Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 37/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 31. Oktober 2002 wird zurückgewiesen. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf implantologische Leistungen im Rahmen der zahnärztlichen Versorgung.
Die 1982 geborene, bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Klägerin leidet an einer Oligodontonie (Nichtanlage mehrerer Zähne) in der Weise, dass ihr im Oberkiefer 8 der 16 bleibenden Zähne sowie im Unterkiefer 5 Zähne fehlen; anstelle bleibender Zähne waren bzw sind teilweise Milchzähne vorhanden. Auf ihren unter Vorlage eines Behandlungsplans des Vertragszahnarztes Dr. K. vom 24. August 1999 (voraussichtliche Kosten 16.227,54 DM) gestellten Antrag auf Versorgung mit Zahnimplantaten für beide Kiefer holte die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Das Gutachten ergab, dass zwar wegen multipler Nichtanlage von Zähnen eine Implantatversorgung medizinisch indiziert sei; es liege jedoch kein Fall vor, in dem die Leistungspflicht ausnahmsweise bestehe; insbesondere liege keine "generalisierte Nichtanlage von Zähnen" vor. Die Beklagte lehnte die Leistungsgewährung daraufhin ab (Schreiben vom 13. Oktober 1999; Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2000).
Das dagegen angerufene Sozialgericht (SG) hat nach zahnmedizinischen Ermittlungen und Einholung einer Auskunft des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen (vom 20. Juli 2000) die Beklagte zur Implantatversorgung nebst darauf aufbauendem Zahnersatz entsprechend dem Behandlungsplan verurteilt (Urteil vom 24. August 2001).
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Die nach den Zahnbehandlungs-Richtlinien (RL) des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen einzig in Betracht kommende Ausnahmeindikation einer generalisierten Nichtanlage von Zähnen bestehe nicht. Damit sei ein Zustand gemeint, bei dem aufgrund eines genetischen Defekts - getrennt betrachtet nach Unter- und Oberkiefer - die Mehrzahl der Zähne eines Kiefers nicht angelegt sei. Auch der Bundesausschuss habe in seiner Stellungnahme das Fehlen der Mehrzahl der Zähne in jedem Kiefer als ausschlaggebend angesehen. Der Normgeber setze damit zulässig typisierend voraus, dass in einem solchen Fall für eine herkömmliche prothetische Versorgung keine realistische Möglichkeit mehr bestehe. Ein Anspruch auf die Suprakonstruktionen nach den Zahnersatz-RL des Bundesausschusses scheide ebenfalls aus. Der Leistungsausschluss verstoße nicht gegen das Grundgesetz (GG), weil es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) weitem gesetzgeberischen Ermessen unterliege, welche Behandlung zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre und welche der Eigenverantwortung des Versicherten zugeordnet werde (Urteil vom 31. Oktober 2002).
Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin die implantologische Behandlung des Oberkiefers in den Jahren 2001/2002 auf eigene Kosten durchführen lassen.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das LSG habe den in den Zahnbehandlungs-RL des Bundesausschusses enthaltenen Begriff der "generalisierten genetischen Nichtanlage von Zähnen" verkannt. Darunter fielen nicht nur die komplette Nichtanlage oder das mehrheitliche Fehlen von Zähnen im jeweiligen Kiefer. Eine rein numerische Betrachtung sei widersinnig, weil eine Versorgung dann sogar ausschiede, wenn in beiden Kiefern exakt die Hälfte der Zähne fehle. Der Begriff "generalisiert" werde in seinem Wortsinn (zB Generalstreik oder Generalüberholung) nie in der Bedeutung von "überwiegend" verwendet, sondern im Sinne von "bedeutsam", "charakteristisch", oä. Im hiesigen Zusammenhang komme es daher allein darauf an, ob wegen einer besonderen Ausnahmesituation eine herkömmliche Gebiss-Sanierung iS einer konventionellen prothetischen Versorgung ohne Implantate nicht angezeigt sei. Dies müsse entsprechend dem Urteil des SG im Einzelfall lebenspraktisch und abhängig vom Ausmaß der funktionellen Beeinträchtigung entschieden werden. Eine gravierende Beeinträchtigung liege hier vor, weil eine herkömmliche prothetische Versorgung nach Gutachteransicht einer Körperverletzung bzw einem Kunstfehler gleichkäme; bei einer Brückenkonstruktion müssten alle vorhandenen Zähne des Oberkiefers beschliffen werden und würden so irreversibel geschädigt. Der im SG-Verfahren gehörte Sachverständige habe eine prothetische Versorgung mit konventionellen Kronen oder Brücken ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 31. Oktober 2002 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24. August 2001 zurückzuweisen sowie diese zu verurteilen,
1. sie mit Zahnimplantaten und Suprakonstruktionen im Unterkiefer auf der Grundlage des Behandlungsplanes des Zahnarztes Dr. K. vom 24. August 1999 zu versorgen,
2. ihr dem Grunde nach die aufgewandten Kosten für die 2001/2002 erfolgte Versorgung des Oberkiefers mit Zahnimplantaten und Suprakonstruktionen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und widerspricht der Auslegung des Begriffes "generalisiert" durch die Klägerin. Damit sei nur die "allgemeine Ausbreitung" (zB einer Infektion) auf den ganzen Körper bzw ein ganzes Organsystem gemeint.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG - das in seinem Urteil den Umstand der bereits erfolgten Eingliederung von Implantaten und Zahnersatz im Oberkiefer in den Jahren 2001/2002 noch unberücksichtigt gelassen hat - hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch gegen die beklagte Ersatzkasse auf Versorgung mit Zahnimplantaten und Suprakonstruktionen hat.
In Bezug auf den Oberkiefer kommt als Rechtsgrundlage eines insoweit auf Kostenerstattung gerichteten Anspruchs nur § 13 Abs 3 Alt 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Betracht, nachdem die Klägerin sich die in Rede stehende Behandlung auf einem anderen als dem gesetzlich vorgesehenen Weg selbst beschafft hat. Die Voraussetzungen für eine solche Kostenerstattung sind indessen nicht erfüllt. Nach der genannten Regelung hat eine Krankenkasse nur dann, wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, und dadurch dem Versicherten Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind, diese Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Letzteres war hier nicht der Fall. Zwar hat die Klägerin die streitige Versorgung des Oberkiefers erst vornehmen lassen, nachdem die Beklagte ihr ablehnende Bescheide erteilt und die Klägerin sogar ein positives erstinstanzliches Urteil erstritten hatte (zum Erfordernis des Abwartens einer Verwaltungsentscheidung vgl zB BSG SozR 3-2500 § 28 Nr 6 S 35 mwN). Der Anspruch aus § 13 Abs 3 SGB V scheitert jedoch, weil auch ein Primäranspruch auf eine Versorgung mit implantatgestützter Zahnprothetik nicht besteht.
Nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V umfasst der (Primär-)Anspruch des Versicherten auf zahnärztliche Behandlung auch die Versorgung mit Zahnersatz. Wie der Senat wiederholt dargelegt hat, war zunächst unklar und im Gesetz nicht geregelt, ob dazu auch Implantate und implantatgetragener Zahnersatz gehören (vgl zum früheren Rechtszustand aus Sicht des Leistungserbringungsrechts BSG - 6. Senat - SozR 3-5555 § 12 Nr 5 S 25 ff = USK 97149; zur Praxis der Krankenkassen: BT-Drucks 13/4615 S 9). Mit dem Beitragsentlastungsgesetz (BeitrEntlG) vom 1. November 1996 (BGBl I 1631) bestimmte der Gesetzgeber mit Wirkung ab 1. Januar 1997, dass implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehören und von den Krankenkassen daher auch nicht bezuschusst werden dürfen (§ 28 Abs 2 Satz 8 SGB V idF des BeitrEntlG). Hiervon wurden in der Folge Ausnahmen zugelassen: Seit 1. Juli 1997 wurde - bei Beibehaltung der Ausschlussregelung im Übrigen - eine (eigenbeteiligungsfreie) Implantatversorgung von der Krankenkasse als Sachleistung gewährt, wenn "seltene" vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen "für besonders schwere Fälle" vorliegen, in denen implantatgestützter Zahnersatz Bestandteil einer "medizinischen Gesamtbehandlung" ist (§ 28 Abs 2 Satz 9 SGB V idF des 2. GKV-NOG vom 23. Juni 1997, BGBl I 1520). Diese Festlegungen hat der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Kapitel B VII. seiner "Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung" (Zahnbehandlungs-RL - in der Fassung vom 24. Juli 1998, BAnz Nr 177) vorgenommen.
Seit 1. Januar 2000 schließlich besteht darüber hinaus in weiteren vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen festgelegten Ausnahmefällen ein nach Maßgabe des § 30 SGB V an eine Eigenbeteiligung geknüpfter Anspruch auf Gewährung der zur implantologischen Versorgung gehörenden Suprakonstruktionen (§ 30 Abs 1 Satz 5 SGB V idF des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKVRefG 2000) vom 22. Dezember 1999 - BGBl I 2626). Insoweit sind zusätzlich die Ausnahmefälle in den am 24. März 2001 in Kraft getretenen RL des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Zahnersatz-RL vom 15. September 2000, BAnz Nr 58) einschlägig.
§§ 28, 30 SGB V iVm den RL des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen finden in der bis Ende 2003 geltenden Fassung in Bezug auf die erfolgte Versorgung des Oberkiefers der Klägerin Anwendung, da es für den Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zurzeit der Behandlung ankommt und die Klägerin sich die Implantatversorgung hier bereits in den Jahren 2001/2002 selbst beschafft hat (zum maßgebenden Zeitpunkt bei Erstattungsbegehren wegen selbst beschaffter Leistungen: BSG SozR 3-2500 § 28 Nr 6 S 37 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats in SozR 3-2200 § 182 Nr 15 S 70 und SozR 3-2500 § 135 Nr 12; ferner: BSGE 91, 32, 34 = SozR 4-2500 § 28 Nr 1 RdNr 7 mwN und Urteile des Senats vom 3. September 2003 - B 1 KR 9/02 R = SozR 4-2500 § 28 Nr 2 RdNr 10 mwN sowie B 1 KR 2/03 R). Die Neuregelung ist ohne Überleitungsvorschriften am 1. Januar 2000 in Kraft getreten (vgl Art 22 GKVRefG 2000) und erfasst zahnärztliche Behandlungen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen hatten; sie ist infolgedessen im hiesigen Rechtstreit heranzuziehen.
Die Zahnbehandlungs-RL in der Fassung vom 24. Juli 1998 enthalten keine zu Gunsten der Klägerin eingreifende Ausnahme für die Gewährung implantologischer Leistungen, sondern schließen die Leistungspflicht der Beklagten aus. Eine Ausnahmeindikation im Sinne von § 28 Abs 2 Satz 8 SGB V liegt nach den Festlegungen des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen nur bei den in Kapitel B VII. Nr 29 Satz 4 der Zahnbehandlungs-RL aufgeführten Sachverhalten vor. Dazu gehören - was teilweise noch näher umschrieben ist - nur folgende Krankheiten:
a) größere Kiefer- oder Gesichtsdefekte, die ihre Ursache haben in: Tumoroperationen, Entzündungen des Kiefers, Operationen infolge von großen Zysten, Operationen infolge von Osteopathien, angeborenen Fehlbildungen des Kiefers oder Unfällen,
b) dauerhaft bestehende extreme Mundtrockenheit (Xerostomie), insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung,
c) generalisierte genetische Nichtanlage von Zähnen,
d) nicht willentlich beeinflussbare muskuläre Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (zB Spastiken).
Darüber hinaus darf eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich sein (RL, aaO, Satz 2).
Ein in den Zahnbehandlungs-RL umschriebener Fall lag bei der Klägerin nicht vor. Das anlagebedingte Fehlen bleibender Zähne in der Form, wie es bei ihr besteht, ist darin nicht generell als Grund für die Gewährung implantologischer Leistungen anerkannt worden. Ihr Krankheitszustand, dh, der Umstand dass bei ihr im Oberkiefer 8 (bleibende) Zähne und im Unterkiefer 5 der üblicherweise insgesamt 32 Zähne eines Menschen anlagebedingt nicht vorhanden sind, kann insbesondere nicht unter eine "generalisierte genetische Nichtanlage von Zähnen" iS von Nr 29 Satz 4 Buchst c) subsumiert werden.
Aus der im SG-Verfahren eingeholten Auskunft des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vom 20. Juli 2000 ergibt sich, dass der Ausschuss darunter zwar nicht allein das gänzliche Fehlen von Zähnen bzw die vollständige Zahnlosigkeit verstanden wissen will, aber zumindest ein Fehlen der Mehrzahl der Zähne für erforderlich hält. Der Ausschuss hat in diesem Zusammenhang deutlich gemacht, dass er auch den Fall eines nur teilweisen anlagebedingten Fehlens von Zähnen durchaus in seine Erwägungen mit einbezogen hat. Er hat nämlich im Vorfeld des Beschlusses aus wissenschaftlicher Sicht drei Formen der genetisch bedingten Nichtanlage von Zähnen unterschieden: die Hypodontie (= Fehlen einzelner Zähne), die Oligodontie (= Nichtanlage mehrerer Zähne) sowie die Anodontie (= Fehlen jeglicher Zahnanlage). Diese Unterscheidung deckt sich mit Ausführungen in zahnmedizinischen Fachveröffentlichungen (vgl zu den Begriffsinhalten "Anodontie", "Hypodontie" und "Oligodontie" die entsprechenden Stichworte zB in: Hoffmann-Axtheim, Lexikon der Zahnmedizin, 1992, und Lautenbach, Wörterbuch Zahnmedizin, 1992). Ausgehend von diesem differenzierenden Vorverständnis hat der Ausschuss gleichwohl einerseits nicht schon sämtliche Formen der anlagebedingten Zahnlosigkeit als Ausnahmeindikation anerkannt, andererseits aber auch keine Anodontie gefordert, sondern als Zwischenform die "generalisierte" genetische Nichtanlage "von Zähnen". Mit diesem zur Eingrenzung des Phänomens der Zahnlosigkeit verwendeten Begriff wird zum Ausdruck gebracht, dass ein Stadium mit einem ausgeprägten Fehlen von Zähnen ausreichen soll, das allerdings der vollständigen Zahnlosigkeit eher nahe kommen muss als dem Fehlen nur einzelner Zähne bei ansonsten noch als regelgerecht anzusehenden Gebissverhältnissen. Das ist daraus herzuleiten, dass in der Medizin unter dem Begriff "generalisiert" eine Ausbreitung über den ganzen Körper bzw zumindest ein ganzes Organsystem verstanden wird (so zB Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl 2002; Zetkin/Schaldach, Wörterbuch der Medizin, 16. Aufl 1998; Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch Bd 3, 1981; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd 3, 1977, jeweils zum Stichwort "Generalisierung"). Übertragen auf die Verhältnisse bei Zahn- und Kieferkrankheiten bedeutet dies, dass die zur Behandlung Anlass gebende körperliche Regelwidrigkeit zumindest in einem der Kiefer in besonderer Weise ausgeprägt sein muss. Ein Kiefer - verstanden als ein Organsystem, das bei einem erwachsenen Menschen im Regelfall mit einer bestimmten Anzahl bleibender Zähne versehen ist - muss sich danach von seinem Erscheinungsbild her wesentlich durch die Nichtanlage von Zähnen auszeichnen; ein solcher Zustand wiederum lässt sich nur bejahen, wenn zumindest die überwiegende Zahl der typischerweise bei einem Menschen angelegten Zähne fehlt. Eine unterhalb dieser in praktikabler Weise nur zahlenmäßig zu ermittelnden Schwelle liegende Nichtanlage - verstanden als Hypodontie bzw Oligodontie, wie sie bei der Klägerin besteht - ist dagegen nicht mehr charakteristisch für die Beurteilung eines Kiefers als anlagebedingt zahnlos. Sind dem Betroffenen (noch) mehrheitlich bleibende Zähne gewachsen und ist somit teilweise - wenn auch unter Einschränkungen - die Kaufunktion bzw die Möglichkeit zur Zerkleinerung fester Nahrung erhalten, kann von einer "generalisierten" Nichtanlage regelmäßig nicht gesprochen werden. Eine darüber hinausgehende Sichtweise wäre auch mit dem differenzierenden und einer erweiterten Auslegung bzw Analogie nicht zugänglichen Wortlaut der Ausnahmeindikation in den Zahnbehandlungs-RL nicht vereinbar.
Nur diese enge Auslegung erweist sich im Lichte des § 28 Abs 2 Satz 9 SGB V als zutreffend. Ein Widerspruch zur Ermächtigungsgrundlage besteht daher nicht, zumal auch ein untergesetzlicher Normgeber im Rahmen der Ermächtigung einen weiten Gestaltungsspielraum besitzt, der nur ausnahmsweise eingeschränkt ist (vgl zB BSGE 81, 54, 64 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 20 f; BSGE 81, 73, 85 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 60). Schon der Gesetzgeber selbst hat die Leistungspflicht in mehrfacher Hinsicht beschränkt, nämlich auf "seltene ... Ausnahmeindikationen", "besonders schwere Fälle" und die Notwendigkeit der Einbindung in eine "medizinische Gesamtbehandlung". Daraus folgt, dass implantologische Leistungen nicht schon bei jeder zahnmedizinischen Notwendigkeit der in Rede stehenden Behandlungsmaßnahme zu Lasten einer Krankenkasse gewährt werden sollten, sondern dass sie eine darüber hinausgehende Ausnahmesituation voraussetzen, an die ihrerseits wiederum qualifizierte Anforderungen zu stellen sind. Ließe man - wie von der Revision befürwortet - für die Leistungspflicht bereits andere Formen des anlagebedingten Fehlens von Zähnen genügen, würde zudem der Bereich verlassen, in dem der beschriebene Sachverhalt wertungsmäßig noch gleiches Gewicht im Verhältnis zu den anderen in den RL umschriebenen "besonders schweren Fällen" aufweist (zu diesem Merkmal bereits BSGE 88, 166, 169 = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 28; BSG SozR 3-2500 § 28 Nr 6 S 38).
Wie das LSG weiter zutreffend entschieden hat, steht der Klägerin auch kein Primäranspruch auf die Versorgung mit implantatgestütztem Zahnersatz (Suprakonstruktionen) gegen Eigenbeteiligung aus § 30 Abs 1 Satz 5 SGB V zu. Danach besteht ein Anspruch nur in den Fällen, die in den auf der Grundlage des § 92 Abs 1 SGB V erlassenen, am 24. März 2001 in Kraft getretenen Zahnersatz-RL des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen geregelt sind. Diese RL erfassen eine genetisch bedingte Nichtanlage von Zähnen über den in den Zahnbehandlungs-RL enthaltenen Sachverhalt hinaus nicht gesondert, sondern begünstigen in Kapitel B VI. Nr 38 Buchst a) und b) nur die Implantatversorgung bei zahnbegrenzten Einzelzahnlücken sowie bei einem atrophierten zahnlosen Kiefer. Beides liegt bei der Klägerin nach den Feststellungen des LSG nicht vor.
Die Nichteinbeziehung der bei der Klägerin bestehenden Oligodontie in die Ausnahmeregelungen der § 28 Abs 2 Satz 9 SGB V und § 30 Abs 1 Satz 5 SGB V verletzt kein Verfassungsrecht. Der Senat hat bereits mit seinen Urteilen vom 19. Juni 2001 entschieden, dass der Anspruch auf implantologische Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung auch dann ausgeschlossen ist, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Krankheit des Versicherten aus medizinischen Gründen nicht anders als mit einer Implantatversorgung geheilt bzw gelindert werden kann. Dieser Leistungsausschluss bedeutet im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung des Leistungskatalogs in der gesetzlichen Krankenversicherung keine verfassungswidrige Benachteiligung der Betroffenen (BSGE 88, 166, 168 ff = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 29 ff; BSG SozR 3-2500 § 28 Nr 6 S 39 ff; Urteile des Senats vom 3. September 2003 - B 1 KR 9/02 R = SozR 4-2500 § 28 Nr 2 RdNr 7 sowie B 1 KR 2/03 R). Welche Behandlungsmaßnahmen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen und welche davon ausgenommen und damit der Eigenverantwortung des Versicherten (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 SGB V) zugeordnet werden, unterliegt aus verfassungsrechtlicher Sicht einem weiten gesetzgeberischen Ermessen; denn ein Gebot zu Sozialversicherungsleistungen in einem bestimmten sachlichen Umfang lässt sich dem Grundgesetz nicht entnehmen (so schon BSGE 76, 40, 42 f = SozR 3-2500 § 30 Nr 5 S 14; BSGE 86, 54, 65 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 S 71 jeweils mwN aus der Rspr des BVerfG). Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist im Wesentlichen das Gebot des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG), Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er kann grundsätzlich frei entscheiden, von welchen Elementen der zu ordnenden Lebenssachverhalte die Leistungspflicht abhängig gemacht und die Unterscheidung gestützt werden soll. Eine Grenze ist erst dann erreicht, wenn sich für seine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund mehr finden lässt (stellvertretend: BVerfGE 102, 68, 87 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42 S 184 mwN).
Wie der Senat bereits in früheren Entscheidungen dargelegt hat, ergibt sich ein sachlicher Grund für die Differenzierung bei der Kostenübernahme für die im Vergleich zur konventionellen Versorgung teurere Implantat-Technik daraus, dass diese Technik mit höherem Tragekomfort und verbesserter Kaufunktion einhergeht; zudem ist die Implantatversorgung noch relativ neu, weil Langzeitstudien über Haltbarkeit und Funktion erst Ende der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts vorgelegen haben (BSGE 88, 166, 171 = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-2500 § 28 Nr 6 S 41 mwN; Urteile des Senats vom 3. September 2003 - B 1 KR 9/02 R = SozR 4-2500 § 28 Nr 2 RdNr 7 sowie B 1 KR 2/03 R). Die unterschiedliche Behandlung der Klägerin im Vergleich zu den Versicherten mit einem Anspruch nach § 28 Abs 2 Satz 9 SGB V ist gleichermaßen gerechtfertigt. Zwar ist sie insofern benachteiligt, als sie die Kosten für die implantologische Versorgung und die Suprakonstruktion selbst tragen muss, obwohl für beide Versichertengruppen die Versorgung mit konventionellem Zahnersatz nicht möglich ist. Die Implantatversorgung dient indessen jeweils verschiedenen Zwecken, weil das Behandlungsziel bei den vom Gesetz als besonders schwer eingestuften, in Abschnitt B VII. Nr 29 Zahnbehandlungs-RL näher konkretisierten Fällen über eine reine Versorgung mit Zahnersatz hinaus reicht und die Einbindung in eine "Gesamtbehandlung" erfordert. Dieser Gesichtspunkt stellt ein sachliches Merkmal für die Unterscheidung von Versicherten mit einem besonderen Behandlungsbedarf dar und durfte vom Gesetzgeber herangezogen werden, um Ausnahmeindikationen zur Abmilderung von Leistungsausschlüssen zu definieren (dazu schon BSGE 88, 166, 170 f = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 30).
Die Revision der Klägerin kann des Weiteren auch in Bezug auf die noch bevorstehende beabsichtigte Behandlung des Unterkiefers keinen Erfolg haben. Für diesen Anspruch ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Revisionsentscheidung maßgebend (vgl BSGE 88, 166, 167 = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 26 mwN). Da die Klägerin diese Implantatversorgung bisher nicht hat durchführen lassen, ist ihr Begehren insoweit auf ein künftiges Handeln der Beklagten gerichtet. In einem solchen Fall hat das Gericht - im Gegensatz zur vorbeschriebenen Versorgung des Oberkiefers - das Recht anzuwenden, das im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats gilt. Rechtsänderungen, die seit der Verwaltungsentscheidung eingetreten sind, müssen insbesondere dann berücksichtigt werden, wenn das neue Recht nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfassen will; der Umstand, dass im Prozess auch um die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts der beklagten Behörde gestritten wird, tritt demgegenüber in den Hintergrund (stRspr, vgl BSG, ebenda mwN).
Ein möglicher Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einer implantatgestützten Prothese richtet sich in Bezug auf den Unterkiefer insoweit ebenfalls nach § 28 Abs 2 Satz 9 SGB V bzw hilfsweise (beschränkt auf Suprakonstruktionen unter Eigenbeteiligung) nach § 30 Abs 1 Satz 5 SGB V idF des GKVRefG, jeweils in Verbindung mit den vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen auf der Grundlage des § 92 Abs 1 SGB V in seinen RL festgelegten Ausnahmefällen. Das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 (GMG - BGBl I 2190) hat den Gesetzestext insoweit zwar geändert, aber nur dahin, dass anstelle des früheren Bundesausschusses nun der neu geschaffene Gemeinsame Bundesausschuss (§ 91 Abs 1 SGB V) zuständig ist (vgl BT-Drucks 15/1525 S 83 zu Nr 15 Buchst a) bb)).
Die in den genannten Regelungen enthaltenen, zurzeit der Entscheidung durch den Senat geltenden materiellen Anspruchsvoraussetzungen sind nicht erfüllt. Auch die Zahnbehandlungs-RL und die Zahnersatz-RL des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen haben zwar zwischenzeitlich infolge der Beschlüsse vom 24. September 2003 (BAnz Nr 226) bzw vom 4. Juni 2003 (BAnz Nr 840) mit Wirkung zum 1. Januar 2004 Änderungen erfahren. Bei den im zu entscheidenden Fall einschlägigen Regelungen in Kapitel B VII. Nr 2 der Zahnbehandlungs-RL sowie in - nunmehr - in Kapitel B V. Nr 44 der Zahnersatz-RL sind inhaltliche Änderungen indessen nicht vorgenommen worden. Die Bestimmungen müssen mithin mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in gleicher Weise ausgelegt werden wie zum Begehren der Klägerin auf eine Implantatversorgung ihres Oberkiefers dargestellt.
Da die Ablehnung der begehrten Leistungen nach alledem weder einfachrechtlich noch verfassungsrechtlich zu beanstanden ist, musste die Revision der Klägerin insgesamt zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf implantologische Leistungen im Rahmen der zahnärztlichen Versorgung.
Die 1982 geborene, bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Klägerin leidet an einer Oligodontonie (Nichtanlage mehrerer Zähne) in der Weise, dass ihr im Oberkiefer 8 der 16 bleibenden Zähne sowie im Unterkiefer 5 Zähne fehlen; anstelle bleibender Zähne waren bzw sind teilweise Milchzähne vorhanden. Auf ihren unter Vorlage eines Behandlungsplans des Vertragszahnarztes Dr. K. vom 24. August 1999 (voraussichtliche Kosten 16.227,54 DM) gestellten Antrag auf Versorgung mit Zahnimplantaten für beide Kiefer holte die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Das Gutachten ergab, dass zwar wegen multipler Nichtanlage von Zähnen eine Implantatversorgung medizinisch indiziert sei; es liege jedoch kein Fall vor, in dem die Leistungspflicht ausnahmsweise bestehe; insbesondere liege keine "generalisierte Nichtanlage von Zähnen" vor. Die Beklagte lehnte die Leistungsgewährung daraufhin ab (Schreiben vom 13. Oktober 1999; Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2000).
Das dagegen angerufene Sozialgericht (SG) hat nach zahnmedizinischen Ermittlungen und Einholung einer Auskunft des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen (vom 20. Juli 2000) die Beklagte zur Implantatversorgung nebst darauf aufbauendem Zahnersatz entsprechend dem Behandlungsplan verurteilt (Urteil vom 24. August 2001).
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Die nach den Zahnbehandlungs-Richtlinien (RL) des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen einzig in Betracht kommende Ausnahmeindikation einer generalisierten Nichtanlage von Zähnen bestehe nicht. Damit sei ein Zustand gemeint, bei dem aufgrund eines genetischen Defekts - getrennt betrachtet nach Unter- und Oberkiefer - die Mehrzahl der Zähne eines Kiefers nicht angelegt sei. Auch der Bundesausschuss habe in seiner Stellungnahme das Fehlen der Mehrzahl der Zähne in jedem Kiefer als ausschlaggebend angesehen. Der Normgeber setze damit zulässig typisierend voraus, dass in einem solchen Fall für eine herkömmliche prothetische Versorgung keine realistische Möglichkeit mehr bestehe. Ein Anspruch auf die Suprakonstruktionen nach den Zahnersatz-RL des Bundesausschusses scheide ebenfalls aus. Der Leistungsausschluss verstoße nicht gegen das Grundgesetz (GG), weil es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) weitem gesetzgeberischen Ermessen unterliege, welche Behandlung zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre und welche der Eigenverantwortung des Versicherten zugeordnet werde (Urteil vom 31. Oktober 2002).
Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin die implantologische Behandlung des Oberkiefers in den Jahren 2001/2002 auf eigene Kosten durchführen lassen.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das LSG habe den in den Zahnbehandlungs-RL des Bundesausschusses enthaltenen Begriff der "generalisierten genetischen Nichtanlage von Zähnen" verkannt. Darunter fielen nicht nur die komplette Nichtanlage oder das mehrheitliche Fehlen von Zähnen im jeweiligen Kiefer. Eine rein numerische Betrachtung sei widersinnig, weil eine Versorgung dann sogar ausschiede, wenn in beiden Kiefern exakt die Hälfte der Zähne fehle. Der Begriff "generalisiert" werde in seinem Wortsinn (zB Generalstreik oder Generalüberholung) nie in der Bedeutung von "überwiegend" verwendet, sondern im Sinne von "bedeutsam", "charakteristisch", oä. Im hiesigen Zusammenhang komme es daher allein darauf an, ob wegen einer besonderen Ausnahmesituation eine herkömmliche Gebiss-Sanierung iS einer konventionellen prothetischen Versorgung ohne Implantate nicht angezeigt sei. Dies müsse entsprechend dem Urteil des SG im Einzelfall lebenspraktisch und abhängig vom Ausmaß der funktionellen Beeinträchtigung entschieden werden. Eine gravierende Beeinträchtigung liege hier vor, weil eine herkömmliche prothetische Versorgung nach Gutachteransicht einer Körperverletzung bzw einem Kunstfehler gleichkäme; bei einer Brückenkonstruktion müssten alle vorhandenen Zähne des Oberkiefers beschliffen werden und würden so irreversibel geschädigt. Der im SG-Verfahren gehörte Sachverständige habe eine prothetische Versorgung mit konventionellen Kronen oder Brücken ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 31. Oktober 2002 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24. August 2001 zurückzuweisen sowie diese zu verurteilen,
1. sie mit Zahnimplantaten und Suprakonstruktionen im Unterkiefer auf der Grundlage des Behandlungsplanes des Zahnarztes Dr. K. vom 24. August 1999 zu versorgen,
2. ihr dem Grunde nach die aufgewandten Kosten für die 2001/2002 erfolgte Versorgung des Oberkiefers mit Zahnimplantaten und Suprakonstruktionen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und widerspricht der Auslegung des Begriffes "generalisiert" durch die Klägerin. Damit sei nur die "allgemeine Ausbreitung" (zB einer Infektion) auf den ganzen Körper bzw ein ganzes Organsystem gemeint.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG - das in seinem Urteil den Umstand der bereits erfolgten Eingliederung von Implantaten und Zahnersatz im Oberkiefer in den Jahren 2001/2002 noch unberücksichtigt gelassen hat - hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch gegen die beklagte Ersatzkasse auf Versorgung mit Zahnimplantaten und Suprakonstruktionen hat.
In Bezug auf den Oberkiefer kommt als Rechtsgrundlage eines insoweit auf Kostenerstattung gerichteten Anspruchs nur § 13 Abs 3 Alt 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Betracht, nachdem die Klägerin sich die in Rede stehende Behandlung auf einem anderen als dem gesetzlich vorgesehenen Weg selbst beschafft hat. Die Voraussetzungen für eine solche Kostenerstattung sind indessen nicht erfüllt. Nach der genannten Regelung hat eine Krankenkasse nur dann, wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, und dadurch dem Versicherten Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind, diese Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Letzteres war hier nicht der Fall. Zwar hat die Klägerin die streitige Versorgung des Oberkiefers erst vornehmen lassen, nachdem die Beklagte ihr ablehnende Bescheide erteilt und die Klägerin sogar ein positives erstinstanzliches Urteil erstritten hatte (zum Erfordernis des Abwartens einer Verwaltungsentscheidung vgl zB BSG SozR 3-2500 § 28 Nr 6 S 35 mwN). Der Anspruch aus § 13 Abs 3 SGB V scheitert jedoch, weil auch ein Primäranspruch auf eine Versorgung mit implantatgestützter Zahnprothetik nicht besteht.
Nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V umfasst der (Primär-)Anspruch des Versicherten auf zahnärztliche Behandlung auch die Versorgung mit Zahnersatz. Wie der Senat wiederholt dargelegt hat, war zunächst unklar und im Gesetz nicht geregelt, ob dazu auch Implantate und implantatgetragener Zahnersatz gehören (vgl zum früheren Rechtszustand aus Sicht des Leistungserbringungsrechts BSG - 6. Senat - SozR 3-5555 § 12 Nr 5 S 25 ff = USK 97149; zur Praxis der Krankenkassen: BT-Drucks 13/4615 S 9). Mit dem Beitragsentlastungsgesetz (BeitrEntlG) vom 1. November 1996 (BGBl I 1631) bestimmte der Gesetzgeber mit Wirkung ab 1. Januar 1997, dass implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehören und von den Krankenkassen daher auch nicht bezuschusst werden dürfen (§ 28 Abs 2 Satz 8 SGB V idF des BeitrEntlG). Hiervon wurden in der Folge Ausnahmen zugelassen: Seit 1. Juli 1997 wurde - bei Beibehaltung der Ausschlussregelung im Übrigen - eine (eigenbeteiligungsfreie) Implantatversorgung von der Krankenkasse als Sachleistung gewährt, wenn "seltene" vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen "für besonders schwere Fälle" vorliegen, in denen implantatgestützter Zahnersatz Bestandteil einer "medizinischen Gesamtbehandlung" ist (§ 28 Abs 2 Satz 9 SGB V idF des 2. GKV-NOG vom 23. Juni 1997, BGBl I 1520). Diese Festlegungen hat der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Kapitel B VII. seiner "Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung" (Zahnbehandlungs-RL - in der Fassung vom 24. Juli 1998, BAnz Nr 177) vorgenommen.
Seit 1. Januar 2000 schließlich besteht darüber hinaus in weiteren vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen festgelegten Ausnahmefällen ein nach Maßgabe des § 30 SGB V an eine Eigenbeteiligung geknüpfter Anspruch auf Gewährung der zur implantologischen Versorgung gehörenden Suprakonstruktionen (§ 30 Abs 1 Satz 5 SGB V idF des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKVRefG 2000) vom 22. Dezember 1999 - BGBl I 2626). Insoweit sind zusätzlich die Ausnahmefälle in den am 24. März 2001 in Kraft getretenen RL des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Zahnersatz-RL vom 15. September 2000, BAnz Nr 58) einschlägig.
§§ 28, 30 SGB V iVm den RL des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen finden in der bis Ende 2003 geltenden Fassung in Bezug auf die erfolgte Versorgung des Oberkiefers der Klägerin Anwendung, da es für den Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zurzeit der Behandlung ankommt und die Klägerin sich die Implantatversorgung hier bereits in den Jahren 2001/2002 selbst beschafft hat (zum maßgebenden Zeitpunkt bei Erstattungsbegehren wegen selbst beschaffter Leistungen: BSG SozR 3-2500 § 28 Nr 6 S 37 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats in SozR 3-2200 § 182 Nr 15 S 70 und SozR 3-2500 § 135 Nr 12; ferner: BSGE 91, 32, 34 = SozR 4-2500 § 28 Nr 1 RdNr 7 mwN und Urteile des Senats vom 3. September 2003 - B 1 KR 9/02 R = SozR 4-2500 § 28 Nr 2 RdNr 10 mwN sowie B 1 KR 2/03 R). Die Neuregelung ist ohne Überleitungsvorschriften am 1. Januar 2000 in Kraft getreten (vgl Art 22 GKVRefG 2000) und erfasst zahnärztliche Behandlungen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen hatten; sie ist infolgedessen im hiesigen Rechtstreit heranzuziehen.
Die Zahnbehandlungs-RL in der Fassung vom 24. Juli 1998 enthalten keine zu Gunsten der Klägerin eingreifende Ausnahme für die Gewährung implantologischer Leistungen, sondern schließen die Leistungspflicht der Beklagten aus. Eine Ausnahmeindikation im Sinne von § 28 Abs 2 Satz 8 SGB V liegt nach den Festlegungen des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen nur bei den in Kapitel B VII. Nr 29 Satz 4 der Zahnbehandlungs-RL aufgeführten Sachverhalten vor. Dazu gehören - was teilweise noch näher umschrieben ist - nur folgende Krankheiten:
a) größere Kiefer- oder Gesichtsdefekte, die ihre Ursache haben in: Tumoroperationen, Entzündungen des Kiefers, Operationen infolge von großen Zysten, Operationen infolge von Osteopathien, angeborenen Fehlbildungen des Kiefers oder Unfällen,
b) dauerhaft bestehende extreme Mundtrockenheit (Xerostomie), insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung,
c) generalisierte genetische Nichtanlage von Zähnen,
d) nicht willentlich beeinflussbare muskuläre Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (zB Spastiken).
Darüber hinaus darf eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich sein (RL, aaO, Satz 2).
Ein in den Zahnbehandlungs-RL umschriebener Fall lag bei der Klägerin nicht vor. Das anlagebedingte Fehlen bleibender Zähne in der Form, wie es bei ihr besteht, ist darin nicht generell als Grund für die Gewährung implantologischer Leistungen anerkannt worden. Ihr Krankheitszustand, dh, der Umstand dass bei ihr im Oberkiefer 8 (bleibende) Zähne und im Unterkiefer 5 der üblicherweise insgesamt 32 Zähne eines Menschen anlagebedingt nicht vorhanden sind, kann insbesondere nicht unter eine "generalisierte genetische Nichtanlage von Zähnen" iS von Nr 29 Satz 4 Buchst c) subsumiert werden.
Aus der im SG-Verfahren eingeholten Auskunft des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vom 20. Juli 2000 ergibt sich, dass der Ausschuss darunter zwar nicht allein das gänzliche Fehlen von Zähnen bzw die vollständige Zahnlosigkeit verstanden wissen will, aber zumindest ein Fehlen der Mehrzahl der Zähne für erforderlich hält. Der Ausschuss hat in diesem Zusammenhang deutlich gemacht, dass er auch den Fall eines nur teilweisen anlagebedingten Fehlens von Zähnen durchaus in seine Erwägungen mit einbezogen hat. Er hat nämlich im Vorfeld des Beschlusses aus wissenschaftlicher Sicht drei Formen der genetisch bedingten Nichtanlage von Zähnen unterschieden: die Hypodontie (= Fehlen einzelner Zähne), die Oligodontie (= Nichtanlage mehrerer Zähne) sowie die Anodontie (= Fehlen jeglicher Zahnanlage). Diese Unterscheidung deckt sich mit Ausführungen in zahnmedizinischen Fachveröffentlichungen (vgl zu den Begriffsinhalten "Anodontie", "Hypodontie" und "Oligodontie" die entsprechenden Stichworte zB in: Hoffmann-Axtheim, Lexikon der Zahnmedizin, 1992, und Lautenbach, Wörterbuch Zahnmedizin, 1992). Ausgehend von diesem differenzierenden Vorverständnis hat der Ausschuss gleichwohl einerseits nicht schon sämtliche Formen der anlagebedingten Zahnlosigkeit als Ausnahmeindikation anerkannt, andererseits aber auch keine Anodontie gefordert, sondern als Zwischenform die "generalisierte" genetische Nichtanlage "von Zähnen". Mit diesem zur Eingrenzung des Phänomens der Zahnlosigkeit verwendeten Begriff wird zum Ausdruck gebracht, dass ein Stadium mit einem ausgeprägten Fehlen von Zähnen ausreichen soll, das allerdings der vollständigen Zahnlosigkeit eher nahe kommen muss als dem Fehlen nur einzelner Zähne bei ansonsten noch als regelgerecht anzusehenden Gebissverhältnissen. Das ist daraus herzuleiten, dass in der Medizin unter dem Begriff "generalisiert" eine Ausbreitung über den ganzen Körper bzw zumindest ein ganzes Organsystem verstanden wird (so zB Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl 2002; Zetkin/Schaldach, Wörterbuch der Medizin, 16. Aufl 1998; Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch Bd 3, 1981; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd 3, 1977, jeweils zum Stichwort "Generalisierung"). Übertragen auf die Verhältnisse bei Zahn- und Kieferkrankheiten bedeutet dies, dass die zur Behandlung Anlass gebende körperliche Regelwidrigkeit zumindest in einem der Kiefer in besonderer Weise ausgeprägt sein muss. Ein Kiefer - verstanden als ein Organsystem, das bei einem erwachsenen Menschen im Regelfall mit einer bestimmten Anzahl bleibender Zähne versehen ist - muss sich danach von seinem Erscheinungsbild her wesentlich durch die Nichtanlage von Zähnen auszeichnen; ein solcher Zustand wiederum lässt sich nur bejahen, wenn zumindest die überwiegende Zahl der typischerweise bei einem Menschen angelegten Zähne fehlt. Eine unterhalb dieser in praktikabler Weise nur zahlenmäßig zu ermittelnden Schwelle liegende Nichtanlage - verstanden als Hypodontie bzw Oligodontie, wie sie bei der Klägerin besteht - ist dagegen nicht mehr charakteristisch für die Beurteilung eines Kiefers als anlagebedingt zahnlos. Sind dem Betroffenen (noch) mehrheitlich bleibende Zähne gewachsen und ist somit teilweise - wenn auch unter Einschränkungen - die Kaufunktion bzw die Möglichkeit zur Zerkleinerung fester Nahrung erhalten, kann von einer "generalisierten" Nichtanlage regelmäßig nicht gesprochen werden. Eine darüber hinausgehende Sichtweise wäre auch mit dem differenzierenden und einer erweiterten Auslegung bzw Analogie nicht zugänglichen Wortlaut der Ausnahmeindikation in den Zahnbehandlungs-RL nicht vereinbar.
Nur diese enge Auslegung erweist sich im Lichte des § 28 Abs 2 Satz 9 SGB V als zutreffend. Ein Widerspruch zur Ermächtigungsgrundlage besteht daher nicht, zumal auch ein untergesetzlicher Normgeber im Rahmen der Ermächtigung einen weiten Gestaltungsspielraum besitzt, der nur ausnahmsweise eingeschränkt ist (vgl zB BSGE 81, 54, 64 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 20 f; BSGE 81, 73, 85 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 60). Schon der Gesetzgeber selbst hat die Leistungspflicht in mehrfacher Hinsicht beschränkt, nämlich auf "seltene ... Ausnahmeindikationen", "besonders schwere Fälle" und die Notwendigkeit der Einbindung in eine "medizinische Gesamtbehandlung". Daraus folgt, dass implantologische Leistungen nicht schon bei jeder zahnmedizinischen Notwendigkeit der in Rede stehenden Behandlungsmaßnahme zu Lasten einer Krankenkasse gewährt werden sollten, sondern dass sie eine darüber hinausgehende Ausnahmesituation voraussetzen, an die ihrerseits wiederum qualifizierte Anforderungen zu stellen sind. Ließe man - wie von der Revision befürwortet - für die Leistungspflicht bereits andere Formen des anlagebedingten Fehlens von Zähnen genügen, würde zudem der Bereich verlassen, in dem der beschriebene Sachverhalt wertungsmäßig noch gleiches Gewicht im Verhältnis zu den anderen in den RL umschriebenen "besonders schweren Fällen" aufweist (zu diesem Merkmal bereits BSGE 88, 166, 169 = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 28; BSG SozR 3-2500 § 28 Nr 6 S 38).
Wie das LSG weiter zutreffend entschieden hat, steht der Klägerin auch kein Primäranspruch auf die Versorgung mit implantatgestütztem Zahnersatz (Suprakonstruktionen) gegen Eigenbeteiligung aus § 30 Abs 1 Satz 5 SGB V zu. Danach besteht ein Anspruch nur in den Fällen, die in den auf der Grundlage des § 92 Abs 1 SGB V erlassenen, am 24. März 2001 in Kraft getretenen Zahnersatz-RL des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen geregelt sind. Diese RL erfassen eine genetisch bedingte Nichtanlage von Zähnen über den in den Zahnbehandlungs-RL enthaltenen Sachverhalt hinaus nicht gesondert, sondern begünstigen in Kapitel B VI. Nr 38 Buchst a) und b) nur die Implantatversorgung bei zahnbegrenzten Einzelzahnlücken sowie bei einem atrophierten zahnlosen Kiefer. Beides liegt bei der Klägerin nach den Feststellungen des LSG nicht vor.
Die Nichteinbeziehung der bei der Klägerin bestehenden Oligodontie in die Ausnahmeregelungen der § 28 Abs 2 Satz 9 SGB V und § 30 Abs 1 Satz 5 SGB V verletzt kein Verfassungsrecht. Der Senat hat bereits mit seinen Urteilen vom 19. Juni 2001 entschieden, dass der Anspruch auf implantologische Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung auch dann ausgeschlossen ist, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Krankheit des Versicherten aus medizinischen Gründen nicht anders als mit einer Implantatversorgung geheilt bzw gelindert werden kann. Dieser Leistungsausschluss bedeutet im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung des Leistungskatalogs in der gesetzlichen Krankenversicherung keine verfassungswidrige Benachteiligung der Betroffenen (BSGE 88, 166, 168 ff = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 29 ff; BSG SozR 3-2500 § 28 Nr 6 S 39 ff; Urteile des Senats vom 3. September 2003 - B 1 KR 9/02 R = SozR 4-2500 § 28 Nr 2 RdNr 7 sowie B 1 KR 2/03 R). Welche Behandlungsmaßnahmen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen und welche davon ausgenommen und damit der Eigenverantwortung des Versicherten (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 SGB V) zugeordnet werden, unterliegt aus verfassungsrechtlicher Sicht einem weiten gesetzgeberischen Ermessen; denn ein Gebot zu Sozialversicherungsleistungen in einem bestimmten sachlichen Umfang lässt sich dem Grundgesetz nicht entnehmen (so schon BSGE 76, 40, 42 f = SozR 3-2500 § 30 Nr 5 S 14; BSGE 86, 54, 65 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 S 71 jeweils mwN aus der Rspr des BVerfG). Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist im Wesentlichen das Gebot des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG), Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er kann grundsätzlich frei entscheiden, von welchen Elementen der zu ordnenden Lebenssachverhalte die Leistungspflicht abhängig gemacht und die Unterscheidung gestützt werden soll. Eine Grenze ist erst dann erreicht, wenn sich für seine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund mehr finden lässt (stellvertretend: BVerfGE 102, 68, 87 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42 S 184 mwN).
Wie der Senat bereits in früheren Entscheidungen dargelegt hat, ergibt sich ein sachlicher Grund für die Differenzierung bei der Kostenübernahme für die im Vergleich zur konventionellen Versorgung teurere Implantat-Technik daraus, dass diese Technik mit höherem Tragekomfort und verbesserter Kaufunktion einhergeht; zudem ist die Implantatversorgung noch relativ neu, weil Langzeitstudien über Haltbarkeit und Funktion erst Ende der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts vorgelegen haben (BSGE 88, 166, 171 = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-2500 § 28 Nr 6 S 41 mwN; Urteile des Senats vom 3. September 2003 - B 1 KR 9/02 R = SozR 4-2500 § 28 Nr 2 RdNr 7 sowie B 1 KR 2/03 R). Die unterschiedliche Behandlung der Klägerin im Vergleich zu den Versicherten mit einem Anspruch nach § 28 Abs 2 Satz 9 SGB V ist gleichermaßen gerechtfertigt. Zwar ist sie insofern benachteiligt, als sie die Kosten für die implantologische Versorgung und die Suprakonstruktion selbst tragen muss, obwohl für beide Versichertengruppen die Versorgung mit konventionellem Zahnersatz nicht möglich ist. Die Implantatversorgung dient indessen jeweils verschiedenen Zwecken, weil das Behandlungsziel bei den vom Gesetz als besonders schwer eingestuften, in Abschnitt B VII. Nr 29 Zahnbehandlungs-RL näher konkretisierten Fällen über eine reine Versorgung mit Zahnersatz hinaus reicht und die Einbindung in eine "Gesamtbehandlung" erfordert. Dieser Gesichtspunkt stellt ein sachliches Merkmal für die Unterscheidung von Versicherten mit einem besonderen Behandlungsbedarf dar und durfte vom Gesetzgeber herangezogen werden, um Ausnahmeindikationen zur Abmilderung von Leistungsausschlüssen zu definieren (dazu schon BSGE 88, 166, 170 f = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 30).
Die Revision der Klägerin kann des Weiteren auch in Bezug auf die noch bevorstehende beabsichtigte Behandlung des Unterkiefers keinen Erfolg haben. Für diesen Anspruch ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Revisionsentscheidung maßgebend (vgl BSGE 88, 166, 167 = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 26 mwN). Da die Klägerin diese Implantatversorgung bisher nicht hat durchführen lassen, ist ihr Begehren insoweit auf ein künftiges Handeln der Beklagten gerichtet. In einem solchen Fall hat das Gericht - im Gegensatz zur vorbeschriebenen Versorgung des Oberkiefers - das Recht anzuwenden, das im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats gilt. Rechtsänderungen, die seit der Verwaltungsentscheidung eingetreten sind, müssen insbesondere dann berücksichtigt werden, wenn das neue Recht nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfassen will; der Umstand, dass im Prozess auch um die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts der beklagten Behörde gestritten wird, tritt demgegenüber in den Hintergrund (stRspr, vgl BSG, ebenda mwN).
Ein möglicher Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einer implantatgestützten Prothese richtet sich in Bezug auf den Unterkiefer insoweit ebenfalls nach § 28 Abs 2 Satz 9 SGB V bzw hilfsweise (beschränkt auf Suprakonstruktionen unter Eigenbeteiligung) nach § 30 Abs 1 Satz 5 SGB V idF des GKVRefG, jeweils in Verbindung mit den vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen auf der Grundlage des § 92 Abs 1 SGB V in seinen RL festgelegten Ausnahmefällen. Das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 (GMG - BGBl I 2190) hat den Gesetzestext insoweit zwar geändert, aber nur dahin, dass anstelle des früheren Bundesausschusses nun der neu geschaffene Gemeinsame Bundesausschuss (§ 91 Abs 1 SGB V) zuständig ist (vgl BT-Drucks 15/1525 S 83 zu Nr 15 Buchst a) bb)).
Die in den genannten Regelungen enthaltenen, zurzeit der Entscheidung durch den Senat geltenden materiellen Anspruchsvoraussetzungen sind nicht erfüllt. Auch die Zahnbehandlungs-RL und die Zahnersatz-RL des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen haben zwar zwischenzeitlich infolge der Beschlüsse vom 24. September 2003 (BAnz Nr 226) bzw vom 4. Juni 2003 (BAnz Nr 840) mit Wirkung zum 1. Januar 2004 Änderungen erfahren. Bei den im zu entscheidenden Fall einschlägigen Regelungen in Kapitel B VII. Nr 2 der Zahnbehandlungs-RL sowie in - nunmehr - in Kapitel B V. Nr 44 der Zahnersatz-RL sind inhaltliche Änderungen indessen nicht vorgenommen worden. Die Bestimmungen müssen mithin mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in gleicher Weise ausgelegt werden wie zum Begehren der Klägerin auf eine Implantatversorgung ihres Oberkiefers dargestellt.
Da die Ablehnung der begehrten Leistungen nach alledem weder einfachrechtlich noch verfassungsrechtlich zu beanstanden ist, musste die Revision der Klägerin insgesamt zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
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