L 3 R 340/18

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 R 190/16
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 340/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Den Beigeladenen sind Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Beigeladene zu 1. in ihrer Funktion als Leiterin der Kindertagesstätte in Trägerschaft des klagenden eingetragenen Vereins seit dem 1. August 2010 in der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung versicherungspflichtig ist.

Die am ... 1964 geborene Beigeladene zu 1. war nach ihren Angaben bis zur Insolvenz im Jahr 1999 Inhaberin eines Gerüstbau-Unternehmens. Sie nahm im Jahr 2004 eine selbstständige Erwerbstätigkeit als Trauerrednerin auf, die nach ihren Angaben ihre Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt.

Die Beigeladene zu 1. gründete in der Versammlung am 23. April 2005, in der die Satzung vom 23. April 2005 verabschiedet und sie zur Vorstandsvorsitzenden bestellt wurde, mit sechs weiteren Gründungsmitgliedern den Verein "K ... e.V.", den Kläger. Der Kläger wurde am 7. Juni 2005 unter der Nummer ... des Zentralen Registergerichts des Landes Sachsen-Anhalt bei dem Amtsgericht Stendal in das Vereinsregister eingetragen.

Ausweislich dieser Satzung, auch in der Neufassung vom 16. November 2012, ist Zweck des Vereins mit bundesweiter Tätigkeit die Hilfe, Unterstützung und Förderung für Kinder, die in familiärer Armut und Gewalt leben. Nach § 3 Nr. 2 der Satzung erhalten Mitglieder keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins. "Entscheidungen über Arbeitsverträge, Kündigungen sowie Mitgliedsaufnahmen und -ausschlüsse" bleiben nach § 7 Nr. 6 der Satzung dem Vorsitzenden und Stellvertreter vorbehalten. Nach der Fassung der Satzung vom 16. November 2012 ist die Vorsitzende "auf Lebenszeit gewählt und berufen" (§ 7 Nr. 1 Satz 3 der Satzung). Der Vorstand, nach der ursprünglichen Fassung bestehend aus "dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter, dem Schatzmeister, dem Schriftführer und zwei Beisitzern", nach der vorgenannten Neufassung aus "dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter, dem Schatzmeister und dem Schriftführer", entscheidet mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme "des Vorsitzenden" den Ausschlag (§ 7 Nr. 3 der Satzung). In der weiteren Neufassung der Satzung vom 18. Dezember 2014 ist unter § 7 Nr. 5 der Satzung ein Satz 2 eingefügt, nach dem die Vorstandsvorsitzende von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit ist. Ausweislich der Satzung vom 18. Dezember 2014 ist N. W., der Sohn der Beigeladene zu 1., nun der stellvertretende Vorsitzende des Klägers.

Dem Kläger ist vom Finanzamt Halle-Süd (im Folgenden: Finanzamt) zunächst unter dem 6. Juni 2005 vorläufig bescheinigt worden, dem gemeinnützigen Zweck der Jugendhilfe zu dienen. In nachfolgenden Bescheiden, u.a. vom 10. Dezember 2015, ist diese Feststellung bestätigt worden.

Aus den beigezogenen Akten des Finanzamtes ergibt sich der Umzug sowohl der Beigeladenen zu 1. als auch des Klägers in einen nach Aktenlage im Eigentum der Beigeladenen zu 1. stehenden größeren Gebäudekomplex mit Garten und später auch Swimmingpool, für den die Beigeladene zu 1. nach ihren Angaben die laufenden Darlehensraten überwiegend aus privaten Mitteln trägt und für die eine Grundschuld für die Lasten des Klägers eingetragen wurde. Aus den Akten des Finanzamtes ergeben sich allein für den Stichtag 1. Januar 2015 wohl für diese Gebäude der Beigeladenen zu 1. aufgewendete Sanierungskosten des Klägers in Höhe von 273.307,02 EUR.

Es erfolgte seit dem Jahr 2009 die Gründung und Sanierung einer dort als Mieterin untergebrachten Kindertagesstätte (für das Jahr 2017 mit einer Kaltmiete von insgesamt 72.728,00 EUR) überwiegend mit Fremdmitteln, Spenden und unentgeltlicher Unterstützung. Für die Betreuung von Kindern aus "sozialproblematischen Familien" (so die Beigeladene zu 1.) in Koordination mit dem Jugendamt werden die Personalkosten und sonstigen laufenden Kosten im Wesentlichen aus Steuermitteln getragen. Die Beigeladene zu 1. absolvierte nach ihren Angaben gegenüber dem Finanzamt unter dem 28. März 2014 die Ausbildung zur Staatlich anerkannten Erzieherin, um die Aufgabe der Leiterin der Kindertagesstätte übernehmen zu können. Sie teilte gegenüber dem Finanzamt mit, als Geschäftsführer des Klägers einen Vertrag zu haben, aber auf das Gehalt zu verzichten und nur, "wenn überhaupt möglich", eine kleine Aufwandsentschädigung zu erhalten und im Übrigen weiterhin als freiberufliche Trauerrednerin zu arbeiten. Der in der Kindertagesstätte nach dessen Internet-Auftritt als Erzieher tätige stellvertretende Vorsitzende des Klägers und Sohn der Beigeladenen zu 1. führt nach deren Angaben eine Weiterbildung durch, die ihn zur späteren Übernahme der Aufgabe des Kindertagesstätten-Leiters befähigen soll.

Dem Finanzamt und der Beklagten wurden zwei schon optisch deutlich voneinander abweichende Fassungen eines Honorarvertrages zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. vom 31. Juli 2010 in Kopie vorgelegt. Diesbezüglich wird auf den Band Betriebsprüfung/Berichte zur St.Nr ... der Akte des Finanzamtes und Blatt 10ff. der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Beide Fassungen stimmen insoweit überein, als es sich um einen "Honorarvertrag über freie Mitarbeit" handeln und die Beigeladene zu 1. für den Kläger (nach der dem Finanzamt vorgelegten Fassung ergänzt mit: Kita "W ...") als Auftraggeber ab dem 1. August 2010 die Tätigkeit der "Kita-Leiterin" übernehmen sollte. Nach § 1 Nr. 2 des Vertrages soll die Beigeladene zu 1. bei der Durchführung der übertragenen Aufgaben keinen Weisungen des Klägers unterliegen. Diese sei in der Gestaltung ihrer Tätigkeit frei. Auf besondere betriebliche Belange im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit sei jedoch Rücksicht zu nehmen. Nach § 1 Nr. 3 soll die Beigeladene zu 1. "an keinerlei Vorgaben zum Arbeitsort oder Arbeitszeit gebunden" sein. Projektbezogene Zeitvorgaben des Auftraggebers seien ebenso einzuhalten wie fachliche Vorgaben, soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich seien. Die Beigeladene zu 1. soll nach § 1 Nr. 4 des Vertrages ferner berechtigt sein, Aufträge des Klägers ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Gegenüber den Angestellten des Klägers soll die Beigeladene zu 1. nach § 1 Nr. 5 des Vertrages Weisungsbefugnis haben. Zu § 2 "Leistungserbringung" ist in Nr. 1 geregelt, dass die Beigeladene zu 1. verpflichtet sei, die Arbeitsleistung persönlich zu erbringen. Die Hinzuziehung eigener Mitarbeiter oder die Vergabe von Unteraufträgen bedürften der Zustimmung des Klägers. Die Beigeladene zu 1. hat nach Nr. 2 dieser Regelung ihre Tätigkeit in Räumlichkeiten des Klägers auszuüben. Soweit in Einzelfällen eine betriebliche Anwesenheit erforderlich werde, stelle der Kläger nach jeweiliger vorheriger Absprache die entsprechenden betrieblichen Einrichtungen und im Übrigen alle zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen Informationen, Hilfsmittel und Unterlagen zur Verfügung. In Bezug auf die Vergütung regelt die dem Finanzamt vorgelegte Fassung des Vertrages in § 3 erster Absatz (wohl gemeint als Nr. 1) ein monatliches Honorar von 2.500,00 EUR für 2010 und in Höhe von 2.700,00 EUR mit Wirkung ab dem 1. Januar 2011. Nach dieser Fassung soll das Vertragsverhältnis "für die Zeit der Mitarbeit an dem Projekt/Gegenstand" "voraussichtlich" bis zum 31. Dezember 2010 bestehen. Das Vertragsverhältnis könne unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende gekündigt werden. In § 10 des Vertrages ist geregelt, dass von "der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch" gemacht worden sei. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher und arbeitsgesetzlicher Vorschriften sei nicht beabsichtigt. Dem freien Mitarbeiter solle vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft überlassen bleiben. Eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche und soziale Abhängigkeit werde nicht begründet. Der Abschnitt zur Vergütung in § 3 in der der Beklagten vorgelegten Fassung des Vertrages regelt in einer dort vorhandenen Nr. 1 als Vergütung ein monatliches Honorar von 2.500,00 EUR für 2010. Für die nächsten Jahre sei folgende Staffelung der Erhöhung des "Honorar gebunden": 1. Januar 2011 "monatlich Netto 2.700,00 EUR", 1. Januar 2012 "monatlich Netto 3.000,00 EUR", 1. Januar 2013 "monatlich Netto 3.300,00 EUR" und 1. Januar 2015 "monatlich Netto 3.800,00 EUR". Die dem Finanzamt vorgelegte Fassung des Vertrages ist von der Beigeladenen zu 1. als "Auftragnehmer" und als "Auftraggeber" (dort über dem Stempel des Klägers) unterzeichnet, die der Beklagten vorgelegte Fassung auf der Seite "Auftraggeber" nur mit dem Stempel versehen und auf der Seite "Auftragnehmer" von der Beigeladenen zu 1. unterzeichnet.

Nach den beigezogenen Akten des Finanzamtes beschäftigte der Kläger nach seinen Angaben - neben der Beigeladenen zu 1. als "Honorarkraft" - im Jahr 2016 zwölf "festangestellte pädagogische Mitarbeiter", einen Hausmeister, eine Reinigungskraft und 20 ehrenamtliche Helfer, im Jahr 2017 13 "festangestellte pädagogische Mitarbeiter", einen Hausmeister, eine Reinigungskraft und 25 ehrenamtliche Helfer. Gesondert ausgewiesen sind die an die Beigeladene zu 1. von dem Kläger geleisteten Zahlungen dort erst für das Jahr 2016 mit 47.300,00 EUR Honorar, 3.489,40 EUR "T. W ... KV" und 6.399,70 EUR "Aufwandsentschädigung W ...". Als "Zuschüsse von Behörden" sind dort 429.407,87 EUR ausgewiesen.

Die am 31. August 2010 und 1. Juli 2014 bei dem Kläger von der Beklagten durchgeführten Betriebsprüfungen wurden, ohne eine gesonderte Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1., mit Bericht vom 31. August 2010 im Ergebnis ohne Beanstandungen und mit Bescheiden vom 1. Juli 2014 mit der Nachforderung von Beiträgen in Höhe von 2.045,70 EUR für eine Mitarbeiterin (nicht die Beigeladene zu 1.) abgeschlossen. Zu den Einzelheiten wird auf Blatt 15 und 19 bis 25 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Die Beigeladene zu 1. beantragte am 18. März 2015 bei der Beklagten die Feststellung ihres versicherungsrechtlichen Status für ihre Tätigkeit als Leiterin der Kindertagesstätte, nach ihren Angaben auf entsprechende Aufforderung des Finanzamtes. Sie trage als Vorstandsvorsitzende und auch als Honorarkraft das volle unternehmerische Risiko und sei für alles haftbar. Sie sei Trägerin der Ehrennadel des Landes Sachsen-Anhalt und Preisträgerin des "Prix-Courage - Die Frau des Jahres". Selbst durch die BKK sei ihr das Familienherz verliehen worden. Bezüglich ihrer Angaben auf dem Vordruck zum Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status wird auf Blatt 3 bis 6 der Verwaltungsakte Bezug genommen. Auf Nachfrage der Beklagten ergänzte die Beigeladene zu 1. ihre Angaben unter dem 14. April 2015 dahingehend, dass sie als Geschäftsführerin und Vorstandsvorsitzende des Klägers ehrenamtlich tätig sei. Im Bereich der Kindertagesstätte sei sie vor allem für die ordnungsgemäße Führung und die Umsetzung der von ihr selbst erarbeiteten pädagogischen Konzeption, die Mitarbeiterführung und alle finanziellen Belange zuständig. Sie sei für alle finanziellen Dinge im Bereich der Kindertagesstätte ausweislich des Honorarvertrages "im unternehmerischen Sinn voll haftbar". Sie sei allein zuständig für Einstellungen und Kündigungen von Mitarbeitern, denen gegenüber sie weisungsbefugt sei und mit denen sie persönlich monatlich eine Dienst-/Mitarbeiterbesprechung durchführe. Sie erhalte auf Grund ihres Honorarvertrages selbst keine Weisungen. Ihre Aufgaben erfülle sie zu Hause, im Büro oder der Kindertagesstätte. Sie sei täglich circa fünf bis zehn Stunden im Einsatz. Sie reichte zu ihrem Vorbringen die Satzung in der Fassung vom 18. Dezember 2014 ein. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 26 bis 33 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Nach Anhörung des Klägers und der Beigeladenen zu 1. stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 18. September 2015, gerichtet an den Kläger sowie an die Beigeladene zu 1., fest, dass die Beigeladene zu 1. ihre Tätigkeit als Leiterin der Kindertagesstätte bei dem Kläger seit dem 1. August 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und in dem Beschäftigungsverhältnis in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig sei. In der Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung bestehe auf Grund dieses Beschäftigungsverhältnisses keine Versicherungspflicht.

Der Kläger legte am 20. Oktober 2015 im eigenen Namen Widerspruch gegen den vorgenannten Bescheid ein. Nach dem Gesamtbild der Tätigkeit übe die Beigeladene zu 1. als Leiterin der Kindertagesstätte keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Sie sei die alleinige Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin des Vereins, vertrete diesen und sei von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Sie könne allein über die Konten des Vereins verfügen und treffe insbesondere alle Entscheidungen über Arbeitsverträge, Kündigungen sowie die Aufnahme und den Ausschluss von Mitgliedern selbst. Daraus ergebe sich gleichzeitig ihre Weisungsfreiheit in ihrer Funktion als Leiterin der Kindertagesstätte. Die Weisungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern des Vereins stehe ihr nicht auf Grund der Stellung als Leiterin der Kindertagesstätte, sondern auf Grund ihrer Stellung als der Vereinsvorsitzenden zu. Dass sie als selbstständig erwerbstätig anzusehen sei, ergebe sich auch aus ihrem "überobligatorischen Einsatz". Insbesondere trage sie selbst sämtliche Kosten des Hauses, in dem der Verein seine Einrichtungen betreibe. Neben ihm - dem Kläger - seien auch drei Mitarbeiter Mieter der Beigeladenen zu 1. und seien dieser zu Mietzahlungen verpflichtet. Die Beigeladene zu 1. trage damit ein erhebliches wirtschaftliches Risiko, weil sie verpflichtet sei, den Ratenkredit für das Haus zu bedienen.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers und den weiteren von der Beigeladenen zu 1. eingelegten Widerspruch jeweils mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2016 als unbegründet zurück. Zu den Aufgaben der Kindergartenleiterin gehörten laut "Berufenet" (gemeint ist die Datenbank für Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibungen der Bundesagentur für Arbeit) die Wahrnehmung von pädagogischen-erzieherischen Aufgaben sowie die Übernahme leitender und administrativer Aufgaben. Grundlage der Beschäftigung sei hier der "Honorarvertrag Freie Mitarbeit" vom 31. Juli 2010, mit dem die Beigeladene zu 1. die Tätigkeit der Leiterin der Kindertagesstätte ab dem 1. August 2010 übernommen habe und im Rahmen dessen die Beigeladene zu 1. insbesondere das Weisungsrecht gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern und damit Arbeitgeberfunktionen wahrnehme. Die Beigeladene zu 1. erhalte ein regelmäßiges monatliches Entgelt. Ohne ihre Mitarbeit müsste zwangsläufig mindestens eine andere Arbeitskraft eingestellt werden, die ihre Arbeiten übernehme. Das spreche für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und die damit verbundene Eingliederung in den "Betrieb". Soweit der Kläger auf ein unternehmerisches Risiko der Beigeladenen zu 1. verwiesen habe, stünden die hierzu vorgetragenen Umstände nicht im Zusammenhang mit der Beschäftigung als Leiterin der Kindertagesstätte und seien daher vorliegend als Abgrenzungskriterium nicht geeignet. Das deutsche Recht kenne den Typus eines universellen Selbstständigen, der in jeder Beziehung selbstständig tätig sei, nicht. Die organschaftliche Stellung als Vorstandsvorsitzende des Vereins bleibe von den getroffenen Feststellungen unberührt. Es habe hier gegolten, nur die Tätigkeit als Leiterin der Kindertagesstätte im Rahmen des konkreten Statusfeststellungsverfahrens zu beurteilen.

Vor dem Sozialgericht Halle haben, jeweils gegen den Bescheid vom 18. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2016, zum einen der Kläger (S 8 R 190/16), zum anderen die Beigeladene zu 1. (S 8 R 192/16), beide in anwaltlicher Vertretung des im Berufungsverfahren im Namen des Klägers auftretenden Rechtsanwaltes, am 18. März 2016 Klage erhoben und ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt sowie im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Satzung in der Neufassung vom 18. Dezember 2014 und den Honorarvertrag in der Fassung, die zum Gegenstand der Verwaltungsakte der Beklagten geworden ist, vertieft.

Das Sozialgericht hat mit Beschlüssen vom 17. Mai 2016 auf der Grundlage von § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im erstgenannten Verfahren die Beigeladene zu 1. und im zweitgenannten Verfahren den Kläger beigeladen. Nach Verbindung beider Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit Beschluss vom 8. Juni 2016 ist die Beigeladene zu 1. in dem führenden Verfahren nur in dieser Verfahrensstellung, d.h. nicht als Klägerin zu 2., geführt worden und hat in der mündlichen Verhandlung keinen eigenen Antrag gestellt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. August 2018 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2016 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten, da die Beigeladene zu 1. in Ausübung ihrer Tätigkeit als Leiterin der Kindertagesstätte unter Anwendung der zum Beschäftigtenbegriff entwickelten Grundsätze im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) abhängig beschäftigt sei. Das ergebe sich insbesondere nach den Maßstäben zur statusrechtlichen Beurteilung von Diensten höherer Art, zu Tätigkeiten von Vereinsmitgliedern, aus den Regelungen des BGB zum Verein, der Satzung des Klägers in der Neufassung vom 18. Dezember 2014 sowie dem Honorarvertrag vom 31. Juli 2010. Die Verrichtung von Tätigkeiten im Rahmen einer Mitgliedschaft in einem rechtsfähigen Verein oder als dessen Organ schließe die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses und eines Arbeitsverhältnis mit dem Verein nicht aus. Hier sei eine Verpflichtung von Vereinsmitgliedern, d.h. auch der Beigeladenen zu 1., zur Ausübung der Tätigkeit als Leiterin der Kindertagesstätte weder in der Satzung des Klägers noch in entsprechenden Beschlüssen des dafür zuständigen Vereinsorgans festgelegt. Die Tätigkeit der Leiterin der Kindertagesstätte gehe damit hinsichtlich des Umfangs und ihrer Art über das hinaus, was Vereinssatzung und allgemeine Vereinsübung an Verpflichtungen der Vereinsmitglieder festlegten. Als Vereinsorgan dürfe die Beigeladene zu 1. nach § 34 BGB bei Mitgliederversammlungs- und Vorstandsbeschlüssen nicht abstimmen, wenn die Mitgliederversammlung oder der Vorstand einen Beschluss über ein (ein- oder mehrseitiges) Rechtsgeschäft, etwa einen Honorarvertrag oder Arbeitsvertrag, zwischen ihr und dem Verein fasse. Auch im Rahmen der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB könne die Beigeladene zu 1. bei sie betreffenden Beschlüssen, auch bei einem Beschluss über ihre Abwahl als Leiterin der Kindertagesstätte, nicht mitwirken. Diese habe auch weder in der Mitgliederversammlung (bei 20 Mitgliedern) noch im Vorstand (vier Personen) eine Mehrheit. Insoweit unterscheide sich die Konstellation entscheidungserheblich von der einer GmbH-Geschäftsführerin, die maßgeblich am Kapital der Gesellschaft beteiligt sei und kraft Kapitalbeteiligung und gesellschaftsrechtlicher Stellung ihr nicht genehme Weisungen verhindern könne. In Bezug auf die gleichzeitige Stellung der Beigeladenen zu 1. als der der Vorstandsvorsitzenden ließen sich aus der Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz keine Schlussfolgerungen für den sozialversicherungsrechtlichen Status ableiten. Im Übrigen sei der Vertragsgegenstand des Honorarvertrages vom 31. Juli 2010 völlig unbestimmt. Im Einzelnen seien dort auch Vorgaben zu Arbeitsort, Arbeitszeit und Fortbildungspflicht der Beigeladenen zu 1. zu finden, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen.

Gegen das ihm am 28. August 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. September 2018 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Maßgebend für die selbstständige Erwerbstätigkeit der Beigeladenen zu 1. sei deren gleichzeitige Stellung als seine - des Klägers - Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin mit den Befugnissen aus § 7 Ziff. 6 der Satzung. Die Beigeladene zu 1. agiere ausweislich der vertraglichen Abreden in dem Honorarvertrag im Gesamtbild der Tätigkeit als Selbstständige. Denn sie sei in ihrer Tätigkeit als Leiterin der Kindertagesstätte völlig weisungsfrei. Die Weisungsbefugnis gegenüber dem Personal der Kindertagesstätte lasse nicht auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis schließen, da die Beigeladene zu 1. diese bereits im Rahmen ihrer Zuständigkeit und alleinige Vorstandsvorsitzende ausübe. Im Übrigen hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchs- und Klageverfahren wiederholt und vertieft.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen ausdrücklich,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 14.08.2018 zum Az. S 8 R 190/16 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, die Bescheide vom 18.09.2018 [gemeint ist: 2015] in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16.02.2016 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen (gemeint: zu 1.) als Leiterin der Kindertagesstätte "W ..." ab dem 01.08.2010 im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt wird und die Beigeladene (gemeint: zu 1.) nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Mit Beschluss vom 10. Oktober 2019 hat der Senat die Beiladung zu 2. bewirkt. Die Beigeladenen haben keinen eigenen Antrag gestellt.

Sowohl die Hauptbeteiligten als auch die Beigeladenen haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten und der beigezogenen Akten des Finanzamtes verwiesen. Diese Akten haben bei der Beratung des Senats vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden können (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG).

Die Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist bereits unzulässig, soweit sich der Kläger sowohl gegen den an ihn als auch gegen den an die Beigeladene zu 1. adressierten Bescheid wendet. In Bezug auf den an die Beigeladene zu 1. gerichteten Bescheid vom 18. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2016 fehlt es an einer eigenen Klagebefugnis des Klägers. Diese Frage hat indes keine den Kläger belastenden Auswirkungen in Bezug auf den vom Senat zu prüfenden Sachverhalt.

Der an den Kläger adressierte Bescheid vom 18. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 SGG).

Die Rechtsgrundlage für die Statusfeststellung durch die Beklagte bildet § 7a SGB IV. Soweit Betriebsprüfungen eine Sperrwirkung entfalten, gilt dies nur, wenn diese denselben Gegenstand wie das Statusfeststellungsverfahren betreffen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 4. September 2018 - B 12 KR 11/17 R -, juris, RdNr. 15). Die am 31. August 2010 und 1. Juli 2014 - d.h. zeitlich früher - bei dem Kläger durchgeführten Betriebsprüfungen entfalten hier entsprechend eine Sperrwirkung nicht, weil diese ohne eine gesonderte Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1. abgeschlossen wurden.

Der Senat ist auf Grund des Regelungsgegenstandes des angefochtenen Bescheides vom 18. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2016 auf die Prüfung der von der Beklagten festgestellten Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung beschränkt, d.h. nicht berufen, über die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung zu entscheiden. Vor diesem Hintergrund ist für den Senat die Höhe des maßgebenden Arbeitsentgeltes und der Umfang einer anderweitigen Erwerbstätigkeit der Beigeladenen zu 1. nur insoweit von Bedeutung gewesen, als sich aus dem Vorbringen der Beteiligten die Überschreitung der Entgeltgrenzen für eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB IV für den Senat überzeugend ergibt.

Die Beklagte hat zutreffend die abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. bei dem Kläger in ihrer Funktion als Leiterin der Kindertagesstätte in der Zeit ab dem 1. August 2010 festgestellt.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen insbesondere der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI); § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III)).

Soweit der Kläger auf die Organstellung der Beigeladenen zu 1. verweist, ergibt sich daraus keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung. Zwar sind Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, von der Versicherungspflicht nach § 1 Satz 4 SGB VI in der bis zum 28. Juni 2011 geltenden Fassung (nachfolgend dort Satz 3) und § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III ausgenommen. Hierbei handelt es sich indes um eng auszulegende Sonderregelungen, die einer erweiternden Auslegung für Vorstandsmitglieder eines Idealvereins nicht zugänglich sind (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juni 2001 - B 12 KR 44/00 R -, juris, RdNr. 20ff.). Es bedarf damit hier - anders als der Kläger meint - keiner näheren Auseinandersetzung mit der Frage, wie die Stellung der Beigeladenen zu 1. als Vorstandsvorsitzende des Klägers von ihrer Tätigkeit als Leiterin der Kindertagesstätte im Einzelnen abzugrenzen ist. Der Kläger kann nicht die Entgeltzahlung mit der formalen Delegation von Aufgaben in einen Honorarvertrag ausgliedern und gleichzeitig die Wahrnehmung der Aufgaben im Nachhinein vollständig der Vorstandstätigkeit zuordnen, die für sich genommen versicherungspflichtig wäre, soweit das Entgelt für diese Tätigkeit gezahlt würde. Der vorgelegte Honorarvertrag bindet den Kläger und die Beigeladene zu 1. insoweit in der Zuordnung von Arbeitsentgelt zu der Tätigkeit zumindest, soweit der Senat den Sachverhalt allein unter sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen hat. Eine Bewertung, ob sich diese Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen u.a. in strafrechtlicher Hinsicht als rechtmäßig erweist, obliegt dem Senat nicht. Da sich aus § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB eine Unentgeltlichkeit der Vorstandstätigkeit ergibt, die im vorliegenden Fall nicht durch die Satzung des Klägers abbedungen ist, kann die eigentliche Vorstandstätigkeit sich hier in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht nicht mit den Aufgaben überschneiden, für die der Beigeladenen zu 1. eine Vergütung gezahlt wird.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. statt aller BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris, RdNr. 16 f., m.w.N.).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt. Auf der Grundlage des festgestellten (wahren) Inhalts der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015, a.a.O., RdNr. 17). Es bestehen hier erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten kein wirksam geschlossener Vertrag vom 31. Juli 2010 zur Bewertung vorgelegt worden ist. Denn dieser Vertrag ist für den Kläger nicht unterschrieben. Die dem Finanzamt vorgelegte für den Kläger von der Beigeladenen zu 1. selbst unterschriebene Fassung stimmt mit der der Beklagten vorgelegten Fassung nicht überein. Ein den Kläger bindender Beschluss über die Vertragsbeziehung mit der Beigeladenen zu 1. ist weder vorgetragen noch vorgelegt worden. Vor dem Hintergrund des zum Zeitpunkt des angegebenen Vertragsschlusses in der Satzung des Klägers nicht abbedungenen Verbots der Selbstkontrahierung aus § 181 BGB bestehen im Übrigen erhebliche Zweifel an der Rechtswirksamkeit in Bezug auf die dem Finanzamt vorgelegte Fassung des Vertrages vom 31. Juli 2010. In der Rechtsprechung ist eine "Annexkompetenz" des Vorstands zum Abschluss eines Dienstvertrages nur für solche Fälle anerkannt, dass eine Satzungsregelung besteht, die von der allgemeinen Zuständigkeit der Mitgliederversammlung für solche Verträge abweicht (vgl. Leuschner in Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 1, 8. Aufl. 2018, § 27 RdNr. 11 f.). Bereits daran fehlt es hier. Im Übrigen müssen selbst dann, wenn die Satzung den Vorstand zum Abschluss eines Dienstvertrages ermächtigt, wenn ein durch dieselbe Person sowohl für den Vorstand als auch für den Dienstverpflichteten handeln soll, die Beschränkungen des § 181 BGB aufgehoben sein. Auch dies war hier am 31. Juli 2010 nicht der Fall.

Der Senat geht vor dem Hintergrund des sich aus den beigezogenen Akten des Finanzamtes ergebenden Zahlungen des Klägers an die Beigeladene zu 1. vor dem Hintergrund der gelebten Vertragsbeziehung von einem faktischen Arbeitsverhältnis aus, dass in Bezug auf die Versicherungspflicht nicht zu einer Privilegierung des Klägers führt (vgl. zur Abgrenzung zu einem insgesamt nichtigen Vertragsverhältnis z.B. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3. November 2004 - 5 AZR 592/03 -, juris, RdNr. 16ff.). Zwar ergibt sich hier bereits aus dem eigenen Vorbringen des Klägers, dass der Vertrag vom 31. Juli 2010 vorrangig dazu dienen sollte, nach außen die Zahlung eines Entgelts an die Beigeladene zu 1. mit den vereinsrechtlichen Regelungen, die in der konkreten Ausgestaltung der Satzung des Klägers der Zahlung eines Entgelts entgegen standen, in Übereinstimmung zu bringen. Soweit dies zu den vereinsrechtlichen Grundsätzen in § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB über die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit von Vorstandsmitgliedern in Widerspruch steht, führt dies nicht zu der Bewertung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. als solcher im Rahmen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit. Denn kraft Gesetzes ist eine Honorarzahlung auch an Vorstandsmitglieder eines Idealvereins möglich, soweit die vorgenannte Regelung im Rahmen der Satzung abbedungen wird. Es ist damit nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Verstoß gegen die Regelung in § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB im Ergebnis einem vertragslosen Zustand gleichstellen wollte.

Das Sozialgericht hat sich zwar auf Grund der anderen Aktenlage nicht mit der fraglichen Wirksamkeit des vorgelegten Honorarvertrages vom 31. Juli 2010 befassen können, hat im Übrigen aber zutreffend darauf abgestellt, dass die zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. getroffenen Vereinbarungen zahlreiche Regelungen enthalten, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen. Insoweit wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils Bezug genommen, die sich der Senat nach eingehender Prüfung zu eigen macht.

Ausgehend von den in der Rechtsprechung insbesondere für die sozialversicherungsrechtliche Bewertung von Anstellungsverträgen für Gesellschafter-Geschäftsführer konkretisierten Grundsätzen zu der für eine selbstständige Erwerbstätigkeit erforderlichen rechtlichen Möglichkeit, nicht genehme Weisungen abwenden zu können (vgl. statt aller BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 24 m.w.N.), bleibt für eine im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübte leitende Funktion in einem gemeinnützigen nicht-wirtschaftlichen Verein in der Kinderbetreuung, die über eine bloße Repräsentation hinausgeht und gegen Entgelt ausgeübt wird, kein Raum.

Zwar bestehen erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene zu 1. den klagenden Verein mit dem Ziel hat gründen lassen und diesem nach der letzten Fassung der Satzung auf Lebenszeit selbst vorstehen will, um dauerhaft im Rahmen der in verschiedener Hinsicht privilegierten Rechtsform eines nicht-wirtschaftlichen gemeinnützigen Vereins ohne wesentliche Einflussnahme anderer Personen erwerbstätig zu sein, und dies durch Bestellung ihres Sohnes als stellvertretendem Vorsitzenden und dessen geplanter Nachfolge in der Leitung insbesondere der Kindertagesstätte in einer Art Familienunternehmen absichern will. Neben den Honorareinnahmen sind mit der Stellung der Beigeladenen zu 1. erhebliche weitere Einnahmen ihrer Familie verbunden, so vor allem aus dem mit dem Kläger geschlossenen Miet- oder Pachtvertrag mit Zahlungen an die Beigeladene zu 1. (die der Kläger demgegenüber als Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. besonders hervorhebt) und im weiteren Sinne z.B. aus dem Arbeitsvertrag mit dem Sohn der Beigeladenen zu 1. Die Höhe ihrer Einnahmen legt die die Beigeladene zu 1. im Rahmen der Selbstkontrahierung mit Wirkung für den Kläger ohne eine wesentliche Kontrolle selbst fest. Vor diesem Hintergrund kann es der Senat offen lassen, ob und in welchem Umfang durch die aus Vereinsmitteln getätigten Investitionen in das Gebäude zumindest im höheren sechsstelligen Bereich, die sich aus den beigezogenen Akten des Finanzamtes ergeben, eine Wertschöpfung entstanden ist, die ebenfalls der Beigeladenen zu 1. bzw. deren Familie zuzuordnen ist und ggfs. auch Entgeltcharakter haben könnte.

Diese Ausgestaltung der Vereinstätigkeit des Klägers dürfte fraglich mit den gesetzlichen Vorgaben eines gemeinnützigen Idealvereins vereinbar sein. Im Ergebnis dürfte es insoweit keine Auswirkungen haben, ob erhebliche wirtschaftliche Vorteile aus der Vereinstätigkeit (die also nicht allein dem Vereinszweck dienen) direkt generiert werden, der Verein also selbst vorrangig einem wirtschaftlichen Zweck dient, oder ein Organ wirtschaftliche Vorteile durch In-sich-Geschäfte bei sich selbst generiert. In Folge der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu einem staatlich geförderten Verein als Träger einer Kindertagesstätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2017 - II ZB 7/16 -, - II ZB 6/16 - und II ZB 9/16 -, jeweils juris) ist die Anerkennung der Gemeinnützigkeit nach den §§ 51 ff. der Abgabenordnung (AO) ein Indiz dafür, dass ein Verein nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist und in das Vereinsregister eingetragen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2017 - II ZB 7/16 -, juris, RdNr. 22 ff.; s. zu Entwicklung von Lehre und Rechtsprechung und Kritik dieser Entscheidungen des BGH: Leuschner in Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., §§ 21, 22, RdNr. 13 ff.). Die Gemeinnützigkeit setzt ihrerseits indes voraus, dass die wirtschaftliche Betätigung nicht Haupt- oder Selbstzweck ist, sondern dem ideellen Zweck zugeordnet ist (vgl. in BGH, Beschluss vom 16. Mai 2017 - II ZB 7/16 -, juris, RdNr. 27). Während der Prüfung des BGH nur die Frage der Ersteintragung in das Vereinsregister nach Maßgabe der vorgelegten Satzung unterlag, steht im vorgelegten Fall die konkrete Ausgestaltung der Vereinstätigkeit als Maßstab zur Verfügung. Bedenken des Senats begründet insoweit, dass erhebliche wirtschaftliche Vorteile von einzelnen Mitgliedern des Klägers der inzwischen dort etablierten Vereinsstruktur immanent sind. Indes binden den Senat die Feststellungen des Registergerichts und der Finanzbehörden zu der für den Kläger anerkannten Rechtsform des nicht-wirtschaftlichen Vereins, der dem gemeinnützigen Zweck der Jugendhilfe (§ 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO) dient. Sowohl die durch den öffentlich-rechtlichen Rechtsakt der Eintragung bestätigte Rechtsform als auch die im Übrigen maßgebenden öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen bilden ein Korsett, in dem sich die Prüfung der Versicherungspflicht durch Behörden und Gerichte regelmäßig halten muss (vgl. zu den durch die Rechtsform regelmäßig bewirkten Bindungen: BSG, Urteil vom 19. Juni 2001, a.a.O. RdNr. 21; zu regulatorischen Bedingungen einer ärztlichen Tätigkeit: BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 - B 12 R 12/18 R -, juris, RdNr. 27). Nach den Bindungen, die sich aus den Regelungen des Vereinsrechts, denjenigen über die Gemeinnützigkeit und den landesgesetzlichen Rahmenbedingungen für die Kinderbetreuung ergeben, kann die Leiterin einer durch einen gemeinnützigen Idealverein betriebenen Kindertagesstätte im Land Sachsen-Anhalt nicht selbstständig erwerbstätig sein. Dies gilt auch für die Beigeladene zu 1.

Das Land Sachsen-Anhalt übernimmt, insbesondere durch die Gewährleistungsverpflichtung und die korrespondierende Finanzierung aus Steuermitteln nach dem Gesetz zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege (Kinderförderungsgesetz) einen wesentlichen Teil der Verantwortung für die Betreuung von Kindern durch die Kindertagesstätte in Trägerschaft des Klägers. Da im vorliegenden Rechtsverhältnis allein der rechtsfähige Kläger, d.h. nicht die Organe des Vereins, Adressat der staatlichen Gewährleistungsverantwortung ist, kann dieser sich seiner Weisungspflicht gegenüber (auch leitenden) Mitarbeitern der Kindertagesstätte nicht durch einen Honorarvertrag entledigen. Zu diesem Ergebnis gelangt man auch über die Regelungen zur Gemeinnützigkeit, die ebenfalls zu einer Pflicht des Klägers führen, den Vereinszweck nicht nur in allgemeinen Vorgaben, sondern auch im Einzelnen in eigener Verantwortung der rechtsfähigen Vereinigung sicherzustellen. Soweit sich die Beigeladene zu 1. nach mehreren Satzungsänderungen faktisch auf Lebenszeit die Alleinentscheidungsbefugnis für den Kläger gesichert hat, stellt dies sie nicht auf die Ebene z.B. einer Mehrheitsgesellschafterin einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat. Denn ihre Rechtsmacht ist sowohl durch das Mehrheitsprinzip (§ 32 BGB) als auch den nicht durch die Satzung abdingbaren Ausschluss des Stimmrechts, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit ihr oder die Einleitung eines Rechtsstreits zwischen ihr und dem Verein betrifft (§§ 34 und 40 Satz 2 BGB), begrenzt. Das gilt unabhängig von dem Umstand, ob die Beigeladene zu 1. durch die Weigerung, Mitglieder aufzunehmen bzw. deren Ausschluss auch den Mitgliederkreis weitgehend steuern kann. Insbesondere die Zahl von drei Mitgliedern kann sie nicht dauerhaft unterschreiten, da in der Folge nach § 73 BGB die Rechtsfähigkeit des Vereins abzuerkennen ist. Soweit die Beigeladene zu 1. damit nur faktisch, aber nicht rechtlich eine ähnliche Stellung für sich begründet hat, ist die Gleichstellung mit einer Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführerin einer GmbH nicht geboten, da die Rechtsordnung für einen Idealverein keine Eigentumsrechte, sondern nur Teilhaberechte für Mitglieder vorsieht, was mit dem weitgehenden Ausschluss der Haftung der Mitglieder korrespondiert.

Die Kostenentscheidung folgt für das Klageverfahren, wie das Sozialgericht zutreffend angenommen hat, aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und § 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Mit der Verbindung der Verfahren S 8 R 192/16, an dem die Beigeladene zu 1. als Klägerin Hauptbeteiligte gewesen ist, zu dem Verfahren S 8 R 190/16 ist zunächst eine natürliche Person Hauptbeteiligte im Sinne des § 183 SGG des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen. Eine Entscheidung des Sozialgerichts in dieser Konstellation hätte nach der herrschender Meinung dazu geführt, dass eine einheitliche Kostenentscheidung auf der Grundlage von § 193 SGG zu treffen gewesen wäre (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Mai 2006 - B 2 U 391/05 B -, juris). Bei zutreffender Würdigung hat die im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretene Beigeladene zu 1. hier indes, weil sie keinen eigenen Klageantrag vor dem Sozialgericht gestellt hat, ihre Klage zurückgenommen und ist damit nur noch in ihrer Stellung als Beigeladene am Verfahren beteiligt gewesen. Damit kann die vorgenannte besondere Kostenprivilegierung keine Geltung mehr beanspruchen. Für das Berufungsverfahren ist auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO abzustellen, weil nur der Kläger Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt hat und die Beigeladene zu 1. nicht mehr Hauptbeteiligte des Verfahrens gewesen ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

Der Streitwert ist hier für das Berufungsverfahren mit dem Auffangstreitwert festzusetzen gewesen (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG) und hierzu z.B. BSG, Urteil vom 7. Juni 2018 - B 12 KR 17/17 R -, juris, RdNr. 32; Bayerisches LSG, Beschlüsse vom 27. November 2015 - 7 R 759/15 B -, juris; und vom 29. Mai 2017 - L 16 R 5045/17 B -, juris). Der vorliegende Einzelfall bietet keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende konkrete Festsetzung. Der Streitwertbeschluss ist nicht anfechtbar, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
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