Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 340/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 336/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.07.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Leistungsbewilligungen für die Zeit vom 29.06.1999 bis 29.02.2000 und 03.05.2000 bis 14.09.2000 sowie die Erstattung zu Unrecht bezogener Leistungen und entrichteter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 10.050,39 DM.
Der 1966 geborene Kläger - iranischer Staatsangehöriger - beantragte am 27.12.1991 in der Bundesrepublik Deutschland Asyl. Vom 02.08.1994 bis 31.12.1998 war der Kläger in A. als Teppichrestaurator beschäftigt. Ihm wurde der Aufenthalt zur Durchführung des Asylverfahrens am 30.03.1999 durch das Landratsamt M. - Ausländerbehörde - zunächst bis 30.09.1999 gestattet, der Aufenthalt jedoch auf den Landkreis M. beschränkt. Selbstständige oder vergleichbare unselbstständige Erwerbstätigkeiten waren dem Kläger nicht gestattet, arbeitserlaubnispflichtige Erwerbstätigkeiten nur mit gültiger Arbeitserlaubnis.
Die Beklagte gewährte dem Kläger ab 01.01.1999 (mit Unterbrechung) Arbeitslosengeld (Alg). In seinen Anträgen vom 05.11.1998/12.03.1999 gab der Kläger als Wohnanschrift L.straße, E. an. Am 07.09.1999 teilte er der Beklagten den Umzug nach H.straße, E. mit. Unter dieser Anschrift beantragte er am 04.01.2000/14.04.2000/ 21.07.2000 bei der Beklagten die Weitergewährung der Leistungen.
Am 02.12.2000 wurde der Beklagten bekannt, dass sich der Kläger seit 01.09.1999 in B.weg, A. , aufhielt. Nach Auskunft des Einwohnermeldeamtes der Stadt E. meldete er sich am 29.06.1999 nach E. ab. Dort war er jedoch laut Aussage des Eigentümers S. E. nie wohnhaft gewesen. Es war lediglich ein Briefkasten mit dem Namen des Klägers angebracht worden.
Mit Bescheid vom 28.03.2001 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg/Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 29.06.1999 bis 29.02.2000 und 03.05.2000 bis 14.09.2000 auf, weil der Kläger dem Arbeitsamt nicht zur Verfügung gestanden habe. Die zu Unrecht erhaltenen Leistungen in Höhe von 8.235,96 DM sowie entrichtete Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.814,43 DM habe er zu erstatten (insgesamt 10.050,39 DM).
Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, nach seinem Umzug nach A. (01.09.1999) habe er die Postanschrift in E. beibehalten. Der dortige Briefkasten sei durch S. E. kontrolliert worden. Die Post habe er meist noch am selben Tag abgeholt. Er habe in der Vergangenheit die Post zuverlässig erhalten. Nach der Neuregelung des § 119 Abs 3 Nr 3 Sozialgesetzbuch Arbeitsförderung (SGB III) sei es nicht mehr erforderlich, dass der Arbeitslose täglich zum Zeitpunkt der eingehenden Briefpost unter der Adresse tatsächlich erreichbar sein müsse. Auf Grund der von ihm getroffenen Vorkehrungen habe er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe nie in E. gewohnt und sei daher für die Beklagte nicht erreichbar gewesen. Die Erreichbarkeit über eine dritte Person sei nicht ausreichend.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Er habe sichergestellt, dass er täglich - also zeitnah - über den Posteingang informiert worden sei. Dass ein Dritter den Briefkasten geleert habe, ändere nichts an seiner Erreichbarkeit.
Mit Urteil vom 08.07.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Infolge des Wegzugs aus E. sei in den tatsächlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren (SGB X) eingetreten. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die Leistungsbewilligungen gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nrn 2, 4 SGB X aufzuheben. Über die Pflicht zur Mitteilung des Wohnungswechsels sei der Kläger durch das Merkblatt für Arbeitslose informiert worden. Er habe deshalb auch wissen müssen, dass er wegen fehlender Erreichbarkeit - unter der von ihm am 07.09.1999 mitgeteilten Anschrift in E. sei er nicht erreichbar gewesen - keinen Leistungsanspruch mehr gehabt habe. So habe er in E. tatsächlich nicht gewohnt. Die postalische Erreichbarkeit lediglich unter Einschaltung Dritter sei nicht ausreichend.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Vom Erstgericht würden die Anforderungen an die in § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III neu geregelte Erreichbarkeit überspannt, denn in seinem Fall sei - wie im vergleichbaren Fall der Leerung des Briefkastens durch ein Familienmitglied - sichergestellt gewesen, dass er über die eingehende Post umgehend informiert wurde.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.07.2003 sowie den Bescheid vom 28.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn die Beklagte durfte die Leistungsbewilligungen mit Wirkung ab 29.06.1999 aufheben sowie zu Unrecht bezogene Leistungen und entrichtete Beiträge zurückfordern.
Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, weil der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückweist (§ 153 Abs 2 SGG).
Auch wenn der Kläger - entsprechend seinem Vorbringen im Berufungsverfahren - sichergestellt haben sollte, dass er über die eingehende Post umgehend informiert wurde, sind die Voraussetzungen, unter denen er nach § 1 Erreichbarkeitsanordnung Vorschlägen des Arbeitsamtes zeit- und ortsnah Folge leisten kann, nicht erfüllt, denn der Kläger hat unter der dem Arbeitsamt angegebenen Wohnanschrift nicht gewohnt. Die gesetzlichen Regelungen stellen auf die dem Arbeitsamt bekannte Wohnanschrift als örtlicher Anknüpfungspunkt für die Erreichbarkeit des Arbeitslosen ab, denn nur bei Aufenthalt unter dieser Anschrift, nicht jedoch etwa bei Einschaltung Dritter, ist die Einhaltung des gesetzlichen Gebots der zeit- und ortsnahen Reaktion hinreichend gewährleistet (LSG Baden-Württemberg vom 09.12.2003 - L 13 AL 4311/02 - unter Hinweis auf BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 16 und LSG Baden-Württemberg vom 16.04.2002 - L 13 AL 3657/01).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.07.2003 ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Leistungsbewilligungen für die Zeit vom 29.06.1999 bis 29.02.2000 und 03.05.2000 bis 14.09.2000 sowie die Erstattung zu Unrecht bezogener Leistungen und entrichteter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 10.050,39 DM.
Der 1966 geborene Kläger - iranischer Staatsangehöriger - beantragte am 27.12.1991 in der Bundesrepublik Deutschland Asyl. Vom 02.08.1994 bis 31.12.1998 war der Kläger in A. als Teppichrestaurator beschäftigt. Ihm wurde der Aufenthalt zur Durchführung des Asylverfahrens am 30.03.1999 durch das Landratsamt M. - Ausländerbehörde - zunächst bis 30.09.1999 gestattet, der Aufenthalt jedoch auf den Landkreis M. beschränkt. Selbstständige oder vergleichbare unselbstständige Erwerbstätigkeiten waren dem Kläger nicht gestattet, arbeitserlaubnispflichtige Erwerbstätigkeiten nur mit gültiger Arbeitserlaubnis.
Die Beklagte gewährte dem Kläger ab 01.01.1999 (mit Unterbrechung) Arbeitslosengeld (Alg). In seinen Anträgen vom 05.11.1998/12.03.1999 gab der Kläger als Wohnanschrift L.straße, E. an. Am 07.09.1999 teilte er der Beklagten den Umzug nach H.straße, E. mit. Unter dieser Anschrift beantragte er am 04.01.2000/14.04.2000/ 21.07.2000 bei der Beklagten die Weitergewährung der Leistungen.
Am 02.12.2000 wurde der Beklagten bekannt, dass sich der Kläger seit 01.09.1999 in B.weg, A. , aufhielt. Nach Auskunft des Einwohnermeldeamtes der Stadt E. meldete er sich am 29.06.1999 nach E. ab. Dort war er jedoch laut Aussage des Eigentümers S. E. nie wohnhaft gewesen. Es war lediglich ein Briefkasten mit dem Namen des Klägers angebracht worden.
Mit Bescheid vom 28.03.2001 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg/Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 29.06.1999 bis 29.02.2000 und 03.05.2000 bis 14.09.2000 auf, weil der Kläger dem Arbeitsamt nicht zur Verfügung gestanden habe. Die zu Unrecht erhaltenen Leistungen in Höhe von 8.235,96 DM sowie entrichtete Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.814,43 DM habe er zu erstatten (insgesamt 10.050,39 DM).
Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, nach seinem Umzug nach A. (01.09.1999) habe er die Postanschrift in E. beibehalten. Der dortige Briefkasten sei durch S. E. kontrolliert worden. Die Post habe er meist noch am selben Tag abgeholt. Er habe in der Vergangenheit die Post zuverlässig erhalten. Nach der Neuregelung des § 119 Abs 3 Nr 3 Sozialgesetzbuch Arbeitsförderung (SGB III) sei es nicht mehr erforderlich, dass der Arbeitslose täglich zum Zeitpunkt der eingehenden Briefpost unter der Adresse tatsächlich erreichbar sein müsse. Auf Grund der von ihm getroffenen Vorkehrungen habe er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe nie in E. gewohnt und sei daher für die Beklagte nicht erreichbar gewesen. Die Erreichbarkeit über eine dritte Person sei nicht ausreichend.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Er habe sichergestellt, dass er täglich - also zeitnah - über den Posteingang informiert worden sei. Dass ein Dritter den Briefkasten geleert habe, ändere nichts an seiner Erreichbarkeit.
Mit Urteil vom 08.07.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Infolge des Wegzugs aus E. sei in den tatsächlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren (SGB X) eingetreten. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die Leistungsbewilligungen gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nrn 2, 4 SGB X aufzuheben. Über die Pflicht zur Mitteilung des Wohnungswechsels sei der Kläger durch das Merkblatt für Arbeitslose informiert worden. Er habe deshalb auch wissen müssen, dass er wegen fehlender Erreichbarkeit - unter der von ihm am 07.09.1999 mitgeteilten Anschrift in E. sei er nicht erreichbar gewesen - keinen Leistungsanspruch mehr gehabt habe. So habe er in E. tatsächlich nicht gewohnt. Die postalische Erreichbarkeit lediglich unter Einschaltung Dritter sei nicht ausreichend.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Vom Erstgericht würden die Anforderungen an die in § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III neu geregelte Erreichbarkeit überspannt, denn in seinem Fall sei - wie im vergleichbaren Fall der Leerung des Briefkastens durch ein Familienmitglied - sichergestellt gewesen, dass er über die eingehende Post umgehend informiert wurde.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.07.2003 sowie den Bescheid vom 28.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn die Beklagte durfte die Leistungsbewilligungen mit Wirkung ab 29.06.1999 aufheben sowie zu Unrecht bezogene Leistungen und entrichtete Beiträge zurückfordern.
Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, weil der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückweist (§ 153 Abs 2 SGG).
Auch wenn der Kläger - entsprechend seinem Vorbringen im Berufungsverfahren - sichergestellt haben sollte, dass er über die eingehende Post umgehend informiert wurde, sind die Voraussetzungen, unter denen er nach § 1 Erreichbarkeitsanordnung Vorschlägen des Arbeitsamtes zeit- und ortsnah Folge leisten kann, nicht erfüllt, denn der Kläger hat unter der dem Arbeitsamt angegebenen Wohnanschrift nicht gewohnt. Die gesetzlichen Regelungen stellen auf die dem Arbeitsamt bekannte Wohnanschrift als örtlicher Anknüpfungspunkt für die Erreichbarkeit des Arbeitslosen ab, denn nur bei Aufenthalt unter dieser Anschrift, nicht jedoch etwa bei Einschaltung Dritter, ist die Einhaltung des gesetzlichen Gebots der zeit- und ortsnahen Reaktion hinreichend gewährleistet (LSG Baden-Württemberg vom 09.12.2003 - L 13 AL 4311/02 - unter Hinweis auf BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 16 und LSG Baden-Württemberg vom 16.04.2002 - L 13 AL 3657/01).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.07.2003 ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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