L 16 RJ 303/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 1507/98 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 303/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 11. September 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Regelaltersrente.

Die 1923 geborene Klägerin ist kroatische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Republik Kroatien. Sie hatte am 01. Januar 1956 ihren ständigen Wohnsitz im ehemaligen Jugoslawien, hat dort aber keine Versicherungszeiten zurückgelegt (HR-D 202 und 205 vom 28. Februar 1997).

Mit Schreiben vom 17. April 1996, bei der Beklagte eingegangen am 22. April 1996, teilte die Klägerin mit, sie habe zwischen Juli 1941 und Juli 1945 bei den Landwirten C. (richtig: Z.) in J. und S. (richtig: S.) in S. - im jetzigen Landkreis T. - in der Landwirtschaft und im Haushalt gearbeitet. Sie habe sich über die Deutsche Wehrmacht freiwillig für ein paar Monate zur Arbeit im damaligen Deutschen Reich gemeldet, doch habe ihr das Arbeitsamt L. eine Rückkehr nach Jugoslawien verwehrt. Nach Kriegsende sei sie in ein Lager in L. gebracht und von dort nach Jugoslawien zurückgeschickt worden. Sie beantrage für die in Deutschland zurückgelegte Zeit einen Schadenersatz oder eine Rente.

Die Beklagte führte Ermittlungen bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse L. , der Landesversicherungsanstalt Berlin, der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung, der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in Karlsruhe, dem Bundesarchiv in Aachen, der Deutschen Dienststelle in Berlin, dem Versicherungsamt L. , dem Versicherungsamt Berlin und dem Internationalen Suchdienst des Roten Kreuzes durch. Hinweise auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung der Klägerin ergaben sich nicht. Der Landkreis T. teilte mit, trotz intensiver Bemühungen seien keine Zeugen zu ermitteln, die die Beschäftigungszeit der Klägerin bestätigen könnten.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag vom 22. April 1996 mit der Begründung ab, die Klägerin zähle nicht zum Personenkreis der Versicherten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Es seien keine Nachweise über Versicherungszeiten in Deutschland vorhanden. Eine fiktive Nachversicherung nach Art.6 § 23 des Fremdenrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) komme nicht in Betracht, da die Klägerin keine heimatlose Ausländerin im Sinne des § 1 d Fremdrentengesetz (FRG) sei (Bescheid vom 05. Juni 1998).

Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 1998). Es seien keine Nachweise für den angegebenen Aufenthalt der Kläger in J. und S. , die behauptete Beschäftigung und die Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen ermittelt worden. Beschäftigung und Beitragsentrichtung seien auch nicht glaubhaft gemacht (§ 286 a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI). Ein Kartenersatz (§ 286 Abs.4 SGB VI) komme nicht in Betracht, weil kein Nachweis über eine versicherungspflichtige Beschäftigung, insbesondere deren Dauer und die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts oder die Anzahl und Klasse der Beitragsmarken, vorliege.

Dagegen hat die Klägerin am 30. Oktober 1998 (Eingang bei Gericht) Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben. Sie habe ausführlich ihre Einreise nach Deutschland, die Beschäftigungsorte, die verrichteten Tätigkeiten und die Familien, bei denen sie gearbeitet habe, angegeben.

Die Beklagte hat ein Schreiben des Internationalen Suchdienstes vom 19. September 2001 vorgelegt, wonach in Beantwortung einer Anfrage der Klägerin mitgeteilt wurde, über sie lägen in den dortigen Unterlagen keine Informationen vor. Ermittlungen bei Drittstellen seien eingeleitet worden.

Das SG hat die Klage ohne weitere Ermittlungen abgewiesen (Urteil vom 11. September 2002). Zur Begründung hat es auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, auch bei Anerkennung der von der Klägerin geltend gemachten Beschäftigungszeit in Deutschland von insgesamt 49 Monaten würde ein Rentenanspruch nicht bestehen, da die Klägerin in Deutschland und Jugoslawien keine weiteren anrechenbaren Versicherungszeiten zurückgelegt habe und somit die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllen würde.

Gegen das am 27. Januar 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29. April 2003 (Eingang beim Sozialgericht) Berufung eingelegt. Die von ihr angegebenen Angehörigen der Familie S. könnten ihre Angaben sicher bestätigen. Sie hat eine vom Internationalen Suchdienst übermittelte Erklärung der 1933 geborenen Frau E. S. , geborene S. , vorgelegt, wonach die Klägerin vom 1942 bis 1945 bei der Familie S. als Haushaltshilfe beschäftigt war.

Der Senat hat der Klägerin hinsichtlich der versäumten Berufungsfrist Wiedereinsetzung gewährt (Beschluss vom 25. Juli 2003), die Zeugen J. S. , geboren 1931, und H. K. , geboren 1935, geborene Z. , schriftlich zur Tätigkeit der Klägerin bei den Familien Z. und S. vernommen und die Klägerin darauf hingewiesen, dass allein aufgrund der geltendgemachten Beschäftigungszeiten in Deutschland kein Rentenanspruch bestehen würde.

Die Klägerin hat auf Nachfrage bestätigt, dass sie im ehemaligen Jugoslawien keine Versicherungszeiten zurückgelegt hat und angegeben, sie habe für Ihre Arbeit in Deutschland nur Kost, Logis und etwas Kleidung erhalten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 11. September 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 05 Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 1998 aufzu- heben und die Beklagte zu verurteilen, ihr aufgrund des An- trags vom 22. April 1996 Regelaltersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151, 67 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 05. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 1998, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 11. September 2002 zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung.

In Betracht kommt hier allein eine Regelaltersrente nach § 35 SGB VI. Danach haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Auf die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB VI) werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet (§ 51 Abs.1 SGB VI).

Die Anspruchsvoraussetzungen für sonstige Altersrenten erfüllt die Klägerin, die weder langjährig versichert noch schwerbehindert, arbeitslos oder nach Vollendung des 40. Lebensjahres pflichtversichert war (§§ 36, 37, 236 bis 237 a SGB VI) offenkundig nicht.

Die Klägerin ist jedoch keine Versicherte im Sinne des § 35 SGB VI. Es ist weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt rentenrechtliche Zeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt hat. Zwar haben die Zeugen K. und S. bestätigt, dass die Klägerin von 1941 bis zum April/Mai 1945 bei den von ihr angegebenen Familien Z. und S. in Haushalt und Landwirtschaft tätig war. Die Zeugen konnten jedoch - aufgrund ihres damaligen Alters von 10 bzw. 14 Jahren ohne weiteres nachvollziehbar - keine Angaben dazu machen, ob die Klägerin Lohn erhalten hat und hiervon Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einbehalten oder entrichtet worden sind. Weder den Zeugen noch den infrage kommenden Sozialversicherungsträgern und Behörden, die von der Beklagten umfangreich befragt wurden, liegen Unterlagen über die damalige Tätigkeit der Klägerin vor, aus denen sich Angaben hierzu entnehmen ließen. Sind keine rentenrechtlichen Zeiten - insbesondere keine für die Wartezeiterfüllung erforderlichen Beitragszeiten - nachgewiesen oder (i.S.d. §§ 203, 286a SGB VI) glaubhaft gemacht, kann die Klägerin keine Leistungen aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung beanspruchen.

Aber auch wenn die von der Klägerin angegebene Zeit von Juli 1941 bis Juli 1945 als nachgewiesene oder glaubhaft gemachte Beitragszeit (§ 55 SGB VI) zu berücksichtigen wäre, hätte die Klägerin daraus keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Alters, da mit nur 49 Kalendermonaten Beitragszeit die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren für eine Regelaltersrente nicht erfüllt wäre und diese Versicherungszeiten im Übrigen nicht in die deutsche Versicherungslast fallen würden. Gemäß Art.1 Abs.1 Buchstabe b i.V.m. Art.2 Buchstabe b des auch im Verhältnis zur Republik Kroatien weiterhin anwendbaren Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die Regelung gewisser Forderungen aus der Sozialversicherung vom 10. März 1956 (Bundesgesetzblatt II 1958, S.170) wurden (u.a.) Rentenansprüche und -anwartschaften jugoslawischer Staatsangehöriger, die - wie die Klägerin - am 01. Januar 1956 ihren ständigen Wohnsitz wieder im Gebiet der damaligen Föderativen Volksrepublik Jugoslawien hatten, durch Zahlung eines Pauschalbetrages durch die Bundesrepublik Deutschland abgegolten, soweit diese Ansprüche und Anwartschaften aufgrund der bis zum 01. Januar 1956 in der deutschen Sozialversicherung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder im Land Berlin zurückgelegten Versicherungszeiten erwachsen sind. Damit wären Versicherungszeiten, die die Klägerin zwischen 1941 und 1945 in Deutschland zurückgelegt hat, in die jugoslawische bzw. jetzige kroatische gesetzliche Rentenversicherung übergegangen mit der Folge, dass die Klägerin aus diesen - bisher nicht nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten - Versicherungszeiten nur Leistungen aus der kroatischen gesetzlichen Rentenversicherung beanspruchen könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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