L 7 AS 582/16

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 46 AS 550/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 582/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Leistungsversorgung nach § 66 SGB I bedarf eines ordnungsgemäßen Hinweises.
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 26. Juli 2016 abgeändert und werden die Bescheide des Beklagten vom 25. Juli 2011 idG des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2012 (Juni 2010), vom 29. Juli 2013 idG des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2013 sowie vom 29. November 2013 idG des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2014 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zur Hälfte.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Leistungen für Unterkunft und Heizung als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum Dezember 2010 bis Mai 2011 und Dezember 2011 bis Mai 2012 sowie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von Juni 2012 bis Mai 2013. Insoweit streiten die Beteiligten darum, ob der Kläger Anspruch Leistungen für Unterkunft und Heizung iH der tatsächlich von ihm geschuldeten Miete besitzt (dazu jeweils unter I). Streitig ist weiter, ob die dem Kläger für den Zeitraum Juni, September und Oktober 2010 bewilligte Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts teilweise wegen des Zuflusses von Einkommen aus Erwerbstätigkeit aufgehoben werden durfte (dazu jeweils unter II). Für die Zeit ab Juni 2013 streiten die Beteiligten über die Berechtigung des Beklagten, Leistungen wegen fehlender Mitwirkung zu versagen (dazu jeweils unter III).

I

Der 1949 geborene Kläger lebte im streitigen Zeitraum allein in der im Rubrum angegebenen Unterkunft, für die er eine monatliche Miete iHv 782 EUR (614 EUR Grundmiete zzgl 41 EUR für eine Garage und Vorauszahlung für Nebenkosten iHv 127 EUR) schuldete und ausweislich der aktenkundigen Kontoauszüge auch an den Vermieter bezahlte. Der jeweils am 1.1. bzw 1.7. des Jahres fällige Beitrag für die Kfz-Haftpflichtversicherung betrug in 2010 392,60 EUR. Der Beklagte wies den Kläger im Rahmen der Bewilligungsentscheidung vom 13.11.2006 für den Zeitraum November 2006 bis April 2007 darauf hin, dass die Unterkunftskosten aus seiner Sicht die Angemessenheitsgrenze übersteigen und forderte den Kläger auf, die Kosten zu reduzieren.

Nachdem der Kläger in der Folge Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht in Anspruch nahm, beantragte er im April 2009 für die Zeit ab 1.5.2009 erneut Leistungen. Der Beklagte bewilligte Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der aus seiner Sicht angemessenen Kosten abzgl der in der Regelleistung berücksichtigten Kosten der Warmwasserbereitung.

Im Rahmen der Fortzahlungsanträge vom 2.12.2010, vom 20.5.2011, vom 15.11.2011, vom 18.5.2012 und vom 12.11.2012 machte der Kläger Angaben zu einen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht (die entsprechenden Passagen des Antragsvordrucks sind durchgestrichen oder leer).

Ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge betrug der Kontostand am 4.11.2010 8 741,78 EUR, am 29.4.2011 8 810,34 EUR, am 19.10.2011 6 932,67 EUR, am 2.5.2012 4 614,98 und am 2.1.2012 5 092,82 EUR. Den vorgelegten Kontoauszügen sind neben den Zahlungen des Beklagten und der Bundesagentur für Arbeit verschiedene Scheckgutschriften und Einzahlungen zu entnehmen, die in der Antragsbearbeitung durch die zuständigen Grundsicherungsträger (zunächst) unberücksichtigt blieben. Im Übrigen finden sich regelmäßige Abbuchungen bzw Überweisungen für die vom Kläger geschuldete Miete, eine Tageszeitung, Kfz-Steuer sowie verschiedenen Versicherungen und den ADAC. Regelmäßige Bargeldabhebungen oder Abbuchungen, die auf die Bestreitung der Kosten für Lebensmittel, Bedarfsgegenstände uä schließen ließen, finden sich nicht. Hierauf angesprochen, gab der Kläger an, seinen Lebensunterhalt aus seinen Barmitteln zB aus Geschenken und Glück im Spiel, die er zuhause habe, zu bestreiten. Dies läge alles im gesetzlichen Rahmen von 9 300 EUR. Er werde das Geld auf das Konto einzahlen und jeden Monat oder alle drei Monate etwas abheben. Auch gebe es mittlerweile kostenlose Lebensmittel. Bargeld, das er zuhause habe, gehe die Behörden nichts an. Dasselbe gelte für die Stellen, von denen er kostenlos Lebensmittel erhalte. Er müsse nur offenlegen, was auf seinem Konto sei. Über Spielgewinne und Geldgeschenke müsse er keine Auskunft geben, solange diese unterhalb des Freibetrags lägen.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger Leistungen für Unterkunft und Heizung für Dezember 2010 iHv 580,53 EUR (Mietobergrenze iHv 460 EUR + tatsächlich geschuldete Nebenkostenvorauszahlung iHv 127 EUR abzl der bei der Bemessung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bereits berücksichtigten Kosten für die Warmwasserbereitung iHv 6,47 EUR) (Bescheid vom 2.12.2010, geändert durch Bescheid vom 3.1.2011), für Januar bis Mai 2012 (Bescheid vom 2.12.2010, geändert durch Bescheid vom 3.1.2011 und Bescheid vom 23.5.2011) sowie für die Zeit von Juni bis November 2011 (Bescheid vom 23.5.2011) und für die Zeit von Dezember 2011 bis Mai 2012 (Bescheid vom 15.11.2011) jeweils iHv 587 EUR monatlich (Mietobergrenze iHv 460 EUR + tatsächlich geschuldete Nebenkostenvorauszahlung iHv 127 EUR). Für die Zeit von Juni bis November 2012 (Bescheid vom 22.5.2012) und für die Zeit von Dezember 2012 bis Mai 2013 (Bescheid vom 13.11.2012 idG des Abhilfebescheides vom 13.12.2012) bewilligte er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts iHv 961 EUR bzw (ab Januar 2013) iHv 969 EUR monatlich, darin enthalten Leistungen für Unterkunft und Heizung iHv 587 EUR. Die gegen die Bescheide vom 2.12.2010, vom 15.11.2011, vom 22.5.2012 und vom 13.11.2012 vom Kläger erhobenen und auf Berücksichtigung der tatsächlich geschuldeten Kosten für Unterkunft und Heizung bei der Leistungsberechnung gerichteten Widersprüche wies die Widerspruchsstelle des Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 4.1.2011, dem Kläger zugestellt am 7.1.2011; Widerspruchsbescheid vom 16.4.2012, dem Kläger zugestellt am 18.4.2012; Widerspruchsbescheid vom 19.11.2012; Widerspruchsbescheid vom 19.4.2013).

Mit seinen hiergegen am 7.2.2011 (S 46 AS 351/11), am 17.5.2012 (S 46 AS 1269/12), am 22.12.2012 (S 46 AS 3226/12) und am 22.5.2013 (S 46 AS 1177/13) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Ziel höhere Leistungen bzw höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu erhalten weiter.

Günstigere Wohnungen stünden nicht zur Verfügung, Sozialwohnungen gäbe es nicht oder würden anderen, nicht hingegen ihm zur Verfügung gestellt. Das Sozialgericht hat (ua) diese Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (vgl Beschlüsse vom 19.5.2014 und 18.7.2016, Bl 28 und 76 der Akte zum Verfahren S 46 AS 550/14 AS).

II

Die zum damaligen Zeitpunkt für die Bewilligung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zuständige Bundesagentur für Arbeit bewilligte dem Kläger für die Zeit von Juni bis November 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts iHv 359 EUR monatlich (Bescheid vom 2.6.2010). Nachdem sie durch einen Datenabgleich bzw entsprechende Ermittlungen bei den Arbeitgebern erfuhr, dass der Kläger im Juni 2010 Einnahmen aus Erwerbstätigkeit iHv 577,47 EUR bzw 385,08 EUR netto, im September 2010 iHv 258,08 EUR bzw 209,62EUR und im Oktober 2010 iHv 214,76 EUR bzw 173,24 EUR bezog, hob sie ihre Bewilligung für Juni 2010 iHv 175,92 EUR, für September 2010 iHv 78 EUR und für Oktober 2010 iHv 50,29 EUR auf und forderte die Erstattung der überzahlten Leistungen vom Kläger (Bescheid vom 25.7.2011 idG Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 18.5.2012 hinsichtlich des Monats Juni 2010 bzw Bescheid vom 25.7.2011 idG des Widerspruchsbescheides vom 18.5.2012, beide Widerspruchsbescheide dem Kläger zugestellt am 23.5.2012).

Mit seiner hiergegen am 23.6.2012 (S 46 AS 1651/12) zum Sozialgericht München erhobenen Klage wandte sich der Kläger gegen die Einkommensanrechnung. Es habe sich lediglich um Probearbeitsverhältnisse gehandelt. Zu den Einkommenszahlungen könne er nichts sagen, da er keine Nachweise habe. In der Zeit vom 21.8. bis 4.9.2010 sei er im Urlaub gewesen, so dass er keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sein könne. Es seien vorsätzlich falsche Meldebescheinigungen ausgestellt worden. Nach seiner Berechnung habe der Staat bereits über 300 EUR unberechtigte Einnahmen getätigt und somit Steuerbetrug herbeigeführt. Der Beklagte habe die Freibeträge falsch berechnet, da die Kfz-Steuer nicht berücksichtigt worden sei. Die Bescheide seien fachlicher Unsinn, da es höchstens um eine Differenz von 50 EUR gehe. Auch dieses Verfahren hat das Sozialgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zum Verfahren S 46 AS 550/14 verbunden (Beschluss vom 19.5.2014).

III

Im Fortzahlungsantrag vom 13.5.2013 gab der Kläger zu seinen Vermögensverhältnissen an, über ein Girokonto mit einem aktuellen Wert von 3 888,59 EUR zu verfügen. Der Beklagte bat um Mitteilung, in welcher Höhe der Kläger Barmittel zuhause habe, wann und in welcher Höhe der Kläger Geld gewonnen habe, von wem, wann und in welcher Höhe der Kläger Geldgeschenke sowie kostenlose Lebensmittel erhalten habe. Weiter bat der Beklagte darum, die Angaben zu den Gewinnen zu belegen sowie um Vorlage der letzten Nebenkostenabrechnung. Der Kläger wurde auf seine Mitwirkungspflichten nach § 66 Abs 1 SGB I hingewiesen. Bei fehlender Mitwirkung könne die Gewährung gemäß § 66 Abs 1 SGB I versagt werden. Es werde um Erledigung bis 14.6.2013 gebeten (Schreiben vom 3.6.2013).

Nachdem der Kläger nicht bereit war mitzuteilen, woraus er die Kosten seines laufenden Lebensunterhalts (Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, Kleidung usw) bestreitet und in welchem Umfang er über Barmittel verfügt, informierte ihn der Beklagte, dass er beabsichtigte, "den Antrag vom 13.5.2013" zu versagen. Der Kläger erhalte Gelegenheit, sich hierzu bis spätestens 25.7.2013 zu äußern. Barmittel seien für die Vermögensberechnung wichtig, so dass der Kläger verpflichtet sei, auch diese anzugeben. Die Vermögensfreigrenze umfasse jegliches Vermögen, auf der Bank, in Lebensversicherungen oder Bargeld zuhause. Auch Gewinne und Geldgeschenke seien anzugeben, da Einkünfte, die einen Betrag von 30 EUR übersteigen, als einmalige Einnahmen anzurechnen seien. Nachdem der Kläger hierauf mitteilte, dass es falsch sei, dass Beträge über 30 EUR immer anzurechnen seien, da es lediglich auf die Vermögensfreibeträge nach § 12 SGB II ankomme, er diese Beträge aber nie überschritten habe, versagte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Kläger sei mit Schreiben vom 15.5, 3.6. und 19.6.2013 sowie mit der Anhörung vom 8.7.2013 darauf hingewiesen worden, dass für die Bearbeitung seines Antrags noch weitere Angaben bzw Nachweise erforderlich seien. Im Rahmen der Anhörung sei der Kläger auch darauf hingewiesen worden, dass die Leistungen ohne weitere Ermittlungen versagt werden könnten, wenn es an der notwendigen Mitwirkung des Klägers fehle. Der Kläger habe die erforderlichen Nachweise sowie die erbetenen Angaben innerhalb der gesetzten Frist ohne Angabe von Gründen nicht bzw nicht vollständig vorgelegt. Die beantragten Leistungen seien daher zu versagen. Die Entscheidung erfolge unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens. Der Beklagte sei verpflichtet, wirtschaftlich zu handeln. Auch im Interesse der Gemeinschaft der Steuerzahler sollten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit und in rechtmäßiger Höhe erbracht werden. Gesichtspunkte, die im Rahmen der Ermessensausübung zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen seien, seien nicht erkennbar bzw nicht vorgebracht worden. Nach Abwägung mit dem gesetzlichen Zweck zur Ausübung des Ermessens sowie dem öffentlichen Interesse sei die Entscheidung in dieser Form zu treffen und seien Leistungen zu versagen gewesen. Sollte der Kläger die erforderliche Mitwirkung nachholen, werde geprüft, ob die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligt werden könnten (Bescheid vom 29.7.2013, Bl 94 der hellblauen Beklagtenakte).

Im Rahmen seines Widerspruchs legte der Kläger erneut dar, aus welchen Gründen er davon ausgehe, seinen Mitwirkungspflichten bereits umfassend nachgekommen zu sein. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück.

Jedenfalls bei den Geldgeschenken und den Gewinnen aus Glückspiel handele es sich um leistungserhebliche Tatsachen, zu denen der Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten zu Angaben verpflichtet sei. Der Kläger könne sich nicht auf Vermögensfreigrenzen berufen, da davon auszugehen sei, dass es sich um Einnahmen handele. Es sei davon auszugehen, dass die Einnahmen dem Kläger nach Antragstellung zugeflossen seien. Der Kläger habe weiter fortlaufend angegeben, nicht über Vermögen in Form von Bargeld zu verfügen und lediglich auf sein Kontoguthaben verwiesen. Einnahmen seien - mit Ausnahme von geringfügigen Beträgen iHv 10 EUR monatlich - grds leistungserheblich. Es sei davon auszugehen, dass die Einnahmen des Klägers 10 EUR monatlich überstiegen, da er schließlich angegeben habe, hieraus seinen Lebensunterhalt zu bestreiten (Widerspruchsbescheid vom 28.8.2013, dem Kläger zugestellt am 2.9.2013, Bl 119 der hellblauen Beklagtenakte).

Unter dem 28.10.2013 beantragte der Kläger erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Zu den Vermögensverhältnissen gab er an, "wie bei der Vermögensaufstellung, Kontoauszüge der letzten drei Monate anbei". Unter dem Punkt "4. Vermögenserklärung - Art des Vermögens - Bargeld (auch kleine Beträge sind anzugeben)" gab der Kläger 250 EUR an und vermerkte weiter in Klammern "Hier hatte ein Vollidiot von Beamten die gesetzlichen Vorschriften nicht verstanden. Freibeträge sind laut Gesetz: SGB II § 12". Auf die umfassenden Nachfragen des Beklagten beharrte der Kläger im Ergebnis weiter darauf, zu einer weitergehenden Mitwirkung von Rechtswegen nicht verpflichtet zu sein. Mit Schreiben vom 12.11.2013 forderte der Beklagte den Kläger Bezug nehmend auf seinen Antrag und ein persönliches Gespräch am 28.10.2013 dazu auf, eine Konto-Finanzübersicht, die Kontoauszüge für die Zeit vom 3.9. bis 28.10.2013, eine Bestätigung des Deutschen S. sowie die Steuerbescheide von 2010, 2011 und 2012, die letzte Nebenkostenabrechnung sowie einen schriftlichen Nachweis darüber, wann und in welcher Höhe der Kläger Geld gewonnen, kostenlosen Lebensmittel sowie Geldgeschenke erhalten habe sowie eine Bestätigung der Krankenkasse vorzulegen und schriftlich Stellung zu nehmen, woraus er seinen Lebensunterhalt in den letzten Monaten bestritten habe. Darüber hinaus forderte der Beklagte den Kläger auf, eine eidesstattliche Versicherung darüber zu schreiben, dass er keine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit oder sonstiger Tätigkeit erhalte, sowie einen Rentenantrag zu stellen. Der Kläger werde auf seine Mitwirkungspflichten gemäß § 60 ff SGB I hingewiesen. Bei fehlender Mitwirkung könne die Gewährung gemäß § 66 Abs 1 SGB I versagt werden. In Interesse des Klägers werde um Erledigung bis 20.11.2013 gebeten. Nachdem der Kläger nicht reagierte, versagte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erneut. Der Kläger sei ua mit Schreiben vom 12.11.2013 darauf hingewiesen worden, dass für die Bearbeitung seines Antrags noch Angaben bzw Nachweise erforderlich seien. Im Übrigen entsprechen die Gründe des Bescheides denen des vom 29.7.2013 (Bescheid vom 29.11.2013, Bl 168 der hellblauen Beklagtenakte). Der Beklagte wertete eine der verschiedenen Unmutsäußerungen des Klägers in zeitlichem Zusammenhang mit dem Bescheid vom 29.11.2013 als Widerspruch und wies diesen als unbegründet zurück. Der Widerspruch sei nicht deshalb unzulässig, weil der Bescheid vom 29.11.2013 dem Kläger nicht bekanntgegeben worden sei. Die fehlende Bekanntgabe des Bescheides vom 29.11.2013 hindere lediglich den Beginn des Laufs der Widerspruchsfrist. Die vom Kläger geforderten Angaben seien für die Prüfung des Leistungsanspruchs erforderlich. Der Kläger habe auf das Schreiben vom 12.11.2013 nicht geantwortet. In Ergänzung zur Ermessensausübung sei auszuführen, dass im vorliegenden Einzelfall die angeforderten Unterlagen für die Prüfung der Leistungsvoraussetzungen unbedingt notwendig seien und davon ausgegangen werden könne, dass sich die angeforderten Unterlagen im Besitz des Klägers befänden oder im Fall des Verlustes leicht wiederbeschafft werden könnten. Die angeforderten Unterlagen beruhten teilweise sogar auf Angaben des Klägers selbst. Auch nachdem dem Kläger im Rahmen eines Erörterungstermins vor dem Sozialgericht erklärt worden sei, wofür die Unterlagen benötigt würden, habe der Kläger nicht mitgetan. Da der Kläger seine Mitwirkung auch nicht nachgeholt habe, sei auch nach § 67 SGB I keine andere Entscheidung geboten (Widerspruchsbescheid vom 22.1.2014, dem Kläger zugestellt am 25.1.2014, Bl 193 der hellblauen Beklagtenakte). Gegen die Ablehnung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29.7.2013 erhob der Kläger am 30.9.2013 Klage (S 46 AS 2436/13). Er habe die Kontoauszüge der letzten drei Monate vorgelegt. Es gehe niemanden etwas an, was er in seinem Haushalt habe, dies betreffe Bargeld, Schmuck oder "fünf Fernseher", da die Wohnung ein besonders geschützter Raum sei. Es sei zu befürchten, dass die Behördenmitarbeiter über seine Habe zuhause "tratschten", so dass die "Ausländerschweine aus Osteuropa" bei ihm einbrechen. Aktenzeichen XY zeige dies im Fernsehen. Er habe seine Mitwirkungspflichten erfüllt. Das Sozialgericht verband auch dieses Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zum Verfahren S 46 AS 550/14 (Beschluss vom 19.5.2014, Bl 28 der Akte S 46 AS 550/14).

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 22.11.2014 erhob der Kläger am 25.2.2014 "Einspruch" beim Beklagten, ohne dabei sachlich auf die angefochtenen Entscheidungen einzugehen. Der Beklagte leitete den "Einspruch" an das Sozialgericht München weiter, wo er am 28.2.2014 einging (S 46 AS 550/14).

IV

Das Sozialgericht hörte die Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid an und wies die Klagen ab. Die Klagen gegen die Versagungsbescheide vom 29.7. bzw vom 29.11.2013 seien zwar nicht als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage allerdings als reine Anfechtungsklagen statthaft. Der beim Beklagten erhobene "Einspruch" gegen den Widerspruchsbescheid vom 22.11.2014 beinhalte nach § 91 Abs 1, § 87 SGG eine fristgerechte Klage, da er innerhalb der Klagefrist beim Beklagten und damit einer "inländischen Behörde" eingegangen und dann an das Sozialgericht weitergeleitet worden sei.

Die Klagen seien allerdings unbegründet. Die Ermittlungen des Beklagten zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers seien nicht zu beanstanden, nachdem sich aus den Kontoauszügen des Klägers Ausgaben für Lebensmittel und Kleidung oder entsprechende Barabhebungen nicht gefunden hätten. Die geforderten Angaben seien auch entscheidungserheblich, so dass der Beklagte die Gewährung von Leistungen zu Recht versagte. Da auch die Ermessensausübung des Beklagten nicht zu beanstanden sei, seien die Klagen gegen die Versagungsbescheide vom 29.7. und vom 29.11.2013 abzuweisen.

Die beiden Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 25.7.2011 seien nicht zu beanstanden. Maßgeblich sei allein der Zufluss des Einkommens. Weder Qualifizierung noch Bereinigung der Einnahmen durch den Beklagten seien zu beanstanden. Der Kläger könne sich schließlich nicht darauf berufen, dass die Aufhebung bereits deshalb rechtswidrig sei, weil er im Zeitraum Juni, September und Oktober 2010 Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung gehabt hätte. Auch hier sei der Kläger auf seine verletzten Mitwirkungspflichten zu verweisen. Wer keinen Leistungsanspruch habe, weil seine Bedürftigkeit nicht nachgewiesen sei, könne erst recht keinen Anspruch auf höhere Leistungen geltend machen. Es könne dahinstehen, ob der Beklagte die Mietobergrenze mit 460 EUR monatlich rechtmäßig festgesetzt habe, nachdem der Kläger seine Leistungsberechtigung nicht habe nachweisen können. Der Kläger verweigere beharrlich Auskünfte über sein Vermögen und sein Einkommen sowie über die Herkunft von Geldern. Über die Dauer des Leistungsbezugs des Klägers seien Ausgaben für Lebensmittel nicht nachzuvollziehen, stattdessen Einzahlungen in Höhe mehrerer Tausend EUR. Bei dieser Sachlage führe die fehlende Mitwirkung des Klägers dazu, dass weitere Leistungen nicht gewährt werden könnten. Damit seien auch die Klagen auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung abzuweisen (Gerichtsbescheid vom 26.7.2016, Bl 8 der Akte zum Berufungsverfahren, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 1.8.2016).

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 26.8.2016 beim Sozialgericht München erhobenen Berufung, die am 30.8.2016 beim Landessozialgericht einging. Neben verschiedenen sozialpolitischen Erwägungen, auch dazu, aus welchen Gründen er hilfebedürftig geworden ist, wendet er sich gegen die Anrechnung von Einkommen, weil er nicht mehr über einen Personenbeförderungsschein verfüge. Er habe stets die volle Miete bezahlt. Es stehe nirgends, wie er seinen Lebensunterhalt bestreiten könne und von wem er Lebensmittel geschenkt erhalte. Er habe in 2008 im Lotto gewonnen, so dass dies den Beklagten nichts angehe. Den Gewinn habe er in sein Taxiunternehmen investiert, was korrekt sei. Die aufgeführten Abrechnungsfahrten habe er nicht durchgeführt, das Verfahren sei mangels Beweisen eingestellt worden, so dass dies nicht gegen ihn verwendet werden könne. Bei Gericht müsse alles bewiesen werden, dies gelte für Ämter und Gerichte. Er habe im Juni, September und Oktober 2010 kein Gehalt erhalten. Er habe seine Mitwirkungswirkungspflichten erfüllt. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass er bis 9 000 EUR - 250 EUR pro Lebensjahr - auf seinem Konto haben dürfe. Auch sei seine Wohnung nicht zu groß. Der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt die gesetzliche Grundlage genannte, nach der er - der Kläger - nachweispflichtig sei. Er habe als Deutscher auszubaden, dass das ganze Geld an Wirtschaftsflüchtlinge gezahlt werde. Dabei bleibe unberücksichtigt, dass diese im Ausland Vermögen hätten. Der Gerichtsbescheid sei schließlich nicht handschriftlich unterschrieben, was aber nach den gesetzlichen Vorgaben erforderlich sei.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 26.7.2016 abzuändern und
den Bescheid des Beklagten vom 25.7.2011 idG des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 18.5.2012, den Bescheid vom 25.7.2011 idG des Widerspruchsbescheides vom 18.5.2012 sowie den Bescheid vom 29.7.2013 idG des Widerspruchsbescheides vom 28.8.2013 und den Bescheid vom 29.11.2013 idG des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2014 aufzuheben sowie
den Beklagten in Abänderung des Bescheides vom 2.12.2010, geändert durch Bescheid vom 3.1.2011 idG des Widerspruchsbescheides vom 4.1.2011, geändert durch Bescheid vom 23.5.2011, des Bescheides vom 15.11.2011 idG des Widerspruchsbescheides vom 16.4.2012, des Bescheides vom 22.5.2012 idG des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2012 und des Bescheides vom 13.11.2012 idG des Abhilfebescheides vom 13.12.2012 und des Widerspruchsbescheides vom 19.4.2013 zu verurteilen, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II
für die Zeit von Dezember 2010 bis Mai 2011 sowie von Dezember 2011 bis Mai 2012 iHv 782 EUR monatlich,
für die Zeit vom Juni bis Dezember 2012 iHv 1 156 EUR monatlich und
für Zeit vom Januar bis Mai 2013 iHv 1 164 EUR monatlich
zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf die die angefochtene Entscheidung tragenden Gründe. Ermittlungen wegen des dem Kläger zugeflossenen Entgelts für die kurzfristigen Beschäftigungen in Sommer/Herbst 2010 waren nur noch hinsichtlich der Einnahmen im Juni 2010 möglich. Hier teilte der Arbeitgeber mit, dass das bei der Leistungsberechnung berücksichtigte Gehalt auf das (damalige) Konto des Klägers ausgezahlt wurde. Im Übrigen waren Ermittlungen nicht mehr möglich, da der Arbeitgeber nicht mehr erreichbar ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Akten verwiesen, auch soweit sie vom Beklagten und dem Sozialgericht beigezogen wurden.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist im tenorierten Umfang begründet. Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers aufgrund der mündlichen Verhandlung am 11.4.2019 über die Berufung entscheiden, da ordnungsgemäß zum Termin geladen worden war und der Kläger mit der ihm am 26.3.2019 zugestellten Terminmitteilung darüber informiert wurde, dass im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (vgl § 110 Abs 1 SGG).

I

Die Berufung ist unbegründet, soweit der Kläger höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung begehrt. Zwar bestehen Zweifel, dass der Beklagte im streitigen Zeitraum ein schlüssiges Konzept nach § 22 Abs 1 SGB II im Sinne der ständigen Rechtsprechung besaß. Dies kann allerdings vorliegend dahinstehen. Ein Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen scheidet bereits deshalb aus, da seine Leistungsberechtigung im streitigen Zeitraum insgesamt nicht festgestellt werden kann.

1. Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II sind § 19 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 S 1 SGB II. Dabei sind beim Streit um höhere Leistungen im SGB II grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - RdNr 13 mwN). Vorliegend ist bereits nicht festzustellen, dass der Kläger im streitigen Zeitraum überhaupt leistungsberechtigt nach § 7 Abs 1 S 1 SGB II war.

2. Zwar hatte der 1949 geborene Kläger im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht erwerbsfähig war. Auch hatte der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (vgl § 7 Abs 1 S 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II). Gründe, die zu einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2, Abs 4, Abs 4a, Abs 5 SGB II führen, sind nicht ersichtlich. Es ist aber nicht festzustellen, dass der Kläger im streitigen Zeitraum hilfebedürftig war (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II).

a) Hilfebedürftig ist (bzw war in der insoweit im gesamten streitigen Zeitraum unveränderten Fassung des § 9 Abs 1 SGB II), wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

b) Vorliegend ist über den gesamten streitigen Zeitraum im Ergebnis nicht nachzuvollziehen, über welches Einkommen und Vermögen der Kläger verfügte. Damit ist eine abschließende Prüfung der Bedürftigkeit des Klägers nicht möglich. Dies geht zulasten des Klägers.

c) Es kann weder nachvollzogen werden, über welches Vermögen der Kläger im streitigen Zeitraum verfügen konnte, noch welche Einnahmen er hatte.

aa) Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 SGB II). Dazu gehört nicht nur das Geld auf einem Bankkonto, sondern auch Bargeld (vgl Lange in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 12 RdNr 18). Vorliegend steht nach den Angaben des Klägers fest, dass er nicht nur über Geld auf seinem Konto verfügte, sondern darüber hinaus über Bargeld. In welcher Höhe dem Kläger im streitigen Zeitraum Bargeld zur Verfügung stand, war hingegen weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren zu ermitteln. Der Kläger war nicht bereit, über dessen Höhe Auskunft zu geben. Da nicht ersichtlich ist, wer neben dem Kläger Auskunft über die beim Kläger vorhandenen Barmittel geben könnte, war nicht festzustellen, über welches verwertbare Vermögen der Kläger im streitigen Zeitraum verfügte.

bb) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen (§ 11 Abs 1 S 1 SGB II). Vorliegend steht nach den Angaben des Klägers fest, dass er im streitigen Zeitraum Einnahmen in Geld hatte. In welcher Höhe der Kläger Einnahmen erzielte und ob diese Einnahmen ggf nach § 11a SGB II unberücksichtigt bleiben können, kann hingegen nicht abschließend festgestellt werden, da der Kläger auch hier weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren bereit war, über deren Höhe und Herkunft Auskunft zu geben.

d) Ist aber die Hilfebedürftigkeit und damit die Leistungsberechtigung des Klägers trotz umfangreicher Bemühungen bei gleichzeitigem Fehlen weiterer Ermittlungsmöglichkeiten nicht festzustellen, entspricht es den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast, dass die auf Leistungen nach dem SGB II gerichtete Klage ohne Erfolg bleiben muss (vgl BSG, Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 6/08 R - RdNr 19). Insoweit ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 26.7.2016 nicht zu beanstanden, so dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg bleiben muss.

II

Die Berufung ist teilweise begründet, soweit sie sich gegen die (Teil-) Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen für die Monate Juni, September und Oktober 2010 wendet. Dabei besteht die Passivlegitimation des Beklagten auch insoweit, als sich der Kläger gegen die von der Bundesagentur für Arbeit erlassenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 25.7.2011 wendet, da der Beklagte insoweit Rechtsnachfolger der Bundesagentur ist (vgl § 76 Abs 2 S 1 SGB II in der ab 1.8.2016 geltenden Fassung).

1. Die Berufung ist unbegründet, soweit der Kläger sich gegen die Einkommensanrechnung in den Monaten September und Oktober 2010 - Bescheid vom 25.7.2011 idG des Widerspruchsbescheides vom 18.5.2011 - wendet. Rechtsgrundlage für die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung ist hier § 40 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 S 2 Nr 3, S 3 SGB X und § 330 Abs 3 S 1 SGB III. Dabei hat der Senat keine Zweifel, dass das Einkommen, das der Arbeitgeber zur Sozialversicherung meldete, auch auf das Konto des Klägers überwiesen wurde. Insoweit war der Kläger insbesondere nicht bereit, seine anderweitigen Angaben durch die Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen.

2. Die Berufung ist hingegen begründet, soweit der Kläger sich gegen die Einkommensanrechnung im Monat Juni 2010 - Bescheid vom 25.7.2011 idG des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 18.5.2012 - wendet. Dieses Einkommen geht auf eine Erwerbstätigkeit im Mai 2010 zurück. Nachdem die Bewilligung für den Juni 2010 erst am 2.6.2010 erging, war sie - soweit sie Einkommen aus der Erwerbstätigkeit im Mai unberücksichtigt ließ - rechtswidrig. Die vom Beklagten bzw seiner Rechtsvorgängerin verfügte Aufhebungsentscheidung vom 25.7.211 idG der Teilaufhebungs- und Widerspruchentscheidung vom 18.5.2012 konnte damit nicht auf § 48 SGB X gestützt werden. Dass die Rücknahmevoraussetzungen nach § 40 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 45 Abs 1 und 2 S 3 SGB X und § 330 Abs 2 SGB III erfüllt sind, der Kläger insbesondere (zu seinem im Mai ausgeübten Beschäftigungsverhältnis bzw dem daraus erzielten Einkommen) vorsätzlich oder grobfahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben machte oder die Rechtswidrigkeit der Bewilligung vom 2.6.2010 hinsichtlich der fehlenden Einkommensanrechnung zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, ist insbesondere unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers im vorliegenden Verfahren nicht festzustellen. § 40 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 45 Abs 1 und 2 S 1 SGB X scheidet als Rechtsgrundlage für die Rücknahme bereits deshalb aus, da der Aufhebungsbescheid vom 25.7.2011 idG des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 18.5.2012 keine Ermessensentscheidung enthält und eine Ermessensreduzierung auf Null nicht in Betracht kommt.

III

Die Berufung ist schließlich begründet, soweit sie die Versagungen der Leistungen ab Juni 2013 - Bescheid vom 29.7.2013 idG des Widerspruchsbescheides vom 28.8.2013 sowie Bescheid vom 29.11.2013 idG des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2014 - betrifft. Die Voraussetzung für eine Versagung nach § 66 Abs 1 SGB I sind nicht erfüllt, da es (jeweils) an einem ordnungsgemäßen Hinweis nach § 66 Abs 3 SGB I fehlt.

1. Der Leistungsträger kann ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn der, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird (§ 66 Abs 1 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt und entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folgen schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

2. Diese Voraussetzungen sind vorliegend hinsichtlich der beiden streitigen Versagungsentscheidungen nicht erfüllt.

a) Der Kläger ist zwar zumindest seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I nicht nachgekommen, indem er Angaben zu seinem Barvermögen und seinen laufenden Einnahmen verweigerte.

aa) Wer Sozialleistungen beantragt hat alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind (§ 60 Abs 1 S 1 Nr 1 HS 1 SGB I). Diese Verpflichtung gilt auch für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl BSG, Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - RdNr 15 zitiert nach juris).

bb) Bei der Höhe des zur Verfügung stehenden Barvermögens und den laufenden (Bar-) Einnahmen handelt es sich um Tatsachen, die für die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erheblich sind. Denn eine Leistungsberechtigung setzt Hilfebedürftigkeit voraus (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II), die davon abhängt, ob anzurechnendes Einkommen oder verwertbares Vermögen zur Verfügung steht (§ 9 Abs 1 SGB II). Die Erheblichkeit der Angaben im vorliegenden Fall ergibt sich insbesondere daraus, dass der Kläger in zeitlichem Zusammenhang angegeben hatte, seinen Lebensunterhalt aus zu Hause vorhandenen Barmitteln und Einnahmen Dritter auch in Geld zu bestreiten, so dass entsprechende Ausgaben über seine Kontounterlagen nicht nachzuvollziehen war.

cc) Der Kläger ist seiner Obliegenheit aus § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 HS 1 SGB I nicht nachgekommen. Er hat trotz mehrmaliger Nachfrage des Beklagten entsprechende Angaben objektiv nicht gemacht.

dd) Der Obliegenheitsverletzung steht schließlich nicht entgegen, dass der Kläger aus verschiedenen Gründen meint, zur Mitwirkung nicht verpflichtet zu sein, nachdem es auf Verschulden des Mitwirkungspflichtigen insoweit nicht ankommt (vgl Voelzke in jurisPK-SGB I, 3. Aufl, § 66 RdNr 33). Der Beklagte hatte den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, aus welchen Gründen er die Angaben zum vorliegenden Barvermögen und den Bareinnahmen benötigt, und damit alles getan hat, um den Irrtum des Klägers über den Umfang seiner Mitwirkungspflichten aufzuklären. Der Mitwirkungspflicht steht schließlich auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht entgegen. Zwar ist dieses Recht vorliegend betroffen, weil der Kläger verpflichtet ist persönliche Daten preiszugeben. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Denn das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gilt nicht schrankenlos (BVerfG, Beschluss vom 14.9.1989 - 2 BvR 1062/87 - RdNr 14 zitiert nach juris). Eingriffe in die durch Art 2 Abs 1 GG geschützten Rechte sind vielmehr im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung, das heißt hier aufgrund der Gesamtheit aller formell und materiell verfassungsmäßigen Normen zulässig (BVerfG, Beschluss vom 09.3.1994 - 2 BvL 43/92 - RdNr 119 zitiert nach juris). § 60 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I stellt eine solche, formell und materiell verfassungsmäßige Norm dar, die damit taugliche Schranke des informationellen Selbstbestimmungsrechts ist. Der Betroffene muss Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, die durch überwiegendes Allgemeininteresse gerechtfertigt sind (BVerfG, Beschluss vom 13.8.2009 - 1 BvR 1737/09 - RdNr 3 zitiert nach juris, mwN). Die Überprüfung der Leistungsberechtigten bei Leistungsberechtigten ist ein bedeutsamer Gemeinwohlbelang (BVerfG, aaO; BSG, Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 45/07 R - RdNr 26).

b) Die vom Kläger verweigerte Mitwirkung bedeutet vorliegend auch eine erhebliche Erschwerung der Sachverhaltsaufklärung bzw macht diese sogar unmöglich. So ist nicht ersichtlich, wie der Beklagte die beim Kläger vorhandenen Barmittel oder ihm zufließende Bareinnahmen ohne die Auskunft des Klägers ermitteln sollte.

c) Schließlich konnte ohne die Angaben des Klägers zu seinem Barvermögen und Bareinnahmen die Leistungsberechtigung nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II nicht abschließend geprüft werden.

d) Trotz der fehlenden Mitwirkung des Klägers ist die hiernach an sich nach § 66 Abs 1 S 1 SGB I grundsätzlich mögliche Versagungsentscheidung rechtswidrig, weil der Beklagte gegenüber dem Kläger seiner Hinweispflicht nach § 66 Abs 3 SGB I auf die mögliche Rechtsfolge der Mitwirkungsverweigerung nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.

aa) Der in § 66 Abs 3 SGB I vorgesehene schriftliche Hinweis ist eine zwingende (formelle) Voraussetzung für die Versagung oder Entziehung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung im Verwaltungsverfahren (stRspr, vgl zuletzt BSG, Urteil vom 12.10.2018 - B 9 SB 1/17 R - RdNr 27 mit umfassenden weiteren Nachweisen). Dieser Hinweis muss die notwendige Bestimmtheit aufweisen, damit der zur Mitwirkung Aufgeforderte eindeutig erkennen kann, was ihm bei Unterlassung der Mitwirkung droht. Daher darf sich der Hinweis nicht auf eine allgemeine Belehrung oder Wiedergabe des Gesetzeswortlauts beschränken, sondern muss anhand der dem Leistungsträger durch § 66 Abs 1 SGB I eingeräumten Entscheidungsalternativen unmissverständlich und konkret die Entscheidung bezeichnen, die im Einzelfall beabsichtigt ist, wenn der Betroffene dem Mitwirkungsverlangen innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkommt (vgl stRspr, zuletzt BSG, Urteil vom 12.10.2018 - B 9 SB 1/17 R - RdNr 27 mit umfassenden weiteren Nachweisen und allgM im Schrifttum, zB Voelzke, in juris-PK SGB I, § 66 RdNr 49, Stand der Einzelkommentierung: 5.10.2018; Sichert in Hauck/Noftz, SGB I, Stand:11/11, § 66 RdNr 19; Lilge in Lilge, SGB I, 4. Aufl 2016, § 66 RdNr 47).

Der vorherige schriftliche Hinweis auf die mögliche(n) Rechtsfolge(n) fehlender Mitwirkung nach § 66 Abs 3 SGB I ist eine besondere Ausprägung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs und des Rechts auf ein faires Verfahren. Er soll sicherstellen, dass der Betroffene in Kenntnis der ihm drohenden Rechtsfolgen seine Haltung auf seinen Einzelfall bezogen überdenken kann, um nicht von einer späteren ganz oder teilweisen Leistungsversagung oder -entziehung nach § 66 Abs 1 SGB I überrascht zu werden (Warn- und Appellfunktion). Gerade aus diesem Grund muss der schriftliche Hinweis nach § 66 Abs 3 SGB I Ausführungen darüber enthalten, aufgrund welcher Umstände im Einzelfall ein Mitwirkungsversäumnis beim Sozialleistungsempfänger vorliegt und welche rechtliche(n) Konsequenz(en) das für ihn haben kann (BSG, Urteil vom 12.10.2018 - B 9 SB 1/17 R - RdNr 28). Darüber hinaus bedarf eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung auch des Hinweises, dass die Leistungsversagung bzw -entziehung nur bis zur Nachholung der bisher unterlassenen erforderlichen Mitwirkung erfolgen kann (BSG, Urteil vom 12.10.2018 - B 9 SB 1/17 R - RdNr 28 mwN).

bb) Es kann dahinstehen, ob die vorliegend getätigten Aufforderungen an den Kläger, konkrete Angaben zu machen, in Verbindung mit dem Hinweis auf die Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff SGB I und die Versagung der Gewährung bei fehlender Mitwirkung nach § 66 Abs 1 SGB I ein den vorstehenden Anforderungen genügender Hinweis nach § 66 Abs 3 SGB I wäre. Zumindest ist keinem der den Versagungsentscheidungen vom 29.7.2013 und vom 29.11.2013 vorausgehenden Mitwirkungsaufforderungen zu entnehmen, dass die Leistungsversagung nur bis zur Nachholung der bisher unterlassenen erforderlichen Mitwirkungen erfolgen würde.

e) Mangels eines ausreichend konkreten vorherigen schriftlichen Hinweises nach § 66 Abs 3 SGB I können die angefochtenen Versagungsbescheide des Beklagten vom 29.7.2013 und 29.11.2013 keinen Bestand haben (vgl BSG, Urteil vom 12.10.2018 - B 9 SB 1/17 R - RdNr 33). Nach dessen Aufhebung hat der Beklagte erneut über die Leistungsanträge des Klägers vom 13.5.2013 und vom 28.10.2013 zu entscheiden. Kein (zulässiger) Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Leistungsanspruch des Klägers für die Zeit ab Juni 2013 (vgl BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - RdNr 11). Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass lediglich die isolierte Anfechtung des Versagensbescheides statthaft ist (vgl BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - RdNr 14 mwN), vorliegend erfüllt sind.

IV

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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