Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 0016/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 AL 1777/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 314/02 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Neuregelung der Erstattungspflicht bei Konkurrenzklauseln durch das Einmalzahlungs-NeuregelungsG verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. (NZB anhängig unter B 7 AL 314/02 B)
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. April 2002 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Gerichtskosten und die notwendigen Aufwendungen der Beklagten für das Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Verpflichtung, der Beklagten Arbeitslosengeld und Beiträge zur Sozialversicherung zu erstatten, die die Beklagte an den früheren Arbeitnehmer der Klägerin J. I. (I.) gezahlt hat.
Die Klägerin ist ein Unternehmen auf dem Gebiet der , das weltweit tätig ist. Vom 1.4.1990 bis 31.3.1995 war bei ihr I. als Reisevertreter im Außendienst beschäftigt. Die Klägerin kündigte betriebsbedingt das bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 9.12.1994 zum 31.3.1995. In einem Abwicklungsvertrag vom 15.12.1994 vereinbarten die Klägerin und I., sie seien sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Grund betriebsbedingter Kündigung des Arbeitgebers vom 9.12.1994 zum 31.3.1995 ende. Die Klägerin zahlte I. eine Sozialabfindung in Höhe von DM 4.000,00. In dem Abwicklungsvertrag wurde weiter folgendes Wettbewerbsverbot vereinbart:
"Das zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Wettbewerbsverbot vom 9.4.1998 ist auf zwölf Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist einzuhalten. Es gelten alle Artikel, die sich bei Beendigung des Vertragsverhältnisses im Verkaufsprogramm der Firma W. befanden. Bei Beurlaubung ist der Arbeitnehmer verpflichtet, bei der Firma nachzufragen, inwieweit sich die Artikelliste bis zum Ablauf der Kündigungsfrist geändert hat."
Die Klägerin verpflichtete sich eine monatliche Entschädigung von DM 2.188,87 an I. zu zahlen (Schreiben der Klägerin vom 19.4.1995).
I. meldete sich am 18.4.1995 beim Arbeitsamt N. (AA) arbeitslos und beantragte Leistungen. Das AA zahlte I. Arbeitslosengeld vom 18.4.1995 bis 30.12.1995 in Höhe von DM 445,80 wöchentlich (Bescheid vom 2.8.1995) und vom 1.1.1996 bis 30.3.1996 in Höhe von DM 472,20 wöchentlich (Bescheid vom 10.1.1996).
Auf Anfrage des AA erklärte die Klägerin, nicht auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten (Schreiben vom 17.8.1995). Das AA entschied daraufhin mit Bescheid vom 21.9.1995, die Klägerin sei im Leistungsfall des ehemaligen Arbeitnehmers I. nach § 128a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) verpflichtet, das Arbeitslosengeld und die auf diese Leistungen entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zu erstatten. Widerspruch, Klage, Berufung und Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision der Klägerin blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.4.1996; Urteil des Sozialgerichts Heilbronn (SG) vom 24.7.1996 - S 5 Ar 927/96 -; Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 4.10.1996 - L 3 Ar 2247/96 -; Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5.5.1997 - 11 BAr 197/96).
Mit Bescheid vom 7.11.1996 forderte das AA unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 21.9.1995 für die Zeit vom 18.4.1995 bis 30.3.1996 die Erstattung von Arbeitslosengeld in Höhe von DM 22.558,90, von Beiträgen zur Krankenversicherung in Höhe von DM 5.328,18, von Beiträgen zur Rentenversicherung in Höhe von DM 7.402,82 sowie von Beiträgen zur Pflegeversicherung in Höhe von DM 394,68, insgesamt DM 35.684,58.
Auf die Verfassungsbeschwerde der Klägerin beschloss das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), dass § 128a Abs. 1 und 2 AFG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung arbeitsförderungsrechtlicher und anderer sozialrechtlicher Vorschriften vom 21.6.1991 (BGBl I, S. 1306) und § 148 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) vom 24.3.1997 (BGBl. I, S. 594) mit Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar sind und der Gesetzgeber verpflichtet ist, die verfassungswidrige Regelung spätestens bis zum 1.1.2001 durch eine verfassungsgemäße Regelung zu ersetzen. Das Bundesverfassungsgericht hob den Beschluss des LSG vom 4.10.1996 und das Urteil des SG vom 24.7.1996 auf und verwies die Sache an das SG zurück (Beschluss vom 10.11.1998 - 1 BvR 1081/97 -; BVerfGE 99, 202 ff).
Das SG setzte das Verfahren (S 5 AL 79/99) mit Beschluss vom 17.2.1999 bis zum 1.1.2001 aus und führte im Januar 2001 das Verfahren fort (S 5 AL 16/01).
Mit Art. 1 Nr. 21 des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl. I, S. 1971) fügte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.1.2001 § 434c Abs. 7 SGB III ein. Mit Bescheid vom 14.1.2002 verlangte das AA unter Berufung auf diese Regelung die Erstattung von DM 10.705,37 bzw. EUR 5.473,57 (30% der Gesamtaufwendungen von DM 35.684,58). Es teilte weiter mit, der Erstattungsbescheid werde aufgehoben und durch diesen Bescheid ersetzt, mit diesem Bescheid werde vorsorglich die Anhörung verbunden und der Bescheid werde Gegenstand des anhängigen Verfahrens.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Erstattungspflicht sei nur gerechtfertigt, wenn den Arbeitgeber eine besondere Verantwortung für den Eintritt der Arbeitslosigkeit treffe, also das Wettbewerbsverbot wesentliche Ursache der Arbeitslosigkeit sei. Da dies nicht der Fall sei, verstoße auch die Neuregelung gegen Art. 12 Abs. 1 GG.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26.4.2002 abgewiesen. Der Gesetzgeber genüge mit der getroffenen Regelung den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Der Arbeitgeber werde nicht mehr mit dem gesamten Vermittlungsrisiko belastet. Die vom BVerfG für unverhältnismäßig gehaltene Höhe der Belastung des Arbeitgebers durch die Erstattungsforderung und die einem ehemaligen Arbeitgeber zu zahlende Karenzentschädigung sei durch die Neuregelung erheblich auf 75% des Betrages, den der Arbeitgeber bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ohne Berücksichtigung des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung an den Arbeitnehmer hätte zahlen müssen, abgesenkt worden, so dass diese nicht mehr vorliege.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 16.5.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.5.2002 Berufung eingelegt. Sie macht unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen geltend, die Neuregelung bedürfe einer verfassungskonformen Auslegung dahin, dass die Erstattung nicht entfalle, wenn keine Kausalität zwischen Wettbewerbsverbot und Arbeitslosigkeit erkennbar sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Reduzierung des Erstattungsbetrages auf 30% schon deshalb erforderlich gewesen sei, um zwei der drei vom BVerfG aufgestellten Gebote gerecht zu werden, einmal um die übermäßige Belastung des Arbeitgebers zu vermeiden, zum anderen ihm nicht, trotz der Hälfte der Beitragslast, die volle Refinanzierung aufzuerlegen. Wenn aber die Reduzierung auf 30% schon aus diesen beiden Gründen geboten gewesen sei, lasse sich ein Erstattungsaufkommen von 30% nicht zugleich mit dem Gedanken der Verwaltungsvereinfachung/Pauschalierung des Vermittlungsrisikos rechtfertigen. Die Pauschalierung führe dazu, dass in den begründeten Erstattungsfällen rechnerisch doch wieder zu 100% zu erstatten sei, was aber mit dem Übermaßverbot und dem Verbot der Refinanzierung schlechterdings nicht vereinbar sei. Die Pauschalierung führe weiter zu einer unzumutbaren Belastung bei solchen Arbeitgebern, die typischerweise solche Arbeitnehmer beschäftigten, bei denen sich das Wettbewerbsverbot auf eine Arbeitslosigkeit nicht oder nur in extrem seltenen Fällen auswirke. Ihr Wettbewerbsverbot mache lediglich 2% bis 3% der Arbeitsplätze im Reisegewerbe aus, so dass Vermittelbarkeit eines ausgeschiedenen Mitarbeiters nur unwesentlich beeinträchtigt sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. April 2002 und den Bescheid des Arbeitsamtes N. vom 14. Januar 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und teilte die Auffassung der Klägerin, auch die Neuregelung verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG, nicht. Sie hat erklärt, an dem Grundlagenbescheid vom 21.9.1995 nicht festzuhalten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG (S 5 Ar 927/96; S 5 AL 79/99; S 5 AL 16/01) sowie die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Gegenstand des Rechtsstreites war zunächst der Bescheid des AA vom 21.9.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.1996. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Klage erhoben. Die Klage ist zwar im sozialgerichtlichen Rechtszug erfolglos geblieben. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings das entsprechende Urteil des SG vom 24.7.1996 und den entsprechenden Beschluss des LSG vom 4.10.1996 aufgehoben und die Sache an das SG zurückverwiesen. Der Bescheid ist damit nicht bestandskräftig geworden. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte diesen Bescheid aber aufgehoben, so dass er erledigt ist.
Gegenstand des Rechtsstreites ist nunmehr ausschließlich noch der Bescheid vom 14.1.2002. Dieser Bescheid ist in entsprechender Anwendung des § 96 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Rechtsstreites geworden, weil er im Zusammenhang mit der umstrittenen Erstattung der Leistungen steht. Mit dem Bescheid vom 14.1.2002 hat das AA auch seinen früheren Erstattungsbescheid vom 7.11.1996 aufgehoben, so dass auch dieser Bescheid erledigt und mithin nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreites ist.
II.
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) entscheidet, ist zulässig. Sie insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Denn die Klägerin wendet sich gegen die Verpflichtung zur Erstattung eines Betrages von EUR 5.473,57.
III.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Nach § 434c Abs. 7 SGB III i. d. F. des Art. 1 Nr. 21 des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl. I, S. 1971) ist § 128a AFG in der jeweils geltenden Fassung für die Zeit vom 1.1.1982 bis zum 31.12.1997 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Arbeitgeber der Beklagten vierteljährlich 30% des Arbeitslosengeldes einschließlich der darauf entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, Rentenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung zu erstatten hat. Nach § 128a Abs. 1 Satz 1 AFG in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung arbeitsförderungsrechtlicher und anderer sozialrechtlicher Vorschriften vom 21.6.1991 (BGBl I, S. 1306) erstattet, wenn der Arbeitslose durch eine Vereinbarung mit dem bisherigen Arbeitgeber in seiner beruflichen Tätigkeit als Arbeitnehmer beschränkt ist, der bisherige Arbeitgeber der Beklagten vierteljährlich das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen für die Zeit gezahlt worden ist, in der diese Beschränkung besteht. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Zwischen dem Arbeitslosen I. und der Klägerin ist ein Wettbewerbsverbot vereinbart gewesen, das nach dem Abwicklungsvertrag vom 15.12.1994 auf zwölf Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist einzuhalten gewesen ist. Die Kündigungsfrist der Klägerin endete am 31.3.1995, das Wettbewerbsverbot mithin am 31.3.1996.
Bis 31.3.1996 hat die Beklagte I. Arbeitslosengeld bzw. für I. Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung in Höhe von DM 35.684,58 geleistet. Diesen Betrag hat das AA zutreffend errechnet (vgl. Blatt 92 der Leistungsakte). Die Klägerin erhebt insoweit auch keine Einwände. 30% dieses Betrages ist der mit dem Bescheid vom 14.1.2002 geltend gemachte Erstattungsbetrag von DM 10.705,37 bzw. EUR 5.473,57.
Der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass §§ 434c Abs. 7 SGB III i. d. F. des Art. 1 Nr. 21 des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes vom 21.12.2000 verfassungswidrig ist, insbesondere gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt.
Eingriffe in die Berufsausübung sind gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung zulässig, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies ist der Fall, wenn die eingreifende Norm kompetenzmäßig erlassen worden ist, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (BVerfGE 99, 202). Das BVerfG hat die Erstattungsregelung bei Wettbewerbsverboten als kompetenzrechtlich zulässig, die mit der Regelung verfolgten Ziele als durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sowie als geeignet und erforderlich angesehen. Den Verfassungsverstoß des § 128a AFG hat es darin gesehen, dass die Vorschrift nicht verhältnismäßig im engeren Sinne sei, weil der durch sie bewilligte Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung der Klägerin nicht mehr in angemessenem Verhältnis zu dem mit ihm verfolgten Zweck stehe. Es hat sich auf folgende drei Gesichtspunkte gestützt (vgl. Beschluss vom 10.11.1998, S. 15 bis 19 des Umdrucks): · Mit dem gewählten Mittel der vollen Kostenerstattung belastet der Gesetzgeber den Arbeitgeber mit allen Vermittlungsrisiken des Arbeitsmarktes (C. I. 2. c) aa)) · Die Regelung des § 128a AFG belastet die Arbeitgeber unverhältnismäßig, weil diese sich zur Hälfte an der Finanzierung der Versicherung ihrer Arbeitnehmer gegen Arbeitslosigkeit beteiligen (C. I. 2. c) bb)) · Die durch § 128a AFG getroffene Regelung führt schließlich auch in ihrem Zusammenwirken mit den Vorschriften der §§ 74 Abs. 2, 74c Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) zu einem übermäßigen Eingriff, weil sich die Gesamtbelastung des Arbeitgebers auf bis zu 138% addiert (C. I. 2. c) cc)).
Wie die Klägerin selbst einräumt, ist dem 1. und 3. Gesichtspunkt durch die Neuregelung Rechnung getragen, weil der Arbeitgeber nicht mehr verpflichtet ist, den gesamten Betrag der von der Beklagten an den Arbeitslosen erbrachten Leistungen zu erstatten. Gerade die vom BVerfG beanstandete übermäßige Belastung des Arbeitgebers ist durch die Neuregelung deutlich vermindert worden. Sie beträgt nunmehr - wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat (S. 10) - noch ca. 75% des Betrages der letzten vertragsgemäßen Vergütung, statt wie bisher bis zu 138%. Die Belastung ist damit um fast die Hälfte vermindert worden.
Die Klägerin sieht unter Bezugnahme auf das Urteil des BVerfG zu § 128 AFG a.F. (BVerfGE 81, 156 ff) die Erstattungspflicht verfassungsrechtlich nur dann als gerechtfertigt, wenn den Arbeitgeber eine besondere Verantwortung für den Eintritt der Arbeitslosigkeit treffe, also das Wettbewerbsverbot wesentliche Ursache der Arbeitslosigkeit sei. Die Klägerin verlangt damit, dass im Einzelfall geprüft wird, ob das Wettbewerbsverbot zu einer Beeinträchtigung der Vermittlungsfähigkeit des Arbeitslosen geführt hat. Nach Auffassung des Senats ist der Gesetzgeber zu einer solchen Regelung nicht verpflichtet gewesen. Er hat – wie dies in der Neuregelung erfolgt ist - in pauschalierender Form davon ausgehen können, dass ein Wettbewerbsverbot grundsätzlich die Vermittlungsfähigkeit des Arbeitslosen beeinträchtigt.
Zur Begründung der Neuregelung ist im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung u.a. ausgeführt worden (vgl. Bundestages-Drucksache 14/4743, S. 19 f): "Mit der anteiligen Erstattungspflicht wird das durch die Wettbewerbsbeschränkung erhöhte Vermittlungsrisiko dem Arbeitgeber teilweise zugerechnet und die besondere Verantwortung des Arbeitgebers für seinen früheren Arbeitnehmer, die durch die Vereinbarung einer Wettbewerbsabrede entstanden ist, berücksichtigt. Die Solidargemeinschaft trägt - in pauschalierter Form - das allgemeine Vermittlungsrisiko. Die Pauschalierung der Erstattungspflicht trägt dem Grundsatz der Verwaltungsvereinfachung Rechnung. Eine individuelle Betrachtung zur Ermittlung des angemessenen Erstattungsbetrages müsste in jedem Einzelfall den Umfang der verminderten Arbeitsmöglichkeiten in allen Bereichen des Erwerbslebens bewerten, der sich aus der getroffenen Wettbewerbsabrede ergibt. Der hierfür erforderliche Zeit- und Personalaufwand wäre nicht angemessen".
Der Gesetzgeber ist aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung berechtigt, sich für eine Pauschalierung zu entscheiden (vgl. z. B. BVerfG SozR 3-4100 § 136 Nr. 5). Gerade bei der Ordnung von Massenerscheinungen, wie sie besonders im Bereich der Sozialversicherung auftreten, erkennt das BVerfG in ständiger Rechtsprechung an, dass der Gesetzgeber typisierende Regelungen treffen darf. Eine noch hinzunehmende Typisierung setzt voraus, dass die durch sie eintretenden Härten oder Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und dass der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Wesentlich für die Zulässigkeit einer typisierenden Regelung ist jedenfalls, ob eine durch sie entstehende Ungerechtigkeit nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wäre. Hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht (vgl. BVerfGE 63, 119).
Eine individuelle Einschätzung, wie sich das Wettbewerbsverbot auf die Vermittlungsfähigkeit auswirkt, ist nach Auffassung des Senats nicht zu bewerkstelligen. Denn dies würde erfordern, dass die Arbeitsverwaltung bei jedem Stellenangebot, für das der frühere Arbeitnehmer der Klägerin in Betracht kommt, prüfen müsste, ob es sich um einen Wettbewerber der Klägerin handelt und das vereinbarte Wettbewerbsverbot eingreift. Die Wettbewerbsverbote, die die Klägerin - wie auch im vorliegenden Fall - regelmäßig mit ausscheidenden Arbeitnehmern vereinbart, beziehen sich auf alle Artikel, die sich bei Beendigung des Vertragsverhältnisses im Verkaufsprogramm der Klägerin befinden. Die Arbeitsverwaltung müsste damit ermitteln, welche potenziellen Arbeitgeber des früheren Arbeitnehmers der Klägerin ebenfalls mit Artikeln aus dem Verkaufsprogramm der Klägerin tätig sind. Dies erfordert entsprechende Kenntnisse, die ggfs. durch Nachfrage bei dem potenziellen Arbeitgeber erst erlangt werden müssen. Dies erschwert die Tätigkeit der Arbeitsverwaltung ...
Wenn das Wettbewerbsverbot nach Behauptung der Klägerin lediglich 2% bis 3% der Arbeitsplätze im Reisegewerbe ausmache und deshalb die Vermittelbarkeit des ausgeschiedenen Mitarbeiters nur unwesentlich beeinträchtigt sei, könnte die Klägerin auch ohne weiteres auf das Wettbewerbsverbot verzichten. Denn die Gefahr, dass ihr früherer Mitarbeiter bei einem solchen Unternehmen eine Arbeit aufnimmt, ist dann gering. Auf das Wettbewerbsverbot hat die Klägerin allerdings trotz entsprechender Hinweis des AA nicht verzichtet.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193 Abs. 1, 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in der seit 2.1.2002 geltenden Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17.8.2001 (BGBl. I, 2144) i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Nach Aufassung des Senats ist § 197a SGG in der seit 2.1.2002 geltenden Fassung auf Berufungsstreitsachen anzuwenden, die - wie der vorliegende Fall - erst im Jahre 2002 anhängig geworden sind. Zwar spricht Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGGÄndG allgemein von Verfahren, die vor seinem In-Kraft-Treten anhängig waren. Der Begriff "Verfahren" wird allerdings durch den Zusatz "nach § 197a" modifiziert. § 197a SGG n.F. stellt aber ausdrücklich auf den jeweiligen Rechtszug ab. Dies legt es nahe, als Verfahren das Verfahren in dem jeweiligen Rechtszug aufzufassen. Dafür, dass unter Verfahren das in dem Rechtszug anhängige Verfahren zu verstehen ist, spricht, dass der Gesetzgeber in Art 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGGÄndG eben nicht nur von Klagen oder Klageverfahren gesprochen hat, was aber nahegelegen hätte, wenn er dies so gewollt hätte. Dieses Ergebnis entspricht auch allgemeinem Sprachgebrauch, weil auch sonst kein alle Instanzen umfassender Verfahrensbegriff verwendet wird. Vielmehr wird unter Verfahren das Verfahren in dem jeweiligen Rechtszug (Klageverfahren, Berufungsverfahren, Revisionsverfahren) verstanden.
Die erhöhte Kostenlast auch schon für das Berufungsverfahren tritt bei Berufungseinlegung nach dem 2.1.2002 auch nicht überraschend ein. Die Klägerin konnte im hier streitigen Fall vor ihrer Entscheidung, in Berufung zu gehen, ihr Kostenrisiko nach den neuen Kostenregelungen kalkulieren. Im Übrigen macht die Auslegung, dass § 197 a SGG n.F. nur für die Verfahren gilt, in denen Klage nach dem 2.1.2002 erhoben worden ist (vgl. BSG vom 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 R), rechtspolitisch wenig Sinn. Krankenkassen, die in Vertragsarztsachen als Berufungskläger auftreten, wären von Gerichtskosten befreit, während sie immer dann, wenn sie von Versicherten beklagt werden, in allen Rechtszügen die erhöhten Pauschgebühren zu entrichten haben. Warum die Arbeitsverwaltung für nach dem 2.1.2002 eingelegte Berufungen von Arbeitslosen die drastisch erhöhten Pauschgebühren zu zahlen hat, die Kassenärztlichen Vereinigungen aber die niedrigen des alten Rechts und die ihr angeschlossenen Ärzte für die folgenden Berufungs- und Revisionsverfahren von Gerichtskosten freigestellt bleiben sollen, ist nicht nachvollziehbar. Im Recht der Arbeitsförderung schließlich wären bei den tausenden noch in erster Instanz anhängigen (derzeit ruhenden) Arbeitgeberstreitigkeiten gem. § 128 AFG nur die niedrigen Pauschgebühren fällig, nicht aber Gerichtskosten. Gleiches würde auch für das vorliegende Verfahren gelten.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Die Klägerin trägt die Gerichtskosten und die notwendigen Aufwendungen der Beklagten für das Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Verpflichtung, der Beklagten Arbeitslosengeld und Beiträge zur Sozialversicherung zu erstatten, die die Beklagte an den früheren Arbeitnehmer der Klägerin J. I. (I.) gezahlt hat.
Die Klägerin ist ein Unternehmen auf dem Gebiet der , das weltweit tätig ist. Vom 1.4.1990 bis 31.3.1995 war bei ihr I. als Reisevertreter im Außendienst beschäftigt. Die Klägerin kündigte betriebsbedingt das bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 9.12.1994 zum 31.3.1995. In einem Abwicklungsvertrag vom 15.12.1994 vereinbarten die Klägerin und I., sie seien sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Grund betriebsbedingter Kündigung des Arbeitgebers vom 9.12.1994 zum 31.3.1995 ende. Die Klägerin zahlte I. eine Sozialabfindung in Höhe von DM 4.000,00. In dem Abwicklungsvertrag wurde weiter folgendes Wettbewerbsverbot vereinbart:
"Das zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Wettbewerbsverbot vom 9.4.1998 ist auf zwölf Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist einzuhalten. Es gelten alle Artikel, die sich bei Beendigung des Vertragsverhältnisses im Verkaufsprogramm der Firma W. befanden. Bei Beurlaubung ist der Arbeitnehmer verpflichtet, bei der Firma nachzufragen, inwieweit sich die Artikelliste bis zum Ablauf der Kündigungsfrist geändert hat."
Die Klägerin verpflichtete sich eine monatliche Entschädigung von DM 2.188,87 an I. zu zahlen (Schreiben der Klägerin vom 19.4.1995).
I. meldete sich am 18.4.1995 beim Arbeitsamt N. (AA) arbeitslos und beantragte Leistungen. Das AA zahlte I. Arbeitslosengeld vom 18.4.1995 bis 30.12.1995 in Höhe von DM 445,80 wöchentlich (Bescheid vom 2.8.1995) und vom 1.1.1996 bis 30.3.1996 in Höhe von DM 472,20 wöchentlich (Bescheid vom 10.1.1996).
Auf Anfrage des AA erklärte die Klägerin, nicht auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten (Schreiben vom 17.8.1995). Das AA entschied daraufhin mit Bescheid vom 21.9.1995, die Klägerin sei im Leistungsfall des ehemaligen Arbeitnehmers I. nach § 128a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) verpflichtet, das Arbeitslosengeld und die auf diese Leistungen entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zu erstatten. Widerspruch, Klage, Berufung und Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision der Klägerin blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.4.1996; Urteil des Sozialgerichts Heilbronn (SG) vom 24.7.1996 - S 5 Ar 927/96 -; Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 4.10.1996 - L 3 Ar 2247/96 -; Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5.5.1997 - 11 BAr 197/96).
Mit Bescheid vom 7.11.1996 forderte das AA unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 21.9.1995 für die Zeit vom 18.4.1995 bis 30.3.1996 die Erstattung von Arbeitslosengeld in Höhe von DM 22.558,90, von Beiträgen zur Krankenversicherung in Höhe von DM 5.328,18, von Beiträgen zur Rentenversicherung in Höhe von DM 7.402,82 sowie von Beiträgen zur Pflegeversicherung in Höhe von DM 394,68, insgesamt DM 35.684,58.
Auf die Verfassungsbeschwerde der Klägerin beschloss das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), dass § 128a Abs. 1 und 2 AFG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung arbeitsförderungsrechtlicher und anderer sozialrechtlicher Vorschriften vom 21.6.1991 (BGBl I, S. 1306) und § 148 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) vom 24.3.1997 (BGBl. I, S. 594) mit Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar sind und der Gesetzgeber verpflichtet ist, die verfassungswidrige Regelung spätestens bis zum 1.1.2001 durch eine verfassungsgemäße Regelung zu ersetzen. Das Bundesverfassungsgericht hob den Beschluss des LSG vom 4.10.1996 und das Urteil des SG vom 24.7.1996 auf und verwies die Sache an das SG zurück (Beschluss vom 10.11.1998 - 1 BvR 1081/97 -; BVerfGE 99, 202 ff).
Das SG setzte das Verfahren (S 5 AL 79/99) mit Beschluss vom 17.2.1999 bis zum 1.1.2001 aus und führte im Januar 2001 das Verfahren fort (S 5 AL 16/01).
Mit Art. 1 Nr. 21 des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl. I, S. 1971) fügte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.1.2001 § 434c Abs. 7 SGB III ein. Mit Bescheid vom 14.1.2002 verlangte das AA unter Berufung auf diese Regelung die Erstattung von DM 10.705,37 bzw. EUR 5.473,57 (30% der Gesamtaufwendungen von DM 35.684,58). Es teilte weiter mit, der Erstattungsbescheid werde aufgehoben und durch diesen Bescheid ersetzt, mit diesem Bescheid werde vorsorglich die Anhörung verbunden und der Bescheid werde Gegenstand des anhängigen Verfahrens.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Erstattungspflicht sei nur gerechtfertigt, wenn den Arbeitgeber eine besondere Verantwortung für den Eintritt der Arbeitslosigkeit treffe, also das Wettbewerbsverbot wesentliche Ursache der Arbeitslosigkeit sei. Da dies nicht der Fall sei, verstoße auch die Neuregelung gegen Art. 12 Abs. 1 GG.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26.4.2002 abgewiesen. Der Gesetzgeber genüge mit der getroffenen Regelung den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Der Arbeitgeber werde nicht mehr mit dem gesamten Vermittlungsrisiko belastet. Die vom BVerfG für unverhältnismäßig gehaltene Höhe der Belastung des Arbeitgebers durch die Erstattungsforderung und die einem ehemaligen Arbeitgeber zu zahlende Karenzentschädigung sei durch die Neuregelung erheblich auf 75% des Betrages, den der Arbeitgeber bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ohne Berücksichtigung des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung an den Arbeitnehmer hätte zahlen müssen, abgesenkt worden, so dass diese nicht mehr vorliege.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 16.5.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.5.2002 Berufung eingelegt. Sie macht unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen geltend, die Neuregelung bedürfe einer verfassungskonformen Auslegung dahin, dass die Erstattung nicht entfalle, wenn keine Kausalität zwischen Wettbewerbsverbot und Arbeitslosigkeit erkennbar sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Reduzierung des Erstattungsbetrages auf 30% schon deshalb erforderlich gewesen sei, um zwei der drei vom BVerfG aufgestellten Gebote gerecht zu werden, einmal um die übermäßige Belastung des Arbeitgebers zu vermeiden, zum anderen ihm nicht, trotz der Hälfte der Beitragslast, die volle Refinanzierung aufzuerlegen. Wenn aber die Reduzierung auf 30% schon aus diesen beiden Gründen geboten gewesen sei, lasse sich ein Erstattungsaufkommen von 30% nicht zugleich mit dem Gedanken der Verwaltungsvereinfachung/Pauschalierung des Vermittlungsrisikos rechtfertigen. Die Pauschalierung führe dazu, dass in den begründeten Erstattungsfällen rechnerisch doch wieder zu 100% zu erstatten sei, was aber mit dem Übermaßverbot und dem Verbot der Refinanzierung schlechterdings nicht vereinbar sei. Die Pauschalierung führe weiter zu einer unzumutbaren Belastung bei solchen Arbeitgebern, die typischerweise solche Arbeitnehmer beschäftigten, bei denen sich das Wettbewerbsverbot auf eine Arbeitslosigkeit nicht oder nur in extrem seltenen Fällen auswirke. Ihr Wettbewerbsverbot mache lediglich 2% bis 3% der Arbeitsplätze im Reisegewerbe aus, so dass Vermittelbarkeit eines ausgeschiedenen Mitarbeiters nur unwesentlich beeinträchtigt sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. April 2002 und den Bescheid des Arbeitsamtes N. vom 14. Januar 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und teilte die Auffassung der Klägerin, auch die Neuregelung verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG, nicht. Sie hat erklärt, an dem Grundlagenbescheid vom 21.9.1995 nicht festzuhalten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG (S 5 Ar 927/96; S 5 AL 79/99; S 5 AL 16/01) sowie die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Gegenstand des Rechtsstreites war zunächst der Bescheid des AA vom 21.9.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.1996. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Klage erhoben. Die Klage ist zwar im sozialgerichtlichen Rechtszug erfolglos geblieben. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings das entsprechende Urteil des SG vom 24.7.1996 und den entsprechenden Beschluss des LSG vom 4.10.1996 aufgehoben und die Sache an das SG zurückverwiesen. Der Bescheid ist damit nicht bestandskräftig geworden. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte diesen Bescheid aber aufgehoben, so dass er erledigt ist.
Gegenstand des Rechtsstreites ist nunmehr ausschließlich noch der Bescheid vom 14.1.2002. Dieser Bescheid ist in entsprechender Anwendung des § 96 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Rechtsstreites geworden, weil er im Zusammenhang mit der umstrittenen Erstattung der Leistungen steht. Mit dem Bescheid vom 14.1.2002 hat das AA auch seinen früheren Erstattungsbescheid vom 7.11.1996 aufgehoben, so dass auch dieser Bescheid erledigt und mithin nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreites ist.
II.
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) entscheidet, ist zulässig. Sie insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Denn die Klägerin wendet sich gegen die Verpflichtung zur Erstattung eines Betrages von EUR 5.473,57.
III.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Nach § 434c Abs. 7 SGB III i. d. F. des Art. 1 Nr. 21 des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl. I, S. 1971) ist § 128a AFG in der jeweils geltenden Fassung für die Zeit vom 1.1.1982 bis zum 31.12.1997 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Arbeitgeber der Beklagten vierteljährlich 30% des Arbeitslosengeldes einschließlich der darauf entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, Rentenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung zu erstatten hat. Nach § 128a Abs. 1 Satz 1 AFG in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung arbeitsförderungsrechtlicher und anderer sozialrechtlicher Vorschriften vom 21.6.1991 (BGBl I, S. 1306) erstattet, wenn der Arbeitslose durch eine Vereinbarung mit dem bisherigen Arbeitgeber in seiner beruflichen Tätigkeit als Arbeitnehmer beschränkt ist, der bisherige Arbeitgeber der Beklagten vierteljährlich das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen für die Zeit gezahlt worden ist, in der diese Beschränkung besteht. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Zwischen dem Arbeitslosen I. und der Klägerin ist ein Wettbewerbsverbot vereinbart gewesen, das nach dem Abwicklungsvertrag vom 15.12.1994 auf zwölf Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist einzuhalten gewesen ist. Die Kündigungsfrist der Klägerin endete am 31.3.1995, das Wettbewerbsverbot mithin am 31.3.1996.
Bis 31.3.1996 hat die Beklagte I. Arbeitslosengeld bzw. für I. Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung in Höhe von DM 35.684,58 geleistet. Diesen Betrag hat das AA zutreffend errechnet (vgl. Blatt 92 der Leistungsakte). Die Klägerin erhebt insoweit auch keine Einwände. 30% dieses Betrages ist der mit dem Bescheid vom 14.1.2002 geltend gemachte Erstattungsbetrag von DM 10.705,37 bzw. EUR 5.473,57.
Der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass §§ 434c Abs. 7 SGB III i. d. F. des Art. 1 Nr. 21 des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes vom 21.12.2000 verfassungswidrig ist, insbesondere gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt.
Eingriffe in die Berufsausübung sind gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung zulässig, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies ist der Fall, wenn die eingreifende Norm kompetenzmäßig erlassen worden ist, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (BVerfGE 99, 202). Das BVerfG hat die Erstattungsregelung bei Wettbewerbsverboten als kompetenzrechtlich zulässig, die mit der Regelung verfolgten Ziele als durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sowie als geeignet und erforderlich angesehen. Den Verfassungsverstoß des § 128a AFG hat es darin gesehen, dass die Vorschrift nicht verhältnismäßig im engeren Sinne sei, weil der durch sie bewilligte Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung der Klägerin nicht mehr in angemessenem Verhältnis zu dem mit ihm verfolgten Zweck stehe. Es hat sich auf folgende drei Gesichtspunkte gestützt (vgl. Beschluss vom 10.11.1998, S. 15 bis 19 des Umdrucks): · Mit dem gewählten Mittel der vollen Kostenerstattung belastet der Gesetzgeber den Arbeitgeber mit allen Vermittlungsrisiken des Arbeitsmarktes (C. I. 2. c) aa)) · Die Regelung des § 128a AFG belastet die Arbeitgeber unverhältnismäßig, weil diese sich zur Hälfte an der Finanzierung der Versicherung ihrer Arbeitnehmer gegen Arbeitslosigkeit beteiligen (C. I. 2. c) bb)) · Die durch § 128a AFG getroffene Regelung führt schließlich auch in ihrem Zusammenwirken mit den Vorschriften der §§ 74 Abs. 2, 74c Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) zu einem übermäßigen Eingriff, weil sich die Gesamtbelastung des Arbeitgebers auf bis zu 138% addiert (C. I. 2. c) cc)).
Wie die Klägerin selbst einräumt, ist dem 1. und 3. Gesichtspunkt durch die Neuregelung Rechnung getragen, weil der Arbeitgeber nicht mehr verpflichtet ist, den gesamten Betrag der von der Beklagten an den Arbeitslosen erbrachten Leistungen zu erstatten. Gerade die vom BVerfG beanstandete übermäßige Belastung des Arbeitgebers ist durch die Neuregelung deutlich vermindert worden. Sie beträgt nunmehr - wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat (S. 10) - noch ca. 75% des Betrages der letzten vertragsgemäßen Vergütung, statt wie bisher bis zu 138%. Die Belastung ist damit um fast die Hälfte vermindert worden.
Die Klägerin sieht unter Bezugnahme auf das Urteil des BVerfG zu § 128 AFG a.F. (BVerfGE 81, 156 ff) die Erstattungspflicht verfassungsrechtlich nur dann als gerechtfertigt, wenn den Arbeitgeber eine besondere Verantwortung für den Eintritt der Arbeitslosigkeit treffe, also das Wettbewerbsverbot wesentliche Ursache der Arbeitslosigkeit sei. Die Klägerin verlangt damit, dass im Einzelfall geprüft wird, ob das Wettbewerbsverbot zu einer Beeinträchtigung der Vermittlungsfähigkeit des Arbeitslosen geführt hat. Nach Auffassung des Senats ist der Gesetzgeber zu einer solchen Regelung nicht verpflichtet gewesen. Er hat – wie dies in der Neuregelung erfolgt ist - in pauschalierender Form davon ausgehen können, dass ein Wettbewerbsverbot grundsätzlich die Vermittlungsfähigkeit des Arbeitslosen beeinträchtigt.
Zur Begründung der Neuregelung ist im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung u.a. ausgeführt worden (vgl. Bundestages-Drucksache 14/4743, S. 19 f): "Mit der anteiligen Erstattungspflicht wird das durch die Wettbewerbsbeschränkung erhöhte Vermittlungsrisiko dem Arbeitgeber teilweise zugerechnet und die besondere Verantwortung des Arbeitgebers für seinen früheren Arbeitnehmer, die durch die Vereinbarung einer Wettbewerbsabrede entstanden ist, berücksichtigt. Die Solidargemeinschaft trägt - in pauschalierter Form - das allgemeine Vermittlungsrisiko. Die Pauschalierung der Erstattungspflicht trägt dem Grundsatz der Verwaltungsvereinfachung Rechnung. Eine individuelle Betrachtung zur Ermittlung des angemessenen Erstattungsbetrages müsste in jedem Einzelfall den Umfang der verminderten Arbeitsmöglichkeiten in allen Bereichen des Erwerbslebens bewerten, der sich aus der getroffenen Wettbewerbsabrede ergibt. Der hierfür erforderliche Zeit- und Personalaufwand wäre nicht angemessen".
Der Gesetzgeber ist aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung berechtigt, sich für eine Pauschalierung zu entscheiden (vgl. z. B. BVerfG SozR 3-4100 § 136 Nr. 5). Gerade bei der Ordnung von Massenerscheinungen, wie sie besonders im Bereich der Sozialversicherung auftreten, erkennt das BVerfG in ständiger Rechtsprechung an, dass der Gesetzgeber typisierende Regelungen treffen darf. Eine noch hinzunehmende Typisierung setzt voraus, dass die durch sie eintretenden Härten oder Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und dass der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Wesentlich für die Zulässigkeit einer typisierenden Regelung ist jedenfalls, ob eine durch sie entstehende Ungerechtigkeit nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wäre. Hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht (vgl. BVerfGE 63, 119).
Eine individuelle Einschätzung, wie sich das Wettbewerbsverbot auf die Vermittlungsfähigkeit auswirkt, ist nach Auffassung des Senats nicht zu bewerkstelligen. Denn dies würde erfordern, dass die Arbeitsverwaltung bei jedem Stellenangebot, für das der frühere Arbeitnehmer der Klägerin in Betracht kommt, prüfen müsste, ob es sich um einen Wettbewerber der Klägerin handelt und das vereinbarte Wettbewerbsverbot eingreift. Die Wettbewerbsverbote, die die Klägerin - wie auch im vorliegenden Fall - regelmäßig mit ausscheidenden Arbeitnehmern vereinbart, beziehen sich auf alle Artikel, die sich bei Beendigung des Vertragsverhältnisses im Verkaufsprogramm der Klägerin befinden. Die Arbeitsverwaltung müsste damit ermitteln, welche potenziellen Arbeitgeber des früheren Arbeitnehmers der Klägerin ebenfalls mit Artikeln aus dem Verkaufsprogramm der Klägerin tätig sind. Dies erfordert entsprechende Kenntnisse, die ggfs. durch Nachfrage bei dem potenziellen Arbeitgeber erst erlangt werden müssen. Dies erschwert die Tätigkeit der Arbeitsverwaltung ...
Wenn das Wettbewerbsverbot nach Behauptung der Klägerin lediglich 2% bis 3% der Arbeitsplätze im Reisegewerbe ausmache und deshalb die Vermittelbarkeit des ausgeschiedenen Mitarbeiters nur unwesentlich beeinträchtigt sei, könnte die Klägerin auch ohne weiteres auf das Wettbewerbsverbot verzichten. Denn die Gefahr, dass ihr früherer Mitarbeiter bei einem solchen Unternehmen eine Arbeit aufnimmt, ist dann gering. Auf das Wettbewerbsverbot hat die Klägerin allerdings trotz entsprechender Hinweis des AA nicht verzichtet.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193 Abs. 1, 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in der seit 2.1.2002 geltenden Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17.8.2001 (BGBl. I, 2144) i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Nach Aufassung des Senats ist § 197a SGG in der seit 2.1.2002 geltenden Fassung auf Berufungsstreitsachen anzuwenden, die - wie der vorliegende Fall - erst im Jahre 2002 anhängig geworden sind. Zwar spricht Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGGÄndG allgemein von Verfahren, die vor seinem In-Kraft-Treten anhängig waren. Der Begriff "Verfahren" wird allerdings durch den Zusatz "nach § 197a" modifiziert. § 197a SGG n.F. stellt aber ausdrücklich auf den jeweiligen Rechtszug ab. Dies legt es nahe, als Verfahren das Verfahren in dem jeweiligen Rechtszug aufzufassen. Dafür, dass unter Verfahren das in dem Rechtszug anhängige Verfahren zu verstehen ist, spricht, dass der Gesetzgeber in Art 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGGÄndG eben nicht nur von Klagen oder Klageverfahren gesprochen hat, was aber nahegelegen hätte, wenn er dies so gewollt hätte. Dieses Ergebnis entspricht auch allgemeinem Sprachgebrauch, weil auch sonst kein alle Instanzen umfassender Verfahrensbegriff verwendet wird. Vielmehr wird unter Verfahren das Verfahren in dem jeweiligen Rechtszug (Klageverfahren, Berufungsverfahren, Revisionsverfahren) verstanden.
Die erhöhte Kostenlast auch schon für das Berufungsverfahren tritt bei Berufungseinlegung nach dem 2.1.2002 auch nicht überraschend ein. Die Klägerin konnte im hier streitigen Fall vor ihrer Entscheidung, in Berufung zu gehen, ihr Kostenrisiko nach den neuen Kostenregelungen kalkulieren. Im Übrigen macht die Auslegung, dass § 197 a SGG n.F. nur für die Verfahren gilt, in denen Klage nach dem 2.1.2002 erhoben worden ist (vgl. BSG vom 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 R), rechtspolitisch wenig Sinn. Krankenkassen, die in Vertragsarztsachen als Berufungskläger auftreten, wären von Gerichtskosten befreit, während sie immer dann, wenn sie von Versicherten beklagt werden, in allen Rechtszügen die erhöhten Pauschgebühren zu entrichten haben. Warum die Arbeitsverwaltung für nach dem 2.1.2002 eingelegte Berufungen von Arbeitslosen die drastisch erhöhten Pauschgebühren zu zahlen hat, die Kassenärztlichen Vereinigungen aber die niedrigen des alten Rechts und die ihr angeschlossenen Ärzte für die folgenden Berufungs- und Revisionsverfahren von Gerichtskosten freigestellt bleiben sollen, ist nicht nachvollziehbar. Im Recht der Arbeitsförderung schließlich wären bei den tausenden noch in erster Instanz anhängigen (derzeit ruhenden) Arbeitgeberstreitigkeiten gem. § 128 AFG nur die niedrigen Pauschgebühren fällig, nicht aber Gerichtskosten. Gleiches würde auch für das vorliegende Verfahren gelten.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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