L 1 KR 311/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 208 KR 966/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 311/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2016 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin aus dem Berufungsverfahren zu tragen. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in der Zeit vom 2. September 2013 bis 6. September 2013 bei der Beigeladenen zu 1) in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat.

Die 1977 geborene Klägerin arbeitete als (Film-)Editor. Durch Bescheid vom 26. Juli 2006 bestätigte ihr die Beklagte, dass die ausgeübte selbständige Tätigkeit als Editor nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe.

Vom 2. September 2013 bis zum 6. September 2013 wurde die Klägerin für die Beigeladene zu 1) tätig. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht geschlossen, die Klägerin wurde kurzfristig beauftragt. Gegenstand ihrer Tätigkeit war es, aus zur Verfügung gestellten Filmmaterial die 15minütige Eingangssequenz einer insgesamt 45 Minuten langen Folge einer Fernsehserie mit dem Titel "S m M" für eine Produktionsfirma herzustellen. Für ihre bildgestalterische Tätigkeit berechnete sie der Beigeladenen zu 1) einen Betrag von 1.927,80 EUR (einschließlich Umsatzsteuer).

Am 21. Oktober 2013 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Sie gab unter anderem an, für mehrere Auftraggeber tätig zu sein. Die Auswahl des Ortes ihrer Tätigkeit sowie die Gestaltung der Arbeitszeit sei ihr überlassen. Aus praktischen Gründen nutze sie die von den Auftraggebern zur Verfügung gestellten Schnittplätze. Sie habe ein eigenes Musik- und Soundarchiv, das sie auf einem Laptop mitbringe. Anders als andere Editoren, die sich meist Cutter nennen würden, arbeite sie sehr eigenständig und sei dafür bekannt. Gelegentlich gebe es aber auch Treffen mit Redakteuren und Produzenten.

Nach Anhörung der Beteiligten stellte die Beklagte durch Bescheid vom 26. März 2014 fest, dass die Klägerin ihre Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Es habe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden, nicht aber in der Kranken- und Pflegeversicherung. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass die Tätigkeit beim Auftraggeber ausgeübt wurde, dieser den Schnittplatz kostenlos zur Verfügung gestellt habe, die Klägerin durch die Nutzung des ihr zur Verfügung gestellten Schnittplatzes Einschränkungen hinsichtlich der Anwesenheits- und Arbeitszeiten unterlegen habe, sie kein unternehmerisches Risiko getragen habe, ihr eine gewinnunabhängige Vergütung gezahlt worden sei, der Auftraggeber die zeitlichen Richtlinien vorgegeben habe, eine technische, nicht eine programmgestaltende eigenschöpferische Tätigkeit ausgeübt worden sei und dass die Klägerin persönlich tätig geworden sei und eine Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung bestanden habe. Für eine selbständige Tätigkeit spreche, dass teilweise eigene Betriebsmittel eingesetzt wurden und die Klägerin für weitere Auftraggeber tätig werden konnte. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis würden überwiegen. Als abhängig Beschäftigte unterliege die Klägerin der Versicherungspflicht. In der Kranken- und Pflegeversicherung sei dagegen Versicherungspflicht ausgeschlossen, weil die Klägerin hauptberuflich selbständig erwerbstätig sei. Die Versicherungspflicht beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Ein späterer Beginn der Versicherungspflicht komme nicht in Betracht, weil der Antrag auf Statusfeststellung nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt worden sei.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die Beklagte nicht alle Umstände des Einzelfalles gewürdigt habe. Sie habe alle inhaltlichen Aspekte ihrer Tätigkeit nicht mit der Beigeladenen zu 1), sondern mit der zuständigen Redakteurin der E D GmbH geklärt, welche ihrerseits die Beigeladene zu 1) beauftragt habe. Das Ergebnis ihrer Arbeit habe sie direkt der E D zur Verfügung gestellte. Sie habe Arbeitsort und Arbeitszeit frei wählen dürfen, sei nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert und nicht weisungsgebunden gewesen. Unter den gegebenen Umständen spreche weder die persönliche Leistungserbringung noch die gewinnunabhängig gewährte Vergütung für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2014, zugestellt am 3. März 2015, zurück. Es komme nur auf das einzelne zu prüfende Auftragsverhältnis an. Seine Dauer sei nicht maßgeblich. Für die Beurteilung von Künstlern in der Film- und Fernsehbranche seien die Kriterien des Abgrenzungskatalogs der Künstlersozialversicherung anzuwenden. Ein Editor sei nur selbständig, wenn der eigenschöpferische Teil seiner Leistung überwiege. Der Klägerin sei der Inhalt durch das Rohmaterial und die Vorstellungen ihrer Auftraggeber jedoch bereits vorgegeben worden. Sie habe den Sendungen lediglich eine persönliche Note gegeben. Sie habe mit weiteren Mitarbeitern zusammengearbeitet und habe ihre Tätigkeit am Betriebssitz des Auftraggebers ausgeübt. Dadurch sei ihre Arbeitszeit bestimmt worden. Wegen der kurzen Frist habe die Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) den Vorrang gegenüber anderen Erwerbstätigkeiten gehabt und die Klägerin sei damit in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen. Dass die Vergütung nach Rechnungsstellung erfolgte, begründe nicht die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Die Vergütung sei arbeitszeitbezogen erfolgt, die Klägerin habe kein Unternehmerrisiko getragen.

Mit der am 7. April 2015 (Dienstag nach Ostern) bei dem Sozialgericht eingegangen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Versicherungspflicht feststellenden Bescheids und die Feststellung, dass sie ihre Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 2. September 2013 bis 6. September 2013 selbständig ausgeübt habe. Die Beigeladene zu 1) habe von dem in Rechnung gestellten Honorar bis zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status 324,- EUR einbehalten.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 24. Mai 2016 den Bescheid der Beklagten vom 26. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2014 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit als Editorin für das Projekt "S m M" der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 2. September 2013 bis 6. September 2013 nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Die Klägerin sei nicht als abhängig Beschäftigte einzuordnen. Für die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbständigkeit sei von den getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Die Tätigkeit der Klägerin sei nur mündlich vereinbart worden. Branchenüblich sei eine freie Mitarbeit. Die Angaben der Klägerin und die Rechnungsstellung lasse darauf schließen, dass die Parteien eine selbständige Tätigkeit annahmen. Der Wille der Beteiligten sei zwar nicht allein entscheidend, ihm komme aber indizielle Wirkung zu, wenn er nicht im Widerspruch zu den sonstigen festgestellten tatsächlichen Verhältnissen stand. Vertragsklauseln, welche an den Arbeitnehmerstatus anknüpfende Regelungen wie Entgeltfortzahlung ausschließen würden, würden noch nicht die Annahme von Selbständigkeit rechtfertigen. Auch die kurze Dauer der Tätigkeit spreche noch nicht für die Annahme von Selbständigkeit. Die tatsächlichen Verhältnisse während der Durchführung der Tätigkeit würden aber gegen eine abhängige Beschäftigung sprechen. Die Leistungen der Klägerin seien durch eine im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet gewesen. Die Klägerin habe erheblichen Einfluss auf die Gestaltung des Fernsehprojekts gehabt, indem sie das Rohmaterial zu einer sendefertigen Fassung zusammenstellte. Das Rohmaterial sei ihr ungeordnet zur Verfügung gestellt worden. Ihr habe ein erheblicher eigenschöpfersicher Gestaltungsspielraum zur Verfügung gestanden. Ein Storyboard oder andere detaillierte Vorgaben habe es nicht gegeben. Die Vorgaben der Regisseurin hätten sich allein auf die Erzeugung bestimmter Emotionen beim Zuschauer bezogen. Die Klägerin sei für den Rhythmus des Films verantwortlich gewesen. Die mit der Regisseurin gehaltene Rücksprache begründe noch keine Weisungsgebundenheit. Es sei ein Konsens gesucht worden. Geäußerte Wünsche hätten sich auf die beim Zuschauer herzustellende Wirkungen bezogen, nicht aber auf die Art und Weise, wie man diese Wirkungen erreichen könne. Es seien auch keine Weisungen hinsichtlich der zeitlichen Verteilung erteilt worden. Es habe weder Dienstpläne noch vorgegebene Arbeitszeiten gegeben. Allein der Abgabetermin sei einzuhalten gewesen. Ihre Freiheit bei der Verteilung der Arbeitszeit habe die Klägerin gelebt. Auch der Tätigkeitsort sei ihr nicht vorgegeben, sondern vereinbart worden. Danach sei keine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen. Die Klägerin sei zwar auf die Lieferung des Rohmaterials angewiesen gewesen, habe ihre Tätigkeit aber selbst organisieren und gestalten können. Beim "Schneiden" sei allein sie tätig gewesen. Dass sie einen Schlüssel erhalten habe, dokumentiere ihre Unabhängigkeit von den sonstigen für die Beigeladene zu 1) Tätigen. Die Klägerin habe auch ein unternehmerisches Risiko getragen, weil ihre Vergütung von der Abnahme des ihres Werks durch die Beigeladene zu 1) abhängig war. Die Einordnung als selbständige Tätigkeit stehe auch in Übereinstimmung mit dem Abgrenzungskatalog der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger für im Bereich von Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen. Danach seien Editoren/Cutter selbständig tätig, wenn sie für eine Produktion einzelvertraglich verpflichtet werden und der eigenschöpferische Teil der Leistung überwiegt.

Gegen das ihr am 20. Juni 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 24. Juni 2016 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Die Klägerin sei nicht programmgestaltend im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts tätig geworden, sondern weisungsgebunden in den Produktionsprozess eingegliedert gewesen. Die Klägerin habe keinen inhaltlichen Einfluss auf das Programm gehabt. Der Inhalt der Sendung sei vom Endkunden durch dessen Redakteurin bestimmt worden. Für die Klägerin habe die technische Umsetzung der Vorgaben des Endkunden im Vordergrund gestanden. Sie sei weder programmgestaltend noch überwiegend eigenschöpferisch tätig gewesen und habe auch kein unternehmerisches Risiko getragen. Editoren würden in der Film- und Fernsehbranche dem technischen Personal zugerechnet. Es werde nicht in Abrede gestellt, dass die Leistung eines Editors wesentlich für das Gelingen einer Sendung sei. Das BAG habe aber für nicht programmgestaltende, gleichwohl rundfunk- und fernsehtypische Mitwirkung an Sendungen mehrfach entschieden, dass diese weisungsgebunden erfolgten (Hinweis auf BAG v. 30. November 1994 - 5 AZR 704/93). Eine programmgestaltende Tätigkeit liege vor, wenn sie durch den journalistisch-schöpferischen Eigenanteil bestimmt werde. Das Sozialgericht habe zu Unrecht für die Klägerin eine programmgestaltende Tätigkeit angenommen. Nach dem Abgrenzungskatalog könnten Editoren nur ausnahmsweise selbständig sein, wenn sie für Produktionen einzelvertraglich verpflichtet würden und überwiegend eigenschöpferisch tätig seien. Eine überwiegend eigenschöpferische Tätigkeit sei nur bei der Produktion von Spielfilmen denkbar, wenn der Editor die Handlungsstränge innovativ, kunstvoll und in eigener Formensprache verbinde, so dass die Grundaussage des Films wesentlich beeinflusst werde. Diesen Ansprüchen werde die Tätigkeit der Klägerin nicht gerecht. Dass ihre Arbeit nicht unverwechselbar sei, werde schon daran deutlich, dass sie kurzfristig als Ersatz für eine verhinderte Kollegin eingesetzt wurde. Die Klägerin habe kein Unternehmerrisiko getragen, sondern nur ihre Arbeitskraft eingesetzt. Die Vergütung habe einer Gesamtstundenpauschale entsprochen. Eine freie Verteilung der Arbeitszeit sei mittlerweile auch bei abhängigen Beschäftigungen üblich. Auch das BAG habe mit Urteil vom 17. April 2013 - 10 AZR 272/12 den Arbeitnehmerstatus einer Cutterin bestätigt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sei programmgestaltend, eigenschöpferisch und nicht weisungsgebunden tätig gewesen. Es sei ihre Aufgabe gewesen, den 15-minütigen Anfang der Sendung zu editieren. Zu Beginn des Projekts habe es eine 20minütige Besprechung mit der Redakteurin gegeben, wo ihr ungesichtetes Rohmaterial von 6 bis 8 Stunden Länge übergeben worden sei. Inhaltlich sei besprochen worden, welche Teile der Geschichte von ihr - der Klägerin - zu bearbeiten seien, was durch die Bearbeitung emotional bewirkt werden sollte und welche Teile der Sendung sich an den von ihr zu bearbeitenden Teil anschließen würden. Abgesehen von der vorgegebenen Einteilung des ihr übertragenen Abschnitts in Einleitung, Vorstellung der Familienmitglieder und Problemaufriss habe es kein Drehbuch oder Storyboard gegeben. Das Rohmaterial sei lediglich mit Timecodes grob nach Inhaltsbereichen erschlossen gewesen. Den Ablauf der herzustellenden Fassung habe es nicht vorgegeben. Sie - die Klägerin - sei also nicht nur mit der technischen Umsetzung betraut worden, sie habe vielmehr die Geschichte aus dem vorhandenen Rohmaterial erst herausgeschält. Sie sei damit im höchsten Maße eigenschöpferisch und programmgestaltend tätig gewesen. Sie habe aus dem Rohmaterial zunächst Szenen und Sequenzen und dann die sendefertige Geschichte hergestellt, welche sie auch mit dem korrekt geschnittenen Ton, mit Geräuschen und passender Musik unterlegt habe. Die inhaltliche Abstimmung mit der Redakteurin widerlege nicht die Annahme einer eigenschöpferischen Tätigkeit. Die Redakteurin habe in ihre - der Klägerin - Tätigkeit letztlich nicht eingegriffen, sondern auf ihre Fachkompetenz vertraut. Eine Zusammenarbeit zwischen Filmeditor und Regisseur mache beide zu Teilen eines kreativen Teams. Größere Eingriffe und Änderungen in den Schnitt seien angesichts des Zeitdrucks, unter dem das Projekt stand, auch gar nicht möglich gewesen. Sie - die Klägerin - habe ihre Arbeit am 6. September 2013 abgeben müssen, die Sendung sei für den 11. September 2013 geplant gewesen. Der Filmschnitt sei ein elementar wichtiger, kreativer Vorgang bei der Filmerstellung. Deswegen sei seine Anerkennung als eigenschöpferische Tätigkeit nicht nur in Ausnahmefällen und überwiegend bei Spielfilmen denkbar. Sie - die Klägerin - sei zwar nicht unersetzbar, dass Ergebnis ihrer Arbeit aber durch ihre künstlerische Handschrift geprägt. Auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos könne es nicht ankommen, weil Filme üblicherweise in einem dafür gebuchten Studio montiert würden.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht den mit der Klage angefochtenen Bescheid aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 26. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin stand aufgrund ihrer Tätigkeit als Filmeditorin für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 2. September 2013 bis zum 6. September 2013 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis, aus dem sich Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ergab.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Nach dieser Vorschrift hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Der Eintritt von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und § 1 Nr. 1 SGB VI. Der Eintritt von Versicherungspflicht setzt danach das Vorliegen einer Beschäftigung voraus. Der Begriff der Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV näher definiert wird. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn eine Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - Urteil vom 12. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -; Urteil vom 4. Juni 2019 - B 12 R 11/18 R - juris Rn 14).

Die Klägerin ist für die Beigeladene zu 1) in dem streitigen Zeitraum als Filmeditorin tätig geworden. Sie hat aus ihr zur Verfügung gestellten Filmrohmaterial die 15minütige Eingangssequenz einer Folge der Fernsehserie "S m M" hergestellt. Das ergibt sich aus der von der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) bereits im Verwaltungsverfahren abgegebenen Tätigkeitsbeschreibung und dem weiteren Vortrag aus dem Klageverfahren.

Auszugehen für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung ist von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden. Zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) ist kein schriftlicher Vertrag geschlossene worden. Die Art und Weise der Vertragsausführung, insbesondere die Abrechnung der Leistungen durch eine von der Klägerin gestellte Rechnung, welche Umsatzsteuer auswies, deutet allerdings darauf hin, dass die Beteiligten eine freie Mitarbeit und keine abhängige Beschäftigung vereinbarten wollten.

Das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich indessen aus dem Gesetz und kann deswegen nicht Gegenstand einer einzelvertraglichen Abrede sein. Weil die Träger der Sozialversicherung Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind und das Rechtsinstitut der Pflichtversicherung auch der Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungssysteme dient, kommt einer privatautonomen Gestaltung im Sozialversicherungsrecht nicht die gleiche Bedeutung zu wie etwa im Arbeitsrecht. Insbesondere kann eine sozialversicherungsrechtlich erhebliche Beschäftigung auch dann vorliegen, wenn kein Arbeitsvertrag im arbeitsrechtlichen Sinne geschlossen worden ist (BSG v. 4. Juni 2019 - B 12 R 11/18 R - juris Rn 19). Der tatsächlichen Ausgestaltung der Verhältnisse kann danach gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen (BSG Urt. v. 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris Rn 17; Urt. v. 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rn 17).

Der zwischen der Beigeladenen zu 1) und der Klägerin geschlossene Vertrag ist nicht ausformuliert worden und enthält bereits deswegen keine ausdrückliche Regelung über ein Weisungsrecht. Darauf kommt es für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung aber auch nicht abschließend an. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nennt als Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung neben der Weisungsgebundenheit auch eine Eingliederung. Bei Diensten höherer Art kann die Bedeutung des Weisungsrechts völlig zurücktreten, so dass es nicht darauf ankommt, ob es eine vertragliche Grundlage hat oder nicht. Gleichwohl bleibt eine Dienstleistung fremdbestimmt und somit als funktionsgerecht dienende Teilhabe Gegenstand einer Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne, wenn sie ihr Gepräge von der fremden Ordnung des Betriebs erhält, in dessen Dienst die Arbeit verrichtet wird (BSG v. 4. Juni 2019 - B 12 R 11/18 R - juris Rn 29). Entscheidend für das Vorliegen von Selbständigkeit ist daher, ob eine Tätigkeit in ihrem Kernbereich selbstbestimmt ausgeübt wird, ohne Vorgaben des Auftraggebers, welche über die Arbeitsorganisation und die Arbeitsabläufe bestimmen, und mit dem Auftragnehmer überlassenen inhaltlichen Freiheiten, die er in eigener Verantwortung auszufüllen hat. Unter dieser Voraussetzung führt auch der Zwang, sich inhaltlich an gewissen Vorgaben auszurichten, nicht zur Annahme einer Abhängigkeit. Tätigkeiten bleiben nämlich frei, wenn zwar ihre Ziele vorgegeben werden, die Art und Weise der Ausführung aber dem Dienstleister überlassen bleibt.

Entsprechend diesen Grundsätzen hat die bisherige Rechtsprechung Filmeditoren dann für selbständig gehalten, wenn ihnen ein erheblicher künstlerischer Gestaltungsspielraum zugebilligt wurde, so dass sich ihre Tätigkeit nicht in dem technischen Schnittvorgang erschöpfte, sondern maßgeblichen Einfluss auf die künstlerische Gestaltung des Ergebnisses hatte. Unter diesen Voraussetzungen scheitert die Annahme von Selbständigkeit auch nicht daran, dass der Filmeditor bei seiner Tätigkeit Anregungen und Wünsche etwa von Redakteuren berücksichtigt hat (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. vom 4. April 2014 - L 1 KR 57/13). Dagegen ist eine abhängige Beschäftigung angenommen worden in einem Sachverhalt, in dem sich die Tätigkeit des Filmeditors darin erschöpfte, zunächst das am Vortag gedrehte Material zu montieren und anschließend zusammen mit der Regie und der Produktion entsprechend der Vorgaben des Drehbuchs die endgültige Schnittfassung herzustellen (LSG Berlin-Brandenburg vom 29. November 2018 - L 1 KR 467/17). Eine abhängige Beschäftigung ist auch angenommen worden bei einem für ein Fernsehunternehmen tätigen Editor, der an fachliche Vorgaben, projektbezogene Zeitvorgaben und die Arbeitsabläufe seines Auftraggebers gebunden war und für seine Tätigkeit eine Vergütung nach einem festen vereinbarten Tagessatz erhielt (LSG Berlin-Brandenburg v. 20. November 2015 - L 1 KR 298/13, ähnlich Urteil vom 22. August 2018 - L 9 KR 149/16). Entscheidend sind also die Umstände der Tätigkeit im Einzelnen. Der Auffassung der Beklagten, dass ein Bildeditor regelmäßig abhängig beschäftigt ist, vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen. Er weist dazu darauf hin, dass die Beklagte in anderen Zusammenhängen schon selbst zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Klägerin eine selbständige Tätigkeit ausübt. Dazu ist zunächst auf den die Versicherungsfreiheit als Selbständige feststellenden Bescheid vom 26. Juli 2006 zu verweisen. Auch in dem streitgegenständlichen Bescheid hat die Beklagte Versicherungsfreiheit der Klägerin in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 5 SGB V wegen hauptberuflich selbständiger Erwerbstätigkeit angenommen, ohne dass ersichtlich wäre, inwieweit sich die anderen von der Beklagten als selbständig akzeptierten Auftragsverhältnisse der Klägerin von dem vorliegend zu beurteilenden unterscheiden.

Das vorliegend streitige Auftragsverhältnis der Klägerin ist als selbständige Tätigkeit anzusehen. Dafür spricht neben dem der Klägerin zugewiesen inhaltlich-künstlerischen Freiraum bei der Ausführung ihrer Tätigkeit auch die arbeitsorganisatorische Gestaltung. Im Hinblick auf den Gegenstand ihrer Tätigkeit hat die Klägerin unwidersprochen und nachvollziehbar vorgetragen, dass sie eine Fülle von Rohmaterial erhalten hat, aus dem sie nach ihren Vorstellungen ein Ergebnis herstellen sollte, das bestimmten Vorgaben genügte. Die Art und Weise der Ausführung ist ihr vollständig überlassen worden, es gab kein Drehbuch und kein Storyboard. Wenn der Klägerin auch vorgegeben war, bestimmte Emotionen zu erwecken, blieb es doch ihre Entscheidung, auf welche Weise und mit welchen Techniken sie dieses Ergebnis erreichen wollte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Sendungsfolgen bereits durch einen bestimmten "Look" geprägt waren, so dass von der Klägerin erwartet wurde, sich an einer bereits eingeführten Bildführung und Bildsprache zu orientieren. Die Klägerin hat im Gegenteil unwidersprochen ausgeführt, dass sie gerade wegen ihrer allgemein bekannten selbständigen Arbeitsweise den Auftrag kurzfristig erhalten habe. Für ihren eigenen Gestaltungsspielraum spricht auch, dass sie die einzelnen Szenen unter Nutzung ihres Musik- und Geräuscharchivs mit Ton unterlegt hat, ohne dass es dafür irgendwelche Vorgaben gegeben hätte.

Die Klägerin war auch nicht in die Arbeitsabläufe ihres Auftraggebers eingebunden. Sie hat lediglich den von ihm angemieteten Schnittplatz genutzt. Dass damit mittelbar Vorgaben für die Arbeitszeit gemacht worden seien, wird schon dadurch widerlegt, dass der Klägerin ein eigener Schlüssel für den Arbeitsraum zur Verfügung gestellt worden ist.

Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob die Klägerin ein Unternehmerrisiko trug. Ein solches Risiko setzt voraus, dass eigenes Kapital und/oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wurde. Soweit sie eigene Arbeitsmittel eingesetzt hat, handelte es sich nach ihrem eigenen Vortrag um PC-Technik, also um Hilfsmittel, deren Verwendung auch typisch für Arbeitnehmer ist. Ob das ihr zugesagte Honorar bei schlechten Leistungen (teilweise) ausgefallen wäre kann der Senat nicht feststellen, weil es an einem schriftlichen Vertrag fehlt. Bei einer durch die Erbringung persönliche Dienstleistungen geprägten Tätigkeit kommt es für die Angrenzung zur abhängigen Beschäftigung aber nicht entscheidend auf das Vorliegen eines Unternehmerrisikos an. Denn in diesem Bereich tritt die Bedeutung des Einsatzes eigener sächlicher Mittel zurück und ist eine Honorierung nach Zeitaufwand auch für selbständige Dienstleister nicht unüblich. Danach steht für den Senat fest, dass die Klägerin an den angegebenen Tagen nicht in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 1) gestanden hat. Entsprechend gibt es keine Grundlage für die Annahme von Versicherungspflicht.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht erkennbar.
Rechtskraft
Aus
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