Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 RJ 21/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach voll zu erstatten.
Gründe:
I.
In dem inzwischen in der Hauptsache erledigten Rechtsstreit war ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Die am 00.00.1959 geborene Klägerin beantragte am 07.05.2002 unter Verwendung des von der Beklagten bereitgestellten Vordrucks "Antrag auf Versichertenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter" Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Ablehnung des Antrags mit Bescheid vom 23.07.2002 und erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob sie Klage auf "Rente wegen Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen". In der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2003 erkannte die Beklagte einen Rentenanspruch für die Zeit vom 01.11.2002 bis zum 31.10.2004 unter Zugrundelegung eines Versicherungsfalls vom 07.05.2002 an.
Die Beklagte vertritt jedoch die Auffassung, sie habe die außergerichtlichen Kosten der Klägerin nur zu 2/3 zu tragen, da die Klägerin keinen unbefristeten Rentenanspruch habe.
II.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach voll zu tragen. Endet das sozialgerichtliche Verfahren anders als durch Urteil, so hat das Gericht gem. § 193 Abs. 1 Satz 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Die Entscheidung erfolgt nach billigem Ermessen; für sie ist maßgebend erstens, ob und inwieweit die Klage erfolgreich war und zweitens, ob die Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben hat (Hessisches Landessozialgericht, NZS 2003, 558 f; Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl., § 193, Rz 12a f., beide jeweils m.w.N.).
Beide dieser Kriterien sprechen für eine volle Kostenlast der Beklagten.
Die Klage ist jedenfalls unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten als vollumfänglich erfolgreich anzusehen, obwohl der Klägerin lediglich eine befristete Rente (nicht aber eine Dauerrente) zu gewähren ist. Auf den Rentenanspruch der Klägerin ist § 102 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der ab dem 01.01.2001 geltenden Fassung anzuwenden, wonach Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit dem Grundsatz nach nur auf Zeit geleistet werden (Satz 1). Ein unbefristeter Rentenanspruch besteht nach neuer Rechtslage nur, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann und der Anspruch nicht von der Arbeitsmarktlage abhängt (Satz 4). Die Neufassung von § 102 Abs. 2 SGB VI enthält gegenüber der zuvor bestehenden Rechtslage (Abs. 2 Satz 1 a.F.) nicht nur eine geänderte Beweisregel (nach altem Recht musste mehr für als gegen eine Behebung der Erwerbsminderung sprechen, vgl. Gürtner, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 102 SGB VI, Rn 7 m.w.N.), sondern kehrt insgesamt das zuvor bestehende Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Dauer- und Zeitrente um. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 und 4 SGB VI liegt dem neuen Recht der Erwerbsminderungsrenten die Konzeption zugrunde, dass diese Renten nur auf Zeit geleistet werden. Die Voraussetzungen einer Ausnahme hiervon (Satz 4) sind überaus eng.
Angesichts dieses nunmehr seit dem 01.01.2001 neu bestimmten Regel-Ausnahme-Verhältnisses kann das Unterliegen eines Versicherten, dem lediglich eine befristete Erwerbsminderungsrente zuerkannt wird, nur dann in kostenrechtlicher Hinsicht bedeutsam sein, wenn er zuvor ausdrücklich eine unbefristete Rente beantragt hatte. Ein solcher Antrag auf eine unbefristete Rente kann nicht angenommen werden, wenn der Versicherte sich bei der Antragsstellung lediglich eines vom Rentenversicherungsträger bereitgestellten Vordrucks bedient und sich im Klageverfahren weiter auf diesen Antrag oder auf die gesetzlichen Bestimmungen des Rechts der Erwerbsminderungsrenten bezieht. Soweit eindeutige Äußerungen (insbesondere ein Klageantrag, wonach unbefristete Rente beantragt werde) fehlen, ist schon mangels entsprechender Fragen im Antragsvordruck davon auszugehen, dass der Versicherte - auch im Klageverfahren - Rente nach näherer Maßgabe der geltenden gesetzlichen Vorschriften (und somit auch nach Maßgabe von § 102 Abs. 2 SGB VI) beantragt.
Weiterhin hat die Beklagte durch die Ablehnung jedweden Rentenanspruchs der Klägerin Anlass zur Klageerhebung gegeben. Eine Zuvielforderung der Klägerin (wie sie sich in bestimmten Konstellationen auf die Kostenlast auswirken kann, vgl. Meyer-Ladewig, aaO, Rn 12 b m.w.N.), ist nach dem oben Gesagten gerade nicht ersichtlich.
Gründe:
I.
In dem inzwischen in der Hauptsache erledigten Rechtsstreit war ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Die am 00.00.1959 geborene Klägerin beantragte am 07.05.2002 unter Verwendung des von der Beklagten bereitgestellten Vordrucks "Antrag auf Versichertenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter" Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Ablehnung des Antrags mit Bescheid vom 23.07.2002 und erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob sie Klage auf "Rente wegen Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen". In der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2003 erkannte die Beklagte einen Rentenanspruch für die Zeit vom 01.11.2002 bis zum 31.10.2004 unter Zugrundelegung eines Versicherungsfalls vom 07.05.2002 an.
Die Beklagte vertritt jedoch die Auffassung, sie habe die außergerichtlichen Kosten der Klägerin nur zu 2/3 zu tragen, da die Klägerin keinen unbefristeten Rentenanspruch habe.
II.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach voll zu tragen. Endet das sozialgerichtliche Verfahren anders als durch Urteil, so hat das Gericht gem. § 193 Abs. 1 Satz 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Die Entscheidung erfolgt nach billigem Ermessen; für sie ist maßgebend erstens, ob und inwieweit die Klage erfolgreich war und zweitens, ob die Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben hat (Hessisches Landessozialgericht, NZS 2003, 558 f; Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl., § 193, Rz 12a f., beide jeweils m.w.N.).
Beide dieser Kriterien sprechen für eine volle Kostenlast der Beklagten.
Die Klage ist jedenfalls unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten als vollumfänglich erfolgreich anzusehen, obwohl der Klägerin lediglich eine befristete Rente (nicht aber eine Dauerrente) zu gewähren ist. Auf den Rentenanspruch der Klägerin ist § 102 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der ab dem 01.01.2001 geltenden Fassung anzuwenden, wonach Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit dem Grundsatz nach nur auf Zeit geleistet werden (Satz 1). Ein unbefristeter Rentenanspruch besteht nach neuer Rechtslage nur, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann und der Anspruch nicht von der Arbeitsmarktlage abhängt (Satz 4). Die Neufassung von § 102 Abs. 2 SGB VI enthält gegenüber der zuvor bestehenden Rechtslage (Abs. 2 Satz 1 a.F.) nicht nur eine geänderte Beweisregel (nach altem Recht musste mehr für als gegen eine Behebung der Erwerbsminderung sprechen, vgl. Gürtner, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 102 SGB VI, Rn 7 m.w.N.), sondern kehrt insgesamt das zuvor bestehende Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Dauer- und Zeitrente um. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 und 4 SGB VI liegt dem neuen Recht der Erwerbsminderungsrenten die Konzeption zugrunde, dass diese Renten nur auf Zeit geleistet werden. Die Voraussetzungen einer Ausnahme hiervon (Satz 4) sind überaus eng.
Angesichts dieses nunmehr seit dem 01.01.2001 neu bestimmten Regel-Ausnahme-Verhältnisses kann das Unterliegen eines Versicherten, dem lediglich eine befristete Erwerbsminderungsrente zuerkannt wird, nur dann in kostenrechtlicher Hinsicht bedeutsam sein, wenn er zuvor ausdrücklich eine unbefristete Rente beantragt hatte. Ein solcher Antrag auf eine unbefristete Rente kann nicht angenommen werden, wenn der Versicherte sich bei der Antragsstellung lediglich eines vom Rentenversicherungsträger bereitgestellten Vordrucks bedient und sich im Klageverfahren weiter auf diesen Antrag oder auf die gesetzlichen Bestimmungen des Rechts der Erwerbsminderungsrenten bezieht. Soweit eindeutige Äußerungen (insbesondere ein Klageantrag, wonach unbefristete Rente beantragt werde) fehlen, ist schon mangels entsprechender Fragen im Antragsvordruck davon auszugehen, dass der Versicherte - auch im Klageverfahren - Rente nach näherer Maßgabe der geltenden gesetzlichen Vorschriften (und somit auch nach Maßgabe von § 102 Abs. 2 SGB VI) beantragt.
Weiterhin hat die Beklagte durch die Ablehnung jedweden Rentenanspruchs der Klägerin Anlass zur Klageerhebung gegeben. Eine Zuvielforderung der Klägerin (wie sie sich in bestimmten Konstellationen auf die Kostenlast auswirken kann, vgl. Meyer-Ladewig, aaO, Rn 12 b m.w.N.), ist nach dem oben Gesagten gerade nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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