Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 8 U 30/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 107/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 9/20 BH
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Mai 2012 wird zurückgewiesen, soweit sie über das Anerkenntnis vom 3. Dezember 2019 hinausgeht.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine in ihren Verwaltungsakten befindliche Gesprächsnotiz über ein Telefonat mit dem Jobcenter vom 8. März 2007 zu löschen.
Bei einem Arbeitsunfall am 25. November 2002 hatte sich die Klägerin Brüche und Nervenverletzungen im Gesichtsbereich und am Brustkorb zugezogen. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 15. November 2005 als Unfallfolgen anerkannt:
"Nach operativer Versorgung und Rekonstruktion ohne Funktionseinschränkungen verheilte Jochbeinfraktur links, Jochbogenfraktur links, Orbitabodenfraktur links, Kieferhöhlenwandfraktur links, Abriss des Nervus infraorbitalis sowie das Zurücksinken des linken Augapfels in die Orbita von 2 mm."
Mit Schreiben vom 7. März 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Verletztengeld für die Zeit vom 16. Februar bis zum 13. April 2007 "auf der Basis ihres zum Zeitpunkt des Unfallereignisses bezogenen Gehaltes". Sie legte hierzu Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. C. vom 16. Februar 2007 und vom 7. März 2007 vor.
Am 8. März 2007 erfragte die Beklagte telefonisch bei dem zuständigen Jobcenter, ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt im Bezug von Arbeitslosengeld I oder Arbeitslosengeld II stand, und verfasste hierüber folgende Telefonnotiz, die sie zu den Akten nahm (Bl. 468 Verwaltungsakte): "[ ] teilt auf Befragen mit, dass [die Klägerin] zurzeit weder ALG I noch ALG II erhält. Sie hat vom 17.01.06 – 31.07.06 ALG II erhalten."
Mit Schreiben vom 13. März 2007 forderte die Beklagte die Klägerin unter Bezugnahme auf deren Verletztengeldantrag auf mitzuteilen, ob und gegen wen sie unmittelbar vor dem 16. Februar 2007 einen Anspruch auf eine der in § 45 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) genannten Geldleistungen gehabt habe.
Nachdem die Klägerin sich nicht geäußert hatte, lehnte die Beklagte den Verletztengeldantrag mit Bescheid vom 3. Februar 2009 ab, da - unabhängig von der Frage der Unfallbedingtheit der Arbeitsunfähigkeit – nicht nachgewiesen sei, dass die Klägerin unmittelbar vor deren Beginn Anspruch auf eine der Leistungen gem. § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII gehabt habe. Den hiergegen am 8. Februar 2009 eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2009 aus den Gründen des Ausgangsbescheides zurück.
Die hiergegen erhobene Klage (S 8 U 66/09) wies das Sozialgericht Frankfurt am Main mit Gerichtsbescheid vom 30. Dezember 2009 aus den Gründen des Ausgangsbescheides und des Widerspruchsbescheids ab. Die hiergegen eingelegte Berufung (L 3 U 35/10) wies das Hessische Landessozialgericht mit Urteil vom 1. November 2011 zurück, da die Klägerin in der Zeit vor der Wiedererkrankung im Februar 2007 den Bezug für einen Verletztengeldanspruch relevanter Leistungen nicht habe nachweisen können und hierzu im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigend ausgeführt habe: "Wo nichts ist, kann man auch nichts nachweisen."
Nachdem sich bereits der durch die Klägerin eingeschaltete Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit mit Schreiben vom 22. Oktober 2009 und vom 4. November 2009 gegenüber der Beklagten geäußert hatte, forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 30. Dezember 2009 auf, Bl. 468 der Verwaltungsakte, also die Telefonnotiz vom 8. März 2007, aus der Akte zu löschen. Die Auskunft des Jobcenters sei wahrheitswidrig; richtig sei, dass sie zu keinem Zeitpunkt ALG II-Leistungen erhalten habe. Mit Schreiben vom 8. Januar 2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Datenerhebung beim Jobcenter sei zulässig gewesen. Nach Aktenlage lasse sich aktuell weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Auskunft feststellen. An dieser Stelle werde daher aufgrund des Bestreitens der Richtigkeit der Angaben des Jobcenters, die Klägerin habe vom 17. Januar bis zum 31. Juli 2006 ALG II erhalten, festgehalten, dass die Sachlage insoweit aktuell ungeklärt sei (Zweifelsvermerk). Hiervon werde man auch das Sozialgericht Frankfurt am Main sowie das Hessische Landessozialgericht unterrichten.
Den hiergegen am 9. Januar 2010 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2010 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. Februar 2010 Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht) erhoben, die mit Gerichtsbescheid vom 11. Mai 2012 abgewiesen worden ist. Die Speicherung der Angaben des Jobcenter-Mitarbeiters in dem Telefonvermerk sei zulässig gewesen und die Beklagte habe zu Recht lediglich einen Zweifelsvermerk festgehalten, denn Voraussetzung für einen Anspruch auf Verletztengeld sei gerade, ob die Klägerin unmittelbar vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitslosengeld I oder II gehabt habe. Eine Entfernung des Telefonvermerks käme allenfalls dann in Betracht, wenn die darin festgehaltenen Angaben des Mitarbeiters des Jobcenters - wie die Klägerin behaupte - nicht ordnungsgemäß erhoben worden seien, was jedoch nicht der Fall sei. Zum Zweck der Bearbeitung des Verletztengeldantrages vom 7. März 2007 seien die Angaben des Jobcenter-Mitarbeiters erfasst worden. Da diese Datenerfassung zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der Beklagten liegenden gesetzlichen Aufgaben erforderlich, für diese Zwecke erfolgt und mithin zulässig sei, könne die Klägerin eine Löschung nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Sozialdatenschutz und Verwaltungsverfahren - SGB X nicht verlangen. Auch habe die Beklagte mit ihrer telefonischen Anfrage bei dem Jobcenter nicht gegen § 67a Abs. 2 SGB X verstoßen. Zwar seien nach Satz 1 dieser Vorschrift Sozialdaten grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben, gem. § 67a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 dürfe die Erhebung aber auch ohne Mitwirkung des Betroffenen bei den in § 35 Sozialgesetzbuch Erstes Buch Allgemeiner Teil - SGB I – genannten Stellen stattfinden, wenn a) diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt seien, b) die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und c) keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt: Das Jobcenter sei zur Übermittlung der Daten gem. §§ 67a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 a, 67d Abs. 1 i.V.m. § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X befugt gewesen, wonach eine Übermittlung von Sozialdaten u.a. zulässig sei, soweit sie für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe des Dritten, an den die Daten übermittelt werden, erforderlich ist und dieser Dritte eine in § 35 SGB I genannte Stelle ist. Damit werde die Übermittlung von Sozialdaten an andere Leistungsträger erlaubt, soweit sie erforderlich sei, damit der empfangende Leistungsträger eine ihm im Sozialgesetzbuch zugewiesene Aufgabe erfüllen könne. Dies sei hier der Fall gewesen, da die Beklagte die Angaben des Jobcenters benötigt habe, um über den Verletztengeldantrag der Klägerin entscheiden zu können. Auch habe die Beklagte das Jobcenter direkt befragen dürfen. Denn für die Gewährung des Verletztengeldes sei insbesondere die Kenntnis des Zeitraumes des Bezuges von Arbeitsentgelt bzw. Sozialleistungen im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII sowie deren Höhe erforderlich. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin auf eine ganze Reihe von Schreiben der Beklagten nicht geantwortet habe, habe bei dieser der Eindruck entstehen müssen, dass die Klägerin keine Bereitschaft habe, konstruktiv an dem Verwaltungsverfahren mitzuwirken. Selbst wenn die Klägerin Angaben gemacht hätte, hätten diese Angaben nochmals bei dem Jobcenter überprüft werden müssen. Gegenüber diesem Interesse der Beklagten an der Erhebung ohne Mitwirkung des Betroffenen habe die Klägerin keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen vorgetragen und solche seien auch nicht ersichtlich. Insgesamt falle eine Abwägung damit zu Gunsten einer direkten Anfrage bei dem Jobcenter aus.
Gegen diesen ihr am 24. Mai 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin mit am 1. Juni 2012 bei dem Sozialgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2019 hat die Beklagte das Löschungsbegehren unter Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide anerkannt, da die erhobenen Daten für das Verfahren nicht mehr benötigt würden. Die Klägerin hat dieses Anerkenntnis nicht angenommen.
Die Klägerin beantragt,
die Telefonnotiz über das Telefonat zwischen der Beklagten und dem Jobcenter vom 8. März 2007 zu löschen und festzustellen, dass die in dieser Notiz niedergelegten Daten zu Unrecht erhoben worden sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit diese über das Anerkenntnis hinausgeht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die ursprünglich zulässige Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Mai 2012 ist im Umfang der durch die Klägerin nach Abgabe des Teilanerkenntnisses am 3. Dezember 2019 zur Fortsetzung des Verfahrens gestellten Anträge als unzulässig anzusehen.
Soweit die Klägerin vorliegend beantragt, die Telefonnotiz über das Telefonat zwischen der Beklagten und dem Jobcenter vom 8. März 2007 zu löschen, fehlt es ihr bereits an einem Rechtsschutzinteresse. Nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 8. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2010 und Anerkennung des Löschungsbegehrens im Hinblick auf die Telefonnotiz vom 8. März 2007 durch die Beklagte ist die Klägerin insoweit klaglos gestellt. Diesbezüglich bedarf es für die Klaglosstellung auch nicht einer Annahme des Anerkenntnisses durch die Klägerin, da die Aufhebung der ablehnenden Bescheide mit der durch die Beklagte abgegebenen Erklärung auch ohne eine solche Annahme wirksam wird.
Auch der Feststellungsantrag gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist unzulässig. Mit dem Antrag auf Feststellung, dass die in der Notiz vom 8. März 2007 niedergelegten Daten zu Unrecht erhoben worden sind, begehrt die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit schlichten Verwaltungshandelns und damit die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten aus dem zwischen ihr und der Beklagten bestehenden Rechtsverhältnis. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 SGG setzt voraus, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Diesem Begehren der Klägerin fehlt es vorliegend an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Da die Beklagte den die Löschung der Telefonnotiz ablehnenden Bescheid bereits aufgehoben hat und ihre Bereitschaft zur Löschung der Notiz erklärt hat, bezieht sich das Begehren der Klägerin auf ein vergangenes Rechtsverhältnis.
Die Klägerin selbst trägt zu einem Feststellungsinteresse nichts vor.
Ein Feststellungsinteresse bei vergangenen Rechtsverhältnissen kann grundsätzlich bei Bestehen eines Rehabilitationsinteresses oder bei Wiederholungsgefahr gegeben sein. Für ein Rehabilitationsinteresse, das insbesondere in Betracht kommt, wenn der Betroffene durch die Begründung des Verwaltungsaktes oder die Umstände des Zustandekommens des Verwaltungsaktes in seinen Grundrechten, insbesondere der Menschenwürde oder seinen Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt ist und zur Rehabilitation ein Feststellungsinteresse hat, fehlt es an jeglichen Hinweisen.
Eine Wiederholungsgefahr begründet nur dann ein berechtigtes Feststellungsinteresse, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die beanstandete hoheitliche Maßnahme erneut vorgenommen wird (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 15. Februar 2012 – 1 B 09.2157 – juris). Dabei genügt die nicht entfernte Möglichkeit eines wiederholten Auftretens der Rechtsfrage zwischen den Beteiligten, etwa, wenn sich konkret abzeichnet, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiges Leistungsbegehren wieder auftreten kann (BSG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - B 9 SB 1/12 R - juris). Nicht ausreichend ist, wenn eine Wiederholung lediglich nicht ausgeschlossen werden kann (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof a.a.O.). Auch insoweit fehlt es an jeglichen Hinweisen auf eine entsprechende Wiederholungsgefahr. Es hat sich vorliegend um einen konkreten Einzelantrag auf Bewilligung von Verletztengeld gehandelt, zu dessen Bearbeitung die Beklagte die erforderlichen Daten bei dem zuständigen Jobcenter erfragt hat. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass zwischen den Beteiligten eine Vielzahl von Leistungen im Streit stehen, ergibt sich eine Wiederholungsgefahr nicht. Im vorliegenden Fall war das Verwaltungshandeln durch die Besonderheit der konkreten Leistung begründet, nämlich der Funktion des Verletztengeldes als Ersatzleistung für andere regelmäßige Einkommen und der damit im Anspruchsfalle erforderlichen zeitnahen Leistung. Dies gilt für andere Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, die zwischen den Beteiligten im Streit sind, nicht in vergleichbarer Weise, so dass bereits nicht ersichtlich ist, dass zwischen den Beteiligten weitere Rechtsverhältnisse bestehen, für die auf Seiten der Beklagten eine vergleichbar schnelle Klärung der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist. Hierfür spricht auch der Umstand, dass es seit 2007 gerade nicht zu einer Wiederholung solchen Verwaltungshandelns durch die Beklagte gegenüber der Klägerin gekommen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine in ihren Verwaltungsakten befindliche Gesprächsnotiz über ein Telefonat mit dem Jobcenter vom 8. März 2007 zu löschen.
Bei einem Arbeitsunfall am 25. November 2002 hatte sich die Klägerin Brüche und Nervenverletzungen im Gesichtsbereich und am Brustkorb zugezogen. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 15. November 2005 als Unfallfolgen anerkannt:
"Nach operativer Versorgung und Rekonstruktion ohne Funktionseinschränkungen verheilte Jochbeinfraktur links, Jochbogenfraktur links, Orbitabodenfraktur links, Kieferhöhlenwandfraktur links, Abriss des Nervus infraorbitalis sowie das Zurücksinken des linken Augapfels in die Orbita von 2 mm."
Mit Schreiben vom 7. März 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Verletztengeld für die Zeit vom 16. Februar bis zum 13. April 2007 "auf der Basis ihres zum Zeitpunkt des Unfallereignisses bezogenen Gehaltes". Sie legte hierzu Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. C. vom 16. Februar 2007 und vom 7. März 2007 vor.
Am 8. März 2007 erfragte die Beklagte telefonisch bei dem zuständigen Jobcenter, ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt im Bezug von Arbeitslosengeld I oder Arbeitslosengeld II stand, und verfasste hierüber folgende Telefonnotiz, die sie zu den Akten nahm (Bl. 468 Verwaltungsakte): "[ ] teilt auf Befragen mit, dass [die Klägerin] zurzeit weder ALG I noch ALG II erhält. Sie hat vom 17.01.06 – 31.07.06 ALG II erhalten."
Mit Schreiben vom 13. März 2007 forderte die Beklagte die Klägerin unter Bezugnahme auf deren Verletztengeldantrag auf mitzuteilen, ob und gegen wen sie unmittelbar vor dem 16. Februar 2007 einen Anspruch auf eine der in § 45 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) genannten Geldleistungen gehabt habe.
Nachdem die Klägerin sich nicht geäußert hatte, lehnte die Beklagte den Verletztengeldantrag mit Bescheid vom 3. Februar 2009 ab, da - unabhängig von der Frage der Unfallbedingtheit der Arbeitsunfähigkeit – nicht nachgewiesen sei, dass die Klägerin unmittelbar vor deren Beginn Anspruch auf eine der Leistungen gem. § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII gehabt habe. Den hiergegen am 8. Februar 2009 eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2009 aus den Gründen des Ausgangsbescheides zurück.
Die hiergegen erhobene Klage (S 8 U 66/09) wies das Sozialgericht Frankfurt am Main mit Gerichtsbescheid vom 30. Dezember 2009 aus den Gründen des Ausgangsbescheides und des Widerspruchsbescheids ab. Die hiergegen eingelegte Berufung (L 3 U 35/10) wies das Hessische Landessozialgericht mit Urteil vom 1. November 2011 zurück, da die Klägerin in der Zeit vor der Wiedererkrankung im Februar 2007 den Bezug für einen Verletztengeldanspruch relevanter Leistungen nicht habe nachweisen können und hierzu im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigend ausgeführt habe: "Wo nichts ist, kann man auch nichts nachweisen."
Nachdem sich bereits der durch die Klägerin eingeschaltete Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit mit Schreiben vom 22. Oktober 2009 und vom 4. November 2009 gegenüber der Beklagten geäußert hatte, forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 30. Dezember 2009 auf, Bl. 468 der Verwaltungsakte, also die Telefonnotiz vom 8. März 2007, aus der Akte zu löschen. Die Auskunft des Jobcenters sei wahrheitswidrig; richtig sei, dass sie zu keinem Zeitpunkt ALG II-Leistungen erhalten habe. Mit Schreiben vom 8. Januar 2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Datenerhebung beim Jobcenter sei zulässig gewesen. Nach Aktenlage lasse sich aktuell weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit der Auskunft feststellen. An dieser Stelle werde daher aufgrund des Bestreitens der Richtigkeit der Angaben des Jobcenters, die Klägerin habe vom 17. Januar bis zum 31. Juli 2006 ALG II erhalten, festgehalten, dass die Sachlage insoweit aktuell ungeklärt sei (Zweifelsvermerk). Hiervon werde man auch das Sozialgericht Frankfurt am Main sowie das Hessische Landessozialgericht unterrichten.
Den hiergegen am 9. Januar 2010 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2010 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. Februar 2010 Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht) erhoben, die mit Gerichtsbescheid vom 11. Mai 2012 abgewiesen worden ist. Die Speicherung der Angaben des Jobcenter-Mitarbeiters in dem Telefonvermerk sei zulässig gewesen und die Beklagte habe zu Recht lediglich einen Zweifelsvermerk festgehalten, denn Voraussetzung für einen Anspruch auf Verletztengeld sei gerade, ob die Klägerin unmittelbar vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitslosengeld I oder II gehabt habe. Eine Entfernung des Telefonvermerks käme allenfalls dann in Betracht, wenn die darin festgehaltenen Angaben des Mitarbeiters des Jobcenters - wie die Klägerin behaupte - nicht ordnungsgemäß erhoben worden seien, was jedoch nicht der Fall sei. Zum Zweck der Bearbeitung des Verletztengeldantrages vom 7. März 2007 seien die Angaben des Jobcenter-Mitarbeiters erfasst worden. Da diese Datenerfassung zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der Beklagten liegenden gesetzlichen Aufgaben erforderlich, für diese Zwecke erfolgt und mithin zulässig sei, könne die Klägerin eine Löschung nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Sozialdatenschutz und Verwaltungsverfahren - SGB X nicht verlangen. Auch habe die Beklagte mit ihrer telefonischen Anfrage bei dem Jobcenter nicht gegen § 67a Abs. 2 SGB X verstoßen. Zwar seien nach Satz 1 dieser Vorschrift Sozialdaten grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben, gem. § 67a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 dürfe die Erhebung aber auch ohne Mitwirkung des Betroffenen bei den in § 35 Sozialgesetzbuch Erstes Buch Allgemeiner Teil - SGB I – genannten Stellen stattfinden, wenn a) diese zur Übermittlung der Daten an die erhebende Stelle befugt seien, b) die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und c) keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt: Das Jobcenter sei zur Übermittlung der Daten gem. §§ 67a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 a, 67d Abs. 1 i.V.m. § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X befugt gewesen, wonach eine Übermittlung von Sozialdaten u.a. zulässig sei, soweit sie für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe des Dritten, an den die Daten übermittelt werden, erforderlich ist und dieser Dritte eine in § 35 SGB I genannte Stelle ist. Damit werde die Übermittlung von Sozialdaten an andere Leistungsträger erlaubt, soweit sie erforderlich sei, damit der empfangende Leistungsträger eine ihm im Sozialgesetzbuch zugewiesene Aufgabe erfüllen könne. Dies sei hier der Fall gewesen, da die Beklagte die Angaben des Jobcenters benötigt habe, um über den Verletztengeldantrag der Klägerin entscheiden zu können. Auch habe die Beklagte das Jobcenter direkt befragen dürfen. Denn für die Gewährung des Verletztengeldes sei insbesondere die Kenntnis des Zeitraumes des Bezuges von Arbeitsentgelt bzw. Sozialleistungen im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII sowie deren Höhe erforderlich. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin auf eine ganze Reihe von Schreiben der Beklagten nicht geantwortet habe, habe bei dieser der Eindruck entstehen müssen, dass die Klägerin keine Bereitschaft habe, konstruktiv an dem Verwaltungsverfahren mitzuwirken. Selbst wenn die Klägerin Angaben gemacht hätte, hätten diese Angaben nochmals bei dem Jobcenter überprüft werden müssen. Gegenüber diesem Interesse der Beklagten an der Erhebung ohne Mitwirkung des Betroffenen habe die Klägerin keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen vorgetragen und solche seien auch nicht ersichtlich. Insgesamt falle eine Abwägung damit zu Gunsten einer direkten Anfrage bei dem Jobcenter aus.
Gegen diesen ihr am 24. Mai 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin mit am 1. Juni 2012 bei dem Sozialgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2019 hat die Beklagte das Löschungsbegehren unter Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide anerkannt, da die erhobenen Daten für das Verfahren nicht mehr benötigt würden. Die Klägerin hat dieses Anerkenntnis nicht angenommen.
Die Klägerin beantragt,
die Telefonnotiz über das Telefonat zwischen der Beklagten und dem Jobcenter vom 8. März 2007 zu löschen und festzustellen, dass die in dieser Notiz niedergelegten Daten zu Unrecht erhoben worden sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit diese über das Anerkenntnis hinausgeht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die ursprünglich zulässige Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Mai 2012 ist im Umfang der durch die Klägerin nach Abgabe des Teilanerkenntnisses am 3. Dezember 2019 zur Fortsetzung des Verfahrens gestellten Anträge als unzulässig anzusehen.
Soweit die Klägerin vorliegend beantragt, die Telefonnotiz über das Telefonat zwischen der Beklagten und dem Jobcenter vom 8. März 2007 zu löschen, fehlt es ihr bereits an einem Rechtsschutzinteresse. Nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 8. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2010 und Anerkennung des Löschungsbegehrens im Hinblick auf die Telefonnotiz vom 8. März 2007 durch die Beklagte ist die Klägerin insoweit klaglos gestellt. Diesbezüglich bedarf es für die Klaglosstellung auch nicht einer Annahme des Anerkenntnisses durch die Klägerin, da die Aufhebung der ablehnenden Bescheide mit der durch die Beklagte abgegebenen Erklärung auch ohne eine solche Annahme wirksam wird.
Auch der Feststellungsantrag gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist unzulässig. Mit dem Antrag auf Feststellung, dass die in der Notiz vom 8. März 2007 niedergelegten Daten zu Unrecht erhoben worden sind, begehrt die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit schlichten Verwaltungshandelns und damit die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten aus dem zwischen ihr und der Beklagten bestehenden Rechtsverhältnis. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 SGG setzt voraus, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Diesem Begehren der Klägerin fehlt es vorliegend an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Da die Beklagte den die Löschung der Telefonnotiz ablehnenden Bescheid bereits aufgehoben hat und ihre Bereitschaft zur Löschung der Notiz erklärt hat, bezieht sich das Begehren der Klägerin auf ein vergangenes Rechtsverhältnis.
Die Klägerin selbst trägt zu einem Feststellungsinteresse nichts vor.
Ein Feststellungsinteresse bei vergangenen Rechtsverhältnissen kann grundsätzlich bei Bestehen eines Rehabilitationsinteresses oder bei Wiederholungsgefahr gegeben sein. Für ein Rehabilitationsinteresse, das insbesondere in Betracht kommt, wenn der Betroffene durch die Begründung des Verwaltungsaktes oder die Umstände des Zustandekommens des Verwaltungsaktes in seinen Grundrechten, insbesondere der Menschenwürde oder seinen Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt ist und zur Rehabilitation ein Feststellungsinteresse hat, fehlt es an jeglichen Hinweisen.
Eine Wiederholungsgefahr begründet nur dann ein berechtigtes Feststellungsinteresse, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die beanstandete hoheitliche Maßnahme erneut vorgenommen wird (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 15. Februar 2012 – 1 B 09.2157 – juris). Dabei genügt die nicht entfernte Möglichkeit eines wiederholten Auftretens der Rechtsfrage zwischen den Beteiligten, etwa, wenn sich konkret abzeichnet, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiges Leistungsbegehren wieder auftreten kann (BSG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - B 9 SB 1/12 R - juris). Nicht ausreichend ist, wenn eine Wiederholung lediglich nicht ausgeschlossen werden kann (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof a.a.O.). Auch insoweit fehlt es an jeglichen Hinweisen auf eine entsprechende Wiederholungsgefahr. Es hat sich vorliegend um einen konkreten Einzelantrag auf Bewilligung von Verletztengeld gehandelt, zu dessen Bearbeitung die Beklagte die erforderlichen Daten bei dem zuständigen Jobcenter erfragt hat. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass zwischen den Beteiligten eine Vielzahl von Leistungen im Streit stehen, ergibt sich eine Wiederholungsgefahr nicht. Im vorliegenden Fall war das Verwaltungshandeln durch die Besonderheit der konkreten Leistung begründet, nämlich der Funktion des Verletztengeldes als Ersatzleistung für andere regelmäßige Einkommen und der damit im Anspruchsfalle erforderlichen zeitnahen Leistung. Dies gilt für andere Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, die zwischen den Beteiligten im Streit sind, nicht in vergleichbarer Weise, so dass bereits nicht ersichtlich ist, dass zwischen den Beteiligten weitere Rechtsverhältnisse bestehen, für die auf Seiten der Beklagten eine vergleichbar schnelle Klärung der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist. Hierfür spricht auch der Umstand, dass es seit 2007 gerade nicht zu einer Wiederholung solchen Verwaltungshandelns durch die Beklagte gegenüber der Klägerin gekommen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved