L 1 BA 108/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 1388/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 BA 108/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum sozialversicherungsrechtlichen Status eines Skippers
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. September 2017 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2017 wird aufgehoben, soweit dort Beiträge für den Beigeladenen zu 1) und Säumniszuschläge hierauf festgesetzt sind. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, für welche diese jeweils selbst aufzukommen haben. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Angegriffen ist ein Prüfbescheid der Beklagten. Die Beteiligten streiten der Sache nach um den sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 (nachfolgend nur noch: "der Beigeladene") als Skipper für den Kläger.

Dieser betreibt eine Segelschule sowie unter der Firma "S i B " bzw. aktuell "S H" ein Unternehmen zur Durchführung von Segelreisen auf ihm gehörenden Segeljachten. Die Törns werden wie eine Urlaubsreise gebucht. Der Kläger ist der Veranstalter. Die Fahrten dienen vorrangig als Ausbildungsreisen, auf denen seglerische Fertigkeiten vermittelt und erworben werden, um die Reiseteilnehmer auf den Erwerb amtlicher Sportbootführerscheine vorzubereiten. Zudem kann Segelerfahrung nachgewiesen werden. Der Kläger schließt mit den Reiseteilnehmern regelmäßig Vereinbarungen, auf die Kopien in der Gerichtsakte wird ergänzend verwiesen. Er bedient sich zur Führung seiner Yachten erfahrener Skipper.

Der Beigeladene ist als solcher für den Kläger und für andere Unternehmen tätig. Er überführt auch Schiffe. Der Kläger und er schlossen am 26. November 2012 einen "Kooperationsvertrag" ab. Auf diesen wird ergänzend verwiesen. Nach dessen § 1 beschließen der Beigeladene als Schiffsführer und der Kläger als Inhaber der Segelreisen Berlin, vom 5. Januar 2013 an bis zum 16. März 2013 gemeinsam die Segelyacht A auf Ein-Wochen-Segeltörns einzusetzen und zu vermarkten. Der Schiffsführer übernehme die Yacht in P d M (G C) von der S B als Kooperationspartner und führe die Yacht nach dem vom Schiffsführer ausgearbeiteten Törnplan.

Entgegen dieser Kooperationsvereinbarung wurde der Beigeladene nie für einen längeren Zeitraum verpflichtet. Die Zusammenarbeit bezog sich immer nur auf bestimmte (Wochen-)Törns, teilweise auch für mehrere Törns hintereinander.

Der Beklagte führte vom 16. September 2015 bis zum 17. Dezember 2015 beim Kläger eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2014 durch. Sie forderte nach vorangegangener Anhörung mit Bescheid vom 17. Dezember 2015 Beiträge in Höhe von 7.562,75 EUR einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 75,50 EUR nach. Darin enthalten waren fast überwiegend Beiträge für den Beigeladenen an die Beigeladene zu 2) als Einzugsstelle in Höhe von 3.744,26 EUR für im Einzelnen bezeichnete Zeiträume im Jahr 2013 sowie 2.946,15 EUR für Zeiten im Jahr 2014, ferner Beiträge zur Seemannskasse in Höhe von 485,34 EUR sowie 75,50 EUR Säumniszuschläge, insgesamt 7.251,25 EUR. Zur Begründung führte die Beklagte u. a. aus, Seeleute im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) stünden in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zum Reeder, sofern sie nicht gleichzeitig auch Eigentümer des Schiffes seien. Vorliegend habe der Kläger im Rahmen der Prüfung glaubhaft gemacht, vom Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen als Skipper ausgegangen zu sein und damit von der Zahlungspflicht nichts gewusst zu haben. Deshalb seien Säumniszuschläge auf die Nachforderungen nicht zu erheben.

Der Kläger erhob Widerspruch, soweit in Höhe von 7.251,25 EUR Nachforderungen für den Beigeladenen erhoben wurden und reichte eine Stellungnahme des Beigeladenen ein, wonach dieser seit mehr als 10 Jahren freiberuflich tätig sei. Der Kläger trug vor, dass dem Beigeladenen eigenverantwortlich die Findung der zu segelnden Strecke obliege. Er sei hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes nicht weisungsgebunden. Er könne entscheiden, wenn beispielsweise bei schlechtem Wetter der Törn nicht durchgeführt werden könne. Der Beigeladene sei nicht in die Arbeitsorganisation der S B eingegliedert.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2017 zurück: Unter Würdigung der Gesamtumstände sei festzustellen, dass der Beigeladene als Schiffsführer abhängig beschäftigt gewesen sei. Die Segeltörns hätten im Namen und auf Rechnung des Klägers stattgefunden, welcher Eigentümer der Yachten, der Betriebsstätten, sei und das alleinige Unternehmerrisiko getragen habe. Dem Schiffsführer habe unabhängig von Gewinn oder Verlust ein Festbetrag pro Törn zugestanden.

Hiergegen hat der Kläger am 12. Juli 2017 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat der Kläger ergänzend ausgeführt, er habe lediglich im Vorfeld großräumig die Fahrtgebiete seiner Schiffe zur Gewährleistung der notwendigen Wartungsintervalle festgelegt. Sobald der Beigeladene für einzelne Reisen zugesagt habe, habe dieser vor Reiseantritt selbständig Fahrtrouten und anzulaufende Häfen festgelegt. Einzig die Übergabehäfen an die nachfolgende Crew seien gemeinsam mit dem Kläger festgelegt worden. Während der einzelnen Reise habe der Beigeladene entschieden, ob er die geplanten Routen einhielt oder veränderte. Auch die Ausbildung der Reiseteilnehmer sei nach eigenem Dafürhalten und nur in Abstimmung zwischen dem Beigeladenen und den Reiseteilnehmern durchgeführt worden. Der Beigeladene habe gegenüber dem Kläger auch keine Berichtspflicht gehabt. Er habe lediglich das nach § 478 Abs. 2 Handelsgesetzbuch vorgesehene Logbuch geführt und dem Kläger gegen Ende jeder Reise mitgeteilt, ob es ihm gelingen werde, den vorgesehenen Übergabehafen zu erreichen. Außerdem habe er auf größere Havarien hingewiesen, damit deren Beseitigung im nächsten Hafen habe vorbereitet werden können. Vereinbart hätten die Vertragsparteien eine selbständige Tätigkeit. Es sprächen auch etliche Indizien gegen die Annahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Der Beigeladene habe keine Verpflichtung zur persönlichen Erbringung seiner vertraglich geschuldeten Leistung gehabt. Nach § 9 des Kooperationsvertrages sei ihm gestattet gewesen, einen Ersatzschiffsführer zu stellen. Es habe auch keine Berichtspflichten gegeben. Er habe lediglich die handelsrechtlichen Vorschriften erfüllen müssen. Der Beigeladene habe auch eigene Betriebsmittel beigebracht, nämlich seine langjährige Erfahrung in Schiffsführung und Navigation und die von ihm inne gehaltenen amtlichen Erlaubnisse. Der Beigeladene habe auch ein Unternehmerrisiko gehabt. Die Unternehmensbeteiligung in Höhe von 550 EUR pro Törn sollte ihm vom gemeinsamen Einnahmekonto ausgezahlt werden. Hätte dieses am Ende der Reise kein Guthaben aufgewiesen, wäre an ihn nichts gezahlt worden. Eine Vergütung von 550 EUR pro Woche sei auf dem Markt ein Spitzenbetrag. Der Markt sei davon geprägt, dass die ganz überwiegende Zahl der Skipper nebenberuflich tätig sei oder gar als Urlaub Fahrten durchführten.

Der Beigeladene hat erklärt, er habe ein persönliches Interesse am Segeln und habe sich dann auch dafür interessiert, so genannte "Dickschiffe" zu segeln. Als er erfahren habe, dass man eine Aufwandsentschädigung erhalten könne, wenn man für andere ein solches Boot segele, habe sich das Segeln für ihn zu einer gewerblichen Tätigkeit entwickelt. Zunächst sei es nur ein Hobby gewesen. Er habe noch bei Filmproduktionen mitgewirkt und Übersetzungen angefertigt. Er wolle beim Segeln nicht angestellt sein. Dies entspreche für ihn nicht der seglerischen Freiheit. Er habe bedingt Einfluss auf die Teilnehmerzahl. Eine bestimmte Teilnehmerzahl solle aus Sicherheits- bzw. Komfortgründen nicht unterschritten werden. Teilweise habe er eigene Kandidaten mit vorgeschlagen. Start und Ziel der Route stünden fest. Dazwischen sei die Einteilung frei. Die Route lege er fest; das Wetter sei der Chef. Soweit ein Törn nicht stattgefunden hätte, hätte er keine Vergütung erzielt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21. September 2018 abgewiesen. Der Prüfbescheid der Beklagten nach § 28p Abs. 1 S. 1 SGB IV sei rechtmäßig, da die Beklagte richtig zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der Beigeladene im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich jeweils in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis beim Kläger gestanden habe. Zwar hätten der Kläger und der Beigeladene ausweislich der Kooperationsvereinbarung vom 26. November 2012 Selbständigkeit gewollt, indes komme dem dokumentierten Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, nur dann indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspreche und er durch weitere Aspekte gestützt werde bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine Beschäftigung sprächen. Vorliegend überwögen bereits aus der vertraglichen Grundlage der Tätigkeit die Indizien für eine Beschäftigung als Schiffsführer. Bereits aus der Detailliertheit der vertraglichen Vereinbarung ergebe sich, dass der Beigeladene bestimmten Weisungen des Klägers unterlegen und in dessen Betriebsorganisation eingebunden gewesen sei. So habe der Beigeladene bereits auf vertraglicher Grundlage den Weisungen des Klägers hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln der Reiseteilnehmer unterlegen. Er habe nach § 12 des Vertrages darauf zu achten gehabt, dass die Sicherheitsanweisungen befolgt, kein Alkohol oder andere berauschende Mittel während der Wachen eingenommen würden, Rettungswesten mit Sicherheitsgurten ab bestimmten Windstärken getragen würden und ab Windstärke 8 Beaufort ein sicherer Hafen angesteuert sowie dass unter Deck nicht geraucht werde. Anders als es § 2 des Vertrages nahelege, habe der Kläger eine Gesamtverantwortung übernommen und deshalb Bestimmungen zur Sicherheit der Reiseteilnehmer und der Yacht erteilt. Dies sei aus der Einlassung des Klägers deutlich geworden, wonach die Versicherung (Kasko) eine Schiffs- und Insassenversicherung nebst Unfallversicherung für die Besatzung enthalte. Weitere Verhaltensvorgaben enthalte der Kooperationsvertrag in § 13, wonach bestimmte Gegenstände besonders sorgsam zu behandeln bzw. gegen Diebstahl zu sichern seien. Darüber hinaus sei dem Beigeladenen vom Kläger mit der Aushändigung der Schiffskasse (§ 15 des Kooperationsvertrages) die Verantwortung des Einsatzes von finanziellen Mitteln des Klägers im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit übertragen worden. Dies lasse auf eine Eingliederung in die Arbeitsstruktur des Klägers schließen. Auch die Einlassungen des Beigeladenen und des Klägers bestätigten, dass die Indizien für eine Beschäftigung überwögen. Zwar habe der Beigeladene auf seine Motivation hingewiesen, ein hohes Maß an persönlicher Freiheit zu erhalten. Andererseits habe er aber auch nicht ausgeführt, eine typische selbständige Unternehmung mit entsprechendem unternehmerischem Risiko eingehen zu wollen. Sowohl er wie der Kläger hätten übereinstimmend ausgeführt, dass vereinbarungsgemäß durchgeführten Segeltörns das Konzept des Klägers zugrunde gelegen habe, wonach nicht allein Urlaubsreisen sondern hauptsächlich die Segelausbildung Grundlage der Segeltörns sei. Dieses Konzept sei nicht ausgehandelt, sondern vom Kläger grundlegend vorgegeben gewesen. Auch habe der Kläger erläutert, dass sich die Vergütung am Markt der Skipper orientiere. Daraus sei zu schließen, dass die Unternehmensbeteiligung keine wirkliche gewesen sei, sondern vielmehr eine typische Vergütung nach der Marktlage. Zudem sei aus den Einlassungen des Klägers und des Beigeladenen ersichtlich geworden, dass die Durchführung der (Ausbildungs-)Segeltörns nicht jeweils ein Betrieb des Klägers und des Beigeladenen in Kooperation dargestellt habe. Vielmehr stellten sich diese als hauptsächlicher Betriebsinhalt des Klägers dar. In dessen Werbetätigkeit, Planung, Gesamtstruktur zur Kosten- und Verlustplanung einschließlich der unternehmerischen Sorge für die Betriebsmittel sei der Beigeladene eingegliedert gewesen, in dem er sich der vom Kläger vorgegebenen Betriebsstruktur habe anpassen müssen. Alleine die vom Beigeladenen erstellten Segelroute, welche vom Kläger zu genehmigen gewesen sei, und die dann freie Durchführung der Tour während der Zeit auf See überwögen nicht als Indizien für Selbstständigkeit. Die dazu ergangenen Schilderungen, dass von den Reiseteilnehmern unter Beratung durch den Beigeladenen durchaus von der ursprünglichen Segelroute im zwischenzeitlichen Verlauf abgewichen habe werden können, zum Beispiel ob am Hafen mit Liegegebühren oder an einer kostenfreien Bucht übernachtet werden sollte, sei als in der Natur der Sache liegend anzusehen, da eine Segeltour entsprechend der natürlichen Bedingungen aus dem Wetter und der Küste durchzuführen sei. Auch wenn hieraus ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit ersichtlich werde, so überwöge doch die Eingliederung in den arbeitsorganisatorischen Ablauf des Klägers. Für die übrigen vom Beigeladenen für den Kläger durchgeführten Segeltörns lägen keine fortgeführten vertraglichen Grundlagen vor. Allerdings seien diese in ihrer Organisation und ihrem Ablauf ebenso wie die zuvor vertraglich vereinbarten durchgeführt worden. Die Höhe der Beitragsnachforderung sei nicht zu beanstanden und zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Gegen diese am 8. Oktober 2018 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers vom 7. November 2018. Zu deren Begründung führt er aus, entgegen der Auffassung des SG habe der vom Beigeladenen jeweils ausgearbeitete Törnplan nicht der Zustimmung des Klägers bedurft. Der Beigeladene habe vielmehr einen Anspruch auf Zustimmung durch den Kläger gehabt, sofern der von ihm ohne inhaltliche Einflussnahmemöglichkeit ausgearbeitete Törnplan die aus organisatorischen Gründen unabdingbare Möglichkeit geboten habe, das vorgesehene Reiseziel zu erreichen. Unrichtig sei auch die Feststellung, der Beigeladene habe die laufenden Kosten während der Reise bei den Reiseteilnehmern erheben haben müssen. Bei den Einnahmen und Ausgaben aus der Kooperation, welche durch den Kläger verwaltet worden seien und der Schiffskasse, die durch den Beigeladenen geführt worden sei, habe es sich um zwei vollständig getrennte Buchungskreise gehandelt, die durch den jeweilig Zuständigen eigenverantwortlich zu betreuen gewesen seien. In die Einnahmen und Ausgaben aus der Kooperation seien die grundlegend im Rahmen der Unternehmensausübung anfallenden Buchungsvorfälle eingeflossen, also die von den Reiseteilnehmern in Voraus zu entrichtenden Chartergebühren, von denen als Passiva die anteiligen allgemeinen Werbungskosten der jeweiligen Reise durch den Kläger getragen worden seien. Bei der Schiffskasse habe es sich davon unabhängig um etwas anderes gehandelt. Jeder Reiseteilnehmer habe nach Ankunft auf dem Schiff zusätzlich zu den gezahlten Chartergebühren einen Beitrag von einigen Hundert Euro vor Ort an den Skipper zu zahlen gehabt. Davon habe dieser die durch die Reise veranlassten, gemeinsamen Ausgaben für die Verpflegung an Bord, Liegegelder, Treibstoff, gemeinsame Restaurantbesuche etc. bezahlt. Die Schiffskasse sei daher ein reines Auslagenkonto und völlig erfolgsneutral geführt worden. Soweit das SG die Ansicht vertreten habe, der Kooperationsvertrag habe eine Reihe von konkreten Verhaltensanweisungen enthalten, möge dies darauf beruhen, dass die erkennenden Richter keine Kenntnisse über das Segeln auf See gesammelt hätten. Bei Punkten wie dem Tragen von Rettungswesten, dem Verbot von übermäßigem Alkoholgenuss während der Wachzeiten oder der Vorgabe, ab Windstärke 8 möglichst nicht mehr auszulaufen, handele es sich im Segelsport um grundlegende Selbstverständlichkeiten, die eigentlich nicht einmal einer Erwähnung im Vertrag wert seien. Unberücksichtigt sei § 11 des Kooperationsvertrages geblieben, wonach der Beigeladene jederzeit das Recht gehabt habe, seine Dienste auch Konkurrenten des Klägers anzubieten bzw. auf eigene Rechnung (Überführungs-)Törns zu fahren. Bei der rechtlichen Würdigung sei ferner unberücksichtigt geblieben, dass der Beigeladene wiederholt betont habe, nie die Absicht gehabt zu haben, irgendwo angestellt zu sein. Der Beigeladene beschreibe die Törnpläne auch selbst. Dass dort auch den Interessen des Klägers Rechnung getragen worden sei, z. B. dass der Ausbildungsanteil nicht zu gering ausfalle, sei eine Selbstverständlichkeit. Beim Beigeladenen habe es sich vom Gepräge seiner Tätigkeit her um eine Art "Subunternehmer" des Klägers gehandelt, dessen Diensten sich dieser bedient habe, um seine Verpflichtungen gegenüber seiner Reisegästen zu erfüllen. Die Vergütung des Beigeladenen sei nur aus dem jeweils eingerichteten Konto erfolgt. Hätte dieses Konto nicht die erforderliche Deckung aufgewiesen, hätte er keine Vergütung erhalten. Überdies habe der Beigeladene im Juli 2012 die Führung von insgesamt drei einwöchigen Reisen übernommen, die in Richtung Schottland führen sollten. Die erste und die letzte dieser Reisen hätten wie geplant stattgefunden, für die zweite habe sich lediglich ein Interessent gefunden, so dass diese abgesagt habe werden müssen. In dieser Woche sei der Beigeladene in einem schottischen Hafen festgesessen. Da auf das für diese Reise eingerichtete Konto keine Zahlungen geflossen seien, habe er keine Vergütung erhalten. Insoweit habe er die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Zu Unrecht habe das SG schließlich unberücksichtigt gelassen, dass der Beigeladene die geschuldete Leistung nicht persönlich zu erbringen gehabt habe. Für ein Konkurrenzunternehmen des Klägers, das des Herrn M H, welches identische Kooperationsvereinbarungen verwendet habe, sei die Beklagte regelmäßig bei Betriebsprüfungen nach 28p SGB IV zum Ergebnis selbständiger Skipper gelangt. Gleiches gelte im Prüfbescheid für den nachfolgenden Zeitraum für den gleich beschäftigten Skipper des Klägers C S. Das vereinbarte Honorar des Beigeladenen liege immerhin 60% über dem Arbeitsentgelt, das der im gleichen Zeitraum beim Kläger abhängig beschäftigte Segellehrer K auch für Yacht-Führungen als Skipper erhalten habe (340,- EUR pro Woche).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. September 2018 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2017 aufzuheben, soweit dort Beiträge für den Beigeladenen zu 1) nachgefordert werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie führt aus, ergänzend zu der Begründung des SG fehle es auch an einem Unternehmerrisiko des Beigeladenen. Diesem sei das zur Ausübung seiner Skippertätigkeit notwendige Schiff inklusive der vorbeschriebenen Sicherheitsausrüstung unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden. Auch sei keine erfolgsabhängige Bezahlung erfolgt. Ungewiss sei also nicht der Erfolg des Einsatzes der persönlichen Arbeitskraft gewesen, sondern nur, ob es überhaupt zum Einsatz komme.

Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten lag zur mündlichen Verhandlung vor und war Gegenstand der Erörterung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Prüfbescheid vom 17. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2017 ist, soweit er angefochten ist, rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Gegenstand der Prüfung bei den Arbeitgebern ist nach § 28p SGB IV, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, insbesondere die zur richtigen Beitragszahlung, ordnungsgemäß erfüllen. Nach § 28d SGB IV umfasst der Gesamtsozialversicherungsbeitrag den Beitrag nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie die Beiträge für die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Er ist nach § 28e Abs. 1 SGB IV vom Arbeitgeber zu zahlen. Zahlungsempfänger sind nach § 28h SGB IV die Krankenkassen als Einzugsstellen. Diese Vorschriften gelten nach § 10 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) entsprechend für die nach § 7 AAG zu erhebenden Umlagenbeträge und nach § 359 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) auch für die nach § 358 SGB III zu erhebende Umlage für das Insolvenzgeld ("UI"). Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch sowie § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken -, Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Darüber hinaus besteht nach Maßgabe des § 137 b Abs. 2 Nr. 1 SGB VI eine zusätzliche Versicherungspflicht bei der Beklagten als Seemannskasse. Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht jeweils erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Auch die in § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB IV enthaltene Legaldefinition für Seeleuten setzt ausdrücklich neben der Eigenschaft, Besatzungsmitglied an Bord eines Seeschiffes zu sein, eine solche abhängige Beschäftigung voraus (vgl. Ziegelmeier in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand September 2019 § 13 SGB IV Rdnr. 3 a). Der Beigeladene war hier nicht im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV beschäftigt. Beitragspflichten sind deshalb nicht entstanden:

Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 3/17 R - Rdnr. 12 mit weit. Nachweisen). Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, gegebenenfalls den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, a. a. O. Rdnr. 13 mit weiteren Nachweisen).

Ausgangspunkt der Prüfung sind demnach die für die Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Hier haben der Kläger und der Beigeladene den Kooperationsvertrag vom 26. November 2012 abgeschlossen, der nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten auch für die späteren Segelfahrten Grundlage der Tätigkeit des Beigeladenen gewesen ist. Danach war Selbstständigkeit des Beigeladenen gewollt: Vertragsgegenstand ist nach § 1 Abs. 1 S. 1 des Vertrages der gemeinsame Einsatz der Segelyacht auf Ein-Wochen-Segeltörns. Die Aufgaben des Beigeladenen als Schiffsführer regeln § 2 und § 3 S. 2 des Kooperationsvertrages. Die Aufgaben des Klägers enthält § 3 S. 1 des Kooperationsvertrages. Nach § 4 Kooperationsvertrag enthält der Beigeladene keine Vergütung sondern eine "Unternehmensbeteiligung" von 550 EUR pro Törn. Dieser Unternehmeranteil wird nach § 5 des Kooperationsvertrages vom gemeinsamen Einnahmekonto überwiesen. Zusätzlich werden nach § 8 des Kooperationsvertrages die Reisekosten des Beigeladenen als Schiffsführer vom Heimatort zum Übergabeort zu Beginn und Ende der Kooperation aus den Einnahmen der Kooperation bezahlt. § 9 des Vertrages berechtigt den Beigeladenen, die vereinbarte Arbeit zu unterbrechen und einen Ersatzschiffsführer zu stellen. Dies erfolgt allerdings nach § 9 S. 2 der Regelung in Absprache mit dem Kläger, der den Ersatz-Schiffsführer ablehnen kann, wenn er wesentliche und begründete Bedenken vorbringt. Die danach vereinbarte Kooperation stellt sich rechtlich insgesamt als Vereinbarung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) dar. Allerdings ist diese nur im Innenverhältnis aufgetreten. Im Außenverhältnis ist der Beigeladenen den Reiseteilnehmern gegenüber nicht als Gesellschafter einer gemeinsam mit dem Kläger gebildeten Segeltörn-GbR aufgetreten, sondern als Angestellter/Subunternehmer des Segelreiseunternehmens des Klägers selbst. Für Selbständigkeit spricht auch § 11 des Kooperationsvertrages, das Recht des Beigeladenen, kurzfristig - aber in Absprache mit dem Kläger - mit anderen Veranstaltern von Segelreisen zusammenzuarbeiten oder auf eigene Rechnung Segeltörns zu fahren. Die Vereinbarung einer selbstständigen Tätigkeit entspricht auch dem Willen der Vertragsparteien. Insbesondere der Beigeladene hat Wert darauf gelegt, "frei" zu sein.

Entscheidend für den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit ist aber wie ausgeführt nicht die Vereinbarung zwischen den Beteiligten. Auch eine von den Beteiligten ausdrücklich gewollte Selbständigkeit muss vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn die Versicherungspflicht entsteht kraft Gesetzes und kann nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welche gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris Rdnr. 17 und Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rdnr. 17).

Der Senat geht hier nach Würdigung aller Indizien davon aus, dass die tatsächliche Durchführung der Segelfahrten nicht im Widerspruch zu der Kooperationsvereinbarung stattgefunden hat. Bei der in der Gesamtbetrachtung festzustellenden Gemengelage zwischen Indizien, die für wie gegen Weisungsabhängigkeit und Betriebseingliederung sprechen, spricht mehr für eine auch tatsächlich praktizierte Selbstständigkeit:

Kein Indiz ist zunächst jedoch, dass es dem Beigeladenen nach dem Kooperationsvertrag freigestanden hat, einen Einzeltörn zu übernehmen oder nicht. Denn auch jeder Arbeitnehmer ist frei in seiner Entscheidung darüber, ob er ein Arbeitsverhältnis eingeht. Entscheidend sind deswegen die Verhältnisse, unter denen die Tätigkeit nach Abschluss eines Einzelvertrages auszuüben war. Ein Weisungsrecht muss auch nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart werden. Es reicht aus, dass es tatsächlich praktiziert wird, in dem der zur Übernahme von Diensten Verpflichtete in eine ihm fremde Arbeitsorganisation eingegliedert wird.

Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung aufgrund Eingliederung spricht, dass der Beigeladene kein eigenes Kapital oder relevante eigene Arbeitsmittel eingesetzt hat. Die Yacht haben jeweils weder die "Segeltörn GbR" geschweige denn der Beigeladene selbst gechartert. Diese wurde vielmehr vom Kläger alleine zur Verfügung gestellt, einschließlich der Sicherheitsausrüstung und der weiteren Ausstattung. Von einem Unternehmerrisiko als Indiz für Selbständigkeit kann deshalb nur bedingt ausgegangen werden: Dass der Beigeladene auf einen eigenen Computer und Telefon zurückgreifen musste, stellt kein relevantes Unternehmerrisiko dar. Computer und Telefon stehen ihm auch privat zur Verfügung. Er ist in seiner Tätigkeit für den Kläger auch nicht werbend nach außen hin aufgetreten und hat keine Ersatzkräfte beschäftigt, obgleich der Kooperationsvertrag dies ermöglicht hätte. Der Beigeladene hat seine Arbeitskraft auch nicht mit der Gefahr eingesetzt, für die eigentliche Skippertätigkeit überhaupt keine Vergütung zu erhalten. Er erhielt für einen durchgeführten Segeltörn eine Vergütung. Nach den eingereichten Abrechnungen hat er dem Kläger Rechnungen gestellt, die von diesem bezahlt wurden. Nach dem Kooperationsvertrag sollte die Vergütung allerdings vom "Einnahmekonto" der Kooperation geleistet werden, soweit dort die Mittel vorhanden waren. Das Risiko fehlender Einnahmen hat sich nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beigeladenen auch einmal realisiert als ein Wochentörn mangels Interessenten nicht stattfinden konnte und der Beigeladene im Hafen festsaß. Besonders gravierend ist dieses Unternehmerrisiko auf der anderen Seite wiederum nicht gewesen. Denn der Beigeladene war zwar gezwungen, sich zu Beginn und zu Ende dieser Woche jeweils am Ort des Hafens aufzuhalten. Er musste jedoch nicht ohne Bezahlung arbeiten.

Für eine gewisse Einbindung in den Segelreise-Betrieb des Klägers spricht, dass dieser den Beigeladenen für einen Subunternehmer hält. Dies deckt sich mit den dokumentierten vertraglichen Vereinbarungen: Die Reiseteilnehmer schließen einen Teilnahmevertrag (nur) mit dem Kläger ab. Ihr Vertragspartner ist nicht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus dem Kläger und dem Beigeladenen.

Andererseits gibt es auch Umstände, die gegen eine Eingliederung des Beigeladenen in den Segelreise-Betrieb des Klägers sprechen: Die Reiseteilnehmer und der Beigeladene bilden für die eigentliche Fahrt eine eigene Gesellschaft: Für die Fahrt selbst müssen Beiträge für die Schiffskasse geleistet werden. Die Teilnehmer bestimmen über die Ausgaben für Liegeplätze und Restaurantbesuche. Ausweislich der Teilnahmebedingungen sind die Mitsegelnden keine Schiffsgäste sondern Crewmitglieder, die sich verpflichten, alle notwendigen Arbeiten auf Anweisung des Schiffsführers auszuführen und sich an der Backschaft (dem Schiffsküchendienst) und am Putzen zu beteiligen. Anders als bei einem Kreuzfahrtschiff als schwimmendes Unternehmen der Reederei stellen sich die Segeltörns für die Mitreisenden als vom Schiffsführer organisiert dar. Der Kläger stellt ab dem Startort bis zum geplanten Zielort nur die Yacht und einen erfahrenen Skipper zur Verfügung. Soweit das SG als Indizien für Abhängigkeit die Regelungen des Kooperationsvertrages zum Segeln bei Sturm, Alkoholverbot etc. angesehen hat, teilt der Senat dies nicht. Bereits allgemein können Vorgaben für den Inhalt der Tätigkeit weder die Annahme von Weisungsunterworfenheit noch die Eingliederung in eine fremde Betriebsordnung im Sinn "funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess" begründen, vor allem, wenn noch Handlungsspielräume verbleiben, die arbeitnehmeruntypisch sind (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 R 3/17 R -, BSGE 125, 177-182 Rdnr. 21). Speziell im vorliegenden Fall weist der Kläger zudem unwidersprochen darauf hin, dass es sich bei den Regelungen um Selbstverständlichkeiten handelt.

In seiner Eigenschaft als Skipper-Kapitän ist der Beigeladene weisungsfrei gewesen. Die Vorgaben beschränkten sich auf die Dauer der Fahrt und den Endzielort. Er bestimmte alle Einzelheiten der Reise ohne Beeinflussung durch den Kläger. Bereits im Vorfeld hat der Beigeladene die Route ausgearbeitet. Die Törns stellen sich insoweit tatsächlich als Kooperation des Beigeladenen mit dem Kläger dar.

Ein wesentlicher (im Voraus feststehender) Zweck der Segelfahrten sollten die Schulung der Teilnehmer bzw. die Gewinnung von Segelerfahrung sein. Auch hinsichtlich der Art und Weise der Schulung ist der Beigeladene frei gewesen. Für Dozenten und Unterrichtende entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass die Einbettung in Rahmenpläne und die Vorgaben an Ort, Zeit und Dauer nicht bereits gegen Selbstständigkeit spricht (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 14. März 2018 a. a. O. Rdnr. 21).

Für eine fehlende Eingliederung spricht hier auch der Umstand, dass die Skippertätigkeit im Grenzbereich zwischen Beruf und Hobby chargiert. Der Beigeladene hat diese Tätigkeit nicht nur zum Geldverdienen ausgeübt. Der Kläger kann mit Recht auf Parallelen zur Entscheidung des BSG vom 28. Mai 2008 (B 12 KR 13/07 R, Freelancer) zu einem Piloten mit Einzelaufträgen hinweisen. Allerdings teilt der Senat die Auffassung, dass die Fälle beinahe identisch seien, nicht. Zwar gehört die Tätigkeit eines Piloten ohne eigenes Flugzeug nach der Rechtsprechung des BSG zu den durch die Persönlichkeit des Dienstleisters bestimmten Tätigkeiten, die sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung als auch in der einer selbständigen Tätigkeit erbracht werden können. Danach kann alleine aus der geminderten Autonomie der Freelancer bei der Durchführung der einzelnen Einsätze, die an gewisse Eckpunkte des jeweiligen Auftrages wie Abflugzeit, Ziel des Fluges, Abflug- und Zielflughafen und zu transportierende Güter bzw. Personen durch den Auftraggeber und den äußeren Ablauf durch gesetzliche und flugtechnische Regelungen vorgegeben sind, nicht auf eine Weisungsgebundenheit und damit persönliche Abhängigkeit geschlossen werden (BSG, a.a.O., juris-Rdnr. 23). Dies gilt entsprechend auch für einen Schiffskapitän bzw. Skipper. Ein Kriterium ist für das BSG allerdings gewesen, dass von den dortigen Freelancern keine ständige Dienstbereitschaft erwartet wurde. Im Gegensatz hierzu sind die Skipper während der Segeltörns im "Dauereinsatz". Maßgeblich ist es für das BSG in der damaligen Entscheidung jedoch auch gewesen, dass bei den Freelancer-Piloten ungeachtet der von ihnen erhaltenen Pauschalvergütung die wirtschaftliche Verwertung der Arbeitskraft ersichtlich nicht im Vordergrund gestanden habe. In erster Linie seien die Piloten geflogen, um Auflagen zur Aufrechterhaltung ihrer Fluglizenzen zu erfüllen (BSG, a.a.O., juris-Rdnr. 27). Bei der hier in Rede stehenden Tätigkeit geht es dem entsprechend nicht nur um die Erwerbsmöglichkeit, sondern entscheidend auch um das Segeln auf Hochseeyachten als solchem.

Anders als bei klassischen "Scheinselbständigen" wie etwa bei Paketausliefern als vorgeblich selbständigen Frachtführer kann für die Skippertätigkeit auch nicht von der Vergütungsvereinbarung im Rahmen einer GbR auf eine Umgehung einer bestehenden Beschäftigung geschlossen werden. Dass ein Skipper am Markt nicht besonders viel verdient, liegt an dem erwähnten Hobby- bzw. Urlaubscharakter. Unwidersprochen und glaubhaft hat der Kläger darauf verwiesen, dass das Gehalt, welches er im selben Zeitraum einem seiner Segellehrer für die Skippertätigkeit gezahlt hat, auch nur 340,- EUR brutto pro Woche betragen hat. Der Beigeladene hat immerhin ca. 62% mehr erhalten. Zu Recht kann sich deshalb der Kläger abschließend als gewisses Indiz für gelebte Selbständigkeit auf den Entscheidungssatz des BSG berufen, dass es sich bei einem deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegenden und Eigenvorsorge zulassenden Honorarvereinbarung um ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit (Urteil vom 31.3.2017 -B 12 R 7/15 R - Rdnr 50).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Zu entscheiden war ein Einzelfall.
Rechtskraft
Aus
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