Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 418/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 AL 3215/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Es ist nicht verfassungswidrig, dass Erziehungszeiten bis 31.12.1997 Beitragszeiten gleichgestellt waren, vom 1.1.1998 bis 31.12.2002 nur einen Streckungstatbestand darstellten, seit 1.1.2003 aber -wieder- versicherungspflichtig sind.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ab 1.12.2000 Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat.
Die am 1962 geborene Klägerin war vom 16. März 1987 bis 16. November 1996 durchgehend versicherungspflichtig beschäftigt. Aufgrund ihrer Arbeitslosmeldung und Antragstellung vom 13. November 1996 beim Arbeitsamt Villingen-Schwenningen (AA) bezog sie vom 18. November 1996 bis 25. Juni 1997 Alg für eine Anspruchsdauer von 215 Tagen. Am 26. Juni 1997 meldete sie sich aus dem Leistungsbezug wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld ab (Aufhebungsbescheid vom 28. Juli 1997). Zu diesem Zeitpunkt bestand noch eine Restanspruchsdauer von 97 Tagen. Am 11. September 1997 gebar sie ihre Tochter L ... Nach dem Bezug von Mutterschaftsgeld erhielt sie bis einschließlich dem 24. Lebensmonat des Kindes, dem September 1999, Bundeserziehungsgeld.
Am 1. Dezember 2000 meldete sich die Klägerin beim AA Rottweil, Dienststelle Tuttlingen, erneut arbeitslos und beantragte Alg. Hierbei gab sie an, sie könne wegen der Betreuung des 3-jährigen Kindes nur 15 Stunden wöchentlich von Montag bis Samstag jeweils 9.00 bis 12.00 Uhr beschäftigt sein.
Nachdem das AA Villingen-Schwenningen das AA Rottweil am 13. Dezember 2000 für örtlich zuständig erklärte, lehnte dieses mit Bescheid vom 19. Dezember 2000 die Bewilligung von Alg mit der Begründung ab, die Klägerin habe innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 1. Dezember 2000 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und deswegen keinen Anspruch auf Alg. Sie habe auch keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi), da sie innerhalb der Vorfrist von einem Jahr vor dem 1. Dezember 2000 kein Alg bezogen habe.
Mit ihrem hiergegen am 2. Januar 2001 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihr sei noch im Sommer 1997 seitens des AA Villingen zugesichert worden, dass sie ihren Restanspruch auf Alg nach dem Erziehungsurlaub beziehen könne. Auf ein Erlöschen des Anspruchs sei sie nicht hingewiesen worden. Auf diese Aussage habe sie voll vertraut, so dass eine nachteilige Behandlung nicht gerechtfertigt sei. Sie habe sich nach dem Erziehungsurlaub erst zum 1. Dezember 2000 arbeitslos gemeldet, da eine frühere Abgabe des Kindes in den Kindergarten aus persönlichen Gründen noch nicht möglich gewesen wäre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2001 wies die Widerspruchsstelle des AA den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, die Rahmenfrist erstrecke sich unter Berücksichtigung der Zeiten der Kinderbetreuung vom 18. November 1996 bis 30. November 2000, nachdem die Klägerin am 18. November 1996 bereits eine Anwartschaftszeit auf Alg erfüllt habe. In diesem Zeitraum habe sie keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Die bis 31. Dezember 1997 zurückgelegte Zeit des Bezuges von Erziehungsgeld werde zwar den Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses gleichgestellt. Dieser Zeitraum umfasse jedoch nur 159 Kalendertage, womit sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllen könne. Selbst wenn sie nicht oder nicht richtig seitens des AA Villingen beraten worden wäre, könne dies im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht die fehlende Arbeitslosmeldung ersetzen. Die Auskunft des AA Villingen im Sommer 1997, dass nach dem Erziehungsurlaub weiterhin Alg bezogen werden könne, sei zudem richtig gewesen, da der Erziehungsurlaub mit Ablauf des 10. September 2000 geendet habe und der Anspruch erst mit Ablauf des 17. November 2000 erloschen gewesen sei. Im Übrigen sei sie bereits mit Aushändigung des Merkblattes für Arbeitslose, welches sie am 20. November 1996 erhalten und dessen Kenntnis sie mit ihrer Unterschrift bestätigt habe, darauf hingewiesen worden, dass ihr der erworbene Anspruch auf Alg nur vier Jahre erhalten bleibe.
Am 19. Februar 2001 erhob die Klägerin hiergegen Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) mit der Begründung, die Meldewirkung des Antrages vom 13. November 1996 sei durch die Aufnahme der Erziehung des Kindes mit dessen Geburt am 11. September 1997 weggefallen. Dies bewirke ihrer Auffassung nach, dass die Rahmenfrist nach § 124 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für den Zeitraum vom 1. Dezember 2000 bis zum 1. Dezember 1994 zu bemessen sei, da die drei Jahre Erziehungszeit auf den Lauf der Rahmenfrist nach § 124 Abs. 3 Ziff. 2 SGB III unschädlich sein müssten. Innerhalb dieser Rahmenfrist habe sie über zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und somit die Anwartschaftszeit erfüllt. Der Anspruch sei auch nicht nach § 147 Abs. 2 SGB III erloschen, sondern erst mit Antragstellung vom 1. Dezember 2000 wirksam entstanden. Außerdem habe sie durch die Geburt des Kindes einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung erlangt, der dem Anspruch auf Alg vorgehe und deswegen zum Ruhen der Leistung über den gesamten Erziehungszeitraum führe. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes von § 8 Abs. 3 SGB III sei es unzulässig und unverhältnismäßig, bei der Berechnung der Rahmenfrist nach § 124 SGB III die Unterbrechung durch die Erziehungszeit unberücksichtigt zu lassen.
Mit Urteil vom 26. Juni 2001 wies das SG die Klage mit der Begründung ab, bei ihrer erneuten Arbeitslosmeldung vom 1. Dezember 2000 habe der Klägerin der alte, am 18. November 1996 entstandene Anspruch auf Alg (mit der am 26. Juni 1997 noch vorhandenen Restanspruchsdauer von 97 Tagen) nicht mehr zur Verfügung gestanden. Dieser sei vielmehr nach § 147 Abs. 2 SGB III am 17. November 2000 erloschen und könne deswegen nicht mehr Grundlage für laufende Arbeitslosgeldzahlungen sein. Sie habe auch am 1. Dezember 2000 keinen neuen Anspruch auf Alg erworben, nachdem die Rahmenfrist nur bis zum 18. November 1996 reiche und eine weiter zurückgehende Verlängerung wegen der Begrenzung nach § 124 Abs. 2 SGB III nicht möglich sei. Innerhalb dieser Rahmenfrist habe sie lediglich 159 Kalendertage und nicht die erforderlichen zwölf Monate - durch den Bezug von Erziehungsgeld - mit gleichgestellten Zeiten zur Erfüllung der Anwartschaftszeit nachgewiesen. § 8 Abs. 3 SGB III ("Frauenförderung") betreffe ausdrücklich nur die Leistungen der aktiven Arbeitsförderung mit Ausnahme von Alg. Auch unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs habe sie keinen Anspruch auf Leistungen, weil es bereits an einer fehlerhaften Beratung fehle. Sie könne jedenfalls nicht darauf vertrauen, dass sie ihren alten Anspruch auf Alg länger als vier Jahre erhalten könne. Dies ergebe sich bereits aus dem Merkblatt für Arbeitslose, Ausgabe April 1996, auf Seite 21. Außerdem habe sie sich erst am 1. Dezember 2000 erneut arbeitslos gemeldet, was nicht durch ein Amtshandeln auf einen früheren Zeitpunkt verlegt werden könne.
Gegen das am 16. Juli 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. August 2001 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie die Auffassung vertritt, die Regelung des § 124 Abs. 3 SGB III müsse sinngemäß auf § 147 SGB III angewendet werden. Ansonsten werde der Zweck, der Schutz von Müttern, die ihre Kinder bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres selbst betreuten, verfehlt. Die erstinstanzliche Auslegung ausschließlich am Wortlaut des Gesetzes führe auch zu einer unerträglichen Benachteiligung arbeitsloser Frauen, die schwanger würden, und verstoße daher gegen Art. 6 Grundgesetz - GG -. Auch sei die Belehrung in dem Merkblatt falsch, nachdem ausdrücklich auf "andere Zeiten" hingewiesen werde. Der Mitarbeiter des AA, Herr Körber, habe ihr ausdrücklich die Auskunft erteilt, sie könne nach Ablauf der Kindererziehungszeit mit dem Restanspruch weitermachen. Eine Einschränkung dahingehend, dass gewisse Fristen einzuhalten seien, sei nicht gemacht worden. Sie habe daher Kindererziehungszeit für andere Zeiten im Sinne der Broschüre auf Seite 21 gehalten. Der Beratungstermin müsse zusammen mit der Übergabe der Bescheinigung über den mutmaßlichen Tag der Entbindung gesehen werden. Wenn sie gewusst hätte, dass sie vor Ablauf der Rahmenfrist wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müsse, hätte sie durch Inanspruchnahme einer Fremdbetreuung für ihre Verfügbarkeit sorgen können. Dies sei allein im Hinblick auf die fehlerhafte Beratung unterblieben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Juni 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2001 aufzuheben und die Be- klagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe be- ginnend ab 1. Dezember 2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass die Klägerin auf ihren alten Anspruch hätte zurückgreifen können, wenn sie sich nach Ablauf des Erziehungsurlaubs am 11. September 2000 wieder arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hätte. Auf diese Rechtsfolge sei sie auch durch das Merkblatt auf Seite 21 präzise hingewiesen worden. Wenn sie Kindererziehungszeiten für "andere Zeiten" halte, gehe dieser Irrtum zu ihren Lasten. Die Aussage vom Sommer 1997, sie könne ihren Anspruch auf Alg nach dem Erziehungsurlaub weiter beziehen, sei damit grundsätzlich richtig gewesen. Andererseits sei sie durch die Broschüre darauf hingewiesen worden, dass ein erworbener Anspruch auf Alg nur vier Jahre erhalten bleibe. Eine Fehlberatung sei damit nicht erkennbar. Außerdem sei durch die Beratung der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht zu begründen, da es nicht möglich sei, die fehlende Arbeitslosmeldung zu ersetzen, die Nichterfüllung einer Anwartschaftszeit anzuerkennen oder eine fehlende Verfügbarkeit zu ersetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Sie ist auch statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von DM 1.000,- bzw. seit 01.01.2002 mehr als 500 EUR ist überschritten, weil die Klägerin einen Leistungsanspruch auf Alg für die Zeit ab dem 1. Dezember 2000 für zumindest 97 Tage geltend macht und sie damit - ausgehend von ihrem 1997 zuletzt bezogenen täglichen Leistungssatz von DM 47,90 - einen Betrag von mindestens 4.646,30 DM fordert.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Alg ab dem 1. Dezember 2000.
1.) Die Klägerin hat am 1. Dezember 2000 keinen neuen Anspruch auf Alg erworben. Nach § 117 Abs. 1 Nr. 2 SGB III hat Anspruch auf Alg nur derjenige, der u.a. die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Die Anwartschaftszeit hat nach § 123 S. 1 Nr. 1 SGB III erfüllt, wer u.a. in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt nach § 124 Abs. 1 SGB III drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg, d.h. der Arbeitslose muss die Voraussetzungen des § 117 erfüllen (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung und Erfüllung der Anwartschaftszeit). Der Beginn der Rahmenfrist ist somit der 30. November 2000, d.h. der Tag vor der Arbeitslosmeldung. Nach § 124 Abs. 3 Nr. 1 SGB III werden in die Rahmenfrist nicht eingerechnet Zeiten, in denen der Arbeitslose u.a. ein Kind, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, betreut und erzieht. Dies hat zur Folge, dass sich die Rahmenfrist in Anbetracht der Kindererziehungszeiten vom 11. September 1997 bis 10. September 2000 zwar verlängert, allerdings nur bis zum 18. November 1996. Das folgt aus § 124 Abs. 2 SGB III, wonach eine Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreicht, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte. Aus diesem Grund ist ein Rückgriff auf die vor dem 18. November 1996 liegenden Zeiten nicht möglich. In der Zeit vom 18. November 1996 bis 30. November 2000 können ihr jedoch lediglich - wie das SG zutreffend festgestellt hat - 159 Kalendertage Mutterschafts- und Bundeserziehungsgeld auf die Anwartschaftszeit angerechnet werden. Dies beruht auf der Regelung des § 427 Abs. 3 SGB III, wonach Zeiten vor dem 1.1.1998, die nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der zuletzt geltenden Fassung den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung ohne Beitragsleistung gleich standen, bei Anwendung der Regelungen über die für einen Anspruch auf Alg erforderliche Anwartschaftszeit und die Dauer des Anspruchs den Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses gleich stehen. Die Zeit des Bezugs von Mutterschafts- und Erziehungsgeld war nach dem bis 31.12.1998 geltenden § 107 S. 1 Nr. 5 b und c AFG den Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses gleichgestellt und kann damit für die Erfüllung der Anwartschaftszeit herangezogen werden.
Die Rechtslage ist somit dadurch gekennzeichnet, dass bis 31.12.1997 Zeiten des Bezugs von Erziehungsgeld Beitragszeiten gleichgestellt waren. Eine eigenständige Versicherungspflicht während Zeiten von Kindererziehung sieht § 26 Abs. 2 a S. 1 SGB III in der Fassung des Job-Aqtiv-Gesetzes vom 10.12.2001 wieder ab 01.01.2003 vor. Vom 1.1.1998 bis 31.12.2002 sind Erziehungszeiten Streckungstatbestände, durch die die Rahmenfrist erweitert wird. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Art. 6 GG verbietet dem Gesetzgeber eine Benachteiligung von Ehe und Familie und begründet die allgemeine Pflicht des Staates zum Familienlastenausgleich. Konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme lassen sich daraus nicht ableiten. Bei der Förderung der Familien hat der Gesetzgeber ein sehr weitgehendes Gestaltungsermessen (vgl BVerfG SozR 3-5761 Allg). Er darf dabei insbesondere die rechtliche Behandlung der Erziehungszeiten der Systematik eines Gesetzes anpassen und dabei typisieren. Die hier maßgebende Regelung hält sich unzweifelhaft im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums. Sie hat für die erziehende Mutter den Vorteil, dass auf ihr zuletzt erzieltes Bemessungsentgelt zurückgegriffen werden kann, wohingegen bei der Förderung über die Beitragszeit fiktive Einstufungen erforderlich werden, die häufig zu einem niedrigeren Bemessungsentgelt führen.
2. Der Restanspruch des am 18. November 1996 erworbenen Alg-Anspruchs ist schließlich nach § 147 Abs. 2 SGB III erloschen, so dass die Klägerin auch hierdurch keinen Leistungsanspruch begründen kann. Nach dieser Vorschrift kann der Anspruch auf Alg nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung 4 Jahre verstrichen sind. Die Vorschrift beinhaltet eine Ausschlussfrist, die ohne Hemmungs- oder Unterbrechungsmöglichkeiten kalendermäßig abläuft (vgl. zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 125 Abs. 2 AFG BSG SozR 4100 § 125 Nr. 3 m.w.N.). Damit hat vorliegend die Ausschlussfrist am 18. November 1996 begonnen, sie hat mit Ablauf des 17. November 2000 geendet. Insoweit liegt auch keine planwidrige Gesetzeslücke vor, die durch eine entsprechende Anwendung des § 124 Abs. 3 SGB III in dem Sinne zu schließen wäre, dass durch die Erziehungs - und Betreuungszeit eine Hemmung der Frist um diesen Zeitraum der Erziehung und Betreuung eines Kindes eintritt (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 10. April 2002 - L 5 AL 4443/00 zu Pflegezeiten).
Der Gesetzgeber hat die Betreuung und Erziehung eines bis 3-jährigen Kindes (bis 01.01.2003) im Bereich der Arbeitsförderung nur im Rahmen des § 124 Abs. 3 Nr. 2 SGB III berücksichtigt, d.h. Erziehungsleistungen dadurch privilegiert, dass diese zur Verlängerung der Rahmenfrist führen. Er hat aber andererseits wegen der strengen Ausrichtung der Leistungen des SGB III am Versicherungsprinzip mit der Folge, dass nur noch Zeiten, für die Beiträge entrichtet worden sind, zur Begründung eines Anspruchs auf beitragsabhängige Leistungen dienen (BT-Drucks. 13/4941, S. 143, 146), und in Kenntnis der Rechtsprechung zu § 125 AFG diese Regelung trotz der Privilegierungsregelung der Erziehungszeit im Bereich der Rahmenfristen als § 147 Abs. 2 inhaltlich unverändert in das SGB III übernommen.
Auch dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BSG SozR 3-4100 § 107 Nr. 4 und Nr. 10), denn es handelt sich sowohl um eine inhaltlich unbedenkliche eigentumsrechtliche Regelung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, wie auch keine Ungleichbehandlung gegenüber den Versicherten vorliegt, die Erziehungsleistungen erbracht haben und erstmals einen Anspruch auf Alg geltend machen. Deren ungleiche Behandlung ist nämlich nicht sachwidrig im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG, weil im Falle eines Erstantrages der Arbeitslose noch kein Alg bezogen hat, während Arbeitslose wie die Klägerin, deren Alg-Bezug durch Erziehungsleistungen unterbrochen wird, bereits für einen bestimmten Zeitraum Leistungen erhalten haben und zudem den Restanspruch durch rechtzeitige Arbeitslosmeldung erhalten können. Im Interesse der Typisierung von Lebenssachverhalten ist es auch nicht geboten, danach zu unterscheiden, in welchem Zeitraum bereits Alg bezogen worden ist (vgl. zum Ganzen auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 28. September 2000 - L 12 AL 3757/99 -).
Insoweit ergibt sich auch zur Überzeugung des Senats keine andere Auslegung aus § 8 Abs. 3 SGB III. Den Ausführungen des SG hierzu ist nichts mehr hinzuzufügen.
3. Die Klägerin kann schließlich einen Anspruch auf Leistungen auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Ob überhaupt ein Beratungsfehler seitens des AA vorliegt bzw. die Hinweispflicht nach § 14 SGB I hinsichtlich des Verlaufs der Verfallfrist nach § 147 Abs. 2 SGB III verletzt wurde, ist zweifelhaft, da bereits nach den eigenen Ausführungen der Klägerin diese zutreffend darauf hingewiesen wurde, dass sie nach Ablauf des Erziehungsurlaubs noch das Rest-Alg beziehen könne. Hätte sich die Klägerin dem gemäß am 11. September 2000 wieder arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt, so hätte sie - worauf sie zutreffend hingewiesen worden ist - Anspruch auf die Restleistungen gehabt. Im Übrigen war zum Zeitpunkt der angeblichen Beratung die der Klägerin erteilte Auskunft inhaltlich richtig. Nach damaliger Rechtslage hätte die Klägerin durch eine mehr als 12-monatige Kindererziehung eine neue Anwartschaft begründet.
Eine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin über die Änderungen durch das SGB III zu informieren, bestand nicht. Das SGB I sieht in § 13 nur eine allgemeine Aufklärungspflicht vor, die nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 12 mwN) regelmäßig keine subjektiven Rechte des Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger begründet; aus ihrer Verletzung erwächst deshalb dem Betroffenen grundsätzlich kein Herstellungsanspruch. Konkrete Informationspflichten bestehen nur auf Anfrage des Bürgers in Form von Auskunft und Beratung (vgl. §§ 14 und 15 SGB I). Um Beratung hat die Klägerin nach dem Sommer 1997 aber nicht mehr nachgesucht. Eine allgemeine Verpflichtung der Behörde, nach einer gesetzlichen Regelung alle geführten Akten daraufhin zu überprüfen, ob sie Anlass für eine spontane Beratung geben könnten, besteht nicht (vgl BSG SozR 3-1200 § 14 Nrn 12 und 21).
Ein Herstellungsanspruch folgt auch nicht aus dem von der Beklagten herausgegebenen Merkblatt, Ausgabe April 1996, auf Seite 21. Der Satz "Das bedeutet, dass Sie innerhalb dieser Frist auf eine nicht verbrauchte Anspruchsdauer zurückgreifen können, falls Sie durch ein neues Beschäftigungsverhältnis oder durch andere Zeiten nicht erneut die Anwartschaft erfüllen." bezieht sich lediglich auf § 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, d.h. einen weiteren Erlöschenstatbestand, nämlich mit der Entstehung eines neuen Anspruchs (durch ein neues Beschäftigungsverhältnis oder durch andere Zeiten). Die Ausführungen im Merkblatt decken sich nur mit dem Wortlaut des § 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, so dass der Auffassung der klägerischen Seite nicht gefolgt werden kann, das Merkblatt sei hier falsch.
Dies kann hier jedoch letztlich dahingestellt bleiben, nachdem die Klägerin aufgrund der Kindererziehung nach ihren eigenen Angaben im Widerspruch vom 2. Januar 2001 nicht verfügbar war. Denn die Abgabe des Kindes in einen Kindergarten war aus persönlichen Gründen nicht möglich. Insofern wäre auch eine mögliche Falschberatung nicht kausal für den Verlust der Restanspruchsdauer auf Alg. Weder die Verfügbarkeit noch die Arbeitslosmeldung können im Wege des Herstellungsanspruchs hergestellt werden ( BSG SozR 3-4100 § 125 AFG Nr. 1).
4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Alhi, weil sie die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 190 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 192 S. 1 SGB III nicht erfüllt. Sie hat in der einjährigen Vorfrist weder Alg bezogen noch innerhalb der um 2 Jahre verlängerten Vorfrist des § 192 S. 2 SGB III.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ab 1.12.2000 Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat.
Die am 1962 geborene Klägerin war vom 16. März 1987 bis 16. November 1996 durchgehend versicherungspflichtig beschäftigt. Aufgrund ihrer Arbeitslosmeldung und Antragstellung vom 13. November 1996 beim Arbeitsamt Villingen-Schwenningen (AA) bezog sie vom 18. November 1996 bis 25. Juni 1997 Alg für eine Anspruchsdauer von 215 Tagen. Am 26. Juni 1997 meldete sie sich aus dem Leistungsbezug wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld ab (Aufhebungsbescheid vom 28. Juli 1997). Zu diesem Zeitpunkt bestand noch eine Restanspruchsdauer von 97 Tagen. Am 11. September 1997 gebar sie ihre Tochter L ... Nach dem Bezug von Mutterschaftsgeld erhielt sie bis einschließlich dem 24. Lebensmonat des Kindes, dem September 1999, Bundeserziehungsgeld.
Am 1. Dezember 2000 meldete sich die Klägerin beim AA Rottweil, Dienststelle Tuttlingen, erneut arbeitslos und beantragte Alg. Hierbei gab sie an, sie könne wegen der Betreuung des 3-jährigen Kindes nur 15 Stunden wöchentlich von Montag bis Samstag jeweils 9.00 bis 12.00 Uhr beschäftigt sein.
Nachdem das AA Villingen-Schwenningen das AA Rottweil am 13. Dezember 2000 für örtlich zuständig erklärte, lehnte dieses mit Bescheid vom 19. Dezember 2000 die Bewilligung von Alg mit der Begründung ab, die Klägerin habe innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 1. Dezember 2000 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und deswegen keinen Anspruch auf Alg. Sie habe auch keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi), da sie innerhalb der Vorfrist von einem Jahr vor dem 1. Dezember 2000 kein Alg bezogen habe.
Mit ihrem hiergegen am 2. Januar 2001 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihr sei noch im Sommer 1997 seitens des AA Villingen zugesichert worden, dass sie ihren Restanspruch auf Alg nach dem Erziehungsurlaub beziehen könne. Auf ein Erlöschen des Anspruchs sei sie nicht hingewiesen worden. Auf diese Aussage habe sie voll vertraut, so dass eine nachteilige Behandlung nicht gerechtfertigt sei. Sie habe sich nach dem Erziehungsurlaub erst zum 1. Dezember 2000 arbeitslos gemeldet, da eine frühere Abgabe des Kindes in den Kindergarten aus persönlichen Gründen noch nicht möglich gewesen wäre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2001 wies die Widerspruchsstelle des AA den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, die Rahmenfrist erstrecke sich unter Berücksichtigung der Zeiten der Kinderbetreuung vom 18. November 1996 bis 30. November 2000, nachdem die Klägerin am 18. November 1996 bereits eine Anwartschaftszeit auf Alg erfüllt habe. In diesem Zeitraum habe sie keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Die bis 31. Dezember 1997 zurückgelegte Zeit des Bezuges von Erziehungsgeld werde zwar den Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses gleichgestellt. Dieser Zeitraum umfasse jedoch nur 159 Kalendertage, womit sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllen könne. Selbst wenn sie nicht oder nicht richtig seitens des AA Villingen beraten worden wäre, könne dies im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht die fehlende Arbeitslosmeldung ersetzen. Die Auskunft des AA Villingen im Sommer 1997, dass nach dem Erziehungsurlaub weiterhin Alg bezogen werden könne, sei zudem richtig gewesen, da der Erziehungsurlaub mit Ablauf des 10. September 2000 geendet habe und der Anspruch erst mit Ablauf des 17. November 2000 erloschen gewesen sei. Im Übrigen sei sie bereits mit Aushändigung des Merkblattes für Arbeitslose, welches sie am 20. November 1996 erhalten und dessen Kenntnis sie mit ihrer Unterschrift bestätigt habe, darauf hingewiesen worden, dass ihr der erworbene Anspruch auf Alg nur vier Jahre erhalten bleibe.
Am 19. Februar 2001 erhob die Klägerin hiergegen Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) mit der Begründung, die Meldewirkung des Antrages vom 13. November 1996 sei durch die Aufnahme der Erziehung des Kindes mit dessen Geburt am 11. September 1997 weggefallen. Dies bewirke ihrer Auffassung nach, dass die Rahmenfrist nach § 124 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für den Zeitraum vom 1. Dezember 2000 bis zum 1. Dezember 1994 zu bemessen sei, da die drei Jahre Erziehungszeit auf den Lauf der Rahmenfrist nach § 124 Abs. 3 Ziff. 2 SGB III unschädlich sein müssten. Innerhalb dieser Rahmenfrist habe sie über zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und somit die Anwartschaftszeit erfüllt. Der Anspruch sei auch nicht nach § 147 Abs. 2 SGB III erloschen, sondern erst mit Antragstellung vom 1. Dezember 2000 wirksam entstanden. Außerdem habe sie durch die Geburt des Kindes einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung erlangt, der dem Anspruch auf Alg vorgehe und deswegen zum Ruhen der Leistung über den gesamten Erziehungszeitraum führe. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes von § 8 Abs. 3 SGB III sei es unzulässig und unverhältnismäßig, bei der Berechnung der Rahmenfrist nach § 124 SGB III die Unterbrechung durch die Erziehungszeit unberücksichtigt zu lassen.
Mit Urteil vom 26. Juni 2001 wies das SG die Klage mit der Begründung ab, bei ihrer erneuten Arbeitslosmeldung vom 1. Dezember 2000 habe der Klägerin der alte, am 18. November 1996 entstandene Anspruch auf Alg (mit der am 26. Juni 1997 noch vorhandenen Restanspruchsdauer von 97 Tagen) nicht mehr zur Verfügung gestanden. Dieser sei vielmehr nach § 147 Abs. 2 SGB III am 17. November 2000 erloschen und könne deswegen nicht mehr Grundlage für laufende Arbeitslosgeldzahlungen sein. Sie habe auch am 1. Dezember 2000 keinen neuen Anspruch auf Alg erworben, nachdem die Rahmenfrist nur bis zum 18. November 1996 reiche und eine weiter zurückgehende Verlängerung wegen der Begrenzung nach § 124 Abs. 2 SGB III nicht möglich sei. Innerhalb dieser Rahmenfrist habe sie lediglich 159 Kalendertage und nicht die erforderlichen zwölf Monate - durch den Bezug von Erziehungsgeld - mit gleichgestellten Zeiten zur Erfüllung der Anwartschaftszeit nachgewiesen. § 8 Abs. 3 SGB III ("Frauenförderung") betreffe ausdrücklich nur die Leistungen der aktiven Arbeitsförderung mit Ausnahme von Alg. Auch unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs habe sie keinen Anspruch auf Leistungen, weil es bereits an einer fehlerhaften Beratung fehle. Sie könne jedenfalls nicht darauf vertrauen, dass sie ihren alten Anspruch auf Alg länger als vier Jahre erhalten könne. Dies ergebe sich bereits aus dem Merkblatt für Arbeitslose, Ausgabe April 1996, auf Seite 21. Außerdem habe sie sich erst am 1. Dezember 2000 erneut arbeitslos gemeldet, was nicht durch ein Amtshandeln auf einen früheren Zeitpunkt verlegt werden könne.
Gegen das am 16. Juli 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. August 2001 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie die Auffassung vertritt, die Regelung des § 124 Abs. 3 SGB III müsse sinngemäß auf § 147 SGB III angewendet werden. Ansonsten werde der Zweck, der Schutz von Müttern, die ihre Kinder bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres selbst betreuten, verfehlt. Die erstinstanzliche Auslegung ausschließlich am Wortlaut des Gesetzes führe auch zu einer unerträglichen Benachteiligung arbeitsloser Frauen, die schwanger würden, und verstoße daher gegen Art. 6 Grundgesetz - GG -. Auch sei die Belehrung in dem Merkblatt falsch, nachdem ausdrücklich auf "andere Zeiten" hingewiesen werde. Der Mitarbeiter des AA, Herr Körber, habe ihr ausdrücklich die Auskunft erteilt, sie könne nach Ablauf der Kindererziehungszeit mit dem Restanspruch weitermachen. Eine Einschränkung dahingehend, dass gewisse Fristen einzuhalten seien, sei nicht gemacht worden. Sie habe daher Kindererziehungszeit für andere Zeiten im Sinne der Broschüre auf Seite 21 gehalten. Der Beratungstermin müsse zusammen mit der Übergabe der Bescheinigung über den mutmaßlichen Tag der Entbindung gesehen werden. Wenn sie gewusst hätte, dass sie vor Ablauf der Rahmenfrist wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müsse, hätte sie durch Inanspruchnahme einer Fremdbetreuung für ihre Verfügbarkeit sorgen können. Dies sei allein im Hinblick auf die fehlerhafte Beratung unterblieben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Juni 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2001 aufzuheben und die Be- klagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe be- ginnend ab 1. Dezember 2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass die Klägerin auf ihren alten Anspruch hätte zurückgreifen können, wenn sie sich nach Ablauf des Erziehungsurlaubs am 11. September 2000 wieder arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hätte. Auf diese Rechtsfolge sei sie auch durch das Merkblatt auf Seite 21 präzise hingewiesen worden. Wenn sie Kindererziehungszeiten für "andere Zeiten" halte, gehe dieser Irrtum zu ihren Lasten. Die Aussage vom Sommer 1997, sie könne ihren Anspruch auf Alg nach dem Erziehungsurlaub weiter beziehen, sei damit grundsätzlich richtig gewesen. Andererseits sei sie durch die Broschüre darauf hingewiesen worden, dass ein erworbener Anspruch auf Alg nur vier Jahre erhalten bleibe. Eine Fehlberatung sei damit nicht erkennbar. Außerdem sei durch die Beratung der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht zu begründen, da es nicht möglich sei, die fehlende Arbeitslosmeldung zu ersetzen, die Nichterfüllung einer Anwartschaftszeit anzuerkennen oder eine fehlende Verfügbarkeit zu ersetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Sie ist auch statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von DM 1.000,- bzw. seit 01.01.2002 mehr als 500 EUR ist überschritten, weil die Klägerin einen Leistungsanspruch auf Alg für die Zeit ab dem 1. Dezember 2000 für zumindest 97 Tage geltend macht und sie damit - ausgehend von ihrem 1997 zuletzt bezogenen täglichen Leistungssatz von DM 47,90 - einen Betrag von mindestens 4.646,30 DM fordert.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Alg ab dem 1. Dezember 2000.
1.) Die Klägerin hat am 1. Dezember 2000 keinen neuen Anspruch auf Alg erworben. Nach § 117 Abs. 1 Nr. 2 SGB III hat Anspruch auf Alg nur derjenige, der u.a. die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Die Anwartschaftszeit hat nach § 123 S. 1 Nr. 1 SGB III erfüllt, wer u.a. in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt nach § 124 Abs. 1 SGB III drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg, d.h. der Arbeitslose muss die Voraussetzungen des § 117 erfüllen (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung und Erfüllung der Anwartschaftszeit). Der Beginn der Rahmenfrist ist somit der 30. November 2000, d.h. der Tag vor der Arbeitslosmeldung. Nach § 124 Abs. 3 Nr. 1 SGB III werden in die Rahmenfrist nicht eingerechnet Zeiten, in denen der Arbeitslose u.a. ein Kind, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, betreut und erzieht. Dies hat zur Folge, dass sich die Rahmenfrist in Anbetracht der Kindererziehungszeiten vom 11. September 1997 bis 10. September 2000 zwar verlängert, allerdings nur bis zum 18. November 1996. Das folgt aus § 124 Abs. 2 SGB III, wonach eine Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreicht, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte. Aus diesem Grund ist ein Rückgriff auf die vor dem 18. November 1996 liegenden Zeiten nicht möglich. In der Zeit vom 18. November 1996 bis 30. November 2000 können ihr jedoch lediglich - wie das SG zutreffend festgestellt hat - 159 Kalendertage Mutterschafts- und Bundeserziehungsgeld auf die Anwartschaftszeit angerechnet werden. Dies beruht auf der Regelung des § 427 Abs. 3 SGB III, wonach Zeiten vor dem 1.1.1998, die nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der zuletzt geltenden Fassung den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung ohne Beitragsleistung gleich standen, bei Anwendung der Regelungen über die für einen Anspruch auf Alg erforderliche Anwartschaftszeit und die Dauer des Anspruchs den Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses gleich stehen. Die Zeit des Bezugs von Mutterschafts- und Erziehungsgeld war nach dem bis 31.12.1998 geltenden § 107 S. 1 Nr. 5 b und c AFG den Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses gleichgestellt und kann damit für die Erfüllung der Anwartschaftszeit herangezogen werden.
Die Rechtslage ist somit dadurch gekennzeichnet, dass bis 31.12.1997 Zeiten des Bezugs von Erziehungsgeld Beitragszeiten gleichgestellt waren. Eine eigenständige Versicherungspflicht während Zeiten von Kindererziehung sieht § 26 Abs. 2 a S. 1 SGB III in der Fassung des Job-Aqtiv-Gesetzes vom 10.12.2001 wieder ab 01.01.2003 vor. Vom 1.1.1998 bis 31.12.2002 sind Erziehungszeiten Streckungstatbestände, durch die die Rahmenfrist erweitert wird. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Art. 6 GG verbietet dem Gesetzgeber eine Benachteiligung von Ehe und Familie und begründet die allgemeine Pflicht des Staates zum Familienlastenausgleich. Konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme lassen sich daraus nicht ableiten. Bei der Förderung der Familien hat der Gesetzgeber ein sehr weitgehendes Gestaltungsermessen (vgl BVerfG SozR 3-5761 Allg). Er darf dabei insbesondere die rechtliche Behandlung der Erziehungszeiten der Systematik eines Gesetzes anpassen und dabei typisieren. Die hier maßgebende Regelung hält sich unzweifelhaft im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums. Sie hat für die erziehende Mutter den Vorteil, dass auf ihr zuletzt erzieltes Bemessungsentgelt zurückgegriffen werden kann, wohingegen bei der Förderung über die Beitragszeit fiktive Einstufungen erforderlich werden, die häufig zu einem niedrigeren Bemessungsentgelt führen.
2. Der Restanspruch des am 18. November 1996 erworbenen Alg-Anspruchs ist schließlich nach § 147 Abs. 2 SGB III erloschen, so dass die Klägerin auch hierdurch keinen Leistungsanspruch begründen kann. Nach dieser Vorschrift kann der Anspruch auf Alg nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung 4 Jahre verstrichen sind. Die Vorschrift beinhaltet eine Ausschlussfrist, die ohne Hemmungs- oder Unterbrechungsmöglichkeiten kalendermäßig abläuft (vgl. zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 125 Abs. 2 AFG BSG SozR 4100 § 125 Nr. 3 m.w.N.). Damit hat vorliegend die Ausschlussfrist am 18. November 1996 begonnen, sie hat mit Ablauf des 17. November 2000 geendet. Insoweit liegt auch keine planwidrige Gesetzeslücke vor, die durch eine entsprechende Anwendung des § 124 Abs. 3 SGB III in dem Sinne zu schließen wäre, dass durch die Erziehungs - und Betreuungszeit eine Hemmung der Frist um diesen Zeitraum der Erziehung und Betreuung eines Kindes eintritt (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 10. April 2002 - L 5 AL 4443/00 zu Pflegezeiten).
Der Gesetzgeber hat die Betreuung und Erziehung eines bis 3-jährigen Kindes (bis 01.01.2003) im Bereich der Arbeitsförderung nur im Rahmen des § 124 Abs. 3 Nr. 2 SGB III berücksichtigt, d.h. Erziehungsleistungen dadurch privilegiert, dass diese zur Verlängerung der Rahmenfrist führen. Er hat aber andererseits wegen der strengen Ausrichtung der Leistungen des SGB III am Versicherungsprinzip mit der Folge, dass nur noch Zeiten, für die Beiträge entrichtet worden sind, zur Begründung eines Anspruchs auf beitragsabhängige Leistungen dienen (BT-Drucks. 13/4941, S. 143, 146), und in Kenntnis der Rechtsprechung zu § 125 AFG diese Regelung trotz der Privilegierungsregelung der Erziehungszeit im Bereich der Rahmenfristen als § 147 Abs. 2 inhaltlich unverändert in das SGB III übernommen.
Auch dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BSG SozR 3-4100 § 107 Nr. 4 und Nr. 10), denn es handelt sich sowohl um eine inhaltlich unbedenkliche eigentumsrechtliche Regelung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, wie auch keine Ungleichbehandlung gegenüber den Versicherten vorliegt, die Erziehungsleistungen erbracht haben und erstmals einen Anspruch auf Alg geltend machen. Deren ungleiche Behandlung ist nämlich nicht sachwidrig im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG, weil im Falle eines Erstantrages der Arbeitslose noch kein Alg bezogen hat, während Arbeitslose wie die Klägerin, deren Alg-Bezug durch Erziehungsleistungen unterbrochen wird, bereits für einen bestimmten Zeitraum Leistungen erhalten haben und zudem den Restanspruch durch rechtzeitige Arbeitslosmeldung erhalten können. Im Interesse der Typisierung von Lebenssachverhalten ist es auch nicht geboten, danach zu unterscheiden, in welchem Zeitraum bereits Alg bezogen worden ist (vgl. zum Ganzen auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 28. September 2000 - L 12 AL 3757/99 -).
Insoweit ergibt sich auch zur Überzeugung des Senats keine andere Auslegung aus § 8 Abs. 3 SGB III. Den Ausführungen des SG hierzu ist nichts mehr hinzuzufügen.
3. Die Klägerin kann schließlich einen Anspruch auf Leistungen auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Ob überhaupt ein Beratungsfehler seitens des AA vorliegt bzw. die Hinweispflicht nach § 14 SGB I hinsichtlich des Verlaufs der Verfallfrist nach § 147 Abs. 2 SGB III verletzt wurde, ist zweifelhaft, da bereits nach den eigenen Ausführungen der Klägerin diese zutreffend darauf hingewiesen wurde, dass sie nach Ablauf des Erziehungsurlaubs noch das Rest-Alg beziehen könne. Hätte sich die Klägerin dem gemäß am 11. September 2000 wieder arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt, so hätte sie - worauf sie zutreffend hingewiesen worden ist - Anspruch auf die Restleistungen gehabt. Im Übrigen war zum Zeitpunkt der angeblichen Beratung die der Klägerin erteilte Auskunft inhaltlich richtig. Nach damaliger Rechtslage hätte die Klägerin durch eine mehr als 12-monatige Kindererziehung eine neue Anwartschaft begründet.
Eine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin über die Änderungen durch das SGB III zu informieren, bestand nicht. Das SGB I sieht in § 13 nur eine allgemeine Aufklärungspflicht vor, die nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 12 mwN) regelmäßig keine subjektiven Rechte des Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger begründet; aus ihrer Verletzung erwächst deshalb dem Betroffenen grundsätzlich kein Herstellungsanspruch. Konkrete Informationspflichten bestehen nur auf Anfrage des Bürgers in Form von Auskunft und Beratung (vgl. §§ 14 und 15 SGB I). Um Beratung hat die Klägerin nach dem Sommer 1997 aber nicht mehr nachgesucht. Eine allgemeine Verpflichtung der Behörde, nach einer gesetzlichen Regelung alle geführten Akten daraufhin zu überprüfen, ob sie Anlass für eine spontane Beratung geben könnten, besteht nicht (vgl BSG SozR 3-1200 § 14 Nrn 12 und 21).
Ein Herstellungsanspruch folgt auch nicht aus dem von der Beklagten herausgegebenen Merkblatt, Ausgabe April 1996, auf Seite 21. Der Satz "Das bedeutet, dass Sie innerhalb dieser Frist auf eine nicht verbrauchte Anspruchsdauer zurückgreifen können, falls Sie durch ein neues Beschäftigungsverhältnis oder durch andere Zeiten nicht erneut die Anwartschaft erfüllen." bezieht sich lediglich auf § 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, d.h. einen weiteren Erlöschenstatbestand, nämlich mit der Entstehung eines neuen Anspruchs (durch ein neues Beschäftigungsverhältnis oder durch andere Zeiten). Die Ausführungen im Merkblatt decken sich nur mit dem Wortlaut des § 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, so dass der Auffassung der klägerischen Seite nicht gefolgt werden kann, das Merkblatt sei hier falsch.
Dies kann hier jedoch letztlich dahingestellt bleiben, nachdem die Klägerin aufgrund der Kindererziehung nach ihren eigenen Angaben im Widerspruch vom 2. Januar 2001 nicht verfügbar war. Denn die Abgabe des Kindes in einen Kindergarten war aus persönlichen Gründen nicht möglich. Insofern wäre auch eine mögliche Falschberatung nicht kausal für den Verlust der Restanspruchsdauer auf Alg. Weder die Verfügbarkeit noch die Arbeitslosmeldung können im Wege des Herstellungsanspruchs hergestellt werden ( BSG SozR 3-4100 § 125 AFG Nr. 1).
4. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Alhi, weil sie die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 190 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 192 S. 1 SGB III nicht erfüllt. Sie hat in der einjährigen Vorfrist weder Alg bezogen noch innerhalb der um 2 Jahre verlängerten Vorfrist des § 192 S. 2 SGB III.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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