Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 15 RJ 534/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 128/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. voller Erwerbsminderung.
Die 1947 in Griechenland geborene Klägerin hält sich seit 1969 in Deutschland auf. Sie hat keinen Beruf erlernt und war seit ihrem Zuzug mit Unterbrechungen - zuletzt vom 30.04. 1970 bis 31.12.1998 als ungelernte Montagearbeiterin bei der B. AG in M. - versicherungspflichtig beschäftigt. Laut Arbeitgeberauskunft betrug die Anlern- bzw. Einarbeitungszeit für die letzte Tätigkeit weniger als drei Monate, die Entlohnung geschah nach Lohngruppe 04 des Tarifvertrags der Bayerischen Metallindustrie. Aufgrund der seit 06.06.1995 fortdauernden Arbeitsunfähigkeit wurde das Arbeitsverhältnis durch Zahlung einer Abfindung beendet. Seither ist die Klägerin arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Zusammen mit ihrem Rentenantrag vom 25.02.1998 legte sie den Kurzbericht einer Klinik und Poliklinik für physikalische Medizin vom 22.05.1998 vor, wonach sie dort seit 1995 erfolglos wegen Fibromyalgie behandelt werde. Es sei ihr unmöglich, weiter in ihrem Beruf tätig zu sein, eine zeitweise Berentung werde empfohlen. Die auf Veranlassung der Beklagten durchgeführte internistische Begutachtung vom 05.06.1998 ergab keine Hinweise für eine Fibromyalgie, hingegen auf eine beginnende iatrogen geprägte rentenneurotische Fehlhaltung. Mit Bescheid vom 21.08. 1998 lehnte daraufhin die Beklagte eine Rentengewährung ab. Zwar sei die Erwerbsfähigkeit durch eine Wirbelsäulenfehlhaltung bei Beinverkürzung links um 2 cm, klimakterische Beschwerden, medikamentös gut eingestellten Bluthochdruck und eine seelische Fehlhaltung (ohne wesentliche depressive Verstimmung) beeinträchtigt, mit dem verbliebenen Leistungsvermögen könnten jedoch noch Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig ausgeübt werden.
Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin ein Attest des Neurologen Dr.C. vom 18.09.1998 über u. a. eine mittelgradige seelische Störung vor und machte geltend, entsprechend einem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 11.12.1997 sei sie nur zur Teilzeit fähig. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine orthopädische und nervenärztliche Begutachtung. Dr.P. schrieb in seinem Gutachten vom 16.12.1998, aufgrund der geringgradigen Funktionseinschränkung von Wirbelsäule, Schulter-, Ellenbogen- und Hüftgelenken könne die Klägerin nur noch leichte, zeitweise mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Dr.B. äußerte in seinem Gutachten vom 26.01.1999 den dringenden Verdacht auf eine facettenreiche und multifaktoriell bedingte, derzeit aber nicht stärkergradig ausgeprägte Konversionsneurose bei einer histrionischen und anankastischen Persönlichkeit mit einem Berentungswunsch. Seines Erachtens sollte die Klägerin bei der geplanten intensiven Behandlung alsbald wieder in der Lage sein, ohne besondere Einschränkungen vollschichtig zu arbeiten. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch vom 11.09.1998 mit Bescheid vom 03.03.1999 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 22.03.1999 Klage erhoben. Nach Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte Dres. D. , R. , C. , L. und B. hat das Gericht die Klägerin von drei Fachärzten untersuchen lassen. Der Neurologe und Psychiater Dr.K. hat in seinem Gutachten vom 09.02.2000 erheblichste Zweifel an der Diagnose einer Fibromyalgie geäußert und einen mehr dysphorisch geprägten Verstimmungszustand entsprechend etwa dem Krankheitsbild einer Dysthmie neben einem chronischen Ganzkörpersyndrom festgestellt. Er hat leichte und mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Schichtdienst und Zeitdruck für vollschichtig zumutbar gehalten. Im chirurgisch-orthopädischen Gutachten Dr.L. vom 02.03.2000 heißt es, wegen der altersgemäßen Verschleißerscheinungen seien leichte und mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend in geschlossenen Räumen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 12,5 kg, ohne häufiges Bücken und nicht ausschließlich an Maschinen und am Fließband zumutbar. Das Gutachten des Internisten und Rheumatologen Dr.H. datiert vom 14.05.2000. Danach leidet die Klägerin unter einem Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit geringgradigen Funktionseinschränkungen und beginnenden Verschleißveränderungen an den meisten Fingermittel- und endgelenken ohne relevante Einschränkungen im Arbeitsalltag sowie einer arteriellen Hypertonie. Leichte bis mittelschwere Arbeiten überwiegend in geschlossenen Räumen seien vollschichtig zumutbar.
Demgegenüber hat der Psychiater Dr.K. der Klägerin am 26.07.2000 attestiert, sie sei wegen einer mittelgradigen depressiven Episode nicht erwerbsfähig. Vom 20.11.2000 bis 22.02. 2001 ist die Klägerin im Bezirkskrankenhaus H. wegen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwerer Episode mit psychotischen Symptomen, Verdachts auf Somatisierungsstörung und arterieller Hypertonie stationär behandelt worden. Daraufhin hat das Gericht eine neuerliche Begutachtung durch Dr.K. veranlasst. Dieser hat lt. Gutachten vom 03.09.2001 keine wesentliche Änderung gegenüber seinem Vorgutachten festgestellt. Seines Erachtens ist die in H. festgestellte Symptomatik abgeklungen. Es bestehe ein ganz erhebliches Rentenbegehren, das in erster Linie für die Therapieresistenz und die Verschlimmerung verantwortlich sei. Einfache leichte körperliche Arbeiten aus wechselnden Ausgangspositionen seien vollschichtig zumutbar.
Der behandelnde Arzt Dr.L. hat Dr.K. eine oberflächliche Würdigung der fachärztlichen Diagnosen in H. vorgehalten und behauptet, die Exploration beim Sachverständigen habe nur 20 Minuten gedauert. Tatsächlich bestünden rezidivierende schwere depressive Episoden. Der Kritik hat sich auch Dr.C. in seinem Attest vom 16.10.2001 angeschlossen. Demgegenüber hat Dr.K. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.11.2001 auf die nachweisbare Explorationsdauer von 50 Minuten hingewiesen und bemängelt, dass die Atteste Dr.L. und des Dr.C. ohne Befund seien.
Mit Urteil vom 23.01.2002 hat das Sozialgericht München die Klage - gestützt auf die Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen - abgewiesen und den am 21.01.2002 gestellten Antrag gemäß § 109 SGG als verspätet zurückgewiesen.
Gegen das am 18.02.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.03.2002 Berufung eingelegt. Sie hat ihren Antrag gemäß § 109 SGG mit der Begründung wiederholt, eine frühere Antragstellung sei nicht möglich gewesen. Daraufhin hat der Senat dem Antrag der Klägerin entsprochen und ein neurologisch-psychiatrisch- psychodynamisches Gutachten des Dr.B. eingeholt. Diese hat nach ambulanter Untersuchung am 13.11.2002 ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Depression mit wohl passager stattgefundenen psychotischen Symptomen, eine histrionische Persönlichkeitsstruktur, Schlafstörungen, Vertigo unklarer Genese und Somatisierungsstörungen diagnostiziert und keinerlei Erwerbstätigkeit mehr für zumutbar erachtet.
Demgegenüber hat die von der Beklagten zugezogene Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.D. auf den Entlassungsbericht der P.-Klinik in Bad D. betreffend eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 13.06. bis 24.07.2002 hingewiesen. Dieser Bericht (Diagnosen: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, somatoforme Schmerzstörung mit rentenneurotischer Überlagerung, Asthma bronchiale und degeneratives Wirbelsäulensyndrom) zeige, dass die Klägerin bei zumutbarer Willensanstrengung in der Lage sei, ihr Befinden zu bessern. Im Vordergrund stünden ein Rentenbegehren und bewusstes Fehlverhalten. Dr.B. gehe nicht auf die Epikrise in Bad D. ein. Die Ärzte in Bad D. hatten geschrieben, während des gesamten Aufenthalts seien aggravatorische Tendenzen festzustellen gewesen, die im Zusammenhang mit ihrem Rentenbegehren zu sehen seien. Letzteres sei auch die Ursache für ihre fehlende Motivation zur Mitarbeit gewesen. Aus therapeutischer Sicht sei sie bei ausreichender Willensanstrengung in der Lage, vollschichtig leichte Arbeiten, zeitweise im Gehen und Stehen, in der Tagesschicht zu verrichten, wobei Akkordtätigkeiten und inhalative Belastungen vermieden werden sollten.
In ihrer Stellungnahme hierzu vom 22.09.2003 hat Dr.B. ausgeführt, von der Kurklinik sei die Diagnose einer Fibromyalgie nicht diskutiert worden. Die angebliche Suiziddrohung der Klägerin erscheine ihr nicht glaubwürdig, der Entlassungsbericht sei emotional gehalten und das Kurprogramm habe die sprachungewandte Klägerin sprachlich-geistig überfordert.
Der Klägerbevollmächtigte hat ergänzt, das Kurgutachten stelle ein Parteigutachten dar. Der GdB nach dem Schwerbehindertengesetz betrage seit Juli 2003 70.
Von Amts wegen ist daraufhin die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr.M. gehört worden. Nach ambulanter Untersuchung vom 12.03.2004 hat die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 23.04.2004 in erster Linie eine rezidivierende depressive Störung, derzeitig mittelgradige Episode, eine somatoforme Schmerzstörung, eine rentenneurotische Fehlhaltung und eine histrionische Persönlichkeitsstruktur diagnostiziert. Angesichts der finalen Interessen der Klägerin und der willentlichen Steuerung des Verhaltens sei die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung nicht einfach. Letztlich sei es jedoch nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin bei willentlicher Anstrengung nicht noch körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts vollschichtig verrichten könne. Ausgeschlossen seien besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, Zeitdruck, Nacht- und Wechselschicht, schweres Heben und Tragen von Lasten sowie Zwangshaltungen. Die Klägerin könne sich auch noch auf eine andere als auf die bisher ausgeübte Erwerbstätigkeit umstellen.
Dazu hat der Klägerbevollmächtigte ausgeführt, mit diesem Gutachten sei das Gutachten Dr.B. nicht widerlegt.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 23.01.2002 sowie des Bescheides vom 21.08.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.03.1999 zu verurteilen, ihr ab 01.03.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.01.2002 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts München, der Schwerbehindertenakten sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.01.2002 ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 21.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.1999. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen voller Erwerbsminderung. Zwar ist ihr Leistungsvermögen durch zahlreiche gesundheitliche Störungen eingeschränkt, das Ausmaß der Leistungsminderung ist jedoch nicht dergestalt, dass keinerlei Erwerbstätigkeit mehr zumutbar wäre.
Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,- DM übersteigt (§ 44 Abs.2 Satz 1 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs.2 Satz 2 Ziff.2 SGB VI a.F.). Nach neuem Recht (§ 43 Abs.3 SGB VI) ist eine Rente bereits dann ausgeschlossen, wenn der Versicherte noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Klägerin ist jedoch in der Lage, einen achtstündigen Arbeitstag zu bewältigen.
Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf das überzeugende und ausführliche Gutachten der Sachverständigen Dr.M. , die die Klägerin persönlich umfassend untersucht und ihre Beurteilung schlüssig begründet hat. Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Sachverständige im Bereich der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit verfügt sie sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um sämtliche hier in Betracht kommenden gesundheitlichen Störungen medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen. Mit ihrer Würdigung befindet sie sich in Übereinstimmung mit den im Klageverfahren gehörten Sachverständigen Dres. K. , L. und H. , die die Klägerin ebenfalls persönlich untersucht haben. Auch im Verwaltungsverfahren war die Klägerin von drei Fachärzten für erwerbsfähig gehalten worden. Besonderes Gewicht kommt auch der Einschätzung der Fachklinik Bad D. zu, in der die Klägerin Mitte 2002 über einen Zeitraum von 5 Wochen beobachtet werden konnte. Auch die dortigen Ärzte haben ein positives Leistungsbild gezeichnet.
Nicht gefolgt werden kann hingegen dem Gutachten der Dr.B. , die auf Antrag der Klägerin gehört worden ist. Sie befindet sich zwar in Übereinstimmung mit den behandelnden Ärzten L. und C. , muss sich jedoch wegen der Zuziehung des Sohnes der Klägerin als Dolmetscher den Vorwurf zweifelhafter Objektivität gefallen lassen. Sie hatte selbst festgestellt, dass die Klägerin sprachlich eingeschränkt sei, so dass die Zuziehung eines unabhängigen Dolmetschers zu der bei der nervenärztlichen Begutachtung besonders wichtigen Anamneseerhebung unerlässlich gewesen wäre. Hinzu kommt, dass ihr zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung der Entlassungsbericht aus Bad D. nicht bekannt war. Soweit sie später versuchte, den wenige Monate vorher erhobenen gegensätzlichen Befund zu entkräften, vermochte sie nicht zu überzeugen. Der Entlassungsbericht aus Bad D. zeichnet sich durch eine sorgfältige Würdigung sämtlicher Vorbefunde und eine detaillierte Beschreibung der Auffälligkeiten aus. Entgegen der Ansicht Dr.B. wurden dort auch die sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten der Klägerin berücksichtigt. Der Klägerin wurden dort drei Gesprächsstunden bei einer griechisch sprechenden Ärztin angeboten, wovon nur ein Termin zur Klärung anamnestischer Fragen zustande kam; zu den anderen Terminen erschien die Klägerin verspätet oder gar nicht. Schließlich kann einer von der Klägerin zugezogenen Gutachterin, die nicht sämtliche Vorbefunde kennt, eher eine affektgeleitete Beurteilung unterstellt werden, als einem von der Beklagten finanzierten Team, das sich auf eine mehrwöchige Beobachtung stützen kann und sich regelmäßiger Supervision zu unterziehen hat.
Auch der Umstand, dass das Amt für Versorgung und Familienförderung zuletzt einen GdB von 70 festgestellt hat, ist nicht geeignet, Zweifel am Gutachten der Dr.M. zu begründen. Während diese nämlich den Gesundheitszustand aufgrund eigener eingehender Untersuchung und Befunderhebung beurteilt hat, ist die Anhebung des GdB jeweils nach Aktenlage erfolgt. Hinzu kommt, dass ein nach dem Schwerbehindertenrecht zuerkannter GdB ohnehin keinen Rückschluss auf die Erwerbsfähigkeit im Sinne des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung zulässt, da er ein abstraktes Maß für die Auswirkungen eines Mangels an funktioneller Intaktheit darstellt, das sich auf alle Lebensbereiche und nicht nur auf die Berufs- und Erwerbstätigkeit bezieht (vgl. Jörg in Kreikebohm, SGB VI, 2. Auflage, § 43 Rdnr.5).
Im Vordergrund des Beschwerdebildes steht nicht ein chronisches Schmerzsyndrom bzw. Fibromyalgiesyndrom, sondern ein depressiv- dysphorisches Syndrom mittelschwerer Ausprägung mit ausgeprägten Somatisierungstendenzen. Erstmals wurde die somatisierte Depression im Februar 1999 von Dr.R. behandelt. Diese Symptomatik hat sich als Folge der chronischen Schmerzen entwickelt, die Grund für die Aufgabe der letzten beruflichen Tätigkeit waren. Die depressive Symptomatik trat Ende 2000 in schwerergradiger Ausprägung auf, weshalb ein immerhin dreimonatiger stationärer psychiatrischer Aufenthalt im Bezirkskrankenhaus H. erforderlich war. Trotz jetzt wieder geklagter psychotischer Symptome ist keine schwergradig ausgeprägte Depression zu diagnostizieren. Hiergegen spricht der erhobene psychopathologische Befund mit fehlender Antriebshemmung, fehlender psychomotorischer Verlangsamung und fehlender Denkhemmung. Die Diagnose Dr.M. entspricht derjenigen der Parkklinik Bad D. , die eine Verbesserung der depressiven Symptomatik im Rahmen der psychosomatischen Fachbehandlung beschrieben hat. Ebenso wie davor die Dres. R. , B. und K. beobachtete sie ein erhebliches aggravatorisches Verhalten. Aufgrund des Rentenbegehrens war die Klägerin nicht motiviert, an einer Verbesserung ihres Befindens mitzuarbeiten. Dennoch war eine affektive und psychophysische Stabilisierung zu erreichen.
Angesichts des Vorliegens krankheitswertiger gesundheitlicher Beschwerden (Depression und Schmerzen) neben finalen Interessen im Sinne eines Rentenbegehrens und willentlicher Steuerung des Verhaltens ist die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung nicht einfach. Aus therapeutischer Sicht erscheint die Klägerin jedoch bei ausreichender Willensanstrengung in der Lage, leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, in der Tagesschicht vollschichtig zu verrichten. Ausgeschlossen sind besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, besonderer Zeitdruck, Nacht- und Wechselschicht, Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Zwangshaltungen. Zweifellos ist die Klägerin in ihrer psychischen, nervlichen und körperlichen Belastbarkeit eingeschränkt. Letztlich gehen die Schwierigkeiten der Abgrenzung von krankheitswertigen Befunden, willentlich gesteuertem Verhalten und Persönlichkeitsstruktur zu Lasten der Klägerin. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast obliegt es ihr, den Nachweis der gesundheitsbedingten Leistungseinschränkung zu führen.
Aus orthopädischer Sicht sind lediglich zusätzliche qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen. Die klinischen und radiologischen Befunde sprechen für ein leichtgradiges Halswirbelsäulen-, Schulter-, Arm- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit sich daraus ergebenden geringgradigen Funktionseinschränkungen. Unzumutbar erscheinen daher über die bereits genannten Leistungseinschränkungen hinaus häufiges Bücken und ausschließliches Arbeiten an Maschinen und am Fließband. Wichtig ist, dass an die Kraft und die Geschicklichkeit der Finger beider Hände - entsprechend dem Muskelstatus der Arme - durchaus normale Ansprüche gestellt werden dürfen. Weder aus neurologischer noch aus internistischer Sicht sind zusätzliche Einschränkungen zu nennen. Insbesondere ergaben sich keine Anzeichen für eine Nervenkompressionssymptomatik. Das seit über 15 Jahre bekannte Asthma bronchiale hat zu keiner dauerhaften Ventilationsstörung geführt.
Zusammenfassend kann die Klägerin nur noch leichte und ruhige Arbeiten überwiegend im Sitzen und in geschlossenen Räumen vollsichtig verrichten. Mit diesem Restleistungsvermögen ist sie in der Lage, eine Vielzahl von Tätigkeiten zu verrichten, wie sie üblicherweise von ungelernten Arbeitern gefordert werden. Mangels eingeschränkten Gehvermögens und bei erhaltenem Seh- und Hörvermögen sowie ausreichender Belastbarkeit von Wirbelsäule und Psyche erscheinen typische Verrichtungen des allgemeinen Arbeitsmarkts wie Zureichen, Abnehmen, Verpacken, Aufsicht und Kontrolle möglich. Die Prüfung einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erübrigt sich daher.
Dass der Klägerin tatsächlich seit Jahren kein Arbeitsplatz vermittelt werden konnte, ist rechtlich unerheblich, weil vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt offen steht und das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung getragen wird (vgl. u.a. BSG in SozR 3-2200 § 1246 Nr.50). Entscheidend ist, dass die Klägerin die vollschichtige Tätigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen erbringen kann, weil zusätzliche Pausen nicht erforderlich sind, und dass die Anmarschwege zur Arbeit problemlos zurückgelegt werden können. Zweifellos kann sie ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der Firma B., die im Akkord verrichtet wurde, nicht mehr ausüben. Sie ist jedoch in der Lage, sich auf eine andere Tätigkeit, die ihrem Leistungsvermögen entspricht, umzustellen.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 SGG) sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. voller Erwerbsminderung.
Die 1947 in Griechenland geborene Klägerin hält sich seit 1969 in Deutschland auf. Sie hat keinen Beruf erlernt und war seit ihrem Zuzug mit Unterbrechungen - zuletzt vom 30.04. 1970 bis 31.12.1998 als ungelernte Montagearbeiterin bei der B. AG in M. - versicherungspflichtig beschäftigt. Laut Arbeitgeberauskunft betrug die Anlern- bzw. Einarbeitungszeit für die letzte Tätigkeit weniger als drei Monate, die Entlohnung geschah nach Lohngruppe 04 des Tarifvertrags der Bayerischen Metallindustrie. Aufgrund der seit 06.06.1995 fortdauernden Arbeitsunfähigkeit wurde das Arbeitsverhältnis durch Zahlung einer Abfindung beendet. Seither ist die Klägerin arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Zusammen mit ihrem Rentenantrag vom 25.02.1998 legte sie den Kurzbericht einer Klinik und Poliklinik für physikalische Medizin vom 22.05.1998 vor, wonach sie dort seit 1995 erfolglos wegen Fibromyalgie behandelt werde. Es sei ihr unmöglich, weiter in ihrem Beruf tätig zu sein, eine zeitweise Berentung werde empfohlen. Die auf Veranlassung der Beklagten durchgeführte internistische Begutachtung vom 05.06.1998 ergab keine Hinweise für eine Fibromyalgie, hingegen auf eine beginnende iatrogen geprägte rentenneurotische Fehlhaltung. Mit Bescheid vom 21.08. 1998 lehnte daraufhin die Beklagte eine Rentengewährung ab. Zwar sei die Erwerbsfähigkeit durch eine Wirbelsäulenfehlhaltung bei Beinverkürzung links um 2 cm, klimakterische Beschwerden, medikamentös gut eingestellten Bluthochdruck und eine seelische Fehlhaltung (ohne wesentliche depressive Verstimmung) beeinträchtigt, mit dem verbliebenen Leistungsvermögen könnten jedoch noch Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig ausgeübt werden.
Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin ein Attest des Neurologen Dr.C. vom 18.09.1998 über u. a. eine mittelgradige seelische Störung vor und machte geltend, entsprechend einem arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 11.12.1997 sei sie nur zur Teilzeit fähig. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine orthopädische und nervenärztliche Begutachtung. Dr.P. schrieb in seinem Gutachten vom 16.12.1998, aufgrund der geringgradigen Funktionseinschränkung von Wirbelsäule, Schulter-, Ellenbogen- und Hüftgelenken könne die Klägerin nur noch leichte, zeitweise mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Dr.B. äußerte in seinem Gutachten vom 26.01.1999 den dringenden Verdacht auf eine facettenreiche und multifaktoriell bedingte, derzeit aber nicht stärkergradig ausgeprägte Konversionsneurose bei einer histrionischen und anankastischen Persönlichkeit mit einem Berentungswunsch. Seines Erachtens sollte die Klägerin bei der geplanten intensiven Behandlung alsbald wieder in der Lage sein, ohne besondere Einschränkungen vollschichtig zu arbeiten. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch vom 11.09.1998 mit Bescheid vom 03.03.1999 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 22.03.1999 Klage erhoben. Nach Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte Dres. D. , R. , C. , L. und B. hat das Gericht die Klägerin von drei Fachärzten untersuchen lassen. Der Neurologe und Psychiater Dr.K. hat in seinem Gutachten vom 09.02.2000 erheblichste Zweifel an der Diagnose einer Fibromyalgie geäußert und einen mehr dysphorisch geprägten Verstimmungszustand entsprechend etwa dem Krankheitsbild einer Dysthmie neben einem chronischen Ganzkörpersyndrom festgestellt. Er hat leichte und mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Schichtdienst und Zeitdruck für vollschichtig zumutbar gehalten. Im chirurgisch-orthopädischen Gutachten Dr.L. vom 02.03.2000 heißt es, wegen der altersgemäßen Verschleißerscheinungen seien leichte und mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend in geschlossenen Räumen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 12,5 kg, ohne häufiges Bücken und nicht ausschließlich an Maschinen und am Fließband zumutbar. Das Gutachten des Internisten und Rheumatologen Dr.H. datiert vom 14.05.2000. Danach leidet die Klägerin unter einem Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit geringgradigen Funktionseinschränkungen und beginnenden Verschleißveränderungen an den meisten Fingermittel- und endgelenken ohne relevante Einschränkungen im Arbeitsalltag sowie einer arteriellen Hypertonie. Leichte bis mittelschwere Arbeiten überwiegend in geschlossenen Räumen seien vollschichtig zumutbar.
Demgegenüber hat der Psychiater Dr.K. der Klägerin am 26.07.2000 attestiert, sie sei wegen einer mittelgradigen depressiven Episode nicht erwerbsfähig. Vom 20.11.2000 bis 22.02. 2001 ist die Klägerin im Bezirkskrankenhaus H. wegen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwerer Episode mit psychotischen Symptomen, Verdachts auf Somatisierungsstörung und arterieller Hypertonie stationär behandelt worden. Daraufhin hat das Gericht eine neuerliche Begutachtung durch Dr.K. veranlasst. Dieser hat lt. Gutachten vom 03.09.2001 keine wesentliche Änderung gegenüber seinem Vorgutachten festgestellt. Seines Erachtens ist die in H. festgestellte Symptomatik abgeklungen. Es bestehe ein ganz erhebliches Rentenbegehren, das in erster Linie für die Therapieresistenz und die Verschlimmerung verantwortlich sei. Einfache leichte körperliche Arbeiten aus wechselnden Ausgangspositionen seien vollschichtig zumutbar.
Der behandelnde Arzt Dr.L. hat Dr.K. eine oberflächliche Würdigung der fachärztlichen Diagnosen in H. vorgehalten und behauptet, die Exploration beim Sachverständigen habe nur 20 Minuten gedauert. Tatsächlich bestünden rezidivierende schwere depressive Episoden. Der Kritik hat sich auch Dr.C. in seinem Attest vom 16.10.2001 angeschlossen. Demgegenüber hat Dr.K. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.11.2001 auf die nachweisbare Explorationsdauer von 50 Minuten hingewiesen und bemängelt, dass die Atteste Dr.L. und des Dr.C. ohne Befund seien.
Mit Urteil vom 23.01.2002 hat das Sozialgericht München die Klage - gestützt auf die Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen - abgewiesen und den am 21.01.2002 gestellten Antrag gemäß § 109 SGG als verspätet zurückgewiesen.
Gegen das am 18.02.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.03.2002 Berufung eingelegt. Sie hat ihren Antrag gemäß § 109 SGG mit der Begründung wiederholt, eine frühere Antragstellung sei nicht möglich gewesen. Daraufhin hat der Senat dem Antrag der Klägerin entsprochen und ein neurologisch-psychiatrisch- psychodynamisches Gutachten des Dr.B. eingeholt. Diese hat nach ambulanter Untersuchung am 13.11.2002 ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Depression mit wohl passager stattgefundenen psychotischen Symptomen, eine histrionische Persönlichkeitsstruktur, Schlafstörungen, Vertigo unklarer Genese und Somatisierungsstörungen diagnostiziert und keinerlei Erwerbstätigkeit mehr für zumutbar erachtet.
Demgegenüber hat die von der Beklagten zugezogene Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.D. auf den Entlassungsbericht der P.-Klinik in Bad D. betreffend eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 13.06. bis 24.07.2002 hingewiesen. Dieser Bericht (Diagnosen: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, somatoforme Schmerzstörung mit rentenneurotischer Überlagerung, Asthma bronchiale und degeneratives Wirbelsäulensyndrom) zeige, dass die Klägerin bei zumutbarer Willensanstrengung in der Lage sei, ihr Befinden zu bessern. Im Vordergrund stünden ein Rentenbegehren und bewusstes Fehlverhalten. Dr.B. gehe nicht auf die Epikrise in Bad D. ein. Die Ärzte in Bad D. hatten geschrieben, während des gesamten Aufenthalts seien aggravatorische Tendenzen festzustellen gewesen, die im Zusammenhang mit ihrem Rentenbegehren zu sehen seien. Letzteres sei auch die Ursache für ihre fehlende Motivation zur Mitarbeit gewesen. Aus therapeutischer Sicht sei sie bei ausreichender Willensanstrengung in der Lage, vollschichtig leichte Arbeiten, zeitweise im Gehen und Stehen, in der Tagesschicht zu verrichten, wobei Akkordtätigkeiten und inhalative Belastungen vermieden werden sollten.
In ihrer Stellungnahme hierzu vom 22.09.2003 hat Dr.B. ausgeführt, von der Kurklinik sei die Diagnose einer Fibromyalgie nicht diskutiert worden. Die angebliche Suiziddrohung der Klägerin erscheine ihr nicht glaubwürdig, der Entlassungsbericht sei emotional gehalten und das Kurprogramm habe die sprachungewandte Klägerin sprachlich-geistig überfordert.
Der Klägerbevollmächtigte hat ergänzt, das Kurgutachten stelle ein Parteigutachten dar. Der GdB nach dem Schwerbehindertengesetz betrage seit Juli 2003 70.
Von Amts wegen ist daraufhin die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr.M. gehört worden. Nach ambulanter Untersuchung vom 12.03.2004 hat die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 23.04.2004 in erster Linie eine rezidivierende depressive Störung, derzeitig mittelgradige Episode, eine somatoforme Schmerzstörung, eine rentenneurotische Fehlhaltung und eine histrionische Persönlichkeitsstruktur diagnostiziert. Angesichts der finalen Interessen der Klägerin und der willentlichen Steuerung des Verhaltens sei die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung nicht einfach. Letztlich sei es jedoch nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin bei willentlicher Anstrengung nicht noch körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts vollschichtig verrichten könne. Ausgeschlossen seien besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, Zeitdruck, Nacht- und Wechselschicht, schweres Heben und Tragen von Lasten sowie Zwangshaltungen. Die Klägerin könne sich auch noch auf eine andere als auf die bisher ausgeübte Erwerbstätigkeit umstellen.
Dazu hat der Klägerbevollmächtigte ausgeführt, mit diesem Gutachten sei das Gutachten Dr.B. nicht widerlegt.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 23.01.2002 sowie des Bescheides vom 21.08.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.03.1999 zu verurteilen, ihr ab 01.03.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.01.2002 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts München, der Schwerbehindertenakten sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.01.2002 ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 21.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.1999. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen voller Erwerbsminderung. Zwar ist ihr Leistungsvermögen durch zahlreiche gesundheitliche Störungen eingeschränkt, das Ausmaß der Leistungsminderung ist jedoch nicht dergestalt, dass keinerlei Erwerbstätigkeit mehr zumutbar wäre.
Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,- DM übersteigt (§ 44 Abs.2 Satz 1 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs.2 Satz 2 Ziff.2 SGB VI a.F.). Nach neuem Recht (§ 43 Abs.3 SGB VI) ist eine Rente bereits dann ausgeschlossen, wenn der Versicherte noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Klägerin ist jedoch in der Lage, einen achtstündigen Arbeitstag zu bewältigen.
Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf das überzeugende und ausführliche Gutachten der Sachverständigen Dr.M. , die die Klägerin persönlich umfassend untersucht und ihre Beurteilung schlüssig begründet hat. Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Sachverständige im Bereich der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit verfügt sie sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um sämtliche hier in Betracht kommenden gesundheitlichen Störungen medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen. Mit ihrer Würdigung befindet sie sich in Übereinstimmung mit den im Klageverfahren gehörten Sachverständigen Dres. K. , L. und H. , die die Klägerin ebenfalls persönlich untersucht haben. Auch im Verwaltungsverfahren war die Klägerin von drei Fachärzten für erwerbsfähig gehalten worden. Besonderes Gewicht kommt auch der Einschätzung der Fachklinik Bad D. zu, in der die Klägerin Mitte 2002 über einen Zeitraum von 5 Wochen beobachtet werden konnte. Auch die dortigen Ärzte haben ein positives Leistungsbild gezeichnet.
Nicht gefolgt werden kann hingegen dem Gutachten der Dr.B. , die auf Antrag der Klägerin gehört worden ist. Sie befindet sich zwar in Übereinstimmung mit den behandelnden Ärzten L. und C. , muss sich jedoch wegen der Zuziehung des Sohnes der Klägerin als Dolmetscher den Vorwurf zweifelhafter Objektivität gefallen lassen. Sie hatte selbst festgestellt, dass die Klägerin sprachlich eingeschränkt sei, so dass die Zuziehung eines unabhängigen Dolmetschers zu der bei der nervenärztlichen Begutachtung besonders wichtigen Anamneseerhebung unerlässlich gewesen wäre. Hinzu kommt, dass ihr zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung der Entlassungsbericht aus Bad D. nicht bekannt war. Soweit sie später versuchte, den wenige Monate vorher erhobenen gegensätzlichen Befund zu entkräften, vermochte sie nicht zu überzeugen. Der Entlassungsbericht aus Bad D. zeichnet sich durch eine sorgfältige Würdigung sämtlicher Vorbefunde und eine detaillierte Beschreibung der Auffälligkeiten aus. Entgegen der Ansicht Dr.B. wurden dort auch die sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten der Klägerin berücksichtigt. Der Klägerin wurden dort drei Gesprächsstunden bei einer griechisch sprechenden Ärztin angeboten, wovon nur ein Termin zur Klärung anamnestischer Fragen zustande kam; zu den anderen Terminen erschien die Klägerin verspätet oder gar nicht. Schließlich kann einer von der Klägerin zugezogenen Gutachterin, die nicht sämtliche Vorbefunde kennt, eher eine affektgeleitete Beurteilung unterstellt werden, als einem von der Beklagten finanzierten Team, das sich auf eine mehrwöchige Beobachtung stützen kann und sich regelmäßiger Supervision zu unterziehen hat.
Auch der Umstand, dass das Amt für Versorgung und Familienförderung zuletzt einen GdB von 70 festgestellt hat, ist nicht geeignet, Zweifel am Gutachten der Dr.M. zu begründen. Während diese nämlich den Gesundheitszustand aufgrund eigener eingehender Untersuchung und Befunderhebung beurteilt hat, ist die Anhebung des GdB jeweils nach Aktenlage erfolgt. Hinzu kommt, dass ein nach dem Schwerbehindertenrecht zuerkannter GdB ohnehin keinen Rückschluss auf die Erwerbsfähigkeit im Sinne des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung zulässt, da er ein abstraktes Maß für die Auswirkungen eines Mangels an funktioneller Intaktheit darstellt, das sich auf alle Lebensbereiche und nicht nur auf die Berufs- und Erwerbstätigkeit bezieht (vgl. Jörg in Kreikebohm, SGB VI, 2. Auflage, § 43 Rdnr.5).
Im Vordergrund des Beschwerdebildes steht nicht ein chronisches Schmerzsyndrom bzw. Fibromyalgiesyndrom, sondern ein depressiv- dysphorisches Syndrom mittelschwerer Ausprägung mit ausgeprägten Somatisierungstendenzen. Erstmals wurde die somatisierte Depression im Februar 1999 von Dr.R. behandelt. Diese Symptomatik hat sich als Folge der chronischen Schmerzen entwickelt, die Grund für die Aufgabe der letzten beruflichen Tätigkeit waren. Die depressive Symptomatik trat Ende 2000 in schwerergradiger Ausprägung auf, weshalb ein immerhin dreimonatiger stationärer psychiatrischer Aufenthalt im Bezirkskrankenhaus H. erforderlich war. Trotz jetzt wieder geklagter psychotischer Symptome ist keine schwergradig ausgeprägte Depression zu diagnostizieren. Hiergegen spricht der erhobene psychopathologische Befund mit fehlender Antriebshemmung, fehlender psychomotorischer Verlangsamung und fehlender Denkhemmung. Die Diagnose Dr.M. entspricht derjenigen der Parkklinik Bad D. , die eine Verbesserung der depressiven Symptomatik im Rahmen der psychosomatischen Fachbehandlung beschrieben hat. Ebenso wie davor die Dres. R. , B. und K. beobachtete sie ein erhebliches aggravatorisches Verhalten. Aufgrund des Rentenbegehrens war die Klägerin nicht motiviert, an einer Verbesserung ihres Befindens mitzuarbeiten. Dennoch war eine affektive und psychophysische Stabilisierung zu erreichen.
Angesichts des Vorliegens krankheitswertiger gesundheitlicher Beschwerden (Depression und Schmerzen) neben finalen Interessen im Sinne eines Rentenbegehrens und willentlicher Steuerung des Verhaltens ist die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung nicht einfach. Aus therapeutischer Sicht erscheint die Klägerin jedoch bei ausreichender Willensanstrengung in der Lage, leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, in der Tagesschicht vollschichtig zu verrichten. Ausgeschlossen sind besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, besonderer Zeitdruck, Nacht- und Wechselschicht, Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Zwangshaltungen. Zweifellos ist die Klägerin in ihrer psychischen, nervlichen und körperlichen Belastbarkeit eingeschränkt. Letztlich gehen die Schwierigkeiten der Abgrenzung von krankheitswertigen Befunden, willentlich gesteuertem Verhalten und Persönlichkeitsstruktur zu Lasten der Klägerin. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast obliegt es ihr, den Nachweis der gesundheitsbedingten Leistungseinschränkung zu führen.
Aus orthopädischer Sicht sind lediglich zusätzliche qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen. Die klinischen und radiologischen Befunde sprechen für ein leichtgradiges Halswirbelsäulen-, Schulter-, Arm- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit sich daraus ergebenden geringgradigen Funktionseinschränkungen. Unzumutbar erscheinen daher über die bereits genannten Leistungseinschränkungen hinaus häufiges Bücken und ausschließliches Arbeiten an Maschinen und am Fließband. Wichtig ist, dass an die Kraft und die Geschicklichkeit der Finger beider Hände - entsprechend dem Muskelstatus der Arme - durchaus normale Ansprüche gestellt werden dürfen. Weder aus neurologischer noch aus internistischer Sicht sind zusätzliche Einschränkungen zu nennen. Insbesondere ergaben sich keine Anzeichen für eine Nervenkompressionssymptomatik. Das seit über 15 Jahre bekannte Asthma bronchiale hat zu keiner dauerhaften Ventilationsstörung geführt.
Zusammenfassend kann die Klägerin nur noch leichte und ruhige Arbeiten überwiegend im Sitzen und in geschlossenen Räumen vollsichtig verrichten. Mit diesem Restleistungsvermögen ist sie in der Lage, eine Vielzahl von Tätigkeiten zu verrichten, wie sie üblicherweise von ungelernten Arbeitern gefordert werden. Mangels eingeschränkten Gehvermögens und bei erhaltenem Seh- und Hörvermögen sowie ausreichender Belastbarkeit von Wirbelsäule und Psyche erscheinen typische Verrichtungen des allgemeinen Arbeitsmarkts wie Zureichen, Abnehmen, Verpacken, Aufsicht und Kontrolle möglich. Die Prüfung einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erübrigt sich daher.
Dass der Klägerin tatsächlich seit Jahren kein Arbeitsplatz vermittelt werden konnte, ist rechtlich unerheblich, weil vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt offen steht und das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung getragen wird (vgl. u.a. BSG in SozR 3-2200 § 1246 Nr.50). Entscheidend ist, dass die Klägerin die vollschichtige Tätigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen erbringen kann, weil zusätzliche Pausen nicht erforderlich sind, und dass die Anmarschwege zur Arbeit problemlos zurückgelegt werden können. Zweifellos kann sie ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der Firma B., die im Akkord verrichtet wurde, nicht mehr ausüben. Sie ist jedoch in der Lage, sich auf eine andere Tätigkeit, die ihrem Leistungsvermögen entspricht, umzustellen.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 SGG) sind nicht ersichtlich.
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