Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 5 AL 86/01
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 773/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 62/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Kosten für eine Telefonkarte stellen keine Bewerbungskosten iS des § 45 S 2 Nr 1 SGB III dar.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 2002 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 6. Februar 2001 zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für eine Telefonkarte in Höhe von 12,00 DM als Bewerbungskosten.
Der Kläger war seit 15. August 1998 arbeitslos. Er beantragte die Übernahme von Bewerbungskosten in Höhe von insgesamt 209,62 DM, die ihm die Beklagte in Höhe von 197,62 DM als Zuschuss bewilligte (Bescheid vom 13. November 2000). Die geltend gemachten Kosten für eine Telefonkarte nahm sie ausdrücklich aus der Bewilligung aus. In seinem Widerspruch führte der Kläger aus, er habe nach Absenden der Bewerbungen mit den potentiellen Arbeitgebern telefonisch Kontakt aufgenommen, um sein Interesse an der Stelle zu bekräftigen und Vorstellungsgespräche zu vereinbaren. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Bescheid vom 5. Januar 2001).
Mit Urteil vom 6. Februar 2001 hat das Sozialgericht (SG) Marburg die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 11. Dezember 2002 das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach § 45 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) könnten grundsätzlich auch die Kosten für Telefongespräche als Bewerbungskosten übernommen werden. Die Vorschrift knüpfe an die vorherige Regelung des § 53 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) an und beziehe die Regelungen der §§ 6 und 7 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Arbeitsaufnahme (A FdA, ANBA 1993, 409) mit ein. Unter Geltung dieser Vorschriften sei der Begriff der Bewerbungskosten weit ausgelegt worden. Aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens sei kein Wille erkennbar, die zuvor möglichen Leistungen einzuengen. Der Begriff der Bewerbungskosten in § 45 SGB III sei daher erheblich weiter als die Formulierung vor der Klammer, welche nur eine beispielhafte Aufzählung darstelle. Er umfasse den gesamten Bewerbungsvorgang einschließlich der kostenträchtigen Suche nach Stellenangeboten sowie der mit der Verfolgung einer Bewerbung im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Kosten. Die vom Gesetzgeber angestrebten Einsparungen würden bereits mit der Höchstbetragsregelung in § 46 Abs 1 SGB III erreicht. Fest stehe, dass dem Kläger die Telefonkosten tatsächlich entstanden seien.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III. Der Gesetzestext zähle die Leistungen, die zur Förderung der Arbeitsaufnahme erbracht werden könnten, abschließend auf. Gegenüber der alten Rechtslage sei der Umfang der Erstattung erheblich eingeengt worden. Bewerbungskosten seien nur Kosten, die im Zusammenhang mit der Erstellung und Versendung von Bewerbungsunterlagen entstünden. Der Klammerzusatz "Bewerbungskosten" bezeichne wie üblich nur den Begriff, der durch den voranstehenden Text definiert werde. Die Gesetzesmaterialien ließen offen, welche Gegenstände der bisherigen Förderung übernommen und welche herausgenommen wurden. Zudem sei bei Telefonkosten keine klare Trennung zwischen bewerbungsbezogener und anderer Nutzung möglich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 2002 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 6. Februar 2001 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Nach Sinn und Zweck des § 45 SGB III seien Telefonkosten zu berücksichtigen. Das Versenden von Bewerbungsunterlagen stelle regelmäßig nicht die einzige anfallende Verrichtung im Zusammenhang mit einer Bewerbung dar. Darüber hinaus wünsche eine zunehmende Zahl von Unternehmen die Zusendung von Bewerbungen per Email. Die dabei anfallenden Kosten seien größtenteils Telefonkosten. Darüber hinaus könnten Telefonkosten sogar zu den Reisekosten zählen, wenn telefonische Rücksprachen im Zusammenhang mit der Reise erforderlich würden.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des LSG verletzt § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I 594). Die Beklagte hat die Übernahme der Kosten für eine Telefonkarte zu Recht abgelehnt, da es sich insoweit weder um Bewerbungs- noch um Reisekosten iS des § 45 SGB III handelt.
§ 45 SGB III bestimmt:
"Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende sowie Ausbildungssuchende können zur Beratung und Vermittlung unterstützende Leistungen erhalten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird und sie die erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können. Als unterstützende Leistungen können Kosten
für die Erstellung und Versendung von Bewerbungsunterlagen (Bewerbungskosten), im Zusammenhang mit Fahrten zur Berufsberatung, Vermittlung, Eignungsfeststellung und zu Vorstellungsgesprächen (Reisekosten) übernommen werden."
Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind Bewerbungskosten iSd § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III nur die Kosten für die Erstellung und Versendung von Bewerbungsunterlagen. Anders als das LSG meint, kommt es bei der Auslegung von § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III nicht in erster Linie auf den Begriff "Bewerbungskosten" an, vielmehr umschreibt dieser Klammerzusatz gesetzestechnisch als typische Legaldefinition nur das, was zuvor im Langtext des § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III - "Erstellung und Versendung von Bewerbungsunterlagen" - ausgedrückt wurde. Eine Übernahme von Telefonkosten kommt danach allenfalls in Betracht, wenn diese bei der Erstellung und/oder Versendung von Bewerbungsunterlagen unter Nutzung moderner Informationstechnologien (zB PC, Internet, Email) entstanden sind (vgl jetzt hierzu: § 4 Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung (Anordnung UBV) vom 10. April 2003, ANBA 2003, 731). Nicht erfasst werden von der Legaldefinition "Erstellung und Versendung von Bewerbungsunterlagen" die Kosten für Telefongespräche, die lediglich darauf abzielen, nach Absenden der Bewerbung das Interesse an der Stelle zu bekräftigen oder Vorstellungsgespräche zu vereinbaren.
Weder die Entstehungsgeschichte noch Sinn und Zweck des § 45 SGB III sprechen dafür, andere als die ausdrücklich in Satz 2 Nr 1 genannten Kosten als Bewerbungskosten einzustufen.
§ 53 Abs 1 Satz 1 AFG in der bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung des AFRG vom 24. März 1997 (aaO) ermöglichte zwar seinem Wortlaut nach eine wesentlich umfangreichere Leistungsgewährung. Danach konnte die Bundesanstalt für arbeitslose und von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohte Arbeitssuchende zur Förderung der Arbeitsaufnahme neben einem Zuschuss zu Bewerbungskosten (Nr 1) sowie Reise- und Umzugskosten (Nr 2) unter bestimmten Voraussetzungen auch folgende Leistungen gewähren: Arbeitsausrüstung (Nr 3), Trennungsbeihilfe (Nr 4), Überbrückungsbeihilfe (Nr 5), Begleitung bei Sammelfahrten zur Arbeitsaufnahme an einem auswärtigen Beschäftigungsort (Nr 6), Familienheimfahrten (Nr 6a) und sonstige Hilfen, die sich zur Erleichterung der Arbeitsaufnahme als notwendig erweisen (Nr 7). Als Bewerbungskosten in diesem Sinne konnten nach § 6 Abs 1 A FdA idF der 2. Änderungsanordnung vom 27. Januar 1993 (ANBA 1993, 409) die notwendigen Kosten, die üblicherweise im Zusammenhang mit der Bewerbung entstehen, als Zuschuss übernommen werden. Innerhalb eines halben Jahres durften allerdings nicht mehr als 200,- DM gewährt werden (§ 6 Abs 2 A FdA).
Verglichen mit dieser Rechtslage hat der Gesetzgeber die Leistungen mit Einführung des SGB III nicht nur auf die in § 45 Satz 2 SGB III ausdrücklich genannten Leistungen beschränkt, sondern diese zusätzlich auch auf ihren wesentlichen Kern eingeengt. Er hat einerseits den Leistungskatalog des § 53 Abs 1 Satz 1 AFG erheblich verkürzt (insbesondere den Auffangtatbestand der Nr 7 nicht übernommen) und andererseits die Begriffe der Bewerbungs- und Reisekosten abweichend von der Rechtslage nach dem AFG iVm der A FdA definiert.
Wenn in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, dass die in § 45 SGB III geregelten Leistungen im wesentlichen denen in § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und 2 AFG entsprechen und grundlegende Leistungsvoraussetzungen und Spezifizierungen, die bisher in der A FdA enthalten waren, übernommen wurden (BT-Drs 13/4941 vom 18. Juni 1996, S 162), so kann daraus schon wegen der eindeutigen Änderung des Wortlautes nicht geschlossen werden, dass die alte Rechtslage unverändert beibehalten werden sollte. Hinzu kommt, dass das AFRG darauf abzielte, die Beitragszahler zu entlasten (BT-Drs 13/4941 vom 18. Juni 1996, S 1, 140, 142). Dass diese Einsparung im Bereich der Leistungen zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung allein durch die Begrenzung der Übernahme der Bewerbungskosten auf einen jährlichen Höchstbetrag nach § 46 Abs 1 SGB III in Höhe von 500 DM bewirkt werden sollte, ist nicht überzeugend, denn bereits § 6 Abs 2 A FdA sah einen Höchstbetrag vor, der zudem wesentlich niedriger war. Im übrigen war auch unter Geltung des AFG keinesfalls unumstritten, ob eine Übernahme von Telefonkosten möglich war (ablehnend: Götze in GK-SGB III, Komm, § 45 RdNr 16, 18 bzw in GK-AFG, Komm, § 53 RdNr 25; Hoppe, Förderung der Arbeitsaufnahme - jetzt besonders aktuell, Soziale Arbeit 1976, 193, 198). Die Beklagte hat jedenfalls hierzu vorgetragen, sie habe bereits unter Geltung des § 53 AFG die grundsätzliche Auffassung vertreten, dass Telefonkosten keine Bewerbungskosten darstellten. Insofern habe sich die Rechtslage nach in Kraft treten des § 45 SGB III überhaupt nicht verändert.
Auch Sinn und Zweck der Vorschrift, finanzielle Hemmnisse bei der Arbeitssuche zu beseitigen (Götze in GK-SGB III, § 45 RdNr 1; Hennig in Hennig, SGB III, § 45 RdNr 1) und offene Stellen zügig zu besetzen (§ 1 Abs 1 SGB III, § 1 Abs 1 Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung (Anordnung UBV) vom 10. April 2003, ANBA 2003, 731), erfordern kein anderes Ergebnis. Zwar mag es wünschenswert sein, dass die Beklagte möglichst weitgehende Leistungen erbringt, ein gesetzlicher Anspruch hierauf besteht jedoch nicht. Die Höchstbetragsgrenze nach § 46 Abs 1 SGB III sowie die Ermächtigung der Bundesanstalt, die Zahlung von Pauschalen festzulegen (§ 47 Satz 2 SGB III), weisen im Gegenteil darauf hin, dass die vollumfängliche Übernahme aller anfallenden Kosten einer Bewerbung nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Von daher braucht nicht erörtert zu werden, welche Folgerungen daraus zu ziehen sind, dass - wie die Beklagte vorträgt - bei der geltend gemachten Erstattung einer Telefonkarte schon rein technisch keine Möglichkeit besteht, eine private Nutzung von den behaupteten Gesprächen zum Zwecke der Beschäftigungssuche abzugrenzen. Vielmehr wäre nach dem Wortlaut des § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III auch der Fall nicht anders zu beurteilen, dass ein Antragsteller mittels seiner Telefonabrechnung und unter Vorlage von Einzelgesprächsnachweisen den Zusammenhang mit konkreten Bewerbungen belegen würde. Auch dann würde eine Erstattung ausscheiden, weil Telefonkosten in der Regel, wie dargelegt, nicht unter den Begriff der Bewerbungskosten gemäß § 45 Satz 1 Nr 2 SGB III subsumiert werden können.
Auch eine Übernahme der geltend gemachten Kosten der Telefonkarte als Reisekosten iS des § 45 Satz 2 Nr 2 SGB III kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach § 45 Satz 2 Nr 2 SGB III könnten Telefonkosten dann zu erstatten sein, wenn sie im "Zusammenhang mit Fahrten zu Vorstellungsgesprächen" anfielen. Dies war hier schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für eine Telefonkarte in Höhe von 12,00 DM als Bewerbungskosten.
Der Kläger war seit 15. August 1998 arbeitslos. Er beantragte die Übernahme von Bewerbungskosten in Höhe von insgesamt 209,62 DM, die ihm die Beklagte in Höhe von 197,62 DM als Zuschuss bewilligte (Bescheid vom 13. November 2000). Die geltend gemachten Kosten für eine Telefonkarte nahm sie ausdrücklich aus der Bewilligung aus. In seinem Widerspruch führte der Kläger aus, er habe nach Absenden der Bewerbungen mit den potentiellen Arbeitgebern telefonisch Kontakt aufgenommen, um sein Interesse an der Stelle zu bekräftigen und Vorstellungsgespräche zu vereinbaren. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Bescheid vom 5. Januar 2001).
Mit Urteil vom 6. Februar 2001 hat das Sozialgericht (SG) Marburg die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 11. Dezember 2002 das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach § 45 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) könnten grundsätzlich auch die Kosten für Telefongespräche als Bewerbungskosten übernommen werden. Die Vorschrift knüpfe an die vorherige Regelung des § 53 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) an und beziehe die Regelungen der §§ 6 und 7 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Arbeitsaufnahme (A FdA, ANBA 1993, 409) mit ein. Unter Geltung dieser Vorschriften sei der Begriff der Bewerbungskosten weit ausgelegt worden. Aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens sei kein Wille erkennbar, die zuvor möglichen Leistungen einzuengen. Der Begriff der Bewerbungskosten in § 45 SGB III sei daher erheblich weiter als die Formulierung vor der Klammer, welche nur eine beispielhafte Aufzählung darstelle. Er umfasse den gesamten Bewerbungsvorgang einschließlich der kostenträchtigen Suche nach Stellenangeboten sowie der mit der Verfolgung einer Bewerbung im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Kosten. Die vom Gesetzgeber angestrebten Einsparungen würden bereits mit der Höchstbetragsregelung in § 46 Abs 1 SGB III erreicht. Fest stehe, dass dem Kläger die Telefonkosten tatsächlich entstanden seien.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III. Der Gesetzestext zähle die Leistungen, die zur Förderung der Arbeitsaufnahme erbracht werden könnten, abschließend auf. Gegenüber der alten Rechtslage sei der Umfang der Erstattung erheblich eingeengt worden. Bewerbungskosten seien nur Kosten, die im Zusammenhang mit der Erstellung und Versendung von Bewerbungsunterlagen entstünden. Der Klammerzusatz "Bewerbungskosten" bezeichne wie üblich nur den Begriff, der durch den voranstehenden Text definiert werde. Die Gesetzesmaterialien ließen offen, welche Gegenstände der bisherigen Förderung übernommen und welche herausgenommen wurden. Zudem sei bei Telefonkosten keine klare Trennung zwischen bewerbungsbezogener und anderer Nutzung möglich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 2002 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 6. Februar 2001 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Nach Sinn und Zweck des § 45 SGB III seien Telefonkosten zu berücksichtigen. Das Versenden von Bewerbungsunterlagen stelle regelmäßig nicht die einzige anfallende Verrichtung im Zusammenhang mit einer Bewerbung dar. Darüber hinaus wünsche eine zunehmende Zahl von Unternehmen die Zusendung von Bewerbungen per Email. Die dabei anfallenden Kosten seien größtenteils Telefonkosten. Darüber hinaus könnten Telefonkosten sogar zu den Reisekosten zählen, wenn telefonische Rücksprachen im Zusammenhang mit der Reise erforderlich würden.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des LSG verletzt § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I 594). Die Beklagte hat die Übernahme der Kosten für eine Telefonkarte zu Recht abgelehnt, da es sich insoweit weder um Bewerbungs- noch um Reisekosten iS des § 45 SGB III handelt.
§ 45 SGB III bestimmt:
"Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende sowie Ausbildungssuchende können zur Beratung und Vermittlung unterstützende Leistungen erhalten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird und sie die erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können. Als unterstützende Leistungen können Kosten
für die Erstellung und Versendung von Bewerbungsunterlagen (Bewerbungskosten), im Zusammenhang mit Fahrten zur Berufsberatung, Vermittlung, Eignungsfeststellung und zu Vorstellungsgesprächen (Reisekosten) übernommen werden."
Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind Bewerbungskosten iSd § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III nur die Kosten für die Erstellung und Versendung von Bewerbungsunterlagen. Anders als das LSG meint, kommt es bei der Auslegung von § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III nicht in erster Linie auf den Begriff "Bewerbungskosten" an, vielmehr umschreibt dieser Klammerzusatz gesetzestechnisch als typische Legaldefinition nur das, was zuvor im Langtext des § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III - "Erstellung und Versendung von Bewerbungsunterlagen" - ausgedrückt wurde. Eine Übernahme von Telefonkosten kommt danach allenfalls in Betracht, wenn diese bei der Erstellung und/oder Versendung von Bewerbungsunterlagen unter Nutzung moderner Informationstechnologien (zB PC, Internet, Email) entstanden sind (vgl jetzt hierzu: § 4 Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung (Anordnung UBV) vom 10. April 2003, ANBA 2003, 731). Nicht erfasst werden von der Legaldefinition "Erstellung und Versendung von Bewerbungsunterlagen" die Kosten für Telefongespräche, die lediglich darauf abzielen, nach Absenden der Bewerbung das Interesse an der Stelle zu bekräftigen oder Vorstellungsgespräche zu vereinbaren.
Weder die Entstehungsgeschichte noch Sinn und Zweck des § 45 SGB III sprechen dafür, andere als die ausdrücklich in Satz 2 Nr 1 genannten Kosten als Bewerbungskosten einzustufen.
§ 53 Abs 1 Satz 1 AFG in der bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung des AFRG vom 24. März 1997 (aaO) ermöglichte zwar seinem Wortlaut nach eine wesentlich umfangreichere Leistungsgewährung. Danach konnte die Bundesanstalt für arbeitslose und von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohte Arbeitssuchende zur Förderung der Arbeitsaufnahme neben einem Zuschuss zu Bewerbungskosten (Nr 1) sowie Reise- und Umzugskosten (Nr 2) unter bestimmten Voraussetzungen auch folgende Leistungen gewähren: Arbeitsausrüstung (Nr 3), Trennungsbeihilfe (Nr 4), Überbrückungsbeihilfe (Nr 5), Begleitung bei Sammelfahrten zur Arbeitsaufnahme an einem auswärtigen Beschäftigungsort (Nr 6), Familienheimfahrten (Nr 6a) und sonstige Hilfen, die sich zur Erleichterung der Arbeitsaufnahme als notwendig erweisen (Nr 7). Als Bewerbungskosten in diesem Sinne konnten nach § 6 Abs 1 A FdA idF der 2. Änderungsanordnung vom 27. Januar 1993 (ANBA 1993, 409) die notwendigen Kosten, die üblicherweise im Zusammenhang mit der Bewerbung entstehen, als Zuschuss übernommen werden. Innerhalb eines halben Jahres durften allerdings nicht mehr als 200,- DM gewährt werden (§ 6 Abs 2 A FdA).
Verglichen mit dieser Rechtslage hat der Gesetzgeber die Leistungen mit Einführung des SGB III nicht nur auf die in § 45 Satz 2 SGB III ausdrücklich genannten Leistungen beschränkt, sondern diese zusätzlich auch auf ihren wesentlichen Kern eingeengt. Er hat einerseits den Leistungskatalog des § 53 Abs 1 Satz 1 AFG erheblich verkürzt (insbesondere den Auffangtatbestand der Nr 7 nicht übernommen) und andererseits die Begriffe der Bewerbungs- und Reisekosten abweichend von der Rechtslage nach dem AFG iVm der A FdA definiert.
Wenn in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, dass die in § 45 SGB III geregelten Leistungen im wesentlichen denen in § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und 2 AFG entsprechen und grundlegende Leistungsvoraussetzungen und Spezifizierungen, die bisher in der A FdA enthalten waren, übernommen wurden (BT-Drs 13/4941 vom 18. Juni 1996, S 162), so kann daraus schon wegen der eindeutigen Änderung des Wortlautes nicht geschlossen werden, dass die alte Rechtslage unverändert beibehalten werden sollte. Hinzu kommt, dass das AFRG darauf abzielte, die Beitragszahler zu entlasten (BT-Drs 13/4941 vom 18. Juni 1996, S 1, 140, 142). Dass diese Einsparung im Bereich der Leistungen zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung allein durch die Begrenzung der Übernahme der Bewerbungskosten auf einen jährlichen Höchstbetrag nach § 46 Abs 1 SGB III in Höhe von 500 DM bewirkt werden sollte, ist nicht überzeugend, denn bereits § 6 Abs 2 A FdA sah einen Höchstbetrag vor, der zudem wesentlich niedriger war. Im übrigen war auch unter Geltung des AFG keinesfalls unumstritten, ob eine Übernahme von Telefonkosten möglich war (ablehnend: Götze in GK-SGB III, Komm, § 45 RdNr 16, 18 bzw in GK-AFG, Komm, § 53 RdNr 25; Hoppe, Förderung der Arbeitsaufnahme - jetzt besonders aktuell, Soziale Arbeit 1976, 193, 198). Die Beklagte hat jedenfalls hierzu vorgetragen, sie habe bereits unter Geltung des § 53 AFG die grundsätzliche Auffassung vertreten, dass Telefonkosten keine Bewerbungskosten darstellten. Insofern habe sich die Rechtslage nach in Kraft treten des § 45 SGB III überhaupt nicht verändert.
Auch Sinn und Zweck der Vorschrift, finanzielle Hemmnisse bei der Arbeitssuche zu beseitigen (Götze in GK-SGB III, § 45 RdNr 1; Hennig in Hennig, SGB III, § 45 RdNr 1) und offene Stellen zügig zu besetzen (§ 1 Abs 1 SGB III, § 1 Abs 1 Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung (Anordnung UBV) vom 10. April 2003, ANBA 2003, 731), erfordern kein anderes Ergebnis. Zwar mag es wünschenswert sein, dass die Beklagte möglichst weitgehende Leistungen erbringt, ein gesetzlicher Anspruch hierauf besteht jedoch nicht. Die Höchstbetragsgrenze nach § 46 Abs 1 SGB III sowie die Ermächtigung der Bundesanstalt, die Zahlung von Pauschalen festzulegen (§ 47 Satz 2 SGB III), weisen im Gegenteil darauf hin, dass die vollumfängliche Übernahme aller anfallenden Kosten einer Bewerbung nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Von daher braucht nicht erörtert zu werden, welche Folgerungen daraus zu ziehen sind, dass - wie die Beklagte vorträgt - bei der geltend gemachten Erstattung einer Telefonkarte schon rein technisch keine Möglichkeit besteht, eine private Nutzung von den behaupteten Gesprächen zum Zwecke der Beschäftigungssuche abzugrenzen. Vielmehr wäre nach dem Wortlaut des § 45 Satz 2 Nr 1 SGB III auch der Fall nicht anders zu beurteilen, dass ein Antragsteller mittels seiner Telefonabrechnung und unter Vorlage von Einzelgesprächsnachweisen den Zusammenhang mit konkreten Bewerbungen belegen würde. Auch dann würde eine Erstattung ausscheiden, weil Telefonkosten in der Regel, wie dargelegt, nicht unter den Begriff der Bewerbungskosten gemäß § 45 Satz 1 Nr 2 SGB III subsumiert werden können.
Auch eine Übernahme der geltend gemachten Kosten der Telefonkarte als Reisekosten iS des § 45 Satz 2 Nr 2 SGB III kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach § 45 Satz 2 Nr 2 SGB III könnten Telefonkosten dann zu erstatten sein, wenn sie im "Zusammenhang mit Fahrten zu Vorstellungsgesprächen" anfielen. Dies war hier schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
BRD
Saved