L 18 AL 176/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 52 AL 380/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 176/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 3/20 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Die eingelegte Beschwerde des Klägers wurde mit Beschluss vom 28. April 2020 als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu er-statten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 25. Februar 2015 bis 31. Mai 2015 wegen der Zahlung von Arbeitsentgelt sowie die Er-stattung eines Betrages in Höhe von (iHv) von 3.428,18 EUR.

Der Kläger war vom 1. Oktober 2012 bis 24. Februar 2015 als Pflegedienstleiter bei der C GmbH (CRS-G), O, am Einsatzort B beschäftigt. Am 19. Februar 2015 kün-digte die CRS-G das Arbeitsverhältnis fristlos. In dem Verfahren auf die hiergegen eingelegte Kündigungsschutzklage einigte sich der Kläger mit der CRS-G vor dem Arbeitsgericht Berlin (36 Ca 3814/15) am 14. Juli 2015 dahingehend, dass das Ar-beitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung am 31. Mai 2015 geendet habe. In Ziffer 3 des Vergleiches wurde vereinbart: "Die Beklagte rechnet gegen den Kläger ordnungsgemäß vom 13.02.2015 bis zum vorstehend genannten Zeitpunkt ab und zahlt an den Kläger den daraus ergebenen Nettobetrag unter Berücksichtigung etwaiger An-spruchsübergänge aus."

Nach Ziff. 4 des Vergleichs war eine Abfindungszahlung für den Verlust des Arbeits-platzes iHv 3.000,- EUR vorgesehen. Am 15. Juli 2015 zahlte die CRS-G an den Kläger einen Betrag iHv 8.167,72 EUR aus.

Bereits am 25. Februar 2017 hatte sich der Kläger arbeitslos gemeldet und die Zah-lung von Alg beantragt. Er reichte eine Arbeitsbescheinigung der "CRS G B , W B" vom 16. März 2017 ein, welche am Ende der letzten Seite mit einem Stempel der CRS-G versehen war. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 1. April 2015 vorläu-fig Alg für die Zeit vom 25. Februar 2015 bis 26. Februar 2016 unter Zugrundelegung eines täglichen Bemessungsentgeltes von 96,23 EUR (Leistungsentgelt: 60,79 EUR) iHv 36,47 EUR täglich. Mit Schreiben vom 31. März 2015 zeigte die Beklagte gegenüber der CRS Gartenstadt Berlin II an, dass sie dem Kläger ab dem 25. Februar 2015 Alg zahle und der Kläger noch Anspruch auf Arbeitsentgelt erhebe. Etwaige Ansprüche des Klägers würden in Höhe des gezahlten Alg auf die Beklagte übergehen. Der Kläger erhielt eine Durchschrift des Schreibens. Mit Schreiben vom 5. August 2015 forderte die Beklagte die CRS Gartenstadt II in Berlin auf, nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleiches eine Arbeitsbescheinigung des Klägers bis zum 18. August 2015 vorzulegen. Mit Schreiben vom 18. August 2015 teilte die Beklagte der CRS G unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 31. März 2015 mit, dass der Anspruch auf Arbeitsentgelt auf sie übergegangen sei und machte die Erstattung von 3.428,18 EUR geltend. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2015 wandte sich die CRS-G an die Beklagte wegen einer Mahnung in Höhe von 3.428,18 EUR und teilte mit, keinen Bescheid über eine solche Forderung erhalten zu haben.

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2015 teilte die Beklagte dem Kläger unter Hinweis auf einen Anspruchsübergang nach § 157 Sozialgesetzbuch –Arbeitsförderung – (SGB III) mit, dass ein der Zahlung des Alg für die Zeit vom 25. Februar 2015 bis 31. Mai 2015 entsprechender Betrag iHv 3.428,18 EUR von dem vom Arbeitgeber zu erfüllenden Ansprüchen einzubehalten und an sie zu überweisen sei. Der Kläger habe "vorerst" keine Zahlung zu leisten. Falls sein ehemaliger Arbeitgeber den Betrag nicht über-weise, erhalte der Kläger zu gegebener Zeit eine entsprechende Mitteilung. Mit ei-nem weiteren Bescheid vom 30. Oktober 2015 teilte die Beklagte der CRS-G unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 31. März 2015 mit, dass der Anspruch auf Ar-beitsentgelt auf sie übergegangen sei und machte die Erstattung von 3.428,18 EUR gel-tend. Diese teilte dann mit Schreiben vom 24. November 2015 mit, dass zum Zeit-punkt der Auszahlung an den Kläger die Anzeige eines Forderungsüberganges nicht vorgelegen habe. Die Beklagte wies den vom Kläger gegen den Bescheid vom 30. Oktober 2015 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Novem-ber 2015 zurück und führte aus: Die im Rahmen der "Gleichwohlgewährung" gewähr-ten Leistungen seien zu Recht gezahlt worden. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, die-ses Alg zu erstatten. Nach Erfüllung des Anspruchsüberganges seien "diese Tage" dem Kläger wieder gutzuschreiben und zu bewilligen.

Mit Ruhensbescheid vom 10. Dezember 2015 stellte die Beklagte das Ruhen des Anspruches auf Alg für die Zeit vom 25. Februar 2015 bis 31. Mai 2015 nach § 157 SGB III wegen des Anspruchs auf Arbeitsentgelt fest. Mit Erstattungsbescheid vom 10. Dezember 2015 machte die Beklagte unter Hinweis auf § 328 SGB III die Erstat-tung des für den Zeitraum vom 25. Februar 2015 bis 31. Mai 2015 bezogenen Alg in Höhe von 3.428,18 EUR gegenüber dem Kläger geltend. Mit endgültigem Bewilligungs-bescheid vom 10. Dezember 2015 bewilligte die Beklagte ab dem 25. Februar 2015 Alg für 360 Tage und setzte den Leistungsbetrag für die Zeiten vom 12. Februar 2015 bis 31. Mai 2015 sowie vom 1. Dezember 2015 bis 4. März 2016 auf 0,00 EUR täglich sowie für die Zeiten vom 1. Juni 2015 bis 30. November 2015 und vom 5. März 2016 bis 30. Mai 2016 auf 36,47 EUR täglich fest. Für die Zeit vom 1. Dezember 2015 bis 4. März 2016 wurde der tägliche Leistungsbetrag wegen einer Forderung im Wege der Aufrechnung nach § 52 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) einbehalten. Nachdem der Kläger am 15. Dezember 2015 Widerspruch gegen die Bescheide vom 10. Dezember 2015 eingelegt hatte, bewilligte die Beklagte dem Klä-ger durch Änderungsbescheid vom 21. Dezember 2015 Alg ab 1. Dezember 2015 bis 30. Mai 2016 Alg ohne Aufrechnung. Den gegen die Bescheide vom 10. Dezember 2015 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2016 als unbegründet zurück.

Im Klageverfahren hat die Beklagte durch Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 4. Oktober 2016 die Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom 25. Februar 2015 bis 31. Mai 2015 aufgehoben und die Erstattung von 3.428,18 EUR nach § 157 Abs. 3 SGB III geltend gemacht, da der Arbeitgeber mit befreiender Wirkung das dem Klä-ger zustehende Arbeitsentgelt an diesen bezahlt habe.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat, nachdem der Kläger hinsichtlich der Gewährung von Alg für die Zeit vom 1. Dezember 2015 bis 4. März 2016 die Klage für erledigt erklärt hatte, die auf Aufhebung des Ruhensbescheides vom 10. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2016 und des Erstattungs-bescheid vom 10. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2016 in der Fassung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 4. Oktober 2016 gerichtete Klage mit Urteil vom 24. August 2017 abgewiesen. Zur Be-gründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Die angegriffenen Be-scheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Ruhensbescheid vom 10. Dezember 2015 habe seine Rechtsgrundlage im § 157 Abs. 1 SGB III. Danach ruhe der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die der Ar-beitslose Arbeitsentgelt erhalte oder zu beanspruchen habe. Aufgrund des arbeitsge-richtlichen Vergleiches habe der Kläger einen Anspruch auf Arbeitsentgelt für die Zeit vom 25. Februar 2015 bis 31. Mai 2015 gehabt, sodass der Anspruch auf Alg geruht habe. Der Erstattungsbescheid vom 10. Dezember 2015 in der Fassung des streit-gegenständlich gewordenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 4. Okto-ber 2016 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn ge-mäß § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III habe der Arbeitslose, der dass Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber tatsächlich erhalten habe, weil der Arbeitgeber mit befreiender Wirkung an ihn gezahlt habe, dieses insoweit der Beklagten zu erstatten. Vorliegend habe der Arbeitgeber das dem Kläger für den Zeitraum vom 25. Februar 2015 bis 31. Mai 2015 zustehende Arbeitsentgelt trotz des Kraft Gesetzes erfolgten Anspruchsüberganges an den Beklagten nach § 115 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) an diesen am 15. Juli 2015 mit befreiender Wirkung ausgezahlt. Der Arbeitgeber erbringe seine Leistungen nach §§ 412, 407 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit befreiender Wirkung an den Arbeitnehmer, wenn er bei der Zahlung von dem gesetzlichen Forderungsübergang keine positive Kenntnis gehabt habe. Verschuldete Unkenntnis stehe der Kenntnis nicht gleich. Der Arbeitgeber habe keine positive Kenntnis vom Anspruchsübergang gehabt, da ihm diese nur von der Gläubigerin der Forderung vermittelt werden könne. Die Beklagte habe der CRS-G als Arbeitgeberin des Klägers erst mit Schreiben vom 30. Oktober 2015 mitgeteilt, dass der Anspruch auf Arbeitsentgelt auf sie übergegangen sei und die Erstattung von 3.428,18 EUR geltend gemacht werde. Dem Vortrag des Klägers, dass der Arbeitgeber bereits bei Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleiches am 14. Juli 2015 positive Kenntnis vom Anspruchsübergang gehabt habe, sei nicht zu folgen. In Ziffer 3 des Vergleiches sei keine konkrete Vereinbarung über bestehende Anspruchsübergänge zu sehen, da nur die Rede gewesen sei von der Berücksichtigung "etwaiger" Anspruchsübergänge. Hätten die vertragschließenden Parteien tatsächlich von dem bestehenden Anspruchsübergang gewusst, hätten sie den bestehenden Forderungsübergang konkret vereinbaren müssen. Darüber hinaus habe die Beklagte die Leistungen mit befreiender Wirkung genehmigt. Der nachträglichen konkludenten Genehmigung durch die Beklagte komme diesbezüglich eine Wirkung ex tunc nach § 362 Abs. 2, § 185 Abs. 2 BGB zu. Damit sei aber die Gleichwohlgewährung nicht ex post fehlerhaft geworden, da die Voraussetzungen des § 157 Abs. 3 Satz 1 SGB III vorgelegen hätten. Eine Aufhebung und Ablehnung der Bewilligung sei zwar nicht notwendig gewesen, jedoch auch nicht fehlerhaft. Die Erstattungsforderung könne sich auf § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III stützen.

Im Berufungsverfahren hat die Beklagte im Termin zur der mündlichen Verhandlung vom 20. November 2019 die im Bescheid vom 4. Oktober 2016 getroffene Aufhe-bungsentscheidung aufgehoben. Der Kläger trägt vor: Soweit das SG die Rechts-grundlage des Erstattungsbescheides vom 10. Dezember 2015 in der Fassung des streitgegenständlich gewordenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 4. Oktober 2016 im § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III sehe, übersehe es, dass sich der Auf-hebungs- und Erstattungsbescheid vom 4. Oktober 2016 auf § 48 SGB X stütze und bereits insofern rechtsfehlerhaft sei, als die Voraussetzungen des § 48 SGB X nicht gegeben seien (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Februar 2003 – L 13 AL 4706/01 –). Das SG habe auch nicht beachtet, dass die Voraussetzungen des § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III nicht gegeben seien, denn es gehe zu Unrecht davon aus, dass sein Arbeitgeber trotz des am 14. Juli 2015 vor dem Arbeitsgericht Berlin ge-schlossenen arbeitsgerichtlichen Vergleiches an ihn durch die Zahlung am 15. Juli 2015 mit befreiender Wirkung geleistet habe. Das SG gehe ferner in der Annahme fehl, dass die CRS-G keine positive Kenntnis vom Anspruchsübergang gehabt habe. Denn der Arbeitgeber sei bei Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleiches durch die Einrichtungsleiterin der CRS Gartenstadt Berlin II, Frau L, vertreten gewesen. Diese Person habe positive Kenntnis vom Forderungsübergang gehabt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2017 sowie den Ru-hensbescheid vom 10. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 5. Februar 2016 und den Erstattungsbescheid vom 10. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Feb-ruar 2016 und in der Fassung des Erstattungsbescheides vom 4. Oktober 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Betei-ligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Gerichtsakte sowie ein Ausdruck der e-Akte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zulässiger Streitgegenstand ist nach der in der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2019 verlautbarten Aufhebung der Aufhebungsentscheidung vom 4. Ok-tober 2016 neben dem Ruhensbescheid vom 10. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2016 nur noch der nunmehr auf eine Er-stattungsentscheidung beschränkte Bescheid vom 4. Oktober 2016. Soweit der Klä-ger mit seinem Antrag darüber hinaus die Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 10. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2016 begehrt, ist die Klage unzulässig, weil dieser Bescheid sich durch den ihn ge-mäß § 96 SGG ersetzenden Bescheid vom 4. Oktober 2016 erledigt hat.

Die Klage ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Ruhensbescheid vom 10. De-zember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2016 rich-tet. Gemäß § 157 Abs. 1 SGB III ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt zu beanspruchen hat. Die Voraussetzung dieser Vor-schrift sind erfüllt, denn der Kläger hatte nach dem arbeitsgerichtlichen Vergleich mit der CRS-G vom 14. Juli 2015 bis zum 31. Mai 201 noch Arbeitsentgelt zu beanspru-chen, wobei es auf die Höhe dieses Arbeitsentgeltes nicht ankommt (vgl. Düe, in: Brand, SGB III, 8. Auflage 2018, § 157 Rn. 9).

Soweit sich der Kläger gegen die Erstattungsentscheidung vom 4. Oktober 2016 wendet, ist die zulässige Anfechtungsklage ebenfalls unbegründet.

Gemäß § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III hat der Arbeitslosengeldbezieher im Falle einer durch den Arbeitgeber an ihn trotz Rechtsübergangs auf den Sozialleistungsträger mit befreiender Wirkung geleisteten Zahlung von Arbeitsentgelt das Alg insoweit zu erstatten. Es handelt sich dabei um einen eigenständigen, auf die Besonderheiten der Gleichwohlgewährung abgestimmten Erstattungsanspruch, der Spezialregelung gegenüber § 44 ff. SGB X ist und dem Bereicherungsanspruch aus § 816 Abs. 2 BGB entspricht. Der Anspruch setzt nicht voraus, dass die Bewilligung von Alg auf-gehoben wird. Voraussetzung des Erstattungsanspruchs ist, dass objektiv eine Gleichwohlgewährung vorlag. Nur wenn der Bundesagentur für Arbeit der zur Kom-pensation der Vorleistung vorgesehene Anspruch gegen den Arbeitgeber wegen dessen anderweitigen befreienden Zahlung entgeht, ermöglicht § 157 Abs. 3 Satz 2 SGB III die Rückforderung des Alg, wobei der Arbeitslose "in Wirklichkeit" das nach dem Forderungsübergang gemäß § 115 Abs. 1 SGB X zu Unrecht erlangte Arbeits-entgelt zahlt (vgl. Düe, aaO, § 157 Rn 38 f. mwN). Die Voraussetzungen einer Gleichwohlgewährung nach § 157 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB III lagen bei der vorläufigen Bewilligung des Alg durch Bescheid vom 1. April 2015 vor. Der Kläger hatte – wie aus dem Vergleich vom 14. Juli 2015 ersichtlich - für die hier streitbefan-gene Zeit noch einen Anspruch auf Arbeitsentgelt, der Anfang April 2015 noch nicht befriedigt worden war. Dies stellt auch der Kläger nicht in Frage. Er bestreitet auch nicht, dass durch die Vorleistung der Beklagten eine wirksame Legalzession seines Arbeitsentgeltanspruchs nach § 115 SGB X an die Beklagte in Höhe der geleisteten 3.428,18 EUR bewirkt worden ist.

Soweit er indes die Auffassung vertritt, dieser zedierte Anspruch sei von der CRS-G gar nicht "bedient" worden, ist dem nicht zu folgen. Maßgeblich ist insoweit, welche Tilgungsbestimmung die CRS-G als Schuldner gegenüber dem Kläger bei der Zah-lung am 15. Juli 2015 getroffen hat. Tilgungsbestimmungen (vgl. § 366 BGB für den Fall, dass einem Gläubiger mehrere Forderungen gegen denselben Schuldner zu-stehen) sind einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen, auf die die allge-meinen Vorschriften wie zB. §§ 133,157 BGB anwendbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 19988 – XI ZR 81/88 = BGHZ 106, 163 ff). Entscheidend ist bei emp-fangsbedürftigen Willenserklärungen wie die Erklärung bei der dem Erklärungsemp-fänger zumutbaren Sorgfalt zu verstehen ist (Auslegung nach dem objektiven Emp-fängerhorizont, vgl. Arnold in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 133 BGB Rn. 19). In dem vom Kläger herangezogenen Fall (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 11. Februar 2003 – L 13 AL 4706/01 -, juris) ergab sich aus den Umständen (konkretes Zahlenwerk im Vergleich), dass der Arbeitgeber nur den Spitzbetrag an den Arbeit-nehmer auskehren wollte und auch ausgekehrt hatte. Ein derartiger Tilgungswille hat im vorliegenden Fall - für den Kläger angesichts der Höhe des ausgekehrten Betra-ges ohne weiteres erkennbar - nicht bestanden. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf, ob die CRS-G durch die möglicherweise empfangsberechtigte und im Termin vor dem Arbeitsgericht anwesende Frau Li Kenntnis von der Anzeige des Forde-rungsübergangs vom 31. März 2015 erlangt gehabt hatte. Auch wenn dies als zutref-fend unterstellt wird, zeigt doch das Protokoll der Sitzung des Arbeitsgerichts vom 14. Juli 2015, in der auch der Kläger anwesend gewesen war, in aller Deutlichkeit, dass über "etwaige Anspruchsübergänge" zum damaligen Zeitpunkt keine genauen Vorstellungen (mehr) bestanden. Sie wurden lediglich für möglich erachtet. Der Ver-gleich enthielt auch keine konkrete Berechnung des auf den Kläger entfallenden Spitzbetrages, sondern lediglich den Verweis auf eine ordnungsgemäß zu erstellen-den Abrechnung durch die CRS-G. Angesichts der Höhe des am 15. Juli 2015 als Arbeitsentgelt nachgezahlten Betrages iHv von mehr als 5.167,72 EUR (Zahlbetrag 8.167,72 EUR abzüglich der mit brutto 3.000,- EUR angesetzten Abfindung) spricht alles dafür, dass die CRS-G bei dieser Zahlung (irrtümlich) davon ausging, dass kein Ab-zug wegen Forderungsübergangs vorzunehmen war und mithin die gesamte für die Zeit vom 13. Februar 2015 bis 31. Mai 2015 aufgrund des Arbeitsverhältnisses ent-standen Schuld getilgt werden und nicht nur ein Teilbetrag an den Kläger ausgekehrt werden sollte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den am 29. Juli 2015 erstellten Verdienstabrechnungen der CRS-G, mit denen kein Abzug wegen Forderungsübergangs vorgenommen worden war. Soweit der Kläger – im Ansatz zutreffend – argumentiert, aufgrund des Vergleichs vom 14. Juli 2015 habe die CRS-G nur den Spitzbetrag an ihn auszahlen dürfen, folgt hieraus allenfalls, dass sie mit der abzugslosen Auszahlung ihre Verpflichtungen aus diesem Vertrag verletzt haben könnte. Der Kläger verkennt, dass selbst die Kenntnis von einer Verpflichtung weder notwendigerweise zu rechtskonformen Verhalten des Schuldners führt noch dass bei einer fehlerbehafteten Leistungsbewirkung diese rechtlich unbeachtlich sein muss. Dies ist im Regelungsbereich des § 157 Abs. 3 SGG III dadurch anerkannt, dass die befreiende Wirkung einer in Kenntnis des Forderungsübergangs – mithin rechtswidrig - erfolgten Zahlung nachträglich durch den "wahren" Gläubiger im Wege einer Ge-nehmigung nach §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2 BGB herbeigeführt werden kann (vgl. Düe, aaO, Rn. 43 mwN).

Schließlich ist die Leistung an den Kläger auch mit befreiender Wirkung erfolgt. Dabei kann offen bleiben, ob die CRS-G bei der Zahlung von dem Forderungsübergang keine Kenntnis hatte und mithin schon nach §§ 412, 407 BGB die befreiende Wir-kung eingetreten ist. Selbst wenn sie Kenntnis vom Forderungsübergang gehabt ha-ben sollte, was bereits dann der Fall gewesen wäre, wenn ihr bekannt war, dass der Kläger Alg bezogen hatte (vgl. Düe, aaO, § 157 Rn.41), so ist die befreiende Wirkung der Zahlung aber mit der Genehmigung der Zahlung durch die Beklagte eingetreten. Die Genehmigung kann konkludent erklärt werden und zwar sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch gegenüber dem Arbeitnehmer (BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 - B 11 AL 7/99 R = SozR 3-4100 § 117 Nr. 18; Urteil vom 29. August 1991 – 7 RAr 130/90 = SozR 3-4100 § 117 Nr. 6). Die Genehmigung ist hier konkludent gegenüber dem Kläger mit dem Bescheid vom 4. Oktober 2016 erklärt worden. Diese Genehmigung, mit der lediglich eine dem öffentlichen Recht entsprechende Vermögenslage hergestellt wird, ist zivilrechtlicher Natur; sie ist kein Verwaltungsakt, der an Ermessensfehlern leiden könnte (vgl. Düe, aao, Rn. 43f.). Damit liegen die Voraussetzungen des § 157 Abs. 3 SGB III für den im Wege einer gebundenen Entscheidung geltend zu machenden Erstattungsanspruch vor.

Der Ruhens- bzw. der Erstattungsbescheid der Beklagten ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der Kläger nicht ordnungsgemäß angehört worden ist (§ 24 SGB X). Ein derartiger Verfahrensfehler ist jedenfalls während des Widerspruchsverfah-rens gegen die Bescheide vom 10. Dezember 2015 durch Nachholung gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1998 – B 7 AL 106/97 R = SozR 3-4100 § 117 Nr. 16).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG lie-gen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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