L 32 AS 316/20 B

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 17 AS 2012/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 316/20 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Beklagten vom 25. Februar 2020 wird als unzulässig verworfen. Die Beklagte hat Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde vom 25. Februar 2020 gegen die Anordnung von Missbrauchskosten nach § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 SGG i.H.v. 320,00 Euro im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Januar 2020.

Das Sozialgericht hat mit dem bezeichneten Gerichtsbescheid die endgültigen Festsetzungsbescheide vom 9. März 2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. Oktober 2016 geändert und die Beklagte verpflichtet, den Klägern insgesamt weitere Leistungen für die Heizkosten i.H.v. 2,68 Euro monatlich für die Monate Oktober und November 2015 zu bewilligen und hat die Erstattungsbescheide vom 15. Dezember 2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 9. März 2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. Oktober 2016 teilweise in Höhe eines Betrages von insgesamt monatlich 2,68 Euro für die Monate Oktober und November 2015 aufgehoben. Das Sozialgericht hatte mit Schreiben vom 12. Dezember 2019, welches der Beklagten am 17. Dezember 2019 zuging, vor Erlass des Gerichtsbescheides und im Hinblick auf im Raum stehende Missbrauchskosten angehört. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Gerichtsbescheides wies auf die Rechtsbehelfe der Nichtzulassungsbeschwerde und des Antrags auf mündliche Verhandlung hin. Sie enthielt eine Rechtsmittelbelehrung über die Möglichkeit einer Beschwerde gegen einen Beschluss über die Verhängung von Mutwillenskosten.

Mit ihrer Beschwerde vom 25. Februar 2020 wendet sich die Beklagte gegen die Anordnung der Missbrauchsgebühren. Fraglich erscheine ob die Verhältnismäßigkeit der Mutwillenskosten gewahrt worden sei. Zutreffend sei, dass die Beklagte nicht auf die Anhörung reagiert habe. Allerdings sei die gesetzte Frist und gewährte Nachfrist im Hinblick auf die Verfahrensdauer unverhältnismäßig kurz gewesen. Die Höhe der strittigen Leistungen könnten nicht zur Begründung der Mutwilligkeit herangezogen werden. Die Mitarbeiter der Beklagten seien an die Richtlinie des Landkreises gebunden. Die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze (Bruttowarmmiete) sei nicht zulässig gewesen.

Die Beschwerde ist nicht zulässig. Sie richtet sich ausschließlich gegen die Anordnung von Missbrauchsgebühren. Der Beschwerdeschrift und der Beschwerdebegründung können auch im Rahmen der nach § 123 SGG gebotenen Auslegung keinerlei Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass sich die Beklagte gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid wenden wollen würde. Eine derartige isolierte Anfechtung von Missbrauchskosten im Rahmen eines Rechtsmittels ist nach § 192 Abs. 3 Satz 2 SGG nicht statthaft.

Zur Anordnung der Missbrauchsgebühren nach § 192 Abs. 1 SGG regelt Absatz 3 der Vorschrift: "Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden." Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr, weil diese Bestandteil der Kostenentscheidung ist, weder mit der Berufung noch mit der Beschwerde isoliert anfechtbar (BSG, Beschluss vom 28.10.10, B 13 R 229/10 B; Beschluss vom 20.03.2017, B 14 AS 329/16 B, RdNr. 3; Beschluss vom 06.08.2019, B 5 R 151/19 B, RdNr. 5; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 192 RdNr. 20 m.w.N.). Eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung beinhaltet keine Zulassung eines gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsmittels.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Beschwerdeverfahren um ein selbständiges, nicht kontradiktorisches und mit einer eigenen Kostenentscheidung zu versehendes Verfahren im Rahmen des von den Beteiligten betriebenen Hauptsacheverfahrens handelt (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.03.2011, L 9 U 1083/10 B, juris-RdNr. 23). Eine Kostenentscheidung zugunsten der Kläger des Hauptsacheverfahrens kommt schon deshalb nicht in Betracht. Die Beschwerdeführerin ist jedoch im Verhältnis zur Staatskasse in dem anhängigen Beschwerdeverfahren nicht hinsichtlich der zu erhebenden Gerichtskosten privilegiert, weil sie nicht zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis (Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt sind) gehört. Ein Fall nach § 184 SGG liegt wegen des Streitgegenstandes nicht vor, weshalb die Kostenprivilegierung der Beklagten für Pauschgebühren als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X nicht greift und der Verweis im letzten Teilsatz dieser Vorschrift auf § 197a SGG wirksam ist (Timme in LPK-SGB X, 5. Aufl. § 64 SGB X, RdNr. 8; Mutschler in Kasseler Kommentar, 107. EL Dezember 2019, § 64 SGB X, RdNr. 18 f.). § 197a SGG stellt für die Beurteilung der Anwendbarkeit des Gerichtskostengesetzes und der VwGO auf den Rechtszug ab, also auf das Verfahren vor dem SG, dem LSG und dem BSG. Für jeden dieser Rechtszüge ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 197a SGG erfüllt sind. Ein Grund, Gerichtskosten nach dem GKG in der vorliegenden Fallgestaltung nicht zu erheben, ist nicht ersichtlich. Vielmehr sind auf der Grundlage des § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens, die sich auf 60 Euro belaufen (KV 7504 der Anlage 1 zum GKG), als Gerichtskosten an die Staatskasse zu bezahlen.

Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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