L 1 BA 118/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 2507/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 BA 118/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 82/19 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Nichtzulassung der Revision als unzulässig verworfen
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Beigeladenen haben jedoch für ihre außergerichtlichen Kosten selbst aufzukommen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht der Sache nach primär der versicherungsrechtlich Status der Beigeladenen zu 1. (nachfolgende nur noch: "die Beigeladene") in ihrer Tätigkeit als Dozentin im Rahmen der Ausbildung von Logopäden für die Klägerin in der Zeit vom 1. Oktober 2011 bis zum 29. Februar 2012.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die I-Gesellschaft mbH in S war im streitgegenständlichen Zeitraum eine gemeinnützige GmbH, ebenso wie heute die Klägerin. Sie führt bundesweit eine große Anzahl von privaten Ausbildungseinrichtungen, an denen sie Aus-, Fort- und Weiterbildungen in Berufen des Sozial- und Gesundheitswesen anbietet. Ihr satzungsmäßiger Sitz ist in B. Sie betrieb und betreibt u.a. in A als privater Träger eine als Ersatzschule anerkannte Berufsfachschule für Logopädie, die IA.

Die in der Berufsfachschule der Klägerin tätigen Dozentinnen und Dozenten sind teilweise auf der Grundlage von Arbeitsverträgen angestellt und teilweise auf der Grundlage von Honorarverträgen auf vertraglich selbständiger Basis tätig. Bei ihren in Vollzeit angestellten Dozenten geht die Klägerin im Rahmen ihrer internen Kalkulation üblicherweise von einer Lehrverpflichtung von 32 Unterrichtsstunden pro Woche zu je 45 Minuten aus. Die Ausbildung zum Logopäden bzw. zur Logopädin erfolgt in Bayern auf Grundlage der Ausbildungs- und Prüfungsordnung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 1. Oktober 1980 (BGBl I Seite 1892), zuletzt geändert durch Art. 17 des Gesetzes vom 18. April 2016 (BGBl I Seite 886) sowie der vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus herausgegebenen Lehrpläne für die Berufungsfachschule für Logopädie.

Die Beigeladene ist 1977 geboren, akademische Logopädin und war von März 2009 bis August 2011 als Dozentin an der Berufsfachschule für Logopädie der Klägerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden (75 %) angestellt. Sie kündigte das Anstellungsverhältnis aufgrund eines familiär bedingten Umzuges nach M. Im September 2011 bezog sie Arbeitslosengeld I. In der Zeit vom 1. Oktober 2011 bis zum 29. Februar 2012 war sie in der genannten Bildungseinrichtung der Klägerin tätig. Grundlage war ein "Freier Mitarbeitervertrag" vom 27. September 2011, auf den ergänzend verwiesen wird. Vereinbart war dort eine Tätigkeit als Dozentin im Fachbereich Logopädie mit der Arbeit "Unterricht in der Berufsfachschule laut Lehrplan" mit einem Umfang von wöchentlich 18 Stunden. Die Beigeladene war tatsächlich in den Monaten September 2011 und Dezember 2011 nicht tätig, im Oktober 2011 im Umfang von 36 Stunden (Honorar: 1.116 EUR), im November 2011 16 Stunden (496 EUR), im Januar 2012 und Februar 2012 jeweils18 Stunden (558 EUR).Sie unterrichtete dabei ausschließlich das Fach Aphasiologie.

Am 27. Oktober 2011 stellten die Klägerin und die Beigeladene einen Statusfeststellungsantrag. Auf entsprechende Anfrage der Beklagten gab die Beigeladene im Verwaltungsverfahren an, die Gesamtheit der Schüler im Unter-, Mittel- und Oberkurs zu unterrichten. Das Honorar sei von der Klägerin festgelegt. Nebenpflichten habe sie keine zu erfüllen gehabt. Die Auftraggeberin habe Fachliteratur und Therapiematerialien zur Verfügung gestellt. Die Frage nach Teambesprechungen und Verpflichtung zur Teilnahme an schulischen Veranstaltungen hat die Beigeladene verneint. Der Unterschied zu ihrer vorigen Festanstellung habe primär darin gelegen, dass sie als Angestellte nicht nur unterrichtet habe, sondern auch für administrative Aufgaben wie die Klassenleitung, Organisation von Prüfungen und der Entwicklung curricularer Projekte zuständig gewesen sei. Als Honorardozentin habe sie ausschließlich unterrichtet.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 27. März 2012 gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Dozentin bei der Klägerin in der Zeit vom 1. September 2011 bis 29. Februar 2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und dass in diesem Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der Kranken- Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe, beginnend ab 1. September 2011.

Die Klägerin und die Beigeladene erhoben Widerspruch. Zu dessen Begründung führte die Beigeladene u.a. nunmehr aus, die Höhe des Honorars sei verhandelt worden. Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2017 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 7. Dezember 2017 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Die Dozententätigkeit der Beigeladenen im Fach Aphasiologie an einer privaten Berufsfachschule für Logotherapie sei nicht mit der Tätigkeit eines Lehrers an einer allgemeinbildenden Schule gleichsetzbar. Das Stundenhonorar in Höhe von 31 EUR brutto ermögliche eine Eigenvorsorge. Der angefochtene Bescheid habe auch den objektiven Vertragsinhalt des zugrunde liegenden Honorarvertrages nahezu gänzlich außer Acht gelassen. Nach der vertraglichen Konzeption sei die Tätigkeit weder fremdbestimmt noch weisungsabhängig, noch ergebe sich auch aufgrund des geringen Stundenumfangs eine persönliche Abhängigkeit. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation sei auch wegen Fehlens von Anwesenheitszeiten oder der Verpflichtung zur arbeitszeitlichen Arbeit anders als bei den Arbeitnehmern der Schule nicht gegeben. Die Unterrichtstätigkeit sei im Wesentlichen frei gestaltet. Es gäbe kein Kurrikulum und keine methodisch-didaktische Bindung. Die Klägerin gebe auch keine Unterrichtsmaterialien vor. Es finde auch keine regelmäßige Kontrolle des Unterrichts durch die Klägerin statt. Diese habe der Beigeladenen weder Unterrichtstunden noch Vertretungsaufgaben einseitig zuweisen können. Für Selbständigkeit spreche auch, dass die Beigeladene im Verhinderungsfall Ersatz hätte stellen dürfen. Theoretisch hätte sie zeitgleich bei einem anderen konkurrierten Bildungsträger Unterricht durchführen können

Die Beigeladene hat ergänzend mitgeteilt, sie habe sich während der Pausenzeiten im Lehrerzimmer aufgehalten. Die Schule habe Kopien, Fachliteratur und Testverfahren zur Verfügung gestellt. In der Schule habe sie Kopierer, Beamer und Laptop benutzt. Sie habe entsprechend den Vorgaben des Lehrplans Noten vergeben und dazu die schriftlichen Arbeiten (Schulaufgaben) konzipiert und auch korrigiert/bewertet. Sie habe auch an der Konzeption der schriftlichen Prüfungen mitgewirkt, indem sie in ihrem Fach Fragen eingereicht habe. Sie sei als Gutachterin an der Bewertung beteiligt gewesen und habe den Zeitaufwand für die Korrektur in Rechnung gestellt. Sie habe über die Schule eine E-Mailadresse gehabt, über die sie und über die Schulleitung für die Schüler erreichbar gewesen sei.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat die Beklagte am 5. November 2018 ein Teilanerkenntnis abgegeben, wonach im September 2011 mangels tatsächlicher Ausübung der Tätigkeit keine Versicherungspflicht in allein Zweigen der Sozialversicherung bestanden habe. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen (Zustellung: 14. November 2018). Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, es überwögen vorliegend die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände. Die vertraglichen Regelungen sprächen als gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit. In tatsächlicher Hinsicht überwögen jedoch deutlich die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände. Die Beigeladene habe an einer staatlich anerkannten Berufsfachschule im Rahmen einer staatlich anerkannten und geregelten Ausbildung ein Pflicht- und Prüfungsfach nach dem staatlich vorgegebenen Lehrplan unterrichtet. Sie sei in diesem Rahmen in den Unterrichtsbetrieb der Berufsfachschule einschließlich der Notengebung eingebunden gewesen. Die Tätigkeit rücke deshalb deutlich in die Nähe einer Lehrerin an einer allgemeinbildenden Schule. Die Berufsfachschule für Logopädie sei eine staatlich anerkannte Berufsfachschule. Die Ausbildung erfülle die bestehende Berufsschulpflicht. Dauer, Gliederung, Abschluss und Inhalt der Ausbildung zum Logopäden sowie die Voraussetzungen für die Aufnahme, Versetzung, Prüfung und für die Zeugnisse der Schüler seien im (Bundes-) Gesetz über den Beruf des Logopäden (Gesetz vom 7. Mai 1980, BGBL.I Seite 529, zuletzt geändert durch Art. 17c des Gesetzes vom 23. Dezember 2016, BGBLI Seite 3191, LogopG) geregelt sowie in der auf Grundlage von § 5 LogopG erlassenen Ausbildungs- und Prüfungsordnung des Bundesministeriums für Gesundheit (vom 1. Oktober 1980, BGBI I Seite 1892, zuletzt geändert durch Art. 17 des Gesetzes vom 18. April 2016, BGBl I Seite 886, LogAPrO). Nach § 1 Abs. 1 i. V. m. der Anlage 1 LogAPrO umfasse der Unterricht im Fachgebiet Aphasiologie, welches die Beigeladene unterrichtet habe, insgesamt 40 Unterrichtsstunden. Die Ausbildung ende mit einer staatlichen Prüfung, an der u.a. Fachprüfer mitwirkten, die an der Schule tätig sind, § 3 Abs. 1 Nr. 3 LogAPrO. Zudem gebe es speziell im Fach Aphasiologie in Bayern einen staatlich vorgegebenen den in das Verfahren eingeführten detaillierten Lehrplan (www.isb.bayern.de/download/11776/lp bfs logopaedie 01.08.2000.pdf), an den die Beigeladene ihren Unterricht auch ausgerichtet habe. Sie habe in ihrem Fach Noten vergeben und an der vorgesehenen schriftlichen Prüfung mitgewirkt, indem sie zu dem von ihr unterrichteten Fach Fragen eingereicht und als Gutachterin an der Bewertung beteiligt habe. Der Korrekturzeitaufwand sei ihr vergütet worden. Diese Prüfungstätigkeit stelle sich nicht als isoliert zu betrachtende für die Schulaufsichtsbehörde dar, sondern sei aufgrund § 5 Abs. 2 Satz 1 LogAPrO Folge der zu unterrichtenden Tätigkeit der Schule. Durch die Erstellung und Korrektur der schriftlichen Prüfungsarbeit, die von den von der zuständigen Behörde entsandten Vorsitzenden des Prüfungsausschusses im Benehmen mit dem Leiter der Schule bestimmt werde (§ 5 Abs. 2 Satz 1 LogAPrO) und einer Zweitkorrektur unterlägen, sei die Beigeladene letztlich auch hinsichtlich der von ihr vermittelten Unterrichtsinhalte zumindest mittelbar durch die Klägerin und die zuständige Behörde kontrolliert worden. Die Beschäftigung sei auch gegen Arbeitsentgelt i. S. d. § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV; in der hier maßgeblichen, bis zum 21. April 2015 geltenden Fassung = SGB IV a.F.) erfolgt. Die Unterrichtstätigkeit sei nicht als steuerfreie Aufwandsentschädigung aufgrund § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV a.F. ausgenommen gewesen. Nach der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung des § 3 Nr. 26 Einkommenssteuergesetz (EStG) seien zwar u.a. Einnahmen aus nebenberuflicher Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbarer nebenberuflicher Tätigkeiten im Dienst oder im Auftrag einer (u.a.) gemeinnützigen Einrichtung bis zur Höhe von 2.100 EUR steuerfrei, die Beigeladene habe jedoch nicht nur nebenberuflich unterrichtet. Eine Tätigkeit sei nebenberuflich i.S.v. § 3 Nr. 26 EStG, wenn sie nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch nehme. Mehrere gleichartige Tätigkeiten seien zusammenzufassen. Unterliege eine denselben Auftraggeber betreffende Tätigkeit zeitlichen Schwankungen, so sei für die Prüfung, ob eine Nebentätigkeit vorliege, der auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum bzw. – wenn dieser kürzer sei – der auf die jeweilige Vertragsdauer bezogene Durchschnittswert zugrunde zu legen. Für den sozialversicherungsrechtlichen Status gelte, dass die Frage der Steuerfreiheit entsprechend den allgemeinen sozialrechtlichen Grundsätzen jeweils vorschauend zu prüfen sei. Nach der danach anzustellenden vorausschauenden Betrachtungsweise habe die Beigeladene ausweislich ihrer Angaben im Verwaltungsverfahren zunächst die Absicht gehabt, nach Beendigung der Vollzeitanstellung nach dem Umzug weiterhin als Dozentin tätig zu sein. Sie habe ab 1. Oktober 2011 einen Existenzgründungszuschuss beantragen und auch für weitere Auftraggeber tätig sein wollen. Der zwischen ihr und der Klägerin geschlossene Honorarvertrag habe einen Tätigkeitsumfang von 18 Wochenstunden vorgesehen. Daraus lasse sich ersehen, dass die Beigeladene der Klägerin jedenfalls grundsätzlich auch in mehr als einem geringfügigen Umfang (10 Stunden oder weniger pro Woche) zur Verfügung gestanden habe. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 7. Dezember 2018. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Weder der Umstand, dass die Beigeladene ihre Tätigkeit in bestimmten Schulräumen ausgeübt habe, könne als Argument für eine Eingliederung bzw. örtliche Weisungsgebundenheit angeführt werden, noch die zeitliche Abstimmung von Lehrveranstaltungen durch einen (Rahmen-) Stundenplan. Solches sei einem schulischen Lehrbetrieb immanent. Insbesondere sei die Vorgabe des Lehrstoffes als äußerer Tätigkeitsrahmen lediglich abstrakt - genereller Natur und überschreite damit nicht die Grenze zu einer typischen Einzelanordnung bzw. Weisung. Die Beigeladene sei gerade in ihrer methodischen und didaktischen Ausgestaltung ihres Unterrichtes frei gewesen, alleine weil nur so auf die jeweils individuellen Bedürfnisse der unterrichteten Schüler eingegangen werden konnte. Eine solche pädagogische, methodische und didaktische Freiheit mache den Kern einer selbständigen Dozententätigkeit aus. Auch die Führung eines Klassenbuches sei als Berichts- und Dokumentationspflicht kein Spezifikum abhängiger Beschäftigung sondern auch bei selbständigen Dienstleistungen eine verbreitete Selbstverständlichkeit. Hinsichtlich der sog. "Übungsleiter-Pauschale" habe das SG verkannt, dass es sich bei diesem für die Annahme einer nicht nur nebenberuflichen Tätigkeit sprechenden Umstände allesamt objektiv nicht nach außen getreten seien. Die Beigeladene habe tatsächlich weder einen Existenzgründungszuschuss beantragt, noch sei sie jemals für einen anderen Auftraggeber als Dozentin tätig geworden. Auch die im Honorarvertrag als Höchstgrenze vorgesehenen 18 Wochenstunden könne nicht angeführt werden, denn die Beigeladene sei von vornherein (nur) als Dozentin im Fach Aphasiologie vorgesehen gewesen und dort tätig geworden. Hierfür sei ein bestimmtes Stundenkontingent vorgesehen, dass gar nicht hätte überschritten werden können. Defacto sei von vornherein von einer nebenberuflichen Tätigkeit auszugehen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte am 29. August 2019 ein weiteres Teilanerkenntnis abgegeben, wonach im Dezember 2011 mangels tatsächlicher Ausübung der Tätigkeit keine Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung bestanden habe. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. November 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2017 in der Fassung der Teilanerkenntnisse vom 5. November 2018 und vom 29. August 2019 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Dozentin in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 30. November 2011 und vom 1. Januar 2012 bis zum 29. Februar 2012 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte beantragt;

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2017 in der Fassung der Teilanerkenntnisse vom 5. November 2018 und vom 29. August 2019 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beigeladene stand in ihrer Dozententätigkeit bei der Klägerin im Zeitraum September 2011 bis Februar 2012 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, aus dem Versicherungspflicht folgt. Gleichzeitig besteht damit kein Anspruch auf die begehrte Feststellung eines anderslautenden Ergebnisses.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch sowie § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken , Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und Urteil vom 12. November 2015 – B 12 KR 10/14 R -).

Ausgangspunkt der Prüfung sind die für die Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Nach dem schriftlichen Mitarbeitervertrag vom 27. September 2011 sollte die Tätigkeit auf selbständiger Basis erfolgen. Vereinbart wurde ausdrücklich ein "freier Mitarbeitervertrag". Die Beigeladene wurde als Auftragnehmerin bezeichnet, die Klägerin als Auftraggeber. Die beauftragte Leistung (Dozentin in dem Fachbereich Logopädie mit Unterricht in der Berufsfachschule laut Lehrplan) sollte in eigener Verantwortung ausgeführt werden. Die Auftragnehmerin sollte keinem Weisungs- und Direktionsrecht unterliegen. Die Stellung eines Erfüllungsgehilfen bei Verhinderung war vorgesehen. Typische Regelungen eines Arbeitsverhältnisses, wie über eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder eine Regelung über einen Urlaubsanspruch fehlen. Allerdings enthält das Vertragswerk auch Regelungen, die auf eine Weisungsabhängigkeit bzw. Eingliederung in den Schulbetrieb der Ersatzfachschule hindeuten. So sollte die Beigeladene die beauftragten Leistungen zwar in eigener Verantwortung ausführen, allerdings dabei auf die aus der Zusammenarbeit sich ergebenden betrieblichen Belange Rücksicht nehmen. Sie verpflichtete sich ferner, einen Unterrichts- oder Unterweisungsnachweis zu führen.

Entscheidend für den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit ist aber nicht die Vereinbarung zwischen den Beteiligten. Auch eine von den Beteiligten ausdrücklich gewollte Selbständigkeit muss vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn die Versicherungspflicht entsteht kraft Gesetzes und kann nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welche gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des Bundessozialgerichts - BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rdnr. 17 und Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rdnr. 17).

Nach der Rechtsprechung des BSG und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann die Tätigkeit eines Lehrers bzw. Dozenten grundsätzlich sowohl in der Form einer abhängigen als auch in der einer selbständigen Tätigkeit erbracht werden. Dies hat der Gesetzgeber selbst anerkennt. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ordnet für selbständig tätige Lehrer, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung an (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R –, juris-Rdnr. 16). Dabei gilt für Lehrkräfte an allgemeinen Schulen, dass sie regelmäßig als abhängig Beschäftigte anzusehen sind (BAG, Urteil vom 20. Januar 2010 – 5 AZR 106/09- Rdnr. 19). Diese Unterscheidung stützt sich u. a, darauf, dass der stärkeren Einbindung von Schülern in ein Schul- oder Ausbildungssystem auch eine stärkere persönliche Abhängigkeit der Lehrkräfte vom Unterrichtsträger entspricht. So gibt es für den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen ein dichtes Regelwerk von Gesetzen, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und Einzelweisungen, die nicht nur die Unterrichtsziele sondern auch Inhalt, Art und Weise des Unterrichts betreffen. Der Unterricht der verschiedenen Fächer und Stufen muss nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch und didaktisch aufeinander abgestimmt werden. Außerdem unterliegen diese Lehrkräfte wegen der erheblichen Bedeutung der allgemeinen Schulbildung einer verstärkten Aufsicht und Kontrolle. Diese bedeuten mittelbar auch eine Kontrolle der Unterrichteten. Schließlich fallen bei Unterricht an allgemeinbildenden Schulen regelmäßig mehr Nebenarbeiten an als bei der Abhaltung außerschulischer Lehrgänge. Dazu gehört die Unterrichtsvorbereitung, die Korrektur schriftlicher Arbeiten, die Beteiligung an der Abnahme von Prüfungen, die Teilnahme an Konferenzen (BAG, Urteil vom 12. September 1996 – 5 AZR 104/95 – juris Rdnr. 43 f für Lehrtätigkeit an einem Abendgymnasium). Entscheidend ist insgesamt, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann. Wer an einer allgemeinbildenden Schule unterrichtet, ist in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn er seinen Beruf nebenberuflich ausübt. Dagegen können etwa Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten oder Lehrkräfte, die nur Zusatzunterricht erteilen, auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden (Urteil des Senats vom 2. Mai 2019 – L 1 KR 157/17 –, juris-Rdnr. 58 mit Bezugnahme auf BSG, a. a. O. juris-Rdnr. 30).

An diesen Grundsätzen gemessen war die Beigeladene in ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der fraglichen Zeit abhängig beschäftigt, weil ihr Unterricht ähnlich reglementiert wie der an einer allgemeinen Schule gewesen ist. Auch dort besteht ein pädagogischer und fachlicher Freiraum, mit welchem die Lehrkraft die Pläne umsetzt.

Auch wenn die Beigeladene lediglich in einem ausgesprochenen Spezialfall (Aphasiologie) unterrichtet hat, ist sie dennoch inhaltlich nicht frei gewesen: Auf bundesgesetzlicher Ebene wird zwar im LogopG das Fach Aphasiologie nicht erwähnt. In Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 LogAPro ist die Aphasiologie auch nur unter Nr. 10 des theoretischen und praktischen Unterrichts mit 40 Wochenstunden aufgeführt. In den maßgeblichen Lehrplänen für die Berufsfachschule für Logopädie des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, welche bereits vom SG in das Verfahren eingeführt worden ist, gibt es allerdings detaillierte Vorgaben für das Fach Aphasiologie Zum Fachprofil des Unterrichtsfaches "Anatomie, Physiologie, Pathologie" heißt es zunächst (Seite 20), dass auf die für die spätere Tätigkeit relevanten Krankheitsbilder und die funktionellen Störungen der Organe und Organsysteme in den Fächern Hals , Nasen-, Ohrenheilkunde, Pädiatrie, Psychiatrie, Neurologie und Aphasiologie eingegangen werde. Das Fachprofil "NEUROLOGIE UND PSYCHIATRIE definiert, dass die Aphasiologie die Störungen des Sprachsystems nach einer erworbenen Hirnschädigung behandelt. Ferner heißt es dann (Seite 43):

"Die Aphasiologie, die im zweiten Schuljahr begonnen wird, baut auf dem Neurologie-Unterricht auf und erfordert ferner Grundwissen in der Psychologie, Phonetik und Linguistik. Die Schülerinnen sollen fundierte Kenntnisse über die Organisation psychischer und sprachlicher Leistungen im Gehirn und über kognitive Modelle zur Beschreibung normaler und gestörter Sprachprozesse erwerben."

Der Lehrplan für das 2. Jahr in Neurologie und Psychiatrie enthält das Lerngebiet Klinik der Aphasie und gibt als Lernziel vor:

"Die Schülerinnen werden mit den Möglichkeiten der neuro-linguistischen Modellbildung vertraut. Sie lernen die aphasischen Symptome und Syndrome kennen und beschreiben. Sie machen sich mit der Auswertung der Spontansprache vertraut."

Als Lerninhalte ist detailliert bestimmt:

"Anatomische Grundlagen der Sprachpathologie

Modelle der Aphasiologie: - lokalisatorisches Modell (z. B. Wernicke-Lichtheim) - holistisches Modell (z. B. Freud, Goldstein) - kognitiv-psychologisches Modell (z. B. Logogen-Modell)."

Beobachtungsebenen und zugeordnete Symptome für die qualitative und quantitative Bewertung der Spontansprache - Kommunikationsverhalten - Artikulation/Prosodie - automatisierte Sprache - semantische Struktur - phonematische Struktur - syntaktische Struktur Klassifikation von Aphasien anhand eines gängigen Aphasietests - globale Aphasie - Broca-Aphasie - Wernicke-Aphasie - amnestische Aphasie - Leitungsaphasie - transcortical-motorische Aphasie - transcortical-sensorische Aphasie - transcortical-gemischte Aphasie - Rest-Aphasien - nicht klassifizierbare Aphasien

Ferner enthält der Lehrplan Hinweise zum Unterricht:

(zu den anatomischen Grundlagen) "In Anatomie, Physiologie und Pathologie, LG 5, wird auf die anatomischen Grundlagen der Sprachpathologie eingegangen (Großhirnrinde, subcorticale Strukturen, Kleinhirn, Hirnstamm, Zwischenhirn und limbisches System)" (zu den Modellen) "Klassische Modellvorstellungen vs. neuere Theoriebildung (u. a. Netzwerk, Binding usw.) vgl. Linguistik, LG 6." (zu den Beobachtungsebenen/Symptomen) "Vgl. Phonetik/Linguistik, LG 4 Tonbandbeispiele, Falldemonstrationen, Argumentation, Diskussion Vgl. Phonetik/Linguistik, LG 4" (zur Klassifikation) "Z. B. AAT (Aachener Aphasie Test) Falldemonstrationen"

Der Lehrplan für das 3. Jahr in Neurologie und Psychiatrie enthält weiter das Lerngebiet Untersuchung der Aphasie und nennt als Lernziel:

"Die Schülerinnen erwerben einen Überblick über gängige Aphasietests. Sie können assoziierte neuropsychologische Störungen differenzialdiagnostisch abgrenzen."

Die korrespondierenden Lerninhalte sind wie folgt formuliert:

"Indikationen, Aufbau und Handhabung von Aphasie-Tests: - funktionale Diagnostik, z. B. Amsterdam-Nijmegen Everyday Language-Test - alternative Diagnostik, z. B. Global Aphasia Neuropsychological Battery - erweiterte Diagnostik, z. B. Textverständnis, Supplemente des AAT - modellorientierte Diagnostik, z. B. Le Mo

Abgrenzung gegenüber assoziierten neuropsychologischen Störungen"

Auch hierzu gibt es Hinweise zum Unterricht

"In Absprache mit der Lehrkraft im Fach Logopädie, LG 3 Falldemonstrationen" bzw. "Vgl. Psychologie, LG 6".

Im Fach "Logopädie" ist ferner im Teilgebiet (Behandlung von) Aphasien eine "enge Absprache mit Aphasiologie, LG 4 und 6" vorgesehen. Der Lehrplan ist demnach im Einzelnen vorbestimmt.

Eine partielle Einbindung der Beigeladenen in den Schulbetrieb von Gesetzes wegen ergab sich des Weiteren auch durch die Einbettung des Schulbetriebes und des konkreten Lehrplanes in den schulrechtlichen Rahmen durch die zu Grunde liegende bayerische Schulordnung für die Berufsfachschulen für Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie, Massage und Orthoptik (Berufsfachschulordnung nichtärztliche Heilberufe– BFSO HeilB) vom 18. Januar 1993 (GVBl. S. 35), welche beispielsweise vorgibt, dass Hausaufgaben zu stellen sind (§ 20 BFSO) und in allen Fächern Leistungsnachweise erhoben werden (§ 21 BFSO). Dies hat bereits das SG zu Recht mit herangezogen. Das Abschlusszeugnis der Schule verleiht nach den Maßgaben des § 36b BFSO in Verbindung mit der staatlichen Prüfung auch den (allgemeinen) mittleren Schulabschluss (in Bayern: Realschulabschluss). Eine zwingende Aufnahmevoraussetzung für den Schulbesuch ist ein solcher nach § Abs. 1 Nr. 3 BFSO nämlich nicht. Es reicht auch der Abschluss der Mittelschule (Hauptschule) mit anschließender abgeschlossener Berufsausbildung von mindestens zweijähriger Dauer (§ 4 Abs. 2 LogopG). Es handelt sich bei der Berufsfachschule insoweit also auch um eine allgemeinbildende Schule. Auch die Lehrer, die mit weniger als der Hälfte der Unterrichtspflichtzeit beschäftigt sind, haben die Pflicht zur Teilnahme an der Lehrerkonferenz, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem von ihnen erteilten Unterricht besteht, von der nur ausnahmsweise befreit werden kann, § 41 Abs. 1 und 2 BFSO. Die Schulordnung beruht ihrerseits auf dem Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 (GVBl. S. 414, 632). Dessen Art. 6 zählt zu den Schularten auch die Berufsfachschulen. Art. 58 Abs. 2 S. 1 BayEUG bestimmt zu Mitgliedern der Lehrerkonferenz (unter anderem) alle an der Schule tätigen Lehrkräfte. Der Art. 59 BayEUG (Lehrkräfte) enthält zwar keine Legaldefinition für den Begriff der Lehrkraft. Dieser ist jedoch umfassend gemeint und schließt befristet Unterrichtende ein: Die Normen für besonderes Fachpersonal Art. 60 BayEUG (Weiteres pädagogisches Personal), Art. 60a BayEUG (Sonstiges schulisches Personal sowie Verwaltungs- und Hauspersonal) erlauben keine Rückschlüsse auf den Status von Lehrende mit nur vorübergehenden/geringen Einsätzen. Aus Art. 59 Abs. 4 S. 1 BayEUG ("Lehrkräften, die unbefristet im Beschäftigungsverhältnis an öffentlichen Schulen tätig sind, kann für die Dauer ihrer Tätigkeit das Recht eingeräumt werden, Berufsbezeichnungen zu führen, die das Staatsministerium für bestimmte Gruppen von Lehrkräften allgemein festsetzt.") ist zu folgern, dass auch die nur befristet Tätigen Lehrkräfte sind, also auch die Beigeladene. Auch insoweit unterschied sich das Korsett an Regelungen nicht von dem einer Lehrerin an einer allgemeinbildenden bayerischen Schule.

Für eine Eingliederung in den Schulbetrieb spricht zudem rein tatsächlich, dass die Klägerin der Beigeladenen Unterrichtsmaterialien (Kopien, Fachliteratur und Testverfahren) zur Verfügung gestellt hat, diese das Lehrerzimmer, Kopierer, Beamer und Laptop nutzen konnte und über die Schule eine eigene E-Mailadresse hatte, für die sie auch für die Schüler erreichbar war. Sie musste und hat in einem "Kursbuch" Datum, Anwesenheit und das bearbeitete Thema festgehalten. Derartige Dokumentations- und Kontrollpflichten sind Dozenten an Volkshochschulen und Universitäten eher fremd. Die Beigeladene hat zudem nicht nur unterrichtet, sondern auch – als Vertreterin der Schule und nicht etwa in Ausübung einer getrennt vergüteten Prüfertätigkeit– an den staatlichen Prüfungen durch Stellung von Aufgaben und prüfen mitgewirkt. Auf die Ausführungen des SG hierzu wird ergänzend verwiesen, § 153 Abs. 2 SGG.

Ihre Unterrichtstätigkeit stellt sich insgesamt weithin wie die einer Lehrerin an einer allgemeinen Schule dar und nicht als klassische Dozententätigkeit an der Universität oder einer Volkshochschule.

Dass daneben auch in tatsächlicher Hinsicht Umstände für eine selbständige Tätigkeit sprechen, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. So ist der Honorarvertrag befristet gewesen ist. Im Gegensatz zu ihrer vorangegangenen Anstellung bei der Klägerin war die Beigeladene nicht für administrative Aufgaben, Vertretungsstunden, Klassenleitung etc. zuständig. Sie nahm rein tatsächlich auch nicht an Teambesprechungen oder Konferenzen teil. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG berufen, dass es sich bei einem deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegenden und Eigenvorsorge zulassenden vereinbarten Honorar um ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit handelt, zugleich aber nur um eines von unter Umständen vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien (vgl. BSG, Beschluss vom 27. November 2018 – B 12 R 41/18 B –, Rdnr. 5 mit Bezugnahme auf Urteil vom 31. März 2017 -B 12 R 7/15 R - BSGE 123, 50 Rdnr. 50). Auch wenn davon ausgegangen wird, dass ein Honorar von 31 EUR pro Unterrichtsstunde deutlich über einem entsprechend umgerechneten Stundenlohn einer festangestellten Lehrkraft bei der Klägerin gelegen hat, relativiert sich die Honorarhöhe zum einen bereits deshalb, weil die Unterrichtsstunden nicht mit der tatsächlichen Arbeitszeit gleichsetzbar ist. Das Unterrichten von 32 Unterrichtstunden à 45 Minuten pro Woche entsprach bei der Schule der Klägerin einer Vollzeitbeschäftigung. Die Beigeladene musste zum anderen zum Unterrichten extra anreisen und vor Ort in Aauf eigene Kosten übernachten, so dass ihren Einnahmen nicht unerhebliche Ausgaben gegenüber standen. Zudem stellt sich ganz allgemein bei nur kurzfristig benötigten qualifizierten Arbeitskräften die Zahlung eines höheren Arbeitslohns auch als Ausgleich dafür dar, sich für beschränkte Zeiträume zur Verfügung zu stellen, was die Möglichkeit beschäftigungsloser Zeiten einschließt (Beschluss des Senats vom 26. April 2018 - L 1 KR 526/16 -, juris-Rdnr. 25, Urt. vom 19. Oktober 2018 – L 1 KR 185/16 –, juris-Rdnr. 38).

Zutreffend haben die Beklagte und das SG ferner festgestellt, dass in diesem Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der Kranken- Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand. Denn die Vergütung für den Unterricht stellte Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV dar. Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, ist der (damalige, bis 22. April 2015 gültige) § 14 Abs. 1 S. 3 SGB IV a. F. (seither: § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 16 der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt [Sozialversicherungsentgeltverordnung – SvEV]) nicht einschlägig. Zwar lagen steuerfreie Einnahmen aus einer einem Übungsleiter oder Ausbilder vergleichbaren Tätigkeit im Sinne des §§ 14 Abs. 1 S. 3 SGB IV a. F i. V. m. § 3 Nr. 26 EStG im Auftrag einer gemeinnützige Einrichtung vor, § 3 Nr. 26 EStG. Gemeinsamer Nenner der in der Norm genannten Tätigkeiten ist die pädagogische Ausrichtung. Ausbilder, Übungsleiter und Erzieher haben miteinander gemeinsam, dass sie auf andere Menschen durch persönlichen Kontakt Einfluss nehmen, um auf diese Weise geistige und leibliche Fähigkeiten zu entwickeln und zu fördern (BFH, Urteil vom 17. Oktober 1991 – IV R 106/90 –, BFHE 166, 72, juris-Rdnr. 10). Dies ist bei Lehrkräften der Fall.

Die Tätigkeit stellt sich allerdings nicht als nebenberuflich dar. Nebenberuflichkeit ist nämlich nur anzunehmen, wenn der zeitliche Aufwand bis zu einem Drittel der üblichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft (ca. 13 Wochenstunden) nicht übersteigt (Werner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 14 SGB IV, Rdnr. 284). Denn die Feststellung, ob eine der in § 3 Nr.26 EStG genannten Tätigkeiten nebenberuflichen Charakter hat, ist zuverlässig nur anhand des jeweiligen zeitliche Aufwand zu treffen. Da nach dem Wortlaut Tätigkeiten gemeint sind, die üblicherweise neben einer Vollzeitbeschäftigung ausgeübt werden können, muss sich der zeitliche Rahmen des vergleichbaren Hauptberufes deutlich unterschritten werden. Da noch eine Halbtagstätigkeit als Ausübung eines Hauptberufs angesehen werden muss, darf eine nebenberuflichen Tätigkeit i.S. des § 3 Nr.26 EStG nur den Umfang von 1/3 im Verhältnis zum Vollerwerbstätigen betragen (BFH, Urteil vom 30. März 1990 – VI R 188/87 –, BFHE 160, 486, juris-Rdnr. 18 – 20; dies übernehmend: BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 1/14 R –, juris-Rdnr. 24). Mehrere Tätigkeiten sind dabei an sich jeweils getrennt zu prüfen. Etwas anderes gilt jedoch bei gleichartigen Tätigkeiten. Sie sind zusammen zu würdigen, wenn sie sich nach der Verkehrsanschauung als Ausübung eines einheitlichen Hauptberufes -Vollzeiterwerb oder sog. Halbtagsarbeit- darstellen. (BFH, a. a. O., Rdnr. 21). Unterliegt eine denselben Auftraggeber betreffende Tätigkeit zeitlichen Schwankungen, so ist für die Prüfung, der auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum bzw. -wenn dieser kürzer ist- der auf die jeweilige Vertragsdauer bezogene Durchschnittswert zugrunde zu legen (BFH, a. a. O. Rdnr. 23). Zu Recht hat das SG hier unberücksichtigt gelassen, dass die Beigeladene im Zeitraum Oktober 2011 bis Februar 2012 letztlich weniger als fünf Wochenstunden als Dozentin tätig war. Maßgeblich ist nämlich eine vorausschauende, soweit erforderlich auch schätzende Betrachtung. Denn die Frage, ob ein bestimmter Arbeitnehmer in seiner Beschäftigung der Versicherungspflicht unterliegt, soll bereits bei Aufnahme der Beschäftigung und auch danach zu jeder Zeit mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden können (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 7/04 R –,juris-Rdnr. 27 mit umfangreichen Nachweisen für unterschiedliche Konstellationen.). So hat das BSG beispielsweise die Frage, ob ein Student trotz Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung versicherungsfrei bleibt, weil die Beschäftigung auf die Semesterferien beschränkt sein soll, entschieden, dass dies in vorausschauender Betrachtung nach den gesamten, bei Aufnahme der Beschäftigung vorliegenden Umständen zu beurteilen ist. Dabei kommt dem schriftlichen Vertrag nicht die alleinige Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 19. Februar 1987 – 12 RK 9/85 –, juris-Rdnr. 19). Speziell für ein sogenanntes unechtes Statusfeststellungsverfahren bei der Einzugsstelle hat das BSG im Urteil vom 31. März 2017 eine Annahme von Geringfügigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, welche Versicherungspflicht ausschließt, verneint, wenn die streitigen Tätigkeiten nicht ihrer Eigenart nach auf die in der Vorschrift genannten Zeiträume begrenzt gepflegt gewesen sind oder im Voraus vertraglich begrenzt worden ist (B 12 KR 16/14 R –, BSGE 123, 40-50, Rdnr. 38). Durch § 3 Nr. 26 EStG sollen ehrenamtlich engagierte Menschen, die eine geringfügige Entschädigung für ihren Dienst an der Allgemeinheit erhalten, von der Steuer- und Sozialversicherungspflicht freigestellt werden (Werner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 14 SGB IV, Rdnr. 259 mit Bezugnahme auf BT-Ds. 14/2070 S. 15). Ein solcher Dienst ist hier nicht beabsichtigt gewesen: Schriftlich festgelegt ist hier vielmehr eine Unterrichtszeit von 18 Stunden in der Woche. Da in der Schule für eine Vollzeitbeschäftigung von 32 Unterrichtsstunden wöchentlich ausgegangen wurde, wurde damit mehr als eine Halbtagstätigkeit vereinbart. Eine Beschränkung auf das Unterrichtsfach Aphasiologie enthält der Vertrag nicht. Selbst wenn unterstellt wird, diese Beschränkung sei immanent vereinbart gewesen, kann nach der maßgeblichen ex-ante Sicht nicht von einer Wochenunterrichtsstundenzahl von unter 11 ausgegangen werden (1/3 x 32 = 10,67) auch wenn nach der LogAPrO für die Ausbildung in diesem Fach in drei Jahren nur 40 Stunden vorgesehen sind. Der tatsächliche Unterrichtsbedarf im streitgegenständlichen Zeitraum hing von der Konzentration des gesamten Stoffes auf diese Zeit und die Zahl der zu unterrichtenden Klassen ab. Die Beigeladene war für die Unterrichtung aller drei Jahrgangsstufen zuständig. Hinzu kommt, dass die Beigeladene nicht nur Unterricht im engeren Sinne abgehalten hat, sondern auch prüferisch tätig sein sollte und war. Zutreffend hat das SG ferner berücksichtigt, dass die Beigeladene beabsichtigt hatte, auch für weitere Schulen tätig sein zu wollen und einen entsprechenden Existenzgründungszuschuss beantragen wollte. Die jeweiligen Umstände müssen dem Arbeitgeber/Auftraggeber bei Vertragsschluss nicht bekannt gewesen sein. Versicherungspflicht nach dem SGB besteht von Gesetzes wegen, soweit die Voraussetzungen erfüllt sind. Für Beitragsansprüche gegen den Arbeitgeber ist dieser Grundsatz in § 22 SGB IV ausdrücklich geregelt. Es handelt sich bei den Angaben der Beigeladenen auch nicht um bloße Interna bzw. ungeäußerte bloße Absichten. Die Beigeladene hat bereits im Formularantrag im September 2011 ihre Absicht mitgeteilt, einen Existenzgründungszuschuss zu beantragen. Dieser Fragebogen lag der Klägerin vor Einreichung bei der Beklagten vor.

Die Beigeladene war –wie das SG ebenfalls bereits richtig ausgeführt hat- im streitgegenständlichen Zeitraum auch (noch) nicht hauptberuflich selbständig tätig i. S. d. § 5 Abs. 5 SGB V. Auch war sie nicht nur geringfügig beschäftigt i. S. d. § 8 SGB IV, denn ihre Einkünfte aus der Unterrichtstätigkeit lagen in vier der fünf Tätigkeitsmonate über der Geringfügigkeitsgrenze von 450 EUR. Der Unterricht war auch nicht auf 50 Arbeitstage begrenzt und wurde berufsmäßig ausgeübt.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG in Verbindung mit §§ 155 Abs. 1 S. 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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