L 1 BA 38/18

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 10 R 450/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 BA 38/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Statusfeststellung einer Logopädin mit sehr geringem Unternehmerrisiko.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. September 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin wird unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. September 2018 zur Tragung der Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen verurteilt. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene zu 1 als Logopädin bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig tätig gewesen ist.

Die Klägerin betreibt seit dem 1. November 2011 eine Praxis für Atem-, Sprech- und Stimmtherapie. Am 29. Juli 2016 schloss sie mit der 1993 geborenen Beigeladenen zu 1 einen "Vertrag über freie Mitarbeit". Hiernach sollte die Beigeladene zu 1 ab dem 1. Oktober 2016 als ausgebildete Logopädin in dem Betrieb der Klägerin arbeiten. Die Tätigkeit sollte sie entweder in den Praxisräumen oder als Hausbesuch verrichten und deren Umfang sowie die Tätigkeitszeiten selbst bestimmen, ohne dass eine Absprache mit der Praxisinhaberin notwendig sei. Im Falle von Krankheit oder sonstiger Verhinderung der Patienten bzw. deren Eltern sollte die Beigeladene zu 1 die Klägerin unverzüglich über den Ausfall der Therapiesitzung informieren. Sie sei als freie Mitarbeiterin nicht weisungsgebunden und unterliege nicht den allgemeinen Praxisregelungen. Die Klägerin gestattet der Beigeladenen zu 1 die Nutzung der Praxisräume und zunächst auch aller vorhandenen Arbeits- und Verbrauchsmaterialien (geändert am 2. November 2016). Die Klägerin übernimmt bei gesetzlich krankenversicherten Patienten die Abrechnung der von der Beigeladenen zu 1 erbrachten Behandlungsleistungen. 70 % des Auszahlungsbetrages erhält die Beigeladene zu 1 dafür als Honorar, bei Hausbesuchen 80 %. Mit privat versicherten Patienten und Selbstzahlern rechnet die Beigeladene zu 1 selbst ab. In diesen Fällen erhält die Klägerin als Vergütung 30 % des in Rechnung gestellten Bruttobetrages, bei Hausbesuchen 20 %. Aufwendungen der Beigeladenen zu 1 werden von der Klägerin nicht erstatten. Die Beigeladene zu 1 ist berechtigt, auch für andere Auftrag- oder Arbeitgeber tätig zu sein, wobei sie dies der Klägerin ebenso unverzüglich anzuzeigen hat wie die Eröffnung einer eigenen Praxis.

Zur gleichen Zeit nahm die Beigeladene zu 1 eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit als Teilzeitkraft in einer anderen logopädischen Praxis auf.

Am 19. Oktober 2016 beantragten die Klägerin sowie die Beigeladene zu 1 bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Die Klägerin gab an, dass die Beigeladene zu 1 Patienten nach eigenem Ermessen aufnehme. Es bestehe freie Terminplanung und Zeiteinteilung ohne Vorgaben. Die Tätigkeit werde in der Praxis der Klägerin ausgeübt. Für erforderliche Hausbesuche nutze die Beigeladene zu 1 ihr eigenes Fahrzeug. Nur bei Bedarf erfolgten Besprechungen bzgl. voraussichtlicher An- und Abwesenheitszeiten. Die Beigeladene zu 1 werde eine eigene Internet-Webseite einrichten und ein Mobiltelefon nur für Patienten und Praxiszwecke nutzen. Das Unternehmerrisiko bestehe in Erwerb und Finanzierung eines eigenen Fahrzeugs, dem Besuch von Fortbildungsveranstaltungen und dem Erwerb von Therapiematerialien auf eigene Kosten. Die Beigeladene zu 1 bestelle die Patienten eigenverantwortlich ein und behandle diese selbst. Sie höre den Anrufbeantworter der Praxis ab und bestelle die Patienten ein, wenn sie einen Therapieplatz frei habe. Die ihr als Praktikantin bereits bekannte Beigeladene zu 1 sei ihre einzige Mitarbeiterin. Es existierten auch keine Dienst- oder Raumbelegungspläne. Die Beigeladene zu 1 führe ein eigenes Terminbuch und verwende ihre eigenen Therapieunterlagen und Arbeitsmittel. Sie sei auch nicht an den laufenden Kosten der Praxis beteiligt und rechne die Kassenpatienten nur über das Abrechnungssystem der klägerischen Praxis ab. Das Arbeitsentgelt der Beigeladenen zu 1 übersteige monatlich regelmäßig 450 EUR. Die erste Rechnungsstellung erfolge voraussichtlich im Januar 2017.

Die Beigeladene zu 1 gab darüber hinaus an, dass sie die Kontaktdaten der neuen Patienten von der Klägerin erhalte. Anschließend vereinbare sie die Termine und betreue die Patienten selbstständig. Die Arbeitszeiten regle sie selbst. Bei Krankheit werde sie nicht vertreten. Für Ausfallstunden wegen eigener Erkrankung oder Erkrankung der Patienten erhalte sie keine Vergütung. Sie sei nicht zur Urlaubs- oder Krankheitsvertretung verpflichtet. Die benötigten logopädischen Spiele sowie die Arbeitsmaterialien würden nicht von der Klägerin gestellt. Sie legte eine Rechnung vom 11. November 2016, mit welcher sie für die Zeit vom 4. bis 31. Oktober 2016 eine Betrag in Höhe von 641,75 EUR gegenüber der Klägerin geltend machte, sowie eine Rechnung vom 25. Oktober 2016 über ein Schallwellengerät (204,90 EUR) vor.

Nach Anhörung der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 stellte die Beklagte diesen gegenüber mit Bescheiden vom 13. März 2017 fest, dass die Beigeladene zu 1 seit dem 1. Oktober 2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für die Klägerin als Logopädin tätig geworden sei. Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung bestehe ab dem 16. März 2017 (Bekanntgabe der Entscheidung). Zur Begründung verwies die Beklagte insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. März 2016 (B 12 KR 20/14 R).

Zum 31. März 2017 beendete die Beigeladene zu 1 ihre Tätigkeit für die Klägerin und nahm anschließend eine Vollzeittätigkeit als angestellte Therapeutin in einer anderen Praxis an.

Gegen den Bescheid vom 13. März 2017 erhob die Klägerin Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2017 zurückwies.

Am 4. September 2017 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben. Die Beigeladene zu 1 habe weder einen festen Stundensatz, noch ein monatliches Entgelt erhalten. Sie habe die Patienten eigenverantwortlich und hinsichtlich Übernahme, Zeit, Ort und Ausgestaltung der Tätigkeit weisungsfrei behandelt. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, ihre Tätigkeit persönlich auszuüben. Ihre Tätigkeit sei nicht in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation erfolgt. Auf eigene Kosten habe sie auch Hausbesuche vorgenommen. Sie habe Neupatienten geworben bzw. sei von Neupatienten aufgrund von Empfehlungen bewusst als Therapeutin gewünscht worden. Der Erstkontakt sei nicht zwingend über die Praxis der Klägerin zustande gekommen. Die Beigeladene zu 1 habe Privatpatienten und Selbstzahler selbst abrechnen müssen. Sie sei im Außenverhältnis auch als Leistungserbringer aufgetreten, z.B. bei den von Herrn D. übernommenen Patienten. Die Terminvergabe habe sie selbst organisiert und bei Verhinderung die Termine abgesagt. Sie habe über eine eigene Patientenkartei verfügt, überwiegend ihre eigenen Therapiematerialen eingesetzt und eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Es habe keine Vertretungsregelung und damit auch keine Vertretungsverpflichtung gegeben. Den vertraglichen Regelungen komme vorliegend ein besonderes Gewicht zu, da die Tätigkeit nur fünfeinhalb Monate angedauert habe und die zur Beurteilung erforderlichen Informationen bereits nach nur einem Monat Beschäftigungszeit von der Beklagten eingeholt worden seien. Das Bundessozialgericht habe klargestellt, dass aus dem Umstand, dass die Abrechnungen für Kassenpatienten über die Praxis erfolge, keine abhängige Beschäftigung geschlossen werden könne. Der Ort der Tätigkeit sei nicht abschließend festgelegt gewesen. Da der Beigeladenen zu 1 ein eigener Behandlungsraum zur Verfügung gestanden habe, sei diese in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit frei gewesen. Ihr unternehmerisches Risiko habe in der Anschaffung von Arbeitsmitteln ohne Anspruch auf Übernahme von Therapien bestanden. Zudem habe sie weder eine feste Vergütung noch ein Entgelt für Ausfall- oder Krankheitszeiten erhalten. Bei Privatpatienten habe sie zudem die Abrechnung selbst übernehmen müssen. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 29. November 1995 (3 RK 33/94) entschieden, dass eine Heilmittelabgabe auch durch freie Mitarbeiter erfolgen könne. Die Auffassung der Beklagten führe hingegen dazu, dass die Begründung eines freien Mitarbeiterverhältnisses so gut wie nicht mehr vorstellbar sei. Es liege daher ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit sowie das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor.

Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, dass Logopäden ebenso wie Physiotherapeuten und Krankengymnasten grundsätzlich zu den abhängig Beschäftigten zählten, wenn sie über keine eigene Betriebsstätte verfügten, Arbeitsgeräte und Materialien durch den Praxisinhaber gestellt würden, sie nur für eine Praxis arbeiteten, keine Eigenwerbung betrieben und keine eigenen Rechnungen stellten. Die Klägerin habe ein Direktionsrecht bezüglich Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausführung gehabt. Die Beigeladene zu 1 habe angegeben, dass sie von der Klägerin Anfragen neuer Patienten sowie deren Kontaktdaten erhalten habe. Der Erstkontakt der Patienten sei mit der Praxis der Klägerin erfolgt. Die Beigeladene zu 1 habe keine Hilfskräfte eingesetzt, sei im Namen der Klägerin sowie auf deren Rechnung tätig gewesen und sei nach außen als Mitarbeiterin der Klägerin erschienen. Die Tätigkeit sei - außer bei Hausbesuchen - in den Räumlichkeiten der Klägerin ausgeübt worden. Der Pkw sei von der Beigeladenen zu 1 nicht ausschließlich oder überwiegend gezielt für die streitige Tätigkeit angeschafft und eingesetzt worden. Die getätigten Investitionen für eigene Arbeitsmittel seien nicht mit einem so großen finanziellen Aufwand verbunden gewesen, dass das damit einhergehende Risiko für das Vertragsverhältnis zur Klägerin prägend gewesen sei. Das Kostenrisiko für Praxismiete, Betriebsmittel und gegebenenfalls Personal habe allein die Klägerin getragen. Daher überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

Das Sozialgericht hat die Klägerin sowie die Beigeladene zu 1 in der mündlichen Verhandlung am 26. September 2018 angehört. Die Beigeladene zu 1 hat angegeben, dass sie während ihrer Tätigkeit bei der Klägerin keine Privatpatienten behandelt habe. Ferner hat sie ausgeführt, dass sie ein privates und ein ausschließlich für Praxiszwecke zu nutzendes Handy habe.

Mit Urteil vom 26. September 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend festgestellt, dass die ab dem 1. Oktober 2016 von der Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als ausgebildete Logopädin im Rahmen eines grundsätzlich versicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erfolgt sei und Sozialversicherungspflicht in der Zeit vom 16. bis 31. März 2017 bestanden habe. Bei der gebotenen Gesamtschau der maßgeblichen tatsächlichen Umstände spreche mehr für das Vorliegen eines abhängigen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. Zwar sei vertraglich eine Tätigkeit in freier Mitarbeit ohne Regelung der Arbeitszeit, der Pausen und des Urlaubs vereinbart worden. Auch seien weder Urlaubs- und Weihnachtsgeld noch Leistungen nach dem Mutterschutzgesetz oder bei Krankheit vereinbart worden. Dies gehe jedoch zu Lasten der Beigeladenen zu 1 und sei für die Frage, ob eine selbstständige oder abhängige Beschäftigung ausgeübt werde, nicht relevant. Die vertragliche Regelung, wonach die freie Mitarbeiterin nicht weisungsgebunden sei und den allgemeinen Praxisregelungen nicht unterliege, spreche zwar für eine selbstständige Tätigkeit, gebe jedoch bei der gebotenen Gesamtschau nicht den Ausschlag. Vielmehr sei die Beigeladene zu 1 von der Klägerin abhängig gewesen. Der Erstkontakt zu den Patienten sei ebenso wie die Patientenvergabe über die von der Klägerin geführte Praxis erfolgt. Die Beigeladene zu 1 sei zur Unterstützung der Praxisinhaberin aufgrund einer erhöhten Patientenzahl eingesetzt worden. Die Patientenvergabe an die Beigeladene zu 1 sei nur dann erfolgt, wenn die Kapazitäten der Klägerin erschöpft gewesen seien. Dass die Beigeladene zu 1 selbst Patienten rekrutiert habe, erscheine fraglich, da sie kurz nach Abschluss ihrer Prüfung als anerkannte Logopädin bei der Klägerin angefangen habe und daher noch gar keinen eigenen Patientenstamm habe erwerben können. Zudem habe die Klägerin erklärt, dass die Anstellung einer Logopädin aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen wäre. Dass die Beigeladene zu 1 die Arbeitszeiten und den zeitlichen Umfang selbst habe bestimmen können, sei kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Auch abhängig beschäftigte Logopäden bzw. Krankengymnasten vereinbarten selbstständig mit "ihren" Patienten Termine und leisteten die gebotenen Anwendungen ohne Rücksicht/Aufsicht durch den Praxisinhaber. Zudem habe die Verpflichtung bestanden, den angenommenen Behandlungsauftrag auch zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen und während der vereinbarten Zeit dauerhaft anwesend zu sein. Nicht ins Gewicht falle zudem, dass die Beigeladene zu 1 nach Erhalt des Rezeptes durch die Klägerin die Folgetermine in eigener Regie vorgenommen habe, da immer versucht werde, denselben Patienten auch von der gleichen Logopädin betreuen zu lassen. Nicht entscheidend sei auch, dass die Beigeladene zu 1 ein eigenes Terminbuch geführt und ein eigenes "Praxis-Handy" gehabt habe, da dies kein ausschlaggebendes Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit darstelle. Wesentlich entscheidender sei die Tatsache, dass die Beigeladene zu 1 eigene Rechnungen an die von der Klägerin betriebene Praxis geschickt und nicht selbstständig mit den Krankenkassen abgerechnet habe. Vielmehr sei die Abrechnung allein durch die Klägerin erfolgt. Entsprechend sei die Beigeladene zu 1 auch nicht als Selbstständige aufgetreten, sondern habe ihre Tätigkeit - in der Außenwirkung - für die Praxis der Klägerin verrichtet. Die Beigeladene zu 1 sei in die Praxis der Klägerin eingegliedert gewesen. Ihr seien bestimmte Patienten von der Klägerin zugewiesen worden. Die Erfassung der entsprechenden Daten, die Vorlage der Rezepte und letztlich auch der Behandlungsvertrag seien ausschließlich durch die klägerische Praxis erfolgt. Dies gelte gleichermaßen für die Festlegung des ersten Verhandlungstermins. Die Beigeladene zu 1 habe sich der Räumlichkeiten sowie der notwendigen Utensilien und Gerätschaften in Abstimmung mit der Klägerin bedient. Sie habe weder über eigene Behandlungsräume noch über alle nötigen Gerätschaften verfügt. Auch soweit sie sich ein Schallwellengerät selbst beschafft habe und die Klägerin ihr nicht die notwendigen Utensilien (Papier, Stifte, etc.) zur Verfügung gestellt haben sollte, sei sie zwingend auf die Einrichtung der Praxis der Klägerin angewiesen gewesen. Hausbesuche bei Privatpatienten habe sie nicht gemacht. Sie habe vielmehr ausschließlich Kassenpatienten behandelt. Dass die Beigeladene zu 1 sich verpflichtet habe, einen Teil der in Rechnung gestellten Behandlungskosten der Klägerin zu belassen und dass sie gegebenenfalls in Einzelfällen bei Privatpatienten Rechnungen erstellt habe, begründe keine abhängige Beschäftigung. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 24. März 2016 (B 12 KR 20/14 R) entschieden, dass eine Eingebundenheit in die Physiotherapiepraxis bei der Durchführung von krankengymnastischen Leistungen selbst bei Hausbesuchen anzunehmen sei, wenn der Erstkontakt zu den Patienten ausschließlich über die Praxis stattfinde, nach außen hin als verantwortliche Praxisbetreiberin gegenüber den Patienten nur die Inhaberin der Praxis auftrete, die Behandlungsangebote an die tätige Krankengymnastin ausschließlich durch die Praxisinhaberin erfolgten, die Krankengymnastin nicht über eigene Betriebsräume verfüge und keine eigene Patientenkartei habe. Dies sei auf den vorliegenden Fall übertragbar. Schließlich habe die Beigeladene zu 1 auch kein persönliches Unternehmerrisiko getragen. Sie habe die tatsächlich geleistete Arbeit von der Klägerin bezahlt bekommen. Der Anschaffung eines "Praxis-Handys" komme keine entscheidende Bedeutung zu. Die Nutzung eines eigenen Pkw sei nicht relevant, da die Beigeladene zu 1 dies nur für die Strecke zwischen ihrem Wohnort und der Praxis benutzt habe. Das unternehmerische Risiko habe allein bei der Klägerin gelegen, da diese nicht nur die Kosten für Ausstattung, Erwerb oder Anmietung der Räumlichkeiten sowie die Energiekosten zu tragen gehabt habe, sondern auch die von der Praxis verwendeten Arbeitsmittel habe bereithalten müssen. Ferner habe die Klägerin das Risiko getragen, diese Kosten zu übernehmen, auch wenn keinerlei Einnahmen erzielt werden. Zudem sei die Beigeladene zu 1 höchstpersönlich für die Klägerin tätig geworden und habe sich keiner, von ihr eventuell angestellten Hilfskräfte bedienen können. Die mit einer selbstständigen Tätigkeit verbundenen unternehmerischen Freiheiten seien allenfalls ansatzweise ersichtlich. So sei die Beigeladene zu 1 auch für einen anderen "Auftraggeber" tätig geworden. Im Zusammenhang mit der vorliegend allein zu beurteilenden Tätigkeit sei die Beigeladene zu 1 nicht in rechtlich relevantem Maße nach außen unternehmerisch am Markt aufgetreten. Sie habe ihre Leistung vielmehr ausschließlich im Namen der Klägerin erbracht und kein eigenes Personal beschäftigt. Am wirtschaftlichen Erfolg der Praxis der Klägerin sei sie nicht beteiligt gewesen. Auch habe die Beigeladene zu 1 ausgeführt, dass sich ihre Tätigkeit nicht von ihrer in abhängiger Beschäftigung ausgeübten Tätigkeit als Logopädin in einer anderen Praxis unterschieden habe. Das "Praxis-Handy" benutze sie weiterhin, obwohl sie seit dem 1. April 2018 nunmehr vollschichtig als angestellte Logopädin in einer anderen Praxis arbeite. Das Sozialgericht hat ausgeführt, dass der tenorierte Kostenausspruch unzutreffend sei; § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei anwendbar, so dass die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen habe.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 31. Oktober 2018 und ihrem Prozessbevollmächtigten am 5. November 2018 zugestellte Urteil am 4. Dezember 2018 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass dem Vertragsverhältnis sowie dem Willen der Beteiligten ein höheres Gewicht hätte zukommen müssen. Die kurze Dauer der Mitarbeitertätigkeit hätte nicht zu Lasten der Klägerin gewertet werden dürfen. Mit dem vom Sozialgericht zitierten Urteil des Bundessozialgerichtes vom 28. September 2011 (B 12 R 17/09 R) sei eine abhängige Beschäftigung einer Pflegebetreuerin gerade verneint worden. Dem Zulassungserfordernis für Heilmittelerbringer der gesetzlichen Krankenversicherung komme nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes keine maßgebende Bedeutung zu. Auch die Nutzung der Räumlichkeiten der Praxisinhaberin spreche nicht maßgeblich für eine abhängige Beschäftigung. Ferner sei der Erstkontakt mit den Patienten durchaus auch durch die Beigeladene zu 1 erfolgt. Jedenfalls sei die Patientenvergabe nicht nach Zuweisung, sondern stets nach Absprache mit der Klägerin erfolgt. Der Klägerin sei es nicht in erster Linie darum gegangen, vorhandene Überkapazitäten in den Griff zu bekommen, sondern allein darum, weiteren behandlungsbedürftigen Personen im Rahmen von Anfragen bei der Klägerin oder der Beigeladenen zu 1 eine Therapie anbieten zu können. Dass sie einen freistehenden Praxisraum habe nutzen wollen, spreche für eine selbstständige Tätigkeit. Die Beigeladene zu 1 sei nicht verpflichtet gewesen, den angenommenen Behandlungsauftrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen und während der Behandlungszeit dauerhaft anwesend zu sein. Das Führen eines eigenen Terminbuchs sowie die Nutzung eines eigenen Praxis-Handys seien Indizien für eine selbstständige Tätigkeit. Im Rahmen der abhängigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 in der anderen Praxis hätten vertraglich fest geregelte Arbeitszeiten gegolten; auch habe sie ein festes Arbeitsentgelt erhalten, habe keine eigene Patientenkartei und auch keinen Behandlungsraum zur eigenen Verfügung gehabt. Der Abrechnungsmodus über die Praxis der Klägerin habe nicht für Privatpatienten gegolten. Zudem habe die Beigeladene zu 1 nicht nur über einen frei nutzbaren Behandlungsraum sondern auch über entsprechende Praxisschlüssel verfügt. Das Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1 habe ferner darin bestanden, dass nicht stets und uneingeschränkt die tatsächlich von ihr geleistete Arbeit vergütet wurde. Vielmehr habe sie lediglich den Anteil derjenigen Vergütungen erhalten, die von der Krankenkasse tatsächlich erstattet worden seien. Dies sei häufig weniger, als der für die geleistete Tätigkeit abgerechnete Betrag, da die Krankenkassen aus verschiedenen Gründen Abzüge vornähmen. Zudem habe sie das Verdienstrisiko getragen, wenn keine Patientenanmeldungen vorgelegen haben. Auf größere Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder Arbeitsmaterialien sei bei der Beurteilung von reinen Dienstleistungen nicht abzustellen. Die Beigeladene zu 1 hätte sich ohne weiteres der Hilfe anderer Fachkräfte bedienen können. Da sie noch in einer anderen Logopädiepraxis beschäftigt gewesen sei, sei sie auch nicht von der Tätigkeit bei der Klägerin abhängig gewesen. Weshalb das Sozialgericht von einer mehr als geringfügigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin ausgehe, bleibe offen. Erneut hat die Klägerin darauf verwiesen, dass die getroffene Statusfeststellung sie und die Beigeladene zu 1 in der Berufsfreiheit unzulässig beschränke. Ferner hat sie auf die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. Januar 2015 (L 1 KR 278/13) und vom 15. August 2017 (L 1 KR 468/16) sowie auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Juli 2018 (L 7 R 1319/17) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. September 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin vom 1. Oktober 2016 bis 31. März 2017 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden ist und keine Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung bestanden hat.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend hat sie darauf verwiesen, dass gemäß § 6 Abs. 2 des Vertrages über freie Mitarbeit sämtliche Unterlagen bezüglich der Patienten und der Praxisorganisation zu jeder Zeit der Praxisinhaberin zugänglich hätten aufbewahrt werden müssen. Somit sei die Patientenkartei (zumindest auch) der Klägerin zuzuordnen. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. September 2011 begründe vorliegend keine andere Entscheidung. Zum einen habe das Bundessozialgericht daran festgehalten, dass die Umstände des Einzelfalls stets maßgebend seien. Zudem habe es über die Tätigkeit einer ambulanten Pflegekraft entschieden. Hinsichtlich des unternehmerischen Risikos könne sich die Klägerin nicht erfolgreich auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 12. Februar 2004 berufen, da die wesentliche Leistung der Beigeladenen zu 1 nicht im Einsatz von Wissen, Fertigkeiten oder geistigem Können bestanden habe, sondern vielmehr in therapeutischen Leistungen im Logopäden-Bereich. Im Übrigen werde der Grad der persönlichen Abhängigkeit von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit bestimmt. Aus diesem Grund ließen sich aus der Bewertung bestimmter Berufsgruppen nicht ohne weiteres Schlüsse für die Behandlung anderer Berufsgruppen ziehen. Dem Vergleich mit einem IT-Berater könne hier zur Argumentation einer selbstständigen Tätigkeit nicht gefolgt werden. Bei den Entscheidungen der Landessozialgerichte Berlin-Brandenburg und Baden-Württemberg handele es sich um Einzelfälle. Sie seien auf das vorliegende Vertragsverhältnis nicht zu übertragen. Auch wenn sich vorliegend die Versicherungspflicht lediglich auf den Zeitraum vom 16. bis 31. März 2017 erstrecke, liege insgesamt keine geringfügige Beschäftigung gemäß § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) vor. Die Beschäftigung sei nicht auf diesen Zeitraum beschränkt gewesen, sondern vielmehr vom 1. Oktober 2016 bis 31. März 2017 ausgeübt worden. Nach den Angaben der Beteiligten sowie der eingereichten Rechnung im Statusfeststellungsantrag habe das monatliche Arbeitsentgelt regelmäßig 450 EUR überstiegen. Lediglich aufgrund der in § 7a Abs. 6 SGB IV geregelten Möglichkeit eines abweichenden Beginns der Versicherungspflicht reduziere sich im vorliegenden Fall der streitige Zeitraum. Hierdurch werde eine insgesamt nicht geringfügige Beschäftigung jedoch nicht zur geringfügigen Beschäftigung.

Die Beigeladene zu 1 hat eine Aufstellung ihrer Einnahmen vorgelegt, wonach diese 255,78 EUR in der Zeit vom 16. bis 31. März 2017 betragen haben. Aus einer Rechnung vom 15. März 2017 geht zudem hervor, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt 146 Therapien zu einem Gesamtbetrag von 3.922,69 EUR im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Praxis der Klägerin erbracht hat.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist sie fristgemäß innerhalb eines Monats nach Zustellung (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Gemäß § 63 Abs. 2 SGG i.V.m. § 172 ZPO hat in einem anhängigen Verfahren die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Daher ist vorliegend rechtlich unbedeutend, dass das Urteil der Klägerin bereits am 31. Oktober 2018 zugestellt worden ist.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beigeladene zu 1 übte ihre Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 1. Oktober 2016 bis 31. März 2017 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus. In der Zeit vom 16. bis 31. März 2017 bestand Versicherungs- und Beitragspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Die Beklagte ist gemäß § 7a Abs. 1 SGB IV für die Feststellung des Status der Beigeladenen zu 1 zuständig, das vorgeschriebenen Verfahren ist durchgeführt worden.

Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr., vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 14. März 2018, B 12 R 3/17 R, m.w.N.). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 23. Mai 2017, B 12 KR 9/16 R).

Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehungen und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen jedoch der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94, juris, Rdnr. 20). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der u.U. als Scheingeschäft i.S. des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 14. März 2018, B 12 KR 3/17 R). Fehlen zwingende gesetzliche Rahmenvorgaben und kann eine Tätigkeit sowohl in der Form einer Beschäftigung als auch in der einer selbstständigen Tätigkeit erbracht werden, kommt den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer/Auftragnehmer und Arbeitgeber/Auftraggeber zwar keine allein ausschlaggebende, so doch eine gewichtige Rolle zu. Zwar haben es die Vertragsparteien nicht in der Hand, die kraft öffentlichen Rechts angeordnete Sozialversicherungspflicht durch bloße übereinstimmende Willenserklärung auszuschließen. Dem Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2018, B 12 R 3/17 R m.w.N.).

Nach den vorgenannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass die Beigeladene zu 1 als Logopädin eine abhängige Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübt hat und in der Zeit vom 16. bis 31. März 2017 Sozialversicherungspflicht bestanden hat.

Die Tätigkeit einer Logopädin kann sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung als auch einer selbstständigen Tätigkeit erbracht werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Januar 2015, L 1 KR 278/13, juris, Rn. 29). Vorliegend überwiegen jedoch die für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sprechenden Merkmale deutlich.

Für eine Selbstständigkeit der Beigeladenen zu 1 sprechen deren Freiheiten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit. Sie war nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden, es bestand keine Anwesenheitspflicht, sie konnte Terminvereinbarungen mit den Patienten treffen. Sie musste auf ihre Kosten ein ausschließlich für berufliche Belange zu nutzendes Handy bereithalten. Zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 waren keine festen Arbeitszeiten, kein fester Stundensatz und kein monatliches Arbeitsentgelt vereinbart (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 2016, B 12 KR 20/14 R, juris, Rn. 19). Die Beigeladene zu 1 hat nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung hingegen keine eigene Patientenkartei, sondern lediglich ein eigenes Terminbuch geführt. Damit kann das Führen einer eigenen Patientenkartei vorliegend nicht als Indiz für eine Selbstständigkeit herangezogen werden.

Für eine abhängige Beschäftigung spricht die Eingebundenheit der Beigeladenen zu 1 in die betriebliche Organisation der Klägerin. Wie die Beklagte zutreffend vorgetragen hat, folgt dies zunächst aus § 6 Abs. 2 des Vertrages über freie Mitarbeit. Hiernach mussten sämtliche Unterlagen bezüglich der Patienten und der Praxisorganisation wie Karteikarten, Arztberichte, Formblätter etc. zu jeder Zeit der Praxisinhaberin zugänglich aufbewahrt und von der Beigeladenen zu 1 spätestens bei Vertragsende an die Praxisinhaberin ausgehändigt werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beigeladene zu 1 die Akten der von ihr behandelnden Patienten in einem abschließbaren Schrank in dem von ihr genutzten Raum aufbewahrte. Denn jedenfalls war die Beigeladene zu 1 zur Aushändigung der Unterlagen an die Klägerin vertraglich verpflichtet. Ferner hatte die Beigeladene zu 1 keine eigenen Patienten, die sie unabhängig von der klägerischen Praxis angenommen hat, behandelt. Sie war Berufsanfängerin und hatte ihr Praktikum in der klägerischen Praxis absolviert. Soweit die Beigeladene zu 1 Patienten von Herrn D. übernommen hat, handelte es sich ebenso um Patienten aus der klägerischen Praxis, da Herr D. zuvor in der klägerischen Praxis gearbeitet hat. Der Erstkontakt zu den Patienten erfolgte zudem weit überwiegend über die Klägerin. Nur diese trat nach außen hin als verantwortliche Praxisbetreiberin und gegenüber den Patienten als Heilmittelerbringerin auf. Zu einem Erstkontakt zwischen der Beigeladenen zu 1 und einem Patienten kam es, wenn die Beigeladene zu 1 ein entsprechendes Telefonat entgegennahm oder aufgrund einer auf dem Anrufbeantworter der klägerischen Praxis gesprochene Anfrage einen neuen Patienten anrief.

Die Beigeladene zu 1 hatte auch kein maßgebliches Unternehmerrisiko getragen. Sie verfügte nicht über eigene Betriebsräume bzw. eine eigene Betriebsstätte. Vielmehr konnte sie einen Raum in den Betriebsräumen der Klägerin nutzen. Ferner hat die Beigeladene zu 1 keine eigene Werbung betrieben und ist auch nicht für andere Auftraggeber selbstständig als Logopädin tätig geworden. Unternehmerische Freiheiten der Beigeladenen zu 1 bzw. ein sie treffendes Unternehmerrisiko sind allenfalls ansatzweise ersichtlich. So hat sie ein ausschließlich für Praxiszwecke zu nutzendes Handy auf eigene Kosten bereitgehalten. Ferner hat sie in geringem Maße Kosten für Materialien bzw. ein Schallwellengerät aufgewandt. Die Bereitstellung eines eigenen Pkw stellt vorliegend dagegen kein Unternehmerrisiko dar, da dieser nur für die Fahrten zwischen dem Wohnort der Beigeladenen zu 1 und der Praxis der Klägerin genutzt wurde. Hausbesuche hat die Beigeladene zu 1 nach ihren Angaben hingegen im streitigen Zeitraum nicht getätigt.

Die Beigeladene zu 1 hatte auch kein relevantes Risiko im Hinblick auf von Patienten abgesagten Behandlungsterminen zu tragen. Nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat müssen Patienten im Verhinderungsfall 24 Stunden vorher den Termin absagen, andernfalls haben sie die anfallenden Kosten zu tragen. Damit bestand entweder ein Vergütungsanspruch oder die Beigeladene zu 1 konnte einen anderen Patienten für diesen Termin bestellen bzw. die freie Zeit anderweitig verplanen.

Ferner ist die Beigeladene zu 1 nicht in rechtlich relevantem Maße nach außen unternehmerisch auf dem Markt aufgetreten. Sie hat für ihre Tätigkeit keine Werbung gemacht. Sie hat - trotz vertraglicher Verpflichtung - keine Webseite eingerichtet. Auch hat sie keine Visitenkarten verteilt. Sie erbrachte ihre Leistungen vielmehr ausschließlich im Namen der Klägerin. Nach ihren Angaben tauchte ihr Name in der Praxis an keiner Stelle auf. Auch das Formular, auf welchem die Angaben zu den Patienten aufgeführt wurden und das von den Patienten zu unterschreiben war, trug den Briefkopf der Klägerin. Lediglich in Arztbriefen stand der Name der Beigeladenen zu 1. Es war für die Patienten damit nicht wahrnehmbar, dass die Beigeladene zu 1 als selbstständige Logopädin tätig gewesen sein sollte. Die Beigeladene zu 1 beschäftigte kein eigenes Personal und erbrachte ihre Leistungen nur in eigener Person. Sie musste kein eigenes Wagniskapital einsetzen und war auch am wirtschaftlichen Erfolg der Praxis nicht eigenständig und unabhängig vom Ausmaß des eigenen persönlichen Arbeitseinsatzes beteiligt. Allein der Umstand, dass jemand von seinem Vertragspartner keinen für Beschäftigte typischen sozialen Schutz zur Verfügung gestellt erhält, führt noch nicht zur Annahme eines unternehmerischen Risikos. Einem solchen Risiko müssen vielmehr - um sozialversicherungsrechtliche Folgen auslösen zu können - auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen. Auch aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 2016, B 12 KR 20/14 R, juris, Rdnr. 21).

Auf "zwingende" Vorgaben des Leistungserbringungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Annahme von Beschäftigung hingegen nicht zu stützen. Insbesondere kann der Regelung in § 124 Abs. 1 SGB V keine determinierende Wirkung in Bezug auf die zu entscheidende Frage des Vorliegens von Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV entnommen werden (BSG, Urteil vom 24. März 2016, B 12 KR 20/14 R, juris, Rn. 28). Es ist daher nicht relevant, dass die Beigeladene zu 1 wegen der Regelungen des Leistungserbringerrechts der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mit den Kostenträgern direkt abrechnen konnte, sondern dies über die Klägerin erfolgen musste (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2018, L 7 R 1319/17, juris Rdnr. 47).

Unter Abwägung aller maßgeblichen Merkmale führt das Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 für die Klägerin zum Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.

Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung begründet keine andere Bewertung, da den entsprechenden Entscheidungen andere Sachverhalte zugrunde lagen. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 19. Juli 2018 (L 7 R 1319/17) über den Fall einer Physiotherapeutin entschieden, die auch eigene Patienten behandelt hat. Vor allem aber ist die Praxisinhaberin nicht als alleinige Praxisbetreiberin aufgetreten. Vielmehr war der Behandlungsraum mit dem Namen der Physiotherapeutin beschriftet und diese hatte einen eigenen Aufsteller auf der Theke sowie Werbung mit eigenen Visitenkarten gemacht. Auch die Urteile des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg vom 5. Januar 2015 (L 1 KR 278/13) und vom 15. August 2017 (L 1 KR 468/16) betreffen abweichende Sachverhalte. Im Verfahren L 1 KR 278/13 ist die Tätigkeit einer Logopädin bewertet worden, die umfangreiche eigene Arbeitsmittel eingesetzt und eigene Patienten betreut hat. Ihre Tätigkeit führte sie sowohl in der Praxis, als auch bei den Patienten zu Hause oder im Pflegeheim aus. Die Rechnungsstellung erfolgte nur dann über die Praxisinhaberin, wenn die Patienten in der Praxis behandelt worden sind. Im Verfahren L 1 KR 468/16 hat das Landessozialgericht Berlin-Branden¬burg hingegen hinsichtlich der Tätigkeit einer Physiotherapeutin entschieden, die ihre eigenen Patienten behandelte und Physiotherapietechniken (Bobath und Manuelle Therapie) beherrschte, die in der Physiotherapiepraxis von keiner anderen Person angewandt werden durften. Sie war zudem hauptberuflich als Dozentin für Physiotherapie tätig und trat selbst auf dem Markt auf. Damit unterscheiden sich die Sachverhalte maßgeblich von der vorliegenden Konstellation. Dies gilt gleichermaßen für das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. September 2011 (B 12 R 17/09 R) zur Tätigkeit einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin, die mit einer Logopädin keineswegs vergleichbar ist.

Schließlich ist auch ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit nicht erkennbar. Das Grundrecht auf Gewerbefreiheit und Unternehmerfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) wird durch die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung auf der Grundlage der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien nicht verletzt, wenn sich nach den Umständen des Einzelfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung ergibt. Selbst wenn danach manche Dienstleistungen praktisch nur in Form einer abhängigen Beschäftigung verrichtet werden können, wird dadurch ein Grundrecht der Klägerin bzw. der Beigeladenen zu 1 nicht verletzt (s. BSG, Beschluss vom 11. Mai 1993, 12 BK 62/91, juris, Rdnr. 3). Abgrenzungsschwierigkeiten in Grenz- und Übergangsfällen der abhängigen Beschäftigung zur selbstständigen Tätigkeit sind zudem verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 1996, 1 BvR 21/96, juris).

Die Beigeladene zu 1 war ausweislich der vorgelegten Rechnung und Einnahmenaufstellung nicht nur geringfügig im Sinne von § 8 SGB IV für die Klägerin tätig, so dass insoweit auch keine Versicherungsfreiheit vorlag.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG werden, wenn in einem Verfahren weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten kostenrechtlich privilegierten Personen gehört, Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist der Streitwert auf 5.000,00 EUR festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 2 GKG).
Rechtskraft
Aus
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