechtes Selbstwertgefühl, mit der Angst, Fehler zu machen. Er wirke deutlich gekränkt durch den Arbeitgeber, von dem er entsprechend seiner eigenen Erziehung und anderen Vorerfahrungen Ehrlichkeit und Genauigkeit erwartet habe. Der Sachverständige diagnostizierte bei dem Kläger eine partielle posttraumatische Belastungsstörung, eine Anpassungsstörung mit depressiven und ängstlichen Zügen und eine akzentuierte Persönlichkeit mit zwanghaften und depressiven Zügen. Der Banküberfall am 3. September 2010 sei wesentlich ursächlich für das Auftreten der Belastungsstörung gewesen. Die depressive Anpassungsstörung bzw. Episode könne durchaus solch einen Überfall als Auslösesituation haben, nicht aber als Ursache. Diese Erkrankung nehme ihren Anfang mit der Kränkung durch den Arbeitgeber nach dem stationären Heilverfahren. Die Einschränkungen hätten bis zum Ende des Heilverfahrens in einer quantitativen und qualitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestanden. Gestört gewesen seien Ausdauer, Konzentration und die Fähigkeit, Stress zu bewältigen. Der Umgang mit Kunden sei immer noch eingeschränkt. Besser geworden seien Konzentration und Ausdauer, wie die Situation bei der Testung auch gezeigt habe. Die weiteren Einschränkungen, die sich aus der Selbstwertproblematik ergäben, seien nicht Unfallfolgen.
Der Beratungsarzt Dr. N. führte zu dem Gutachten des Dr. M. in seiner Stellungnahme vom 23. Juli 2012 aus, nach den vorliegenden Aktendaten scheine es naheliegender, entgegen Dr. M. nicht eine PTBS, sondern eine Anpassungsstörung zu diagnostizieren. Diese sei unmittelbar nach dem Ereignis überwiegend unfallabhängig gewesen, im Sinne eines Wechsels der Wesensgrundlage aber im Weiteren wesentlich durch ein subjektives Kränkungserleben und wahrscheinlich auch durch ein Rentenbegehren unterhalten worden. Eine Rentengewährung komme entsprechend der zeitlichen Limitierung nach ICD-10 in Betracht.
Mit Bescheid vom 9. Oktober 2012 stellte die Beklagte fest, dass der Unfall des Klägers vom 3. September 2010 ein Arbeitsunfall gewesen sei. Wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls habe der Kläger Anspruch auf Rente für zurückliegende Zeiten, nämlich vom 12. April 2012 (Tag, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet) bis 30. September 2012 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. Darüber hinaus werde die Gewährung einer Rente abgelehnt, weil der Arbeitsunfall keine rentenberechtigende MdE mehr zur Folge habe. Als Folge des Arbeitsunfalls wurde eine "vorübergehende Anpassungsstörung nach Banküberfall" festgestellt. Als Folge des Arbeitsunfalls wurde nicht anerkannt: "Akzentuierte Persönlichkeit mit zwanghaften und depressiven Zügen".
Der Kläger erhob Widerspruch und legte ein weiteres Attest von Dr. K. vom 20. November 2012 vor über den Behandlungszeitraum vom 24. Mai 2011 bis zur Vorstellung am 15. November 2012. Die Ärztin diagnostizierte weiterhin eine PTBS mit beginnender Chronifizierung und ausgeprägter depressiver Verstimmung. Aus nervenärztlicher Sicht sei der Kläger trotz intensiver Psychotherapie, in der die Traumata immer wieder aufgearbeitet würden und Strategien entwickelt worden seien, weiterhin nicht in der Lage, selbst unterhalbschichtig leichte Tätigkeiten unter drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuführen.
Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme von Dr. N. vom 2. Januar 2014 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2014 den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 9. Oktober 2012 zurück.
Der Kläger hat am 5. März 2014 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht) erhoben. Er beruft sich auf die Verurteilung des Täters wegen schwerer räuberischer Erpressung, womit nochmals deutlich geworden sei, dass der Überfall geeignet gewesen sei, eine PTBS zu verursachen. Der Kläger hat ein nervenärztliches Attest von Dr. K. vom 24. Februar 2014 vorgelegt über seine Behandlung vom 24. Mai 2011 bis 5. Februar 2014. Die Ärztin stellt darin nunmehr fest, das Trauma sei mit dem Überfall nicht abgeschlossen gewesen, sondern habe fortbestanden, zum Teil als "drohende Bedrohung", zum Teil durch die Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, die durch den Überfall und die nachfolgende Krankheit erst ausgelöst worden seien.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens bei der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. O. vom 15. Mai 2015 sowie ergänzender Stellungnahmen der Sachverständigen vom 3. Januar 2016 und vom 9. August 2016. Die Sachverständige hat bei dem Kläger die Diagnosen gestellt "Chronische Posttraumatische Belastungsstörung F43.2, schwere depressive Episode mit kognitiven Einschränkungen F32.2, Entwicklung einer Persönlichkeitsänderung nach schwerer Belastung (nach chronischer PTBS) F62.0". Alle diese Diagnosen hätten ihren Ursprung in dem Überfall; beruhten ursächlich mit Wahrscheinlichkeit nach den Maßstäben des Unfallversicherungsrechtes auf dem Unfallereignis vom 3. September 2010. Eine Vorerkrankung habe bei dem Kläger nicht vorgelegen. Es hätten vulnerable Persönlichkeitsanteile vorgelegen. Das Unfallgeschehen habe eine PTBS ausgelöst. Der weitere Verlauf und die Unsicherheit in Bezug auf den Arbeitsplatz hätten ungünstig die psychische Symptomatik getriggert und eine rasche Kompensation nicht möglich gemacht. Es habe sich ab 2011 eine Chronifizierung entwickelt und im weiteren Verlauf eine schwere Symptomatik, die aktuell als Persönlichkeitsänderung nach chronischer PTBS zu bewerten sei. Bis zur Chronifizierung des Leidens ab August 2011 habe die PTBS als Gesundheitsstörung im Vordergrund der Symptomatik gestanden und die MdE 30 v. H. betragen. Ab August 2011 sei mit Entwicklung der ausgeprägten depressiven Verstimmung und kognitiven Störungen eine Erhöhung der MdE auf 50 v. H. anzunehmen. Zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung sei die MdE mit 100 v. H. zu beurteilen, da die Funktionsbeeinträchtigungen und die Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch die Unfallfolgen so erheblich geworden seien.
Die Beklagte hat Stellungnahmen ihres Beratungsarztes Dr. N. vorgelegt (vom 1. Oktober 2015, vom 17. Mai 2016 und vom 19. September 2016). Der Arzt sieht nach wie vor eine PTBS nicht als gegeben an, da nach seiner Auffassung das A-Kriterium mangels Hilflosigkeit fehlt. Der anschließende Arbeitsplatzverlust sei keine medizinische Folge des Überfalls; soziale Schäden würden nicht durch eine Erhöhung der MdE entschädigt und medizinische Folgen aus sozialen Schäden stünden demgemäß nicht mehr im kausalen Zusammenhang zu einer Unfallrente. Die Frage nach einem etwaigen Rentenbegehren müsse bei der Kausalitätsprüfung als konkurrierender Faktor unabdingbar subtil erörtert werden, was die Sachverständige unterlassen habe. Auch sei das vom Kläger erlittene Trauma nach der Klassifikation nicht geeignet, eine andauernde Persönlichkeitsänderung zu verursachen.
Mit Urteil vom 13. August 2018 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, als weitere Unfallfolgen festzustellen, eine chronische PTBS sowie vom 12. April 2012 bis 19. April 2015 eine mittelgradige depressive Störung, ab dem 20. April 2015 eine schwere depressive Episode mit kognitiven und regressiven Symptomen sowie ab dem 12. April 2012 eine Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung und dem Kläger vom 12. April 2012 bis 19. April 2015 Rente nach einer MdE in Höhe von 30 v. H. und ab dem 20. April 2015 nach einer MdE in Höhe von 50 v. H. zu gewähren. Den Bescheid der Beklagten hat es auch insoweit aufgehoben, als dort eine "vorübergehende Anpassungsstörung" festgestellt worden ist. Im Übrigen hat das Gericht die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle nach den überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. O. infolge des Arbeitsunfalls vom 3. September 2010 sämtliche Kriterien für die Diagnose einer PTBS nach ICD-10 und DSM-5. Insbesondere sei auch das A-Kriterium hier erfüllt. Das Ereignis sei schwer gewesen. Dr. N. habe dieses Kriterium abgelehnt und sich dabei an dem DSM-IV orientiert. Dieses Manual entspreche aber nicht mehr dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand, der sich nunmehr in dem DSM-5 aus dem Jahr 2013 finden würde. Dr. O. habe zwar formal auch nicht DSM-5 angewandt, aber das Vorliegen der PTBS in der Sache genau anhand des A-Kriteriums des DSM-5 geprüft und bejahrt. Mit Dr. K. und Dr. O. sei festzustellen, dass die PTBS bei dem Kläger chronisch sei. Soweit seitens der Beklagten konkurrierende Faktoren geltend gemacht würden, seien diese schon nicht im Vollbeweis bewiesen. Der Psychologe H. (Klinik am Rosengarten) habe die Persönlichkeitsstruktur des Klägers als akzentuiert zwanghaft beschrieben. Diese Aussage weise nicht auf eine Pathologie hin und sei keine Diagnose. Dr. M. habe zwar ausdrücklich eine solche Diagnose gestellt, indes ohne diese zu klassifizieren. Dr. O. habe bei dem Kläger vulnerable Persönlichkeitsanteile festgestellt und darauf hingewiesen, dass diese keine pathologische Bedeutung hätten. Die Trauer um den Tod der Mutter habe der Kläger nach dem Psychologen H. während der stationären Behandlung bewältigen können. Der von Dr. N. angestellten Mutmaßung eines Rentenbegehrens des Klägers sowie dem von dem Psychologen H. herausgestellten angeblichen Wunsch des Klägers, nicht wieder im Schalterbereich der Bank eingesetzt zu werden, sei jeglicher Anknüpfungspunkt schon dadurch entzogen, dass der Kläger sich seit der Entlassung aus der stationären Behandlung sehr intensiv um seine Wiedereingliederung bemüht habe. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. O. habe sich neben der PTBS eine depressive Erkrankung und eine Persönlichkeitsänderung entwickelt, die ebenfalls Unfallfolgen seien. Dr. K. habe die Diagnose einer Depression zeitnah gestellt und wegen der kontinuierlichen Behandlung die Krankheitsentwicklung unmittelbar beobachten können. An ihrem Untersuchungstag, dem 20. April 2015, habe Dr. O. durch den von ihr erhobenen Befund das Vorliegen einer schweren depressiven Episode gesichert. Auch die Diagnose einer Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung sei von Dr. O. überzeugend begründet und diagnostiziert worden; die Sachverständige habe sich dabei auch auf die Angaben des bei der Begutachtung anwesenden Schwagers des Klägers gestützt. Die depressive Erkrankung und die Persönlichkeitsänderung seien kausal auf die PTBS zurückzuführen. Dies ergebe sich in jedem Fall aus dem Spezialtatbestand des § 11 Abs. 2 SGB VII. Dr. K. habe überzeugend ausgeführt, dass diese Erkrankungen entstanden seien auf Grund des wiederholten Aufsuchens des Arbeitgebers zur Erörterung von Eingliederungsmaßnahmen auf Aufforderung der Beklagten. Die Erkrankung der Persönlichkeitsänderung könnte auch neben der PTBS diagnostiziert werden, denn während der PTBS ein einmaliges Ereignis zugrunde liege, seien Ursache der Persönlichkeitsänderung mehrere mit dem Arbeitgeber auf Aufforderung der Beklagten geführte "Reha-Beratungsgespräche". Dr. O. habe auch nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass für die Entwicklung der Erkrankung nicht nur die Existenzbedrohung und Triggerung der PTBS "am Arbeitsplatz" des Klägers verantwortlich seien, sondern auch die unzureichende Behandlung, die nicht traumaspezifisch erfolgt sei.
Gegen das ihr am 20. August 2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28. August 2018 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt. Das Urteil sei nicht haltbar. Die Diagnose einer "Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung" könne hier nicht gestellt werden. Soweit die Bemühungen der Beklagten zur beruflichen Wiedereingliederung als Anknüpfungstatsachen für mittelbare Unfallfolgen nach § 11 Abs. 2 SGB VII herangezogen worden seien, habe das Gericht Sinn und Zweck dieser Vorschrift verkannt. Das Urteil enthalte zudem keinerlei haltbare Feststellungen, auf welche Aufforderungen im Sinne der Vorschrift überhaupt Bezug genommen werde und welches Aufsuchen welcher Stelle und in welcher Weise eine schädigende Einwirkung auf den Kläger darstellen würde. Es sei "absurd", die wenigen Kontakte des Klägers mit dem Reha-Fachberater, zum Teil in Gesprächen mit dem Arbeitgeber, im Sinne einer derartigen "Extrembelastung" zu interpretieren. Im Übrigen könne diese Diagnose zusammen mit der Diagnose PTBS nicht gestellt werden; diese beiden Diagnosen würden einander nach der ICD-10 Klassifikation ausschließen. Die mittelgradige depressive Störung, zu deren Anerkennung die Beklagte ebenfalls verurteilt worden sei, habe keiner der im Verfahren gehörten Ärzte so in dieser Codierung diagnostiziert. Für die Tatsache, dass bei dem Kläger konkurrierend auch unfallunabhängige Störungen vorliegen würden, stütze sie sich auf das Gutachten des Dr. M. und den Bericht der Klinik am Rosengarten. Schließlich habe auch Dr. O. diese konkurrierenden Umstände gesehen, diese nur als nachrangig betrachtet, weil ihnen aus Sicht der Sachverständigen kein Krankheitswert zukam.
Auf Grund der Ermittlungen im Berufungsverfahren hat die Beklagte im Termin des Senats am 13. August 2019 ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass sie entgegen dem Verfügungssatz in dem angefochtenen Bescheid anstelle einer "vorübergehenden Anpassungsstörung" eine "bis auf leichte Restbestände abgeklungene PTBS" anerkennt. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. August 2018 aufzuheben, soweit dieses über das angenommene Teilanerkenntnis im Termin vom 13. August 2019 hinausgeht, und die Klage im Übrigen in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat eine weitere Stellungnahme seiner behandelnden Ärztin Dr. K. vom 15. Juli 2019 vorgelegt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens von dem Neurologen und Psychiater Dr. P. vom 13. April 2019, welches dieser nach eigener ambulanter Untersuchung des Klägers, Fremdanamnese des Schwagers des Klägers und nach Durchführung verschiedener Testverfahren erstellt hat. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (Band II) verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten (Band I und II) sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Band I und II) verwiesen, die zum Verfahren beigezogen worden sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich.
Das erstinstanzliche Urteil konnte – soweit es über das Teilanerkenntnis im Senatstermin hinausgeht - nicht aufrechterhalten werden und war insoweit aufzuheben. Streitgegenstand ist nach dem angenommenen Teilanerkenntnis der Beklagten allein, ob als weitere Unfallfolgen eine chronifizierte PTBS, eine mittelgradige depressive Episode und eine Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung bei dem Kläger vorliegen und dem Kläger (höhere) Rente auf Dauer zu gewähren ist.
Der Kläger hat insbesondere nach den weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente über den von der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid nach dem Ende der Verletztengeldzahlung bewilligten Zeitraum (12. April 2012 bis 30. September 2012) hinaus. Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage für eine Rentenzahlung nach § 56 Abs. 1 SGB VII liegen nicht mehr vor. Nach dem Bewilligungszeitraum sind keine Unfallfolgen festzustellen, die die Erwerbsfähigkeit des Klägers um wenigstens 20 v. H. mindern.
Gesundheitsstörungen müssen, um als Unfallfolge anerkannt zu werden, zunächst im Vollbeweis nachgewiesen sein, d. h. mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Tatsache in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (§ 128 SGG; BSGE 103, 99, 104).
Die geltend gemachte Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung liegt nicht im Vollbeweis vor. Für diese Feststellung stützt sich der Senat auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. in seinem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten vom 13. April 2019. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass die von der Vorgutachterin Dr. O. gestellte Diagnose einer "Persönlichkeitsänderung nach schwerer chronischer Belastungsreaktion" sich so nicht in den Diagnosesystemen findet. Die im ICD-10 aufgeführten Diagnosen einer "andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung" (ICD-10 F62.0), die das Sozialgericht als Unfallfolge festgestellt hat, sowie einer "andauernden Persönlichkeitsänderung nach psychischer Krankheit" (ICD-10 F62.1), lassen sich nach den jeweiligen Diagnosekriterien nicht zweifelsfrei feststellen. Dr. P. führt insoweit im Einklang mit dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. die Sk2-Leitlinie zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer Erkrankungen der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften – AWMF – Registernr. 051/029 – Stand: 31. März 2012, Seite 111) aus, dass bei der Diagnose einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung eine übermäßig lang anhaltende oder extreme Belastung vorliegen muss (z. B. Konzentrationslager, Folter, Gefangenschaft, Entführung), so dass die Vulnerabilität der betroffenen Person als Erklärung für die tiefgreifende Auswirkung auf die Persönlichkeit nicht in Erwägung gezogen werden muss. Einmalige äußere Ereignisse können daher definitionsgemäß nicht zu einer andauernden Persönlichkeitsänderung führen. Die Diagnose einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach psychischer Erkrankung ist nach Dr. P. hier ebenfalls nicht gesichert, weil im ICD-10 als Ausschlusskriterium eine hirnorganische Veränderung benannt wird. Auf letztere weisen nach Dr. P. aber der von ihm erhobene klinisch neurologische Befund und die von ihm durchgeführte neuropsychologische Testung hin. Dr. P. stellt schlüssig dar, dass nach Aktenlage im gesamten Verfahren von den Ärzten immer wieder kognitive Störungen benannt worden sind. Dr. K. beschreibt diese in ihrem Befundbericht vom 30. August 2011, Dr. M. (2012) und auch Dr. O. (2015) weisen in ihrem Gutachten darauf hin. Dr. O. sieht in den erheblichen neuropsychologischen Defiziten die von ihr beschriebene Zuspitzung der chronischen PTBS mit der Folge einer Persönlichkeitsänderung, die sie für den Zeitpunkt ab der Begutachtung des Dr M. im Juni 2012 festmacht. Dr. P. hat indes zutreffend herausgearbeitet, dass kognitive Defizite schon zu einem viel früheren Zeitpunkt als von Dr. K. angenommen, nämlich im Rahmen der klinischen Behandlung während der stationären Rehabilitation in der Klinik am Rosengarten vom 9. Dezember 2010 bis zum 20. Januar 2011 konstatiert werden. Diese sind nach Dr. P. nur im Rahmen hirnorganischer Veränderungen zu erklären, bei seiner eigenen Untersuchung habe er dazu passend ein mittelschweres demenzielles Syndrom gefunden. Unabhängig davon, ob bei dem Kläger, wie Dr. P. ausführt, eine Demenz vorliegt, bestehen jedenfalls auf Grund der von dem Sachverständigen nach neuropsychologischer Testung, neurologisch-klinischem Befund und sorgfältiger Auswertung der Akten festgestellten kognitiven Defizite des Klägers erhebliche Zweifel an der Diagnose einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach psychischer Erkrankung. Gegen die Annahme eines solchen Krankheitsbildes spricht zudem, dass dieses nach der Diagnosebeschreibung im ICD-10 F62.- nicht Ausdruck einer anderen psychischen Störung oder Residualsymptom einer vorangegangenen psychischen Störung sein soll. Genau das nimmt aber Dr. O. an, wenn sie eine Persönlichkeitsänderung nach chronischer PTBS annimmt und diese chronifizierte PTBS weiterhin diagnostiziert. Der Kläger trägt die Beweislast für das Vorliegen der geltend gemachten Erkrankung.
Die bei dem Kläger anerkannte PTBS hat sich nicht zu einer chronifizierten PTBS entwickelt, sondern ist bis auf leichte Restsymptome ausgeheilt. Der Senat stützt sich für diese Feststellung ebenfalls auf Dr. P., der überzeugend ausgeführt hat, dass das Vollbild dieses Krankheitsbildes nicht mehr vorliegt und dass die von ihm bei seiner Untersuchung festgestellten Symptome im Sinne eines Vermeidungsverhaltens und einer inneren Erregung bei Konfrontation mit Stimuli, die an das Unfallereignis erinnerten, als leichte Restsymptome der Erkrankung einzuschätzen seien. Dieser Zustand ist nach Dr. P. schon mit dem Ende der stationären Rehabilitation (20. Januar 2011) erreicht gewesen. Der Sachverständige nimmt insoweit Bezug auf die Berichte der Klinik am Rosengarten, in denen auch bezüglich der Unfallverarbeitung ein günstiger Verlauf und zum Ende der Rehabilitation ein Rückgang der psychischen Störungssymptomatik und ein deutlich stabilisierter Zustand des Klägers beschrieben wird. Die Ärzte der Klinik stellen zum Abschluss der Rehabilitation ein "abklingendes" Krankheitsbild fest (Entlassungsbericht vom 18. Januar 2011). Dass diese Störung sich in der Folgezeit über unspezifische Teilsymptome hinaus (die Dr. P. beschrieben hat) verschlechtert und letztlich chronifiziert hat, ist zur Überzeugung des Senats nicht im Vollbeweis gesichert. Dr. P. weist darauf hin, dass die später, nach der Entlassung aus der Klinik, eingetretene sekundäre Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes des Klägers gerade gegen das weitere Vorliegen einer PTBS spricht. Denn ein solcher Verlauf sei für dieses Krankheitsbild nicht typisch. Die Auffassung des Sachverständigen steht im Einklang mit der Sk2-Leitlinie für psychische und psychosomatische Erkrankungen (a. a. O., Seite 107). Dr. O., die einen progredienten Verlauf und eine Chronifizierung der PTBS ab August 2011 annimmt, vermag daher nicht zu überzeugen. Dr. P. und der Beratungsarzt der Beklagten Dr. N. (Stellungnahme vom 1. Oktober 2015) wenden gegen deren Feststellungen zudem zu Recht ein, dass die Sachverständige die schädigungsunabhängigen Faktoren bei der Feststellung der Diagnose nicht ausreichend gewürdigt hat. Nach dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand (vgl. die Sk2-Leitlinie Seite 107) nimmt eine PTBS nur "bei wenigen Patienten" über viele Jahre hinweg einen chronischen Verlauf. Daher sind bei der Diagnose einer über mehrere Jahre anhaltenden posttraumatischen Belastungsstörung zunehmend hohe Anforderungen an den Nachweis für das Vorhandensein der B-, C- und D-Kriterien zu stellen und zudem hohe Anforderungen an die Abgrenzung zu konkurrierenden Mechanismen. Diesen hohen Anforderungen ist Dr. O. in ihrem Gutachten nicht gerecht geworden. Sie führt nur allgemein aus, die Kriterien einer PTBS hätten nach den Definitionen DSM-IV und ICD-10 bereits unmittelbar zum Ereignis und fortlaufend auch später vorgelegen. Auch sie stellt wie die anderen im Verfahren gehörten Ärzte vulnerable Anteile in der Persönlichkeit des Klägers fest (u. a. ängstlich-zwanghafte Anteile, unsicherer Selbstwert), erörtert indes nicht, ob und inwieweit diese über die Jahre das Krankheitsbild bestimmt haben können. Die von ihr festgestellte Zunahme der Regression begründet Dr. O. vor allem mit den Unsicherheiten des Klägers in Bezug auf den Arbeitsplatz. Letzte sind aber ebenso wie die kognitiven Beeinträchtigungen des Klägers nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. P. gerade unfallfremde, konkurrierende Faktoren, die von den spezifischen traumatischen Faktoren durch das Unfallereignis abzugrenzen sind. Eine Chronifizierung der Störung lässt sich auch nicht mit dem Argument von Dr. O. begründen, der Kläger sei wegen des Überfallereignisses nicht ausreichend, da nicht traumaspezifisch, behandelt worden. Nach Aktenlage wurde der Kläger (auch) traumaspezifisch behandelt. Zeitnah zu dem Ereignis wurde er zusammen mit seinen Kollegen, die ebenfalls Opfer des Überfalls waren, einer Praxis für Beratung und Krisenintervention nach traumatischen Ereignissen zugeführt. Das erste Gruppengespräch dort mit Herrn C. fand am 16. September 2010 statt (Bericht vom 18. Oktober 2010). Auf Grund der Berichte des Herrn C. und den Berichten des behandelnden Arztes Dr. D. (vom 21. Oktober 2010 und vom 6. November 2010) wurde der Kläger sodann auf Veranlassung der Beklagten stationär in der Klinik am Rosengarten behandelt, und zwar wegen "der Reaktion aus einem Überfallereignis sowie Vorfällen im unmittelbaren Umfeld und vorbestehender Erkrankungen" (s. Schreiben der Beklagten an die Krankenkasse des Klägers vom 23. Dezember 2010). Anlass der psychotherapeutischen Behandlung war auch die "vordiagnostizierte" PTBS infolge des Überfalls; die Psychotherapie in der Klinik befasste sich nach dem Entlassungsbericht der Klinik vom 18. Januar 2011 zunächst mit der Bewältigung der Trauer um den Tod der Mutter bzw. Reduktion der depressiven Symptomatik und sodann mit der Bearbeitung des Überfalls, der Traumabearbeitung. Nach der Entlassung ist der Kläger traumaspezifisch behandelt worden, zunächst von Dr. L. und ab Mai 2011 kontinuierlich von Dr. K., deren Thema mit dem Kläger gerade die Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse gewesen ist (s. u. a. den Bericht der Ärztin vom 30. August 2011 und das Attest vom 20. November 2012).
Im Vollbeweis gesichert ist nach Dr. P. in Übereinstimmung mit der behandelnden Psychotherapeutin Dr. K., der Sachverständigen Dr. O. und Dr. M. (Gutachten im Verwaltungsverfahren vom 7. Juni 2012) die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, zurzeit nach Dr. P. in der Ausprägung einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10 F33.1). Der aktuelle Befund und die aktuelle Anamnese ergeben nach Dr. P. das Auftreten einer depressiven Symptomatik vor allen Dingen im Herbst, wenn "die dunkle Zeit" komme (eine Winterdepression hatte der Kläger selbst schon bei seinem Reha-Antrag 2010 angegeben).
Dieses Krankheitsbild ist indes nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen und deshalb keine Unfallfolge.
Für die Kausalitätsfeststellung zwischen den durch ein Ereignis unmittelbar hervorgerufenen Gesundheitserstschäden (haftungsbegründende Kausalität) und den als Unfallfolgen geltend gemachten länger andauernden Gesundheitsstörungen (haftungsausfüllende Kausalität) gilt wie für alle Kausalitätsfeststellungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung der gegenüber dem Vollbeweis geringere Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit bzw. hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - juris). Die Kausalitätsfeststellungen zwischen den einzelnen Gliedern des Versicherungsfalles basieren auf der im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung. Danach geht es auf einer ersten Stufe der Kausalitätsprüfung um die Frage, ob ein Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinne vorliegt, d. h. - so die neueste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - ob eine objektive Verursachung zu bejahen ist (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - juris). Beweisrechtlich ist zudem zu beachten, dass der möglicherweise aus mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden muss (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a.a.O.) und dass die Anknüpfungstatsachen der Kausalkette im Vollbeweis vorliegen müssen (BSG, Beschluss vom 23. September 1997 - 2 BU 194/97 - Deppermann-Wöbbeking in: Thomann (Hrsg), Personenschäden und Unfallverletzungen, Referenz Verlag Frankfurt 2015, S. 630). In einer zweiten Prüfungsstufe ist sodann durch Wertung die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die wesentlich sind, weil sie rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a.a.O; BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - juris).
Vorliegend lässt sich die depressive Episode schon im naturwissenschaftlichen Sinne (1. Prüfungsstufe) nicht hinreichend wahrscheinlich auf das Unfallereignis am 3. September 2010 zurückführen. Vor allem ist die depressive Störung nicht Folge der (anerkannten) PTBS, bzw. hat sich nicht erst aus diesem Krankheitsbild entwickelt.
Unter sorgfältiger Auswertung der Befunde in den Akten und für den Senat überzeugend kommt Dr. P. zu dem Ergebnis, dass der Beginn einer depressiven Symptomatik schon für die Zeit vor dem Unfall anzunehmen und auf unfallfremde Ursachen zurückzuführen ist. Durch die Befunde des behandelnden Arztes Dr. D. (Bericht vom 21. Oktober 2010), der Ärzte der Klinik am Rosengarten (Aufnahmebericht vom 11. Dezember 2010, Entlassungsbericht vom 18. Januar 2011) und den Bericht des Herrn C., Praxis für Beratung und Krisenintervention nach traumatischen Ereignissen, vom 18. Oktober 2010, auf die sich Dr. P. bezieht, ist dokumentiert, dass bei dem Kläger schon vor dem Unfall eine Überforderung durch Dauerstress am Arbeitsplatz bestanden hat und der unverarbeitete Tod der Mutter (2009) sowie das Erleben von tödlichen Unfällen durch Tätigkeit bei der freiwilligen Feuerwehr für den Kläger psychisch belastend gewesen sind. In dem Entlassungsbericht der Klinik wird als vorbestehende psychische Beeinträchtigung am Arbeitsplatz anamnestisch festgehalten, die "Zahlen" des Klägers seien bereits vor dem Überfall nicht so gut gewesen, da es auf der Arbeit nicht in allen Bereichen so gut gelaufen sei und er sich unter Druck gefühlt habe, habe er zunehmend seine Selbstsicherheit verloren. Auch bedingt durch die Eingebundenheit in die Pflege der kranken Mutter hätte die Leistung auf der Arbeit gelitten. Dr. O. ist daher nicht zu folgen, wenn sie annimmt, die depressive Episode (die sie an ihrem Untersuchungstag als schwer ansieht) habe sich erst ab August 2011 entwickelt als chronifiziertes Residuum einer PTBS und sei allein auf diese zurückzuführen. Mit Dr. P. und den Ärzten der Klinik am Rosengarten ist vielmehr davon auszugehen, dass neben der psychischen traumatischen Belastung durch den Überfall mit Übererregung und phobischem Vermeidungsverhalten weitere davon unabhängige unfallfremde psychische Belastungen mit depressiv-ängstlicher Symptomatik bestanden haben. Nach den Ausführungen der Ärzte der Klinik am Rosengarten hat sich die unfallfremde psychische Störungssymptomatik durch den Unfall zunächst verstärkt, konnte aber während der stationären Rehabilitation ebenso wie die Belastung durch den Unfall im Therapieverlauf reduziert und der Kläger insgesamt stabilisiert werden. Ausgeprägte depressive Symptome werden sodann nach der Entlassung aus der Klinik wieder festgestellt von der behandelnden Nervenärztin Dr. K. (psychischer Befund in dem Bericht 30. August 2011), von Dr. M. und von Dr. O ... Dr. M. und vor allem Dr. O. sehen dafür als ursächlich an die Unsicherheit des Klägers in Bezug auf den Arbeitsplatz, bzw. nach Dr. O. die von ihm während der Wiedereingliederung "erlebte subjektive Situation mit dem Arbeitgeber" an. In den Berichten und Vermerken des Reha-Beraters J. (vom 15. April 2011, 21. September 2011, 1. November 2011, 20. März 2012) und den Berichten des Herrn C. (vom 13. Juni 2011, 27. September 2011) wird für die Zeit der Wiedereingliederung festgehalten, der Kläger leide unter der Belastung, nicht an seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückkehren zu können, und unter dem Eindruck, sein Arbeitgeber wolle ihn loswerden, sein Vertrauen in diesen sei erschüttert. Entgegen den Feststellungen von Dr. O. in ihrem Gutachten und ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 3. Januar 2016 lässt sich indes nicht ein positiver Kausalzusammenhang feststellen mit einer durch den Unfall erlittenen PTBS und davon abgeleiteten Folgeschäden im beruflichen Umfeld. Denn der Unfall und die Traumafolgen stehen allenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit den Problemen des Klägers während der Wiedereingliederung. Die ausgeprägte depressive Symptomatik nach der Entlassung aus der Klinik ist nach übereinstimmender Feststellung der Ärzte bzw. Sachverständigen Dr. M., Dr. P., Dr. K. und Dr.O. maßgeblich und überragend durch die empfundene Zurücksetzung und die subjektiv empfundene Kränkung des Klägers im beruflichen Umfeld geprägt, der schon vor dem Unfall unter seinem eingeschränkten Leistungsvermögen gelitten hat. Selbst wenn man einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis im naturwissenschaftlichen Zusammenhang annehmen würde, scheitert die Feststellung der Kausalität auf der 2. Prüfungsstufe daran, dass das Trauma und die Traumafolgen für die depressive Erkrankung nicht wesentlich sind. Dr. N. hat in seiner Stellungnahme vom 1. Oktober 2015 schon zutreffend darauf hingewiesen, dass medizinische Folgen aus sozialen Schäden, wie z. B. die hier beschriebene Unsicherheit bezüglich des Arbeitsplatzes, nicht mehr im kausalen Zusammenhang zu dem Unfallereignis stehen. Das Unfallereignis ist rechtlich nicht wesentlich, sondern die empfundene Zurücksetzung, Kränkung sowie die Unsicherheit in Bezug auf den Arbeitsplatz. Die depressive Erkrankung kann nicht dem versicherten Risiko zugerechnet werden (vgl. dazu auch Feddern, Psychoreaktive Störungen auf unfallbedingte soziale Probleme in: MED SACH 106 1/2010, Seite 30 ff.).
Ein Kausalverlauf lässt sich auch entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht über § 11 Abs. 2 SGB VII begründen (wobei das Sozialgericht nicht ausgeführt hat, welchen Tatbestand des § 11 Abs. 2 SGB VII es für erfüllt ansieht). Die Depression ist keine mittelbare Unfallfolge im Sinne dieser Vorschrift.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind mittelbare Folgen eines Versicherungsfalls u. a. auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten, infolge der Durchführung einer Heilbehandlung oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einschließlich der dazu notwendigen Wege. Nach Abs. 2 der Vorschrift gilt Abs. 1 entsprechend, wenn die Versicherten auf Aufforderung des Unfallversicherungsträgers diesen oder eine von ihm bezeichnete Stelle zur Vorbereitung von Maßnahmen, u. a. von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, aufsuchen; der Aufforderung durch den Unfallversicherungsträger nach Satz 1 steht dabei eine Aufforderung durch eine mit der Durchführung der genannten Maßnahmen beauftragte Stelle gleich (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SGB VII).
Diese Vorschrift regelt somit, dass auch solche Gesundheitsschäden, die durch die Erfüllung der in ihr umschriebenen Tatbestände wesentlich verursacht werden, dem Versicherungsfall rechtlich zugeordnet werden. Diese mittelbaren Folgen müssen dabei – anders als nach § 8 Abs. 1 SGB VII – nicht durch den Gesundheitserstschaden verursacht worden sein (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R – juris). § 11 SGB VII erstreckt sich auch auf Gesundheitsschäden, die ohne neues Unfallereignis auftreten, und ist nicht auf Folgeunfälle im Sinne eines plötzlich eintretenden schädigenden Ereignisses beschränkt. Für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen den in § 11 SGB VII genannten Maßnahmen und den Gesundheitsschäden bzw. dem Tod gelten die Grundsätze, die auch sonst für die Beurteilung der Kausalität in der gesetzlichen Unfallversicherung gelten (Wagner in: jurisPK-SGB VII § 11 Rdnr. 20; BSG, Urteil vom 15. Mai 2012, a. a. O.).
Die Depression des Klägers ist nicht - wie durch das Sozialgericht geschehen - zu begründen mit dem wiederholten Aufsuchen des Arbeitgebers zur Erörterung von Eingliederungsmaßnahmen auf Aufforderung der Beklagten. Die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 11 Abs. 2 SGB VII ist nicht hinreichend wahrscheinlich kausal für die Störung. Zum einen ist depressive Symptomatik des Klägers nicht – wie es das Sozialgericht ausführt – erst durch das wiederholte Aufsuchen des Arbeitgebers zur Erörterung von Eingliederungsmaßnahmen auf Aufforderung der Beklagten entstanden. Wie ausgeführt liegt der Beginn der depressiven Erkrankung auf Grund von Faktoren u.a. aus dem beruflichen Umfeld schon vor dem Unfallereignis. Auch schon vor dem Unfall war der Kläger, wie ausgeführt, vulnerabel im Hinblick darauf, beruflich zu versagen. Nach Aktenlage, dem Inhalt der Gesprächsvermerke und Berichte des Reha-Beraters, sind die Wiedereingliederungsgespräche selbst regelrecht unter Anwesenheit des Klägers, seines Schwagers und teilweise des Arbeitgebers abgelaufen, erkennbar mit der Zielsetzung, für den Kläger die Maßnahmen zu treffen, die für ihn hilfreich sind (Gesprächsvermerke und Berichte des Herrn J. vom 25. Januar 2011, vom 3. März 2011, vom 15. April 2011, vom 28. Juni 2011, vom 21. September 2011, vom 1. November 2011, vom 20. März 2012). Der Reha-Berater ist dazu in regelmäßigem Kontakt mit dem Dipl.-Sozialpädagogen C. und Dr. K. gewesen, die den Kläger auf seinen Wunsch während der Wiedereingliederung betreut bzw. behandelt haben. Ein objektiver Verursachungsbeitrag für das Entstehen oder eine Verschlimmerung der depressiven Symptomatik (1. Prüfungsstufe der Kausalität) lässt sich daraus nicht ableiten. Das angebliche Verhalten des Arbeitgebers bzw. die von dem Kläger nach der Darstellung von Dr. O. empfundenen Kränkungen und Enttäuschungen fallen nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten. Die Tatsache, dass der Kläger so extrem auf die Arbeitgebergespräche reagiert hat, ist gerade nicht Ausdruck der Traumafolgen, sondern in der Persönlichkeit des Klägers und in unfallfremden Faktoren begründet, und bestärkt gerade die Feststellungen von Dr. P ... Der Schutzzweck des § 11 SGB VII (2. Prüfungsstufe der Kausalität) kann im Übrigen im Hinblick auf medizinische Folgen aus sozialen Schäden nicht weiter gehen als im Rahmen des Versicherungsfalles nach § 8 SGB VII, es gelten dieselben Grundsätze bei der Kausalitätsprüfung (vgl. auch BSG Urteil vom 15. Mai 2012, a. a. O.). Die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 11 Abs. 2 SGB VII war für das Entstehen der depressiven Erkrankung nicht wesentlich.
Mit Dr. P. geht der Senat davon aus, dass die bei dem Kläger festzustellende aktuelle erhebliche Symptomatik aufrechterhalten wird durch die schicksalhaften kognitiven Störungen (die der Sachverständige einer Demenz zuordnet) und durch die unfallfremden rezidivierenden depressiven Störungen. Die demgegenüber zu vernachlässigenden leichten Restsymptome der unfallbedingten PTBS bewertet der Sachverständige mit einer MdE in Höhe von 10 v. H. Dies wird der geringen Beeinträchtigung des Klägers durch diese Erkrankung gerecht, die dieser selbst nach Dr. P. nur mit Vermeidungsverhalten beschreibt, wenn z. B. in den Nachrichten Dinge mitgeteilt werden, die an den Überfall erinnern, oder beim Aufsuchen von Sparkassen und Banken, und mit der Angst, alleine spazieren zu gehen (vgl. die Richtwerte in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, Seite 170). Ein Anspruch auf Zuweisung einer rentenberechtigenden MdE ergibt sich daraus nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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