Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 819/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 573/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 07.10.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind zwischen den Beteiligten Leistungen wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Der 1954 geborene Kläger hat eine landwirtschaftliche Lehre absolviert (Abschluss 1972) und anschließend bis 1974 in der elterlichen Landwirtschaft gearbeitet. Vom 01.04.1974 bis 01.02.1979 war er als Fahrer eines Schrotunternehmens beschäftigt, danach war und ist er selbständiger Schrotunternehmer (6 LKW, 10 Mitarbeiter). Seit 01.07.1979 entrichtet er Pflichtbeiträge als selbständig Erwerbstätiger.
Wegen Beschwerden in der Wirbelsäule beantragte der Kläger am 23.08.1999 die Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Beinahme eines chirurgischen und eines sozialmedizinischen Gutachtens mit Bescheid vom 19.11.1999 ab, weil der Kläger noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte als unbegründet zurück. Der Kläger sei auf ungelernte Tätigkeiten verweisbar und genieße keinen Berufsschutz (Widerspruchsbescheid vom 02.10.2000).
Das Sozialgericht Bayreuth (SG) hat zunächst Befundberichte des Allgemeinmediziners Dr.G. und des Orthopäden Dr.K. sowie die Schwerbehindertenakte des AVF Bayreuth zum Verfahren beigezogen. Von Amts wegen hat das SG den Chirurgen Dr.V. gehört, der im Gutachten vom 16.02.2001 zu der Beurteilung gelangte, der Kläger könne leichte körperliche Tätigkeiten und kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen vollschichtig verrichten. Der auf Antrag des Klägers gehörte Orthopäde Dr.S. (Gutachten vom 06.11.2001) hat leichte Tätigkeiten vollschichtig für möglich gehalten; aufgrund der von ihm festgestellten erheblichen Diskrepanz zwischen den objektiven Befunden und der demonstrierten Lähmung der Fuß- und Zehenheber sowie -senker und der Fingerstrecker und -beuger hat der ärztliche Sachverständige eine zusätzliche neurologisch-psychiatrische Begutachtung vorgeschlagen. Auf diesem Gebiet hat Frau Dr.O. das Gutachten vom 17.04.2002 erstattet, die ebenfalls leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten in Vollschicht für zumutbar hielt.
Mit Urteil vom 07.10.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Bezüglich der Leistungsbeurteilung hat es sich den Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen Dr.V. , Dr.S. und Dr.O. angeschlossen. Danach sei der Kläger noch in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei der Frage der Verweisbarkeit sei vom Beruf eines Schrotunternehmers auszugehen. Der Kläger sei deshalb auf den gesamten Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland verweisbar, so dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen BU nicht gegeben seien. Beim Kläger lägen auch die Voraussetzungen, die zu einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU führen würden, nicht vor.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der weiterhin der Auffassung ist, er sei berufsunfähig iS des Gesetzes. Zur Begründung legte er ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr.G. vom 14.11.2003 vor, nach dem die Voraussetzungen für eine BU vorlägen. Außerdem verweist er auf ein Gutachten des Internisten Dr.D. vom 10.08.1999, nach dem er nicht mehr in der Lage sei, seine Tätigkeit als selbständiger Schrotunternehmer auszuüben. Schließlich macht er geltend, er erhalte eine private BU-Rente, weil bei ihm eine BU zu 100 % anerkannt sei. Dieser Beurteilung liege ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr.K. zugrunde, der im Gutachten vom 13.05.2004 und in der ergänzenden Stellungenahme vom 02.07.2004 zur Annahme der BU gelangt sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Der Chirurg Prof. Dr.W. gelangt im Gutachten vom 15.03.2004 zu der Leistungsbeurteilung, dem Kläger seien leichte und mittelschwere Arbeiten vollschichtig zumutbar. Vermieden werden sollten schwere körperliche Arbeiten unter dauerhafter Kälte- und Nässeeinwirkung, in Zwangshaltungen oder bei dauerhaftem Sitzen oder Stehen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Bayreuth vom 07.10.2002 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2000 zu verurteilen, ihm Rente wegen BU ab Antragstellung zu gewähren. Hilfsweise beantragt er, zum Zwecke der weiteren Sachaufklärung ein Gutachten gemäß § 109 SGG bei dem Neurologen Dr.K. einzuholen.
Die Beklagte beantragt unter Hinweis auf die Ausführungen von Prof. Dr.W. die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Streitakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsunterlagen der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel erweist sich als nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistungen wegen BU oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU hat. Denn der Kläger ist nicht berufsunfähig iS des Gesetzes.
Der Anspruch auf Rente wegen BU bei einer Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier: 23.08.1999) ist nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (aF) zu beurteilen, soweit ein Anspruch aus der Zeit vor dem 01.01.2001 geltend gemacht wird (vgl § 300 Abs 2 SGB VI). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (nF) maßgeblich, soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31.12.2000 begehrt wird. Rechtsgrundlage für den vom Kläger in erster Linie geltend gemachten Anspruch ist § 43 SGB VI aF. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen BU, wenn sie berufsunfähig sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der BU drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet und vor Eintritt der BU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Kläger erfüllt zwar die vorgenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, er war und ist jedoch nicht berufsunfähig iS des § 43 Abs 2 SGB VI aF, da seine Erwerbsfähigkeit nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Inwieweit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten eingeschränkt ist, beurteilt sich danach, welchen Lohn er durch eine Erwerbstätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und seinem beruflichen Werdegang zumutbar verweisbar ist. Der Kreis der Tätigkeiten, auf die der Kläger zumutbar verwiesen werden kann, richtet sich gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI aF nach der Dauer und dem Umfang seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und nach den besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit.
Das nach Satz 1 der genannten Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers ergibt sich für den Senat aus den Ausführungen der vom SG und vom Berufungsgericht gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.V. , Dr.S. , Dr.O. und Prof. Dr.W ... Nach den aktuellen Befunderhebungen und Untersuchungsergebnissen im Berufungsverfahren (Gutachten Prof. Dr.W. vom 15.03.2004) ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers dahingehend eingeschränkt, dass er noch leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten vollschichtig verrichten kann. Nicht mehr zumutbar ist ihm eine körperliche Arbeit unter dauerhafter Kälte- und Nässeeinwirkung, in Zwangshaltung oder bei dauerhaftem Sitzen und Stehen. Die Beschränkung auf leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten umfasst auch das Verbot, Arbeiten in Zwangshaltung oder Arbeiten mit Heben und Tragen von schweren Gegenständen auszuüben.
In Anbebracht dieses Leistungsvermögens ist es glaubhaft, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, die Tätigkeit eines Schroters auszuüben. Denn der Kläger kann einmal nicht vollschichtig einen LKW führen. Zum anderen ist die Tätigkeit mit dem Montieren der Geräte an die LKWs und dem Tragen der Säcke zu der und von der Schrotmühle nicht mehr zumutbar. Trotzdem ist der Kläger nicht berufsunfähig iS des § 43 Abs 2 SGB VI aF.
Berufsunfähig ist danach, wer weder seine bisherige Tätigkeit noch eine ihm sozial zumutbare Verweisungstätigkeit ausüben kann. Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei einer nur kurzfristigen (wegen Eintritt des Leistungsfalles beendeten) Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ Höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl BSG SozR 2200 § 246 Nr 49 mwN). Der Umstand, dass ein Versicherter - wie der Kläger - seinen zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr verrichten kann, zieht aber nicht ohne Weiteres die Annahme des Leistungsfalles der BU nach sich. Vielmehr ist nun anhand der Kriterien des § 43 Abs 2 SGB VI aF zu ermitteln, ob der Versicherte noch zumutbar auf andere Tätigkeiten verwiesen werden kann.
Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Berufstätigkeiten in (Qualifikations-)Gruppen unterteilt, die - von oben nach unten - durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters, des angelernten Arbeiters und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 39 mwN).
Der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters ist zuzuordnen, wer einen anerkannten Ausbildungsberuf mit regelmäßig mehr als zweijähriger Ausbildungszeit erlernt und bisher ausgeübt hat oder dessen tarifvertragliche Einordnung in eine Lohn- bzw Gehaltsgruppe den Schluss zulässt, dass diese Tätigkeit als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 38). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten zuzuordnen, dem oberen Bereich dem entsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis 24 Monaten. Die Einordnung in eine bestimmte Gruppe des Mehrstufenschemas erfolgt aber nicht ausschließlich nach Vorliegen und Dauer einer förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist die Qualität der verrichteten Arbeit (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn 27, 33). Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächstniedrigen Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich vorliegend Folgendes: Der Kläger hat zwar zunächst den Beruf eines landwirtschaftlichen Gehilfen erlernt (1968 bis 1972) und diesen zunächst bei seinen Eltern ausgeübt. Diese Tätigkeit stellt aber nicht den bisherigen Beruf des Klägers iS des § 43 SGB VI aF dar. Denn der Kläger war zunächst abhängig als Schroter und LKW-Fahrer beschäftigt und übt jetzt eine selbständige Tätigkeit als Schrotunternehmer aus. Somit hat sich der Kläger von seinem erlernten Beruf gelöst. Der erlernte landwirtschaftliche Beruf war auch nicht Voraussetzung für die Tätigkeit als Schroter. Insoweit hat der Kläger selbst im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 19.09.2000 mitgeteilt, dass der Berufsabschluss in der Landwirtschaft für die spätere Tätigkeit als Schrotunternehmer in keinerlei Hinsicht Bedeutung bzw Auswirkung erlangt hat.
Die jetzt ausgeübte Tätigkeit eines Schrotunternehmers ist keine Tätigkeit, die einen Berufsschutz nach sich zieht. Denn sie hat kein eigenes Berufsbild und ist keine Lehrtätigkeit. Als Schroter genießt der Kläger somit keinen Berufsschutz. Auch die selbständige Erwerbstätigkeit als Schrotunternehmer ist rentenrechtlich nicht besonders geschützt. Selbständige sind nämlich auch auf unselbständige Tätigkeiten verweisbar (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 105). Einen Gruppenschutz in dem Sinne, dass bisher Selbständige, die sich selbst versichert haben, nicht auf eine abhängige Tätigkeit verwiesen werden dürfen, gibt es somit nicht. Für selbständige Unternehmer, die auf Antrag pflichtversichert sind, gilt hinsichtlich der Verweisbarkeit grundsätzlich nichts anderes. Auch kann ein Selbständiger auf die Stellung eines Werkmeisters, Verkaufsleiters, Geschäftsführers oder einer Aufsichtsperson im eigenen oder in einem dem eigenen Betrieb entsprechenden oder einem ähnlichen Betrieb verwiesen werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 39). Die Verweisung ist auch dann zumutbar, wenn damit die Schließung des Betriebes oder die Einstellung eines Betriebsleiters erforderlich wird, da die Fähigkeit zur Weiterführung des eigenen Betriebes nicht zum versicherten Risiko gehört (BSG aaO).
Der Kläger ist somit entsprechend der Wertigkeit seiner jetzt ausgeübten Tätigkeit, wie das SG zu Recht festgestellt hat, auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar verweisbar. Denn zum einen stellt sich die Tätigkeit eines Schroters lediglich als Anlerntätigkeit - unterer Bereich - dar. Auch die Tätigkeit der Instandhaltung der LKWs durch den Kläger ist, nachdem er den Beruf eines Kfz-Mechanikers nicht erlernt hat, lediglich eine angelernte mit der Folge, dass er auf solche Tätigkeiten zumutbar verweisbar ist. Nach alledem genießt der Kläger keinen Berufsschutz und ist auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Der Zugang zu solchen Tätigkeiten ist dem Kläger im Hinblick auf die von den ärztlichen Sachverständigen aufgezeigten Funktionseinschränkungen auch nicht praktisch verschlossen. Zusätzliche Pausen werden nicht benötigt; die Geh- und Wegefähigkeit ist rentenrechtlich relevant nicht eingeschränkt. Im Übrigen ist der ärztliche Sachverständige Prof. Dr.W. der Auffassung, der Kläger könne zB den Posten eines Hausmeisters, Bürotätigkeiten oder Tätigkeiten im Bereich der Warenausgangs- und -eingangskontrolle verrichten.
Leistungen wegen BU stehen dem Kläger daher nicht zu.
Aufgrund seines vollschichtigen Einsatzvermögens erfüllt der Kläger auch nicht die Voraussetzungen des durch Art 1 Nr 19 des Rentenreformgesetzes 1999 neu gefassten und durch Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - Bundesgesetzblatt I 1827 - geänderten, am 01.01.2001 in Kraft getretenen § 43 SGB VI. Nach dessen Abs 1 hat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine quantitative Einschränkung der betrieblichen Arbeitszeit von täglich etwa 8 Stunden liegt jedoch - wie bereits ausgeführt wurde - beim Kläger nicht vor.
Abzulehnen war auch der Antrag des Klägers, einen Arzt seines Vertrauens nach § 109 SGG anzuhören. Der hilfsweise im heutigen Termin begehrten Anhörung eines medizinischen Sachverständigen nach § 109 SGG war das Gericht nicht gehalten nachzukommen, weil sie verspätet geltend gemacht worden ist (§ 109 Abs 2 SGG). Bereits mit Übersendung des ärztlichen Sachverständigengutachtens im Anschreiben vom 01.04.2004 hat der Senat um abschließende Antragstellung bis 07.05.2004 gebeten. Diese Frist hat der Senat antragsgemäß bis 28.05.2004 verlängert. Somit bestand hinreichend Zeit, einen formgültigen Antrag nach § 109 SGG zu stellen. Das erst nach Ablauf der Frist in der mündlichen Verhandlung gestellte Begehren ist zur Überzeugung des Senats aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden. Durch die Stattgabe dieses Antrags würde das Verfahren verzögert werden, da die mündliche Verhandlung vertagt werden und mit einer langen Verfahrensdauer gerechnet werden müsste. Der Antrag war daher abzulehnen.
Der Senat hält den Sachverhalt in medizinischer Hinsicht auch für genügend aufgeklärt, so dass sich der Senat nicht genötigt fühlte, ein weiteres ärztliches Sachverständigengutachten zur Frage der Einsetzbarkeit des Klägers von Amts wegen einzuholen. Insoweit verweist der Senat auf die umfangreiche Ermittlungstätigkeit des SG im Klageverfahren, nämlich auf die drei eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten. Schließlich lagen dem Senat zur Beurteilung der Frage der BU die Berichte der den Kläger behandelnden Ärzte und das ausführliche Sachverständigengutachten des Chirurgen Prof. Dr.W. vom 15.03.2004 vor. Ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten hat bereits das SG eingeholt. Im Vergleich zu diesem in sich schlüssigen Gutachten von Frau Dr.O. vom 17.04.2002 hat die vom Kläger vorgelegte Stellungnahme des Dr.K. keine neuen Befunde, sondern lediglich eine andere Beurteilung gezeigt. Im Übrigen stellt die Beurteilung von Dr.K. allein auf die Unternehmertätigkeit als Schroter ab. Auch nach Auffassung des Senats ist der Kläger - wie bereits dargelegt - nicht mehr in der Lage, die Tätigkeit eines Schroters auszuüben. Auf sozial zumutbare Verweisungsberufe geht der Arzt nicht ein. Im Hinblick auf die umfangreiche Befunderhebung und Gutachtenslage im Klage- und Berufungsverfahren hat der Senat keinen Anlass gesehen, von Amts wegen weitere Ermittlungen in medizinischer Hinsicht zu tätigen.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass der Kläger nicht obsiegt hat.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind zwischen den Beteiligten Leistungen wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Der 1954 geborene Kläger hat eine landwirtschaftliche Lehre absolviert (Abschluss 1972) und anschließend bis 1974 in der elterlichen Landwirtschaft gearbeitet. Vom 01.04.1974 bis 01.02.1979 war er als Fahrer eines Schrotunternehmens beschäftigt, danach war und ist er selbständiger Schrotunternehmer (6 LKW, 10 Mitarbeiter). Seit 01.07.1979 entrichtet er Pflichtbeiträge als selbständig Erwerbstätiger.
Wegen Beschwerden in der Wirbelsäule beantragte der Kläger am 23.08.1999 die Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Beinahme eines chirurgischen und eines sozialmedizinischen Gutachtens mit Bescheid vom 19.11.1999 ab, weil der Kläger noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte als unbegründet zurück. Der Kläger sei auf ungelernte Tätigkeiten verweisbar und genieße keinen Berufsschutz (Widerspruchsbescheid vom 02.10.2000).
Das Sozialgericht Bayreuth (SG) hat zunächst Befundberichte des Allgemeinmediziners Dr.G. und des Orthopäden Dr.K. sowie die Schwerbehindertenakte des AVF Bayreuth zum Verfahren beigezogen. Von Amts wegen hat das SG den Chirurgen Dr.V. gehört, der im Gutachten vom 16.02.2001 zu der Beurteilung gelangte, der Kläger könne leichte körperliche Tätigkeiten und kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen vollschichtig verrichten. Der auf Antrag des Klägers gehörte Orthopäde Dr.S. (Gutachten vom 06.11.2001) hat leichte Tätigkeiten vollschichtig für möglich gehalten; aufgrund der von ihm festgestellten erheblichen Diskrepanz zwischen den objektiven Befunden und der demonstrierten Lähmung der Fuß- und Zehenheber sowie -senker und der Fingerstrecker und -beuger hat der ärztliche Sachverständige eine zusätzliche neurologisch-psychiatrische Begutachtung vorgeschlagen. Auf diesem Gebiet hat Frau Dr.O. das Gutachten vom 17.04.2002 erstattet, die ebenfalls leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten in Vollschicht für zumutbar hielt.
Mit Urteil vom 07.10.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Bezüglich der Leistungsbeurteilung hat es sich den Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen Dr.V. , Dr.S. und Dr.O. angeschlossen. Danach sei der Kläger noch in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei der Frage der Verweisbarkeit sei vom Beruf eines Schrotunternehmers auszugehen. Der Kläger sei deshalb auf den gesamten Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland verweisbar, so dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen BU nicht gegeben seien. Beim Kläger lägen auch die Voraussetzungen, die zu einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU führen würden, nicht vor.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der weiterhin der Auffassung ist, er sei berufsunfähig iS des Gesetzes. Zur Begründung legte er ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr.G. vom 14.11.2003 vor, nach dem die Voraussetzungen für eine BU vorlägen. Außerdem verweist er auf ein Gutachten des Internisten Dr.D. vom 10.08.1999, nach dem er nicht mehr in der Lage sei, seine Tätigkeit als selbständiger Schrotunternehmer auszuüben. Schließlich macht er geltend, er erhalte eine private BU-Rente, weil bei ihm eine BU zu 100 % anerkannt sei. Dieser Beurteilung liege ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr.K. zugrunde, der im Gutachten vom 13.05.2004 und in der ergänzenden Stellungenahme vom 02.07.2004 zur Annahme der BU gelangt sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Der Chirurg Prof. Dr.W. gelangt im Gutachten vom 15.03.2004 zu der Leistungsbeurteilung, dem Kläger seien leichte und mittelschwere Arbeiten vollschichtig zumutbar. Vermieden werden sollten schwere körperliche Arbeiten unter dauerhafter Kälte- und Nässeeinwirkung, in Zwangshaltungen oder bei dauerhaftem Sitzen oder Stehen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Bayreuth vom 07.10.2002 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2000 zu verurteilen, ihm Rente wegen BU ab Antragstellung zu gewähren. Hilfsweise beantragt er, zum Zwecke der weiteren Sachaufklärung ein Gutachten gemäß § 109 SGG bei dem Neurologen Dr.K. einzuholen.
Die Beklagte beantragt unter Hinweis auf die Ausführungen von Prof. Dr.W. die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Streitakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsunterlagen der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel erweist sich als nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistungen wegen BU oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU hat. Denn der Kläger ist nicht berufsunfähig iS des Gesetzes.
Der Anspruch auf Rente wegen BU bei einer Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier: 23.08.1999) ist nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (aF) zu beurteilen, soweit ein Anspruch aus der Zeit vor dem 01.01.2001 geltend gemacht wird (vgl § 300 Abs 2 SGB VI). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (nF) maßgeblich, soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31.12.2000 begehrt wird. Rechtsgrundlage für den vom Kläger in erster Linie geltend gemachten Anspruch ist § 43 SGB VI aF. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen BU, wenn sie berufsunfähig sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der BU drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet und vor Eintritt der BU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Kläger erfüllt zwar die vorgenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, er war und ist jedoch nicht berufsunfähig iS des § 43 Abs 2 SGB VI aF, da seine Erwerbsfähigkeit nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Inwieweit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten eingeschränkt ist, beurteilt sich danach, welchen Lohn er durch eine Erwerbstätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und seinem beruflichen Werdegang zumutbar verweisbar ist. Der Kreis der Tätigkeiten, auf die der Kläger zumutbar verwiesen werden kann, richtet sich gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI aF nach der Dauer und dem Umfang seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und nach den besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit.
Das nach Satz 1 der genannten Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers ergibt sich für den Senat aus den Ausführungen der vom SG und vom Berufungsgericht gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.V. , Dr.S. , Dr.O. und Prof. Dr.W ... Nach den aktuellen Befunderhebungen und Untersuchungsergebnissen im Berufungsverfahren (Gutachten Prof. Dr.W. vom 15.03.2004) ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers dahingehend eingeschränkt, dass er noch leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten vollschichtig verrichten kann. Nicht mehr zumutbar ist ihm eine körperliche Arbeit unter dauerhafter Kälte- und Nässeeinwirkung, in Zwangshaltung oder bei dauerhaftem Sitzen und Stehen. Die Beschränkung auf leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten umfasst auch das Verbot, Arbeiten in Zwangshaltung oder Arbeiten mit Heben und Tragen von schweren Gegenständen auszuüben.
In Anbebracht dieses Leistungsvermögens ist es glaubhaft, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, die Tätigkeit eines Schroters auszuüben. Denn der Kläger kann einmal nicht vollschichtig einen LKW führen. Zum anderen ist die Tätigkeit mit dem Montieren der Geräte an die LKWs und dem Tragen der Säcke zu der und von der Schrotmühle nicht mehr zumutbar. Trotzdem ist der Kläger nicht berufsunfähig iS des § 43 Abs 2 SGB VI aF.
Berufsunfähig ist danach, wer weder seine bisherige Tätigkeit noch eine ihm sozial zumutbare Verweisungstätigkeit ausüben kann. Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei einer nur kurzfristigen (wegen Eintritt des Leistungsfalles beendeten) Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ Höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl BSG SozR 2200 § 246 Nr 49 mwN). Der Umstand, dass ein Versicherter - wie der Kläger - seinen zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr verrichten kann, zieht aber nicht ohne Weiteres die Annahme des Leistungsfalles der BU nach sich. Vielmehr ist nun anhand der Kriterien des § 43 Abs 2 SGB VI aF zu ermitteln, ob der Versicherte noch zumutbar auf andere Tätigkeiten verwiesen werden kann.
Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Berufstätigkeiten in (Qualifikations-)Gruppen unterteilt, die - von oben nach unten - durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters, des angelernten Arbeiters und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 39 mwN).
Der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters ist zuzuordnen, wer einen anerkannten Ausbildungsberuf mit regelmäßig mehr als zweijähriger Ausbildungszeit erlernt und bisher ausgeübt hat oder dessen tarifvertragliche Einordnung in eine Lohn- bzw Gehaltsgruppe den Schluss zulässt, dass diese Tätigkeit als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 38). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten zuzuordnen, dem oberen Bereich dem entsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis 24 Monaten. Die Einordnung in eine bestimmte Gruppe des Mehrstufenschemas erfolgt aber nicht ausschließlich nach Vorliegen und Dauer einer förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist die Qualität der verrichteten Arbeit (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn 27, 33). Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächstniedrigen Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich vorliegend Folgendes: Der Kläger hat zwar zunächst den Beruf eines landwirtschaftlichen Gehilfen erlernt (1968 bis 1972) und diesen zunächst bei seinen Eltern ausgeübt. Diese Tätigkeit stellt aber nicht den bisherigen Beruf des Klägers iS des § 43 SGB VI aF dar. Denn der Kläger war zunächst abhängig als Schroter und LKW-Fahrer beschäftigt und übt jetzt eine selbständige Tätigkeit als Schrotunternehmer aus. Somit hat sich der Kläger von seinem erlernten Beruf gelöst. Der erlernte landwirtschaftliche Beruf war auch nicht Voraussetzung für die Tätigkeit als Schroter. Insoweit hat der Kläger selbst im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 19.09.2000 mitgeteilt, dass der Berufsabschluss in der Landwirtschaft für die spätere Tätigkeit als Schrotunternehmer in keinerlei Hinsicht Bedeutung bzw Auswirkung erlangt hat.
Die jetzt ausgeübte Tätigkeit eines Schrotunternehmers ist keine Tätigkeit, die einen Berufsschutz nach sich zieht. Denn sie hat kein eigenes Berufsbild und ist keine Lehrtätigkeit. Als Schroter genießt der Kläger somit keinen Berufsschutz. Auch die selbständige Erwerbstätigkeit als Schrotunternehmer ist rentenrechtlich nicht besonders geschützt. Selbständige sind nämlich auch auf unselbständige Tätigkeiten verweisbar (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 105). Einen Gruppenschutz in dem Sinne, dass bisher Selbständige, die sich selbst versichert haben, nicht auf eine abhängige Tätigkeit verwiesen werden dürfen, gibt es somit nicht. Für selbständige Unternehmer, die auf Antrag pflichtversichert sind, gilt hinsichtlich der Verweisbarkeit grundsätzlich nichts anderes. Auch kann ein Selbständiger auf die Stellung eines Werkmeisters, Verkaufsleiters, Geschäftsführers oder einer Aufsichtsperson im eigenen oder in einem dem eigenen Betrieb entsprechenden oder einem ähnlichen Betrieb verwiesen werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 39). Die Verweisung ist auch dann zumutbar, wenn damit die Schließung des Betriebes oder die Einstellung eines Betriebsleiters erforderlich wird, da die Fähigkeit zur Weiterführung des eigenen Betriebes nicht zum versicherten Risiko gehört (BSG aaO).
Der Kläger ist somit entsprechend der Wertigkeit seiner jetzt ausgeübten Tätigkeit, wie das SG zu Recht festgestellt hat, auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar verweisbar. Denn zum einen stellt sich die Tätigkeit eines Schroters lediglich als Anlerntätigkeit - unterer Bereich - dar. Auch die Tätigkeit der Instandhaltung der LKWs durch den Kläger ist, nachdem er den Beruf eines Kfz-Mechanikers nicht erlernt hat, lediglich eine angelernte mit der Folge, dass er auf solche Tätigkeiten zumutbar verweisbar ist. Nach alledem genießt der Kläger keinen Berufsschutz und ist auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Der Zugang zu solchen Tätigkeiten ist dem Kläger im Hinblick auf die von den ärztlichen Sachverständigen aufgezeigten Funktionseinschränkungen auch nicht praktisch verschlossen. Zusätzliche Pausen werden nicht benötigt; die Geh- und Wegefähigkeit ist rentenrechtlich relevant nicht eingeschränkt. Im Übrigen ist der ärztliche Sachverständige Prof. Dr.W. der Auffassung, der Kläger könne zB den Posten eines Hausmeisters, Bürotätigkeiten oder Tätigkeiten im Bereich der Warenausgangs- und -eingangskontrolle verrichten.
Leistungen wegen BU stehen dem Kläger daher nicht zu.
Aufgrund seines vollschichtigen Einsatzvermögens erfüllt der Kläger auch nicht die Voraussetzungen des durch Art 1 Nr 19 des Rentenreformgesetzes 1999 neu gefassten und durch Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - Bundesgesetzblatt I 1827 - geänderten, am 01.01.2001 in Kraft getretenen § 43 SGB VI. Nach dessen Abs 1 hat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine quantitative Einschränkung der betrieblichen Arbeitszeit von täglich etwa 8 Stunden liegt jedoch - wie bereits ausgeführt wurde - beim Kläger nicht vor.
Abzulehnen war auch der Antrag des Klägers, einen Arzt seines Vertrauens nach § 109 SGG anzuhören. Der hilfsweise im heutigen Termin begehrten Anhörung eines medizinischen Sachverständigen nach § 109 SGG war das Gericht nicht gehalten nachzukommen, weil sie verspätet geltend gemacht worden ist (§ 109 Abs 2 SGG). Bereits mit Übersendung des ärztlichen Sachverständigengutachtens im Anschreiben vom 01.04.2004 hat der Senat um abschließende Antragstellung bis 07.05.2004 gebeten. Diese Frist hat der Senat antragsgemäß bis 28.05.2004 verlängert. Somit bestand hinreichend Zeit, einen formgültigen Antrag nach § 109 SGG zu stellen. Das erst nach Ablauf der Frist in der mündlichen Verhandlung gestellte Begehren ist zur Überzeugung des Senats aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden. Durch die Stattgabe dieses Antrags würde das Verfahren verzögert werden, da die mündliche Verhandlung vertagt werden und mit einer langen Verfahrensdauer gerechnet werden müsste. Der Antrag war daher abzulehnen.
Der Senat hält den Sachverhalt in medizinischer Hinsicht auch für genügend aufgeklärt, so dass sich der Senat nicht genötigt fühlte, ein weiteres ärztliches Sachverständigengutachten zur Frage der Einsetzbarkeit des Klägers von Amts wegen einzuholen. Insoweit verweist der Senat auf die umfangreiche Ermittlungstätigkeit des SG im Klageverfahren, nämlich auf die drei eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten. Schließlich lagen dem Senat zur Beurteilung der Frage der BU die Berichte der den Kläger behandelnden Ärzte und das ausführliche Sachverständigengutachten des Chirurgen Prof. Dr.W. vom 15.03.2004 vor. Ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten hat bereits das SG eingeholt. Im Vergleich zu diesem in sich schlüssigen Gutachten von Frau Dr.O. vom 17.04.2002 hat die vom Kläger vorgelegte Stellungnahme des Dr.K. keine neuen Befunde, sondern lediglich eine andere Beurteilung gezeigt. Im Übrigen stellt die Beurteilung von Dr.K. allein auf die Unternehmertätigkeit als Schroter ab. Auch nach Auffassung des Senats ist der Kläger - wie bereits dargelegt - nicht mehr in der Lage, die Tätigkeit eines Schroters auszuüben. Auf sozial zumutbare Verweisungsberufe geht der Arzt nicht ein. Im Hinblick auf die umfangreiche Befunderhebung und Gutachtenslage im Klage- und Berufungsverfahren hat der Senat keinen Anlass gesehen, von Amts wegen weitere Ermittlungen in medizinischer Hinsicht zu tätigen.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass der Kläger nicht obsiegt hat.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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