L 13 RA 2511/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 RA 4329/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 RA 2511/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 236 Abs. 2 Satz 1 SGB VI findet keine entsprechende Anwendung, wenn die das Vorruhestandsverhältnis wirksam begründende schriftliche Vereinbarung erst nach dem 14. Februar 1996 geschlossen und Vorruhestandsgeld erst ab 1. Januar 1997 bezogen wird; dass vor dem 14. Februar 1996 mündliche Vorgespräche über die beabsichtigte Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Begründung eines Vorruhestandverhältnisse stattgefunden haben, genügt nach § 236 Abs. 2 Satz 1 SGB VI nicht.

2. Es verstößt nicht gegen die Verfassung, dass der Gesetzgeber die Altersgrenze für die Altersrente ein langjähriger Versicherte heraufgesetzt hat und die Versicherten, die vor diesem Zeitpunkt die Altersrente in Anspruch nehmen wollen, Abschläge bei der Rente in Kauf nehmen müssen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2002 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte ohne Abschläge hat.

Der 1938 geborene Kläger war von Mai 1972 bis 31. Mai 2001 versicherungspflichtig beschäftigt. Am 11. Dezember 1995 wurde zwischen der Personalabteilung, der Abteilungsleitung und dem Kläger in Aussicht genommen, dass der Kläger ab 1. Janaur 1997 in Vorruhestand geht. Unter dem 21./22. Mai 1996 unterzeichneten die Arbeitgeberin und der Kläger auf der Grundlage des Vorruhestandsabkommens für die private Versicherungswirtschaft (VorRA) in der Fassung vom 25. September 1991 erstmals eine schriftliche Vorruhestandvereinbarung (VV). Nach deren § 1 Abs. 1 endete das Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Inanspruchnahme des vertraglichen Ruhestandes im gegenseitigen Einvernehmen zum 31. Dezember 1996. Der vertragliche Ruhestand begann am 1. Januar 1997 (§ 2 Abs. 1 VV) und endete nach § 2 Abs. 2 VV mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der Kläger das 65. Lebensjahr vollendete oder ggf. mit Beginn des Monats, in dem er Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres, Knappschaftsausgleichsleistungen oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art oder vergleichbare Leistungen einer Versicherung - oder Versorgungseinrichtung beanspruchen könne. Nach § 2 Abs. 3 VV gehe aus den bei Abschluss der VV vorgelegten Nachweisen hervor, dass der Kläger ab 1. Juni 2001 Versorgungsleistungen der BfA beziehen könne, daher ende der vertragliche Ruhestand und die Zahlung des Vorruhestandsgelds bereits zu diesem Zeitpunkt. Ab Beginn des vertraglichen Ruhestandes sollte der Kläger nach § 3 Abs. 1 VV ein monatliches Ruhestandsgeld in Höhe von 70 % der nach § 4 Abs. 1 und 2 VorRA maßgeblichen Bezüge erhalten, es belaufe sich derzeit auf 5.074 DM brutto. Das Brutto-Vorruhestandsgeld sollte sich nach § 3 Abs. 3 VV um die gesetzlichen Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie um die gesetzlich zu entrichtenden Steuern mindern. § 7 VV sah vor, dass mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis die Mitgliedschaft in der betrieblichen Altersversorgung (AVK) endete, wobei die bis dahin erworbene Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung ungekürzt erhalten bleiben solle. Ergänzend wurde die Geltung des VorRA (§ 9 VV) sowie eine Abfindung in Höhe von 168.812 DM brutto (§ 10 VV) vereinbart. Schließlich wurde von den Vertragsparteien Schriftform vereinbart.

Am 11. Oktober 2000 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag auf Altersrente für langjährige Versicherte und gab als Rentenbeginn den 1. Mai 2001 an. Er beantwortete den Fragebogen zur Anhebung der Altersgrenze für Versicherte, die in der Zeit von 1937 bis 1944 geboren sind (Vertrauensschutz). Der Kläger legte das Schreiben der Arbeitgeberin vom 29. Oktober 1996 vor, in dem ihm bestätigt wurde, dass sie ihm im Oktober 1995 ein Angebot für einen vorgezogenen Ruhestand gemacht habe; es seien verschiedene Beispielsrechnungen erstellt worden, die alle als frühest möglichen Eintritt in den Ruhestand auf den 1. Mai 2001 abgestellt hätten. Am 11. Dezember zu 1995 sei in einem Gespräch vereinbart worden, dass der Kläger zum 31. Dezember 1996 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide und bis 30. April 2001 den Vorruhestand in Anspruch nehmen werde. Diese mündliche Vereinbarung habe man dem Kläger dann im Mai 1996 zukommen lassen. Am 14. März 2001 legte der Kläger ein Schreiben der Arbeitgeberin vom 9. März 2001 vor, in dem richtiggestellt wurde, dass der Bezug von Vorruhestandsgeld nicht am 30. April, sondern am 31. Mai 2001 ende. Dem entsprechend beantrage er die Altersrente nun mit Wirkung zum 1. Juni 2001. Nach Klärung des Versichertenkontos bewilligte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 15. März 2001 Altersrente für langjährig Versicherte ab 1. Juni 2001 in Höhe von zunächst 3.321,94 DM. Nach Anlage 6 des Bescheids wurde der Zugangsfaktor der Rente wegen der 15 Kalendermonate vorzeitiger Inanspruchnahme um jeweils 0,003, insgesamt um 0,045 auf 0,955 vermindert.

Der Kläger erhob am 30. März 2001 Widerspruch gegen diese Entscheidung. Der Widerspruch beziehe sich auf den Abschlag von 4,5 v.H. Dieser verletze den Gleichheitssatz sowie den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Der anschließend eingeschaltete Bevollmächtigte trug vor, der Kläger habe vor dem maßgeblichen Stichtag, dem 14. Februar 1996, eine Vorruhestandsvereinbarung mit seiner Arbeitgeberin geschlossen. Er sei deshalb im Vertrauen auf einen ungeschmälerten Bezug der Altersrente ab dem 63. Lebensjahr geschützt, wie sich auch aus der Gesetzesbegründung ableiten lasse (unter Hinweis auf BT-Drucks 13/8011, S. 156 f.). Die von der Beklagten eingeschaltete Grundsatzabteilung vertrat intern unter dem 12. Juni 2001 die - später in den Widerspruchsbescheid eingeflossene - Auffassung, die Voraussetzungen des § 236 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien nicht erfüllt. Der Gesetzgeber habe an die Vertrauensschutzregelung bewusst strenge Anforderungen gestellt, weil er habe sicherstellen wollen, dass nur diejenigen von der Anhebung der Altersgrenze ausgenommen seien, die mehrere bestimmte Kriterien gleichzeitig erfüllten. Allein die Tatsache, dass ein Versicherter vor dem Stichtag Dispositionen für die Zukunft getroffen habe, reiche nicht aus, um die Vertrauensschutzregelung anzuwenden. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2001 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 17. August 2001 beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben, mit der er Zahlung der Altersrente ohne abgesenkten Zugangsfaktor begehrt hat. Zur Begründung hat er vortragen lassen, bei Auslegung des § 236 Abs. 2 SGB VI unter Berücksichtigung der amtlichen Begründung sei die Regelung auf ihn anwendbar. Zweck der Vorschrift sei es, das Vertrauen der Rentner zu schützen, die sich - wie hier - am Stichtag bereits für die Inanspruchnahme von Vorruhestandsgeld verbindlich entschieden gehabt hätten. Auf den Zeitpunkt des Bezugs von Vorruhestandsgeld komme es daher nicht an. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 22. Mai 2002 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe einen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente abgesenkten Zugangsfaktor hinzunehmen. Vertrauensschutz genieße er nicht. § 236 Abs. 2 SGB VI sei auf ihn nicht anwendbar, weil er am 14. Februar 1996 kein Vorruhestandsgeld bezogen habe. Hätte der Gesetzgeber alle Versicherten in die Regelung einbeziehen wollen, die zu diesem Zeitpunkt bereits eine Vereinbarung über die Inanspruchnahme von Vorruhestandsgeld getroffen hatten, wäre dies im Wortlaut der Regelung zum Ausdruck gekommen. § 236 Abs. 1 Satz 2 SGB VI verletze auch nicht die Grundrechte des Klägers. Ein Eingriff in die Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz (GG) liege nicht vor. Artikel 2 Absatz 1 GG sei nicht verletzt, denn der durch § 236 SGB VI bedingte Eingriff halte sich im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung. Die Regelung verstoße auch nicht gegen den Gleichheitssatz, denn die Ungleichbehandlung von Beamten und anderen Versicherten sei sachlich gerechtfertigt. Das Urteil des SG ist den Bevollmächtigten des Klägers am 19. Juni 2002 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden.

Am 18. Juli 2002 hat der Kläger schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er verbleibt bei der Auffassung, er sei im Vertrauen auf den abschlagsfreien Zugang zur Altersrente für langjährig Versicherte geschützt, weil er sich bereits vor dem Stichtag für die Inanspruchnahme von Vorruhestandsgeld entschieden habe. Damit habe er eine Disposition getroffen, die schutzwürdig sei, weil er auf gesetzliche Änderungen bei der Ausgestaltung des Zugangs zur Altersrente nicht mehr habe reagieren können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 15. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2001 zu verurteilen, ihm ab 1. Juni 2001 Altersrente für langjährige Versicherte ohne Abschläge zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Im Übrigen könne sie von geltendem Recht nicht abweichen.

Der Berichterstatter hat am 16. August 2002 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Die Vorruhestandsvereinbarung zwischen Arbeitgeberin und Kläger vom 21./22. Mai 1996 und das tarifliche Vorruhestandsabkommen für die private Versicherungswirtschaft vom 25. September 1991 hat er beigezogen.

Im Übrigen wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG (S 13 AL 4329/01) sowie die Berufungsakten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Beschränkungen nach §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestehen nicht. Die Berufung ist in der Sache jedoch nicht begründet, denn der im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Altersrente für langjährige Versicherte ohne Abschläge besteht nicht.

1. a) Maßgeblich für die erhobenen Rentenansprüche sind noch die Bestimmungen des SGB VI in der Fassung des am 4. April 2001 in Kraft getretenen Art. 2 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch vom 3. April 2001 (BGBl I S. 467), weil sich der im Oktober 2000 gestellte Rentenantrag auf Leistungen ab 1. Juni 2001 bezieht (§ 300 Abs. 1 SGB VI).

b) Gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1948 geboren sind, Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Nach Satz 2 der Vorschrift wird die Altersgrenze von 63 Jahren für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind, angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ist möglich (Satz 3). Die Anhebung der Altergrenze und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme bestimmen sich nach Anlage 21 (Satz 4).

Der 1938 geborene Kläger kann nach Anlage 21 die Altersrente für langjährig Versicherte mit Erreichen der Altergrenze von 63 vorzeitig in Anspruch nehmen. Die regelmäßige Altergrenze für die im April 1938 geborenen Versicherten ist auf das 64. Lebensjahr und 4 Monate (16 Monate) angehoben. Der Kläger hat die Altersrente für langjährig Versicherte nicht im ersten Monat nach Erreichen der Altersgrenze, sondern erst im Juni 2001 in Anspruch genommen. Der Zugangsfaktor von 1,000 für die Altersrente für langjährig Versicherte ist daher um 15 Monate zu je 0,003 abzusenken (§§ 63 Abs. 5, 77 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a SGB VI). Die Altersrente des Klägers ist im angefochtenen Rentenbescheid, insbesondere bei der Ermittlung des Zugangsfaktors, zutreffend berechnet worden. Auf Anlage 6 zum Rentenbescheid vom 15. März 2001 wird insoweit Bezug genommen; der Senat macht sich die Berechnung zu eigen.

c) Die Vertrauensschutzbestimmung des § 236 Abs. 2 SGB VI in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung, greift nicht zu Gunsten des Klägers ein. Nach dieser Vorschrift wird die Altersgrenze von 63 Jahren für Versicherte, die vor dem 1. Januar 1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (1.) oder bis zum 14. Februar 1941 geboren sind und am 14. Februar 1996 Vorruhestandsgeld oder Überbrückungsgeld der Seemannskasse bezogen haben (2.), abweichend von Anlage 21 angehoben. Unter Anwendung dieser Grundsätze könnte der Kläger mit Geburtsmonat April 1938 nach Erreichen des 63 Lebensjahrs und einem Monat, also zum 1. Juni 2001, abschlagfrei Altersrente beziehen.

Die Voraussetzungen dieser Bestimmung liegen aber nicht vor. Der Kläger ist zwar vor dem 1. Januar 1942 geboren, er hat aber keine 45 Jahre (540 Monate), sondern nur 484 Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (Variante 1.). Er hat auch nicht am 14. Februar 1996, sondern erst ab 1. Januar 1997 Vorruhestandsgeld bezogen (Variante 2.), wobei der Senat auch das auf tarifvertraglicher Grundlage gewährte Ruhestandsgeld als Vorruhestandsgeld i.S. von § 236 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ansieht. Dem Bezug von Vorruhestandsgeld im Sinne des § 236 Abs. 2 Satz 1 SGB VI steht der Abschluss einer hierauf gerichteten Vereinbarung nicht gleich (vgl. den insoweit abweichenden Wortlaut des § 237 Abs. 4 SGB VI).

Der Kläger hat schon keine VV bis zum 14. Februar 1996 (Stichtag) abgeschlossen. Die VV wird auf hier überdies nicht nachgewiesenen schriftlichen Antrag des Arbeitnehmers erst nach Prüfung des Arbeitsgebers (§ 3 Abs. 1 VorRA) und unter Beteiligung der Betriebsvertretung geschlossen. Zwar ist vom Kläger behauptet worden und die frühere Arbeitgeberin hat bestätigt, dass in dem Gespräch am 11. Dezember 1995 mit dem Kläger sein Ausscheiden zum 31. Dezember 1996 und die Inanspruchnahme des vorzeitigen Ruhestands (Vorruhestand) bis zum 30. April 2001 vereinbart worden sei. Es steht aber fest, dass die ein Vorruhestandsverhältnis wirksam begründende VV erst am 21./22. Mai 1996 zustande gekommen ist, denn insoweit ist gemäß § 1 Abs. 2 VorRA die Schriftform erforderlich. Erst mit der wirksamen VV ist ein künftiger Anspruch auf Vorruhestandsgeld begründet worden. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Überführung in ein Vorruhestandsverhältnis mag schon im Dezember 1995 angedacht und vorbereitet worden sein. Vor einer verbindlichen VV waren aber noch Fragen zu Beginn und Höhe der Altersrente sowie der betrieblichen Altersversorgung zu klären (§ 2 Abs. 2 VorRA). Schon im Angebotsformular "Vorruhestand" mit Berechnungsstand Oktober 1995 ist darauf hingewiesen worden, dass es für das Zustandekommen des Vorruhestands des Abschlusses einer separaten VV bedarf. Eine einen Anspruch auf Vorruhestandsgeld auslösende VV ist in dem Gespräch am 11. Dezember 1995 nicht wirksam vereinbart worden; es lag damals zur Überzeugung des Senats noch nicht einmal ein Vorvertrag vor, der überdies zur Wirksamkeit ebenfalls der Schriftform bedurft hätte.

§ 236 Abs. 2 SGB VI kann zudem auch nicht so verstanden werden, dass schon mündliche Vorgespräche über die beabsichtigte Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Begründung eines Vorruhestandsverhältnisses für die Anwendung des § 236 Abs. 2 Satz 1 SGB VI genügen. Der Gesetzeswortlauf stellt eindeutig auf den Bezug von Vorruhestandsgeld ab. Auch eine planwidrige ausfüllungsbedürftige Lücke weist die gesetzliche Regelung nicht auf. Der zeitgleich mit § 236 Abs. 2 SGB VI in Kraft getretene die Voraussetzungen für die Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit regelnde § 237 Abs. 2 SGB VI (jetzt: § 237 Abs. 4 SGB VI) stellt für den Vertrauensschutz u.a. auf den Zeitpunkt der der Arbeitslosigkeit vorausgehenden Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnissee ab. Falls der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung auch für die Bezieher von Vorruhestandsgeld hätte schaffen wollen, hätte er eine entsprechende Formulierung in die unmittelbar vorangestellte Regelung aufgenommen. Zwar wollte der Gesetzgeber den Versicherten Vertrauensschutz gewähren, die am Stichtag 55 Jahre alt waren und Vorruhestandsgeld "bezogen" haben. Er sah das Vertrauen solcher Personen als schutzwürdig an, das diese Personen auf die Rente hatten, als sie sich für die Inanspruchnahme des Vorruhestandsgelds entschieden haben (vgl. BT-Drucks 13/8011, S. 62). Es besteht kein Bedürfnis in den Schutzbereich der Regelung, vergleichbar § 237 Abs. 4 SGB VI, die Personen einzubeziehen, die am Stichtag bereits einen Vorruhestand beantragt oder nicht rechtswirksam und hier überdies nicht vorliegend vereinbart hatten. Die Voraussetzungen des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b SGB VI sind auf Fälle des Bezugs von Vorruhestandsgeld nicht entsprechend anzuwenden. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Bezug von Vorruhestandsgeld einerseits und der Arbeitslosigkeit aufgrund einer vor dem 14. Februar 1996 geschlossenen Vereinbarung besteht darin, dass im Vorruhestand trotz beendetem Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis anders geartete vertragliche Beziehungen mit neuen gegenseitigen Rechten und Pflichten zum bisherigen Arbeitgeber (§ 4 VV) einschließlich der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung (vgl. § 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI) fortbestehen. Dieses rechtliche Band fehlt im Falle der Arbeitslosigkeit. Dem entsprechend erlaubt § 2 Abs. 2 und 3 VV die Änderung des Ablaufs des Vorruhestandsgeldbezugs bei geänderten rentenrechtlichen Rahmenbedingungen. § 236 Abs. 2 SGB VI stellt zudem eine eng auszulegende Ausnahmeregelung zu den §§ 33 f, 236 Abs. 1 SGB VI dar.

2. Der Senat vermochte sich nicht von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung zu überzeugen, so dass das Verfahren nicht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen war. Das Gesetz verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten. Daher ist auch die vorrangig zu prüfende verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift nicht geboten.

a) Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem eigentumsrechtlich ausgeprägten Grundsatz des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 75, 78 (105) stRspr) ist nicht verletzt. Rentenrechtliche Positionen genießen Eigentumsschutz (vgl. BVerfGE 100, 1 (32) m.w.N.). Der Vertrauensschutz wird im Rahmen der Anforderungen an zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen und damit unter Einbindung in Art. 14 GG gewährleistet (BSG, Vorlagebeschluss vom 16. Dezember 1999 - B 4 RA 18/99 R -).

Die vom Kläger vor dem Inkrafttreten der Änderungen des RRG 1999 durch Beitragsleistung erworbenen Rentenanwartschaften unterliegen dem Schutzbereich von Art. 14 GG. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG schließt dieser Schutz jedoch die Anpassung der Gesetzeslage an sich ändernde Verhältnisse nicht aus. Vielmehr darf der Gesetzgeber Inhalt und Schranken des Eigentums näher bestimmen und eingrenzen, er hat dabei allerdings das Vertrauensschutzinteresse des Einzelnen mit den von ihm verfolgten öffentlichen Interesse unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit abzuwägen (vgl. nur: BVerfGE 72, 9, 23). Der Gesetzgeber unterliegt dabei strengen Bindungen, wenn er eine bereits als Übergangsregelung gestaltete Norm ihrerseits wieder ändert (BVerfGE 102, 68 (97)).

aa) § 41 Abs. 2 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261) sah langfristig mit Wirkung erst ab 2001 die Anhebung der Altersgrenze vor. Für die Gruppe der von Januar bis April 1938 geborenen – zu denen der Kläger gehört – wäre der Zugang zur Altersrente für langjährig Versicherte auf das 63. Lebensjahr und 1 Monat angestiegen. Der Kläger hätte die Altersrente für langjährig Versicherte nach dem seit 1. Januar 1992 geltenden Recht ab 1. Juni 2001 abschlagsfrei oder ab 1. Mai 2001 mit einem Abschlag von nur 0,003 in Anspruch nehmen können. Durch Art. 1 Nr. 10 des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1461) wurde § 41 SGB VI dahingehend geändert, dass nun für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind, die Altersgrenze von 63 Lebensjahren angehoben wird. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente sei möglich und bestimme sich nach Anlage 21. Die Regelung trat zum 1. Januar 1997 in Kraft. Diese Vorschrift ist durch Art. 1 Nr. 17 Buchst. b Rentenreformgesetz 1999 (RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2998) mit Wirkung vom 1. Januar 2000 aufgehoben worden. Im Gesetz wurde die Altersrente für langjährig Versicherte gestrichen. Durch § 236 SGB VI wurde für die dort bestimmten Versicherten eine neue Vertrauensschutzregelung geschaffen. Danach bleibt für die Jahrgänge vor 1948 der vorzeitige und mit Abschlägen nach § 77 Abs. 2 SGB VI verbundene Zugang zur Altersrente für langjährig Versicherte möglich, für rentennahe Jahrgänge sieht § 236 Abs. 2 SGB VI bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen aus Vertrauensschutzgründen den abschlagsfreien Zugang zur Altersrente für langjährig Versicherte vor.

bb) Am 14. Februar 1996 hat die Bundesregierung das in der so genannten Kanzlerrunde unter Beteiligung der Sozialpartner vereinbarte Eckpunktepapier gebilligt. Dieses Papier mündete in den von der Bundesregierung am 6. März 1996 beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Förderung eines leitenden Übergangs in den Ruhestand (sog. Gleite-Gesetz; vgl. Bundesrats-Drucks. 208/96) sowie in den Entwurf des WFG vom 10. Mai 1996 (vgl. BT-Drucks 13/4610). Zwecksetzung beider Gesetzentwürfe war die Schaffung einer sozialverträglichen Alternative zur bisherigen Frühverrentungspraxis durch die Möglichkeit eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und die Stabilisierung der Beiträge in der Rentenversicherung (vgl. BT-Drucks 13/4610 S. 18 f; 22). Wegen dieser die zukünftige Finanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme und das Wirtschaftswachstum gefährdenden Umstände wurde ein schnelles Handeln für geboten erachtet. Als Lösung war die stufenweise Heraufsetzung der Altersgrenzen für Altersrentner, teilweise unter Wahrung des Vertrauensschutzes für Versicherte der rentennahen Jahrgänge vorgesehen. Durch das Gleite-Gesetz und das WFG wurden die im geltenden Recht verankerte, jedoch erst ab 2001 vorgesehene Anhebung der Altersgrenzen vorgezogen; zusätzlich sollte diese Anhebung steiler ausfallen. Das RRG 1999 hat die Rechtslage für die langjährig Versicherten in Art. 1 Nr. 76 dadurch verbessert, dass die Vertrauensschutzregelung des § 236 in das SGB VI eingefügt wurde. Den betroffenen Versicherten hat der Gesetzgeber in § 187a SGB VI zudem die - offensichtlich von der Beklagten aber nicht angebotene - Möglichkeit eingeräumt, die Abschläge wegen vorzeitiger Inanspruchnahme durch Zahlung von Beiträgen auszugleichen.

cc) Durch § 236 SGB VI in der Fassung des RRG 1999 (früher § 41 Abs. 3 SGB VI in der Fassung des WFG) hat der Gesetzgeber eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung vorgenommen. Die mit der Regelung verfolgten wichtigen Gemeinwohlbelange rechtfertigen bei Abwägung mit dem Interesse der Versicherten am Fortbestand der erworbenen Rentenanwartschaften die vorgenommene Anhebung der Altersgrenzen. Angesichts der durch die Frühverrentung entstehenden Aufwendungen der Rentenversicherungsträger war ein schnelles Handeln geboten. Der Gesetzgeber hat bei dem Eingriff in die rentenversicherungsrechtliche Position den Vertrauensschutz der Versicherten dadurch beachtet, dass nur bei den nach dem 31. Dezember 1936 geborenen Versicherten die Altersgrenze angehoben wird, wobei die vor dem 1. Dezember 1948 geborenen Versicherten die Altersrente weiterhin, allerdings mit Abschlägen, mit Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch nehmen können. Die von Januar 1948 bis Dezember 1949 geborenen Versicherten, bei denen sich die Altersgrenze auf 65 Jahre verändert hat, können gegen Abschläge die Altersrente für langjährig Versicherte schon mit Vollendung des 62. Lebensjahres und 11 Monaten bzw. mit Vollendung des 62. Lebensjahres in Anspruch nehmen (vgl. § 236 Abs. 3 SGB VI). Unter den Voraussetzungen des § 236 Abs. 2 SGB VI besonders geschützt sind die Versicherten mit einer besonders hohen Zahl von Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit sowie die Bezieher von Vorruhestandsgeld oder Überbrückungsgeld (vgl. § 143 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch); diese Versicherten haben, wenn sie vor 1938 geboren sind, keinerlei Abschläge hinzunehmen; wenn sie danach und vor 1942 geboren sind, fallen die Abschläge moderater aus. Diejenigen, die Abschläge hinzunehmen haben, können diese nur durch zusätzliche erhebliche Beitragszahlungen (§ 187 SGB VI) ausgleichen.

Mit der Kombination von Gewährleistung des bisherigen Rentenbeginns (Vertrauensschutz) verbunden mit finanziellen Abschlägen (Einsparung) und der Kompensationsmöglichkeit hat der Gesetzgeber Dispositionen der Versicherten, die vorgezogene Altersrente unter Beibehaltung des bisherigen Rentenzugangsalters in Anspruch zu nehmen, berücksichtigt. Der von diesen hinzunehmende finanzielle Abschlag hat zwar erhebliches Gewicht, ist jedoch im Hinblick auf die bestehende Frühverrentungspraxis und die dadurch verursachte Finanzsituation der Rentenversicherung im Jahre 1996 ein geeignetes, erforderliches und auch im engeren Sinne verhältnismäßiges Mittel. Der Gesetzgeber konnte bei der Verfolgung des Ziels, die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren, neben den Interessen der Leistungsberechtigten auch die entsprechenden Belastungen der Beitragszahler berücksichtigen. Bei Abwägung der widerstreitenden Interessen war es nicht geboten, dem Vertrauensschutz der Leistungsbezieher absoluten Vorrang vor den Interessen der Beitragszahler einzuräumen. Es war daher sachgerecht, die Beitragszahler durch Anhebung der Beitragssätze 1997 auf den Rekordstand von 20,3 v.H. und zugleich die Leistungsbezieher durch prozentuale Abschläge jeweils angemessen zu belasten und den Bundeszuschuss zu erhöhen.

Der Gesetzgeber hat damit das Vertrauen in den Fortbestand der abschlagsfreien Altergrenzen nach der früheren Regelung des § 41 Abs. 2 SGB VI aF enttäuscht. Die besonderen Anforderungen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 102, 68 (97)) waren aber nicht zu berücksichtigen. § 41 SGB VI aF war nicht als Übergangsregelung ausgestaltet, sondern bereitete die Anhebung der Altersgrenzen langfristig vor. Die Vorschrift entfaltete beim In-Kraft-Treten der Anhebung der Altergrenzen durch das WFG noch keine aktuellen Wirkungen, denn die Anhebung sollte erst 2001 einsetzen. Ein solcher Eingriff ist nicht der vom BVerfG entschiedenen Konstellation (vgl. BVerfGE a.a.O.) gleich zu achten, dass eine befristete Übergangsregelung ein Jahr vor ihrem Außer-Kraft-Treten nachteilig verändert wird. Vielmehr ist nach allgemeinen Grundsätzen zu prüfen, ob der eigentumsrechtliche Vertrauensschutz den 1996 getroffenen Regelungen entgegensteht, was wie oben dargelegt, nicht der Fall ist.

b) Auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Der Gleichheitssatz will in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern. Daher unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Zwar kann er grundsätzlich frei entscheiden, welche Merkmale er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Eine Grenze ist jedoch dann erreicht, wenn sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (vgl. BVerfGE 99, 165 (178); stRspr).

aa) Die Ungleichbehandlung der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Gruppe der Beamten verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Zwischen den Alterssicherungssysteme "gesetzliche Rentenversicherung" und "Beamtenversorgung" bestehen grundsätzliche Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie Unterschiede im Zugang zur Altersrente einerseits und zu den Versorgungsbezügen andererseits jedenfalls in Bezug auf einzelne Zugangszeitpunkte rechtfertigen. Schon in der gesetzlichen Rentenversicherung selbst wird zwischen verschiedenen Personenkreisen differenziert, ohne dass dies bislang durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet wäre (vgl. BVerfGE 74, 163 ff.). Um so mehr kann der Gesetzgeber zwischen den unterschiedlich ausgestalteten und finanzierten Systemen der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung Differenzierungen vornehmen (vgl. BVerfGE 97, 271 (295); BSG, Urteil v. 11. Oktober 2001 - B 12 KR 19/00 R - SGb 2001, 754).

bb) Der allgemeine Gleichheitssatz ist auch nicht durch die Stichtagsregelung in § 236 Abs. 2 SGB VI verletzt. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch eine Stichtagsregelung liegt im Rentenrecht nur vor, wenn die (un-)gleiche Behandlung des geregelten Sachverhalts mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also bezogen auf den jeweils zur Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt (BVerfGE 76, 256 (329); 79, 223 (236); Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Januar 1991 - 2 BvR 1403/90 u.a. - NVwZ 1991, S. 662 (663)). Art. 3 Abs. 1 GG hindert den Rentengesetzgeber nicht, Stichtage einzuführen, obwohl das unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 87, 1 (43); 97, 103 (114 f.)). Dies gilt aufgrund des weiten Spielraums politischen Ermessens, innerhalb dessen der Gesetzgeber das Rentenrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf, auch und gerade, wenn sich die tatsächliche Situation derer, die gerade noch in den Genuss einer Regelung kommen, nur geringfügig von der Lage derer unterscheidet, bei denen diese Voraussetzungen fehlen (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 26. April 1995 - 2 BvR 794/91 u.a. -, DVBl 1995, S. 1232, 1233; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Juli 1999 - 2 BvR 544/97 -, DVBl 1999, S. 1421, 1422). Die verfassungsgerichtliche Prüfung von Stichtagsregeln beschränkt sich folglich darauf, ob der Gesetzgeber den ihm zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, insbesondere ob die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar war.

Die hier zu prüfende Stichtagsregelung des § 236 Abs. 2 SGB VI knüpft für den Vertrauensschutz der Versicherten an die später in den Gesetzentwurf einmündende Willensbildung der Bundesregierung über die Änderung der rentenrechtlichen Bestimmungen an. Die Regelung will damit vermeiden, dass mögliche Betroffene im Hinblick auf die geplante Einschränkung der Frühverrentungspraxis noch kurzfristig, während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens Vereinbarungen über eine Frühverrentung treffen und Vorruhestandsgeld beziehen. Zwar wirkt der Stichtag insoweit in die Vergangenheit zurück, als er beim In-Kraft-Treten des Gesetzes bereits abgelaufen war und die Versicherten bereits vor der Geltung der Neuregelung an Dispositionen gehindert waren. Der Gesetzgeber ist aber nicht gehindert, sachlich begründete Stichtage mit unechter Rückwirkung in Kraft zu setzen. Eine solche Regelung ist gerechtfertigt (vgl. BSG SozR 3-2600 § 237 Nr. 1), weil anderenfalls eine Beschleunigung der Frühverrentungswelle zu befürchten stand und die Notwendigkeit der Erhöhung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung über die für 1997 bestimmten 20,3 v.H. hinaus vermieden werden sollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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