Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KR 96/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 239/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 02.11.2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Krankenkasse die Kosten für eine Ernährungs- und Stoffwechseltherapie (sog. Fratzer-Therapie) zu tragen hat.
Der 1965 geborene Kläger, der Mitglied der Beklagten ist, ist an Multipler Sklerose (MS) erkrankt. Seit Juli 1997 unterzieht er sich einer von dem nicht als Vertragsarzt zugelassenen Arzt Dr. H ... (H ...-S ...) befürworteten Ernährungs- und Stoffwechseltherapie zur Behandlung der MS. Im Rahmen dieser Therapie werden die Präparate EPA Metidranso (Fischöl), Seapower Spanier (Muschelfleischextrakt), EVIT 400 (Vitamin E) und Cefasel mite (Selen) eingesetzt. Die Kosten der Medikation belaufen sich auf monatlich etwa 300,-- DM; bis Mai 1998 wurden sie von der Bundeswehr getragen, wo der Kläger als Zeitsoldat diente.
Der Kläger beantragte am 03.07.1998 bei der Beklagten unter Vorlage einer Bescheinigung von Dr. H ... vom 29.06.1998 die Kostenübernahme für die Behandlung. Dr. H ... führte aus, es sei unter der Therapie zu einer Stabilisierung des Befundes gekommen, so dass er dringend die Fortsetzung der Behandlung empfehle. Der Neurologe und Psychiater Dr. W ... bescheinigte unter dem 29.05.1998, der Kläger befinde sich in seiner regelmäßigen ambulanten Behandlung, seit Oktober 1997 sei es zu einer Stabilisierung des Krankenbildes gekommen.
Mit Bescheid vom 23.07.1998 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten ab, da es sich bei den beantragten Präparaten nicht um zugelassene Arzneimittel, sondern um Mittel zur Nahrungsergänzung handele. Der Kläger machte mit seinem Widerspruch geltend, die Qualifizierung der Präparate als Nahrungsergänzungsmittel sei unzutreffend, da er sie in hochdosierter Form einnehme. Die Verbesserung seines Gesundheitszustandes führe er auf die Durchführung der Therapie nach Dr. H ... zurück. Eine alternativ in Betracht kommende Behandlung mittels Interferon, die von den Kassen übernommen werde, koste jährlich etwa 60.000,-- DM, so dass auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten die Kostenübernahme angezeigt sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Er hat ferner eine weitere Bescheinigung von Dr. H ... vom 01.09.1999 eingereicht, in der Dr. H ... ausführt, sowohl kernspintomographisch wie klinisch sei der Befund stabil. Er schätze die Krankheitsentwicklung in den letzten Jahren als sehr positiv ein. Die angewandte Therapie werde in Fachkreisen diskutiert und auch durch Mitglieder des ärztlichen Beirates der DMSG als inhaltlich sinnvoll eingeschätzt. Die Therapie werde in Deutschland von mindestens 80 Ärzten unter stützt bzw. angewandt. Ferner verwies er auf einen Beschluss des Petitionsausschusses des Bundestages von Januar 1999.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 02.11.2000 die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren trägt der Kläger vor, Dr. H ... habe eine Studie über seine Behandlungsmethode erstellt, deren Veröffentlichung beabsichtigt sei. Da es möglich erscheine, dass im Falle einer Veröffentlichung und der positiven Resonanz auf die Studie die Methode als Leistung in Betracht kommen könne, sei es angezeigt, das Verfahren solange auszusetzen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 02.11.2000 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.1998 zu verurteilen, ihm die Kosten der Behandlung nach Dr. H ... in Höhe von 6.364,60 DM zu erstatten sowie die Kosten der weiteren Behandlung durch Dr. H ... zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erstattung der bereits entstandenen Kosten für die streitige Behandlung noch ist die Beklagte zur Übernahme der Kosten der weiteren Behandlung verpflichtet.
Nach § 27 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, der u.a. auch die ärztliche Behandlung (Satz 2 Nr. 1 a.a.O.) sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (Nr. 3 a.a.O.) einschließt. Ein Leistungsanspruch scheidet hier schon deshalb aus, weil die von Dr. H ... befürwortete (früher von Dr. Fratzer entwickelte und daher auch als Fratzer-Therapie bezeichnete) Behandlung der MS mittels einer Kombination verschiedener Präparate nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen zählt.
Da die einzelnen Präparate Teil eines einheitlichen, auf bestimmten theoretisch-wissenschaftlichen Annahmen beruhenden Gesamtkonzepts sind, kann das Behandlungskonzept nur als Einheit beurteilt werden; eine getrennte Beurteilung hinsichtlich einzelner Behandlungskomponenten ist unzulässig (vgl. BSG SozR 3-2500 § 135 Nr.4). Das fragliche Behandlungskonzept ist - wovon auch die Parteien ausgehen - nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung. Es handelt sich somit um eine i.S.d. § 135 Abs. 1 SGB V neue Behandlungsmethode (BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 7; SozR 3-2500 § 135 Nr.4). Nach dieser Norm darf eine neue Behandlungsmethode in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Behandlungs- und Untersuchungsmethoden (BUB-Richtlinien) in der Fassung vom 10.12.1999 (BAnZ Nr. 56 vom 21.03.2000)) eine Empfehlung zum Nutzen und zur medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Methode abgegeben hat. Die Vorschrift legt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (grundlegend Urteile vom 16.09.1997, SozR 3-2500 § 135 Nr. 4; zuletzt Urteile vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R (SozR 3-2500 § 135 Nr. 14); 18/98 R), der der Senat folgt (s. etwa Urteil vom 29.03.2001 - L 5 KR 137/00 -), für ihren Anwendungsbereich zugleich den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen fest. Bei den BUB-Richtlinien handelt es sich um untergesetzliche Rechtsnormen, die in Verbindung mit § 135 Abs. 1 SGB V für Ärzte, Krankenkassen und Versicherte verbindlich regeln, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zum Leistungsumfang der Krankenversicherung zählen. Ein Versicherter, der sich eine vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht empfohlene Behandlung auf eigene Kosten beschafft, kann im Kostenerstattungsverfahren nicht ein wenden, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und in seinem konkreten Fall wirksam gewesen (BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 7; SozR 3-2500 § 135 Nr. 4, 14).
Der Vorbehalt des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V gilt für alle Arten von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren und damit grundsätzlich auch für neuartige Arzneitherapien (BSG SozR 3-2500 § 31 Nr. 5; SozR 3-2500 § 135 Nr. 14). Nichts anderes gilt für den Fall, dass eine ärztliche Behandlungsmethode nicht auf Arzneimitteln, sondern auf Nahrungsergänzungsmitteln und/oder Vitaminen und (anderen) Lebensmitteln beruht. Auch in diesem Fall erfordert die Qualitätssicherung der ärztlichen Behandlung eine derartige Prüfung durch den Bundesausschuss (Senat, Urteil vom 20.03.2001 - L 5 KR 216/00 -). Es kann daher dahinstehen, ob es sich bei den eingesetzten Präparaten um Arzneimittel i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) oder Nahrungsergänzungsmittel handelt.
Eine Empfehlung des Bundesausschusses liegt hinsichtlich des hier streitigen Behandlungskonzepts nicht vor. Ein Leistungsanspruch kann damit ausnahmsweise nur dann in Betracht kommen, wenn die fehlende Anerkennung der Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass der Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen das Verfahren nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt hat (sog. Systemversagen). In einem solchen Fall widerspricht die Nichtberücksichtigung der Methode in den BUB-Richtlinien höherrangigem Recht, nämlich der Garantie eines den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden Krankenbehandlungsanspruchs (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4, 14).
Anhaltspunkte für einen Systemmangel liegen nicht vor. Versäumnisse des Bundesausschusses bzw. der zur Antragstellung befugten Stellen (Nr. 2.2 der BUB-Richtlinien) können nur bejaht werden, wenn der neuen Methode in der medizinischen Fachdiskussion bereits ein solches Gewicht zukommt, dass eine Überprüfung und Entscheidung durch den Bundesausschuss veranlasst gewesen wäre. Vorausgesetzt wird damit eine tatsächliche Verbreitung der Methode in der Praxis und in der fachlichen Diskussion (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4). Für eine Verbreitung der Methode in diesem Sinne ist angesichts der Tatsache, dass nach Aussage von Dr. H ... die Methode nur von etwa 80 Ärzten der Bundesrepublik unterstützt bzw. angewandt wird und offenbar bislang auch keine Studien einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht worden ist (eine von Dr. H ... erstellte Studie ist nur zur Veröffentlichung eingereicht) nichts ersichtlich.
Da schon mangels Anerkennung der Methode sowohl ein Kostenerstattungsanspruch als auch ein Behandlungsanspruch für die künftige Behandlung ausscheidet, braucht nicht den weiteren Fragen nachgegangen werden, ob die vom Kläger eingenommenen Präparate überhaupt ärztlich verordnet worden sind und wie der Umstand zu beurteilen ist, dass es sich bei Dr. H ... um einen Nicht-Vertragsarzt handelt, der grundsätzlich nur in Notfällen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) in Anspruch genommen werden darf.
Soweit der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages sich noch im Januar 1999 für die Kostenübernahme für die Fratzer-Therapie eingesetzt haben sollte, fußt die wiedergegebene Begründung auf der früheren, seit Inkrafttreten des SGB V überholten Rechtsprechung des BSG und geht damit an der oben dargestellten Rechtslage vorbei.
Es bestand kein Anlass, das Verfahren auszusetzen und bis zu einer Veröffentlichung der von Dr. H ... erstellten Studie und eventuellen Anerkennung der Methode durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen ruhen zu lassen. § 135 Abs. 1 SGB V ist in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt gefasst und schließt neue Behandlungsmethoden solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen aus, als der Bundesausschuss sie nicht als zweckmäßig anerkannt hat (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4, 12). Somit besteht auch bei Anerkennung der Methode durch den Bundesausschuss kein Leistungsanspruch für die Zeit vor dieser Entscheidung, so dass eine Kostenerstattung für die Vergangenheit auch bei späterer positiver Empfehlung des Bundesausschusses ausscheiden würde. Sollte der Bundesauschuss die Behandlungsmethode positiv bewerten, stünde dem Kläger ohnehin ab diesem Zeitpunkt ein Leistungsanspruch gegen die Beklagte zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Krankenkasse die Kosten für eine Ernährungs- und Stoffwechseltherapie (sog. Fratzer-Therapie) zu tragen hat.
Der 1965 geborene Kläger, der Mitglied der Beklagten ist, ist an Multipler Sklerose (MS) erkrankt. Seit Juli 1997 unterzieht er sich einer von dem nicht als Vertragsarzt zugelassenen Arzt Dr. H ... (H ...-S ...) befürworteten Ernährungs- und Stoffwechseltherapie zur Behandlung der MS. Im Rahmen dieser Therapie werden die Präparate EPA Metidranso (Fischöl), Seapower Spanier (Muschelfleischextrakt), EVIT 400 (Vitamin E) und Cefasel mite (Selen) eingesetzt. Die Kosten der Medikation belaufen sich auf monatlich etwa 300,-- DM; bis Mai 1998 wurden sie von der Bundeswehr getragen, wo der Kläger als Zeitsoldat diente.
Der Kläger beantragte am 03.07.1998 bei der Beklagten unter Vorlage einer Bescheinigung von Dr. H ... vom 29.06.1998 die Kostenübernahme für die Behandlung. Dr. H ... führte aus, es sei unter der Therapie zu einer Stabilisierung des Befundes gekommen, so dass er dringend die Fortsetzung der Behandlung empfehle. Der Neurologe und Psychiater Dr. W ... bescheinigte unter dem 29.05.1998, der Kläger befinde sich in seiner regelmäßigen ambulanten Behandlung, seit Oktober 1997 sei es zu einer Stabilisierung des Krankenbildes gekommen.
Mit Bescheid vom 23.07.1998 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten ab, da es sich bei den beantragten Präparaten nicht um zugelassene Arzneimittel, sondern um Mittel zur Nahrungsergänzung handele. Der Kläger machte mit seinem Widerspruch geltend, die Qualifizierung der Präparate als Nahrungsergänzungsmittel sei unzutreffend, da er sie in hochdosierter Form einnehme. Die Verbesserung seines Gesundheitszustandes führe er auf die Durchführung der Therapie nach Dr. H ... zurück. Eine alternativ in Betracht kommende Behandlung mittels Interferon, die von den Kassen übernommen werde, koste jährlich etwa 60.000,-- DM, so dass auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten die Kostenübernahme angezeigt sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Er hat ferner eine weitere Bescheinigung von Dr. H ... vom 01.09.1999 eingereicht, in der Dr. H ... ausführt, sowohl kernspintomographisch wie klinisch sei der Befund stabil. Er schätze die Krankheitsentwicklung in den letzten Jahren als sehr positiv ein. Die angewandte Therapie werde in Fachkreisen diskutiert und auch durch Mitglieder des ärztlichen Beirates der DMSG als inhaltlich sinnvoll eingeschätzt. Die Therapie werde in Deutschland von mindestens 80 Ärzten unter stützt bzw. angewandt. Ferner verwies er auf einen Beschluss des Petitionsausschusses des Bundestages von Januar 1999.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 02.11.2000 die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren trägt der Kläger vor, Dr. H ... habe eine Studie über seine Behandlungsmethode erstellt, deren Veröffentlichung beabsichtigt sei. Da es möglich erscheine, dass im Falle einer Veröffentlichung und der positiven Resonanz auf die Studie die Methode als Leistung in Betracht kommen könne, sei es angezeigt, das Verfahren solange auszusetzen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 02.11.2000 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.1998 zu verurteilen, ihm die Kosten der Behandlung nach Dr. H ... in Höhe von 6.364,60 DM zu erstatten sowie die Kosten der weiteren Behandlung durch Dr. H ... zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erstattung der bereits entstandenen Kosten für die streitige Behandlung noch ist die Beklagte zur Übernahme der Kosten der weiteren Behandlung verpflichtet.
Nach § 27 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, der u.a. auch die ärztliche Behandlung (Satz 2 Nr. 1 a.a.O.) sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (Nr. 3 a.a.O.) einschließt. Ein Leistungsanspruch scheidet hier schon deshalb aus, weil die von Dr. H ... befürwortete (früher von Dr. Fratzer entwickelte und daher auch als Fratzer-Therapie bezeichnete) Behandlung der MS mittels einer Kombination verschiedener Präparate nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen zählt.
Da die einzelnen Präparate Teil eines einheitlichen, auf bestimmten theoretisch-wissenschaftlichen Annahmen beruhenden Gesamtkonzepts sind, kann das Behandlungskonzept nur als Einheit beurteilt werden; eine getrennte Beurteilung hinsichtlich einzelner Behandlungskomponenten ist unzulässig (vgl. BSG SozR 3-2500 § 135 Nr.4). Das fragliche Behandlungskonzept ist - wovon auch die Parteien ausgehen - nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung. Es handelt sich somit um eine i.S.d. § 135 Abs. 1 SGB V neue Behandlungsmethode (BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 7; SozR 3-2500 § 135 Nr.4). Nach dieser Norm darf eine neue Behandlungsmethode in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Behandlungs- und Untersuchungsmethoden (BUB-Richtlinien) in der Fassung vom 10.12.1999 (BAnZ Nr. 56 vom 21.03.2000)) eine Empfehlung zum Nutzen und zur medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Methode abgegeben hat. Die Vorschrift legt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (grundlegend Urteile vom 16.09.1997, SozR 3-2500 § 135 Nr. 4; zuletzt Urteile vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R (SozR 3-2500 § 135 Nr. 14); 18/98 R), der der Senat folgt (s. etwa Urteil vom 29.03.2001 - L 5 KR 137/00 -), für ihren Anwendungsbereich zugleich den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen fest. Bei den BUB-Richtlinien handelt es sich um untergesetzliche Rechtsnormen, die in Verbindung mit § 135 Abs. 1 SGB V für Ärzte, Krankenkassen und Versicherte verbindlich regeln, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zum Leistungsumfang der Krankenversicherung zählen. Ein Versicherter, der sich eine vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht empfohlene Behandlung auf eigene Kosten beschafft, kann im Kostenerstattungsverfahren nicht ein wenden, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und in seinem konkreten Fall wirksam gewesen (BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 7; SozR 3-2500 § 135 Nr. 4, 14).
Der Vorbehalt des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V gilt für alle Arten von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren und damit grundsätzlich auch für neuartige Arzneitherapien (BSG SozR 3-2500 § 31 Nr. 5; SozR 3-2500 § 135 Nr. 14). Nichts anderes gilt für den Fall, dass eine ärztliche Behandlungsmethode nicht auf Arzneimitteln, sondern auf Nahrungsergänzungsmitteln und/oder Vitaminen und (anderen) Lebensmitteln beruht. Auch in diesem Fall erfordert die Qualitätssicherung der ärztlichen Behandlung eine derartige Prüfung durch den Bundesausschuss (Senat, Urteil vom 20.03.2001 - L 5 KR 216/00 -). Es kann daher dahinstehen, ob es sich bei den eingesetzten Präparaten um Arzneimittel i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) oder Nahrungsergänzungsmittel handelt.
Eine Empfehlung des Bundesausschusses liegt hinsichtlich des hier streitigen Behandlungskonzepts nicht vor. Ein Leistungsanspruch kann damit ausnahmsweise nur dann in Betracht kommen, wenn die fehlende Anerkennung der Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass der Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen das Verfahren nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt hat (sog. Systemversagen). In einem solchen Fall widerspricht die Nichtberücksichtigung der Methode in den BUB-Richtlinien höherrangigem Recht, nämlich der Garantie eines den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden Krankenbehandlungsanspruchs (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4, 14).
Anhaltspunkte für einen Systemmangel liegen nicht vor. Versäumnisse des Bundesausschusses bzw. der zur Antragstellung befugten Stellen (Nr. 2.2 der BUB-Richtlinien) können nur bejaht werden, wenn der neuen Methode in der medizinischen Fachdiskussion bereits ein solches Gewicht zukommt, dass eine Überprüfung und Entscheidung durch den Bundesausschuss veranlasst gewesen wäre. Vorausgesetzt wird damit eine tatsächliche Verbreitung der Methode in der Praxis und in der fachlichen Diskussion (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4). Für eine Verbreitung der Methode in diesem Sinne ist angesichts der Tatsache, dass nach Aussage von Dr. H ... die Methode nur von etwa 80 Ärzten der Bundesrepublik unterstützt bzw. angewandt wird und offenbar bislang auch keine Studien einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht worden ist (eine von Dr. H ... erstellte Studie ist nur zur Veröffentlichung eingereicht) nichts ersichtlich.
Da schon mangels Anerkennung der Methode sowohl ein Kostenerstattungsanspruch als auch ein Behandlungsanspruch für die künftige Behandlung ausscheidet, braucht nicht den weiteren Fragen nachgegangen werden, ob die vom Kläger eingenommenen Präparate überhaupt ärztlich verordnet worden sind und wie der Umstand zu beurteilen ist, dass es sich bei Dr. H ... um einen Nicht-Vertragsarzt handelt, der grundsätzlich nur in Notfällen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) in Anspruch genommen werden darf.
Soweit der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages sich noch im Januar 1999 für die Kostenübernahme für die Fratzer-Therapie eingesetzt haben sollte, fußt die wiedergegebene Begründung auf der früheren, seit Inkrafttreten des SGB V überholten Rechtsprechung des BSG und geht damit an der oben dargestellten Rechtslage vorbei.
Es bestand kein Anlass, das Verfahren auszusetzen und bis zu einer Veröffentlichung der von Dr. H ... erstellten Studie und eventuellen Anerkennung der Methode durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen ruhen zu lassen. § 135 Abs. 1 SGB V ist in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt gefasst und schließt neue Behandlungsmethoden solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen aus, als der Bundesausschuss sie nicht als zweckmäßig anerkannt hat (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4, 12). Somit besteht auch bei Anerkennung der Methode durch den Bundesausschuss kein Leistungsanspruch für die Zeit vor dieser Entscheidung, so dass eine Kostenerstattung für die Vergangenheit auch bei späterer positiver Empfehlung des Bundesausschusses ausscheiden würde. Sollte der Bundesauschuss die Behandlungsmethode positiv bewerten, stünde dem Kläger ohnehin ab diesem Zeitpunkt ein Leistungsanspruch gegen die Beklagte zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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