S 33 KA 355/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
33
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 355/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 58/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Honorarfestsetzung für die Quartale 1/2009, 11/2009, IV/2009 und 1/2010.

Tatbestand:

Die Klägerin ist als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in L niederge¬lassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Der Festsetzung der Honorare der Klägerin für die genannten Quartale legte die Beklagte die Bestimmungen des Hono¬rarverteilungsvertrages über die Regelleistungsvolumen (RLV) zu Grunde. Die Vergütung der sogenannten Sonstigen Hilfen der Kapitel 1.7.5 bis 1.7.7 EBM erfolgte in den Quarta¬len bis einschließlich III/2009 als freie Leistungen mit dem Orientierungspunktwert und ab dem Quartal IV/2009 als freie Leistungen mit Kontingentierung. Die von der Klägerin ge¬gen die Quartalskonto/Abrechnungsbescheide für die genannten Quartale jeweils einge¬legten Widersprüche der Klägerin wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Wider¬spruchsbescheid vom 21.09.2011, auf dessen Inhalt wegen der Begründung verwiesen wird, zurück.

Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Klage. Zu deren Begründung wird vorge¬tragen, die seitens der Beklagten errechneten Regelleitungsvolumen seien rechtswidrig, da sie gegen die formalen Vorgaben des Gesetzgebers verstießen und die Berechnung der Gesamtvergütung fehlerhaft sei. Zudem stünden die angewandten Berechnungs¬grundlagen nach den Beschlüssen des (Erweiterten) Bewertungsausschusses und dem jeweils geltenden Honorarverteilungsvertrag der Beklagten nicht im Einklang mit den Vor¬gaben des Gesetzgebers. Daher seien die auf den Regelleistungsvolumen basierenden Honorarbescheide rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten. Überdies hät¬ten Leistungen der sogenannten Sonstigen Hilfen von der Beklagten nicht quotiert werden dürfen, woraus sich ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide ab dem Quartal IV/2009 ergebe.

Im Einzelnen macht die Klägerin dazu geltend, die Gesamtvergütung sei zu niedrig be¬messen, da die Beschlusslage des Erweiterten Bewertungsausschusses hinsichtlich der für die Beklagte festgelegten sogenannten HW-Quote rechtswidrig sei. Rechtswidrig sei ferner die Trennung der Gesamtvergütung zwischen dem hausärztlichen und dem fach¬ärztlichen Versorgungsbereich. Hierfür bestehe keine Rechtsgrundlage. Die Kriterien sei¬en vielmehr in § 87 b Abs. 3 Satz 1 SGB V abschließend aufgezählt, eine Differenzierung sei dort nicht vorgesehen. Ferner liege ein Verstoß gegen § 87 b Abs. 1 SGB V vor, da die notwendigen gynäkologischen Grundleistungen einer Mengenausweitung nicht zugänglich seien und deshalb grundsätzlich mit dem vollen Punktwert der regionalen Euro- Gebührenordnung zu vergüten seien. Es sei nicht sichergestellt, dass die RLV-Leistungen zumindest am durchschnittlichen Behandlungsbedarf bemessen würden, und eine Vergü¬tung der medizinisch notwendigen Leistungen - nämlich der Grundpauschalen - zum vol¬len Punktwert sei nicht vorgesehen. Der durchschnittliche RLV-Fallwert liege stets unter¬halb der Grundpauschalen der Gebührenordnungspositionen 08211 und 08212 EBM. Nur durch die Abrechnung der Grundpauschalen überschreite die Klägerin bereits das Regel¬leistungsvolumen. Die einfach gesetzliche Vorgabe, dass Honorarbeschränkungen nur zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der ärztlichen Tätigkeit erfolgen dürften, sei missachtet worden. Die Rechtswidrigkeit der Bestimmungen sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Schaffung von Ausgleichsregelungen während einer Erprobungs- und Anfangsphase zu rechtfertigen. Ferner mangele es an der erforderlichen Transparenz der Berechnungsgrundlagen, da nahezu sämtliche Grundlagen, aus denen die Berechnung des konkret zugewiesenen Regelleistungsvolumens resultiere, unbekannt seien.

Rechtswidrig sei ferner die Kontingentierung der "Sonstigen Hilfen" in den Quartalen IV/2009 und 1/2010. Die "Sonstigen Hilfen" hätten nicht nur unbudgetiert, sondern als so¬genannte besonders forderungswürdige Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet werden müssen. Selbst wenn die Vergütung innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zulässig wäre, sei jedenfalls die Bildung von Kon¬tingenten und damit die Vergütung mit einem Punktwert, der unterhalb des regional ver¬einbarten Punktwertes liege, rechtswidrig. Für mengenbegrenzende Maßnahmen außer¬halb vom Regelleitungsvolumen fehle eine gesetzliche Grundlage und für den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 20.04.2009 bestehe keine Ermächtigungsgrundlage. Zudem sei dieser Beschluss als Rechtsgrundlage ungeeignet. Seine Regelung beschrän¬ke sich darauf, eine Steuerung der außerhalb des Regelleistungsvolumens vergüteten Leistungen zu erlauben. Damit werde der gesetzgeberische Zweck, eine bundeseinheitli¬che Honorarverteilung zu gewährleisten, missachtet. Zu einer Öffnungsklausel für regiona¬le Bestimmungen sei der Bewertungsausschuss nicht berechtigt gewesen. Die Kontingen¬tierung sei zudem in rechtswidriger Art und Weise erfolgt, da die vom Gesetzgeber ver¬folgte Privilegierung der besonders forderungswürdigen Leistungen nicht gewährleistet sei. Die Systematik könne sogar dazu führen, dass die kontingentierten freien Leistungen schlechter vergütet würden als die Leistungen im Regelleistungsvolumen. Des Weiteren sähen die Regelungen der Beklagten, anders als in den Bestimmungen über die Regel¬leistungsvolumen, auch keine Härtefallregelung vor. Zudem bestehe durch die vorge¬nommene Kontingentierung keinerlei Kalkulationssicherheit, da sich der Punktwert erst im Nachhinein herausstelle. Die Gesetzesbegründung gehe außerdem davon aus, dass eine Abstaffelung der Leistungen nur dann stattfinden solle, wenn es sich nicht um medizini¬sche notwendige Leistungen handele. Die Regelungen der Beklagten seien insoweit wi¬dersprüchlich, da Leistungen, in denen in einem ersten Schritt eine besondere Förde¬rungswürdigkeit attestiert worden sei, in einem zweiten Schritt wiederum einer Mengenbe¬grenzung unterzogen würden. Dies gelte umso mehr, als es dem Vertragsarzt in dem be¬troffenen Leistungsbereich nicht obliege, die Häufigkeit und die Menge der angeforderten Leistungen zu beeinflussen. Die Leistungen des Bereichs "Sonstige Hilfen" seien einer Mengensteuerung überhaupt nicht zugänglich.

Die Klägerin beantragt,

1. die von der Beklagten erlassenen Honorarbescheide für die Quartale i/2009, II/2009, IV/2009 und 1/2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2011 aufzuheben und diese zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die Widersprüche der Klägerin erneut zu bescheiden,

2. die Beklagte zu verpflichten, die von der Klägerin erbrachten Leistungen der Unterkapitel 1.7.5, 1.7.6 und 1.7.7 EBM, soweit diese seitens der Beklagten einer Mengenbegrenzung unterzogen worden sind, außerhalb der morbiditäts¬bedingten Gesamtvergütung unbudgetiert zum jeweils regional vereinbarten, vollen Punktwert zu vergüten,

3. hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die Leistungen unter Ziffer 2 zwar innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, aber außerhalb des Vergütungsvolumens (Honorartopfes) der Fachgruppe der Gynäkologen zum jeweils regional vereinbarten, vollen Punktwert zu vergüten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtenen Abrechnungsbescheide für rechtmäßig. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten, der Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Soweit hinsichtlich der Bescheide über die Zuweisung der Regel¬leistungsvolumen (RLV) Bestandskraft eingetreten sein sollte, würde insoweit zwar das Rechtsschutzinteresse fehlen, da ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV hat be¬standskräftig werden lassen, an dessen Festsetzung gebunden ist und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr dessen Fehlerhaftigkeit geltend machen kann. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass der Klägerin dies aus Gründen des Vertrauens-schutzes nicht entgegen gehalten werden könnte (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -). Jedenfalls für die Quartale ab II/2009 gilt dies ins¬besondere auch deshalb, weil die Beklagte die Zulassungsbescheide mit dem Hinweis versehen hat, dass es einer gesonderten Anfechtung des Zuweisungsbescheides nicht bedürfe und ein Widerspruch gegen den Abrechnungsbescheid ausreichend sei.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin ist durch die angefochtenen Abrech¬nungsbescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil diese nicht rechtswidrig sind. Weder ist die Honorarfestsetzung auf der Grundlage der Bestimmungen über die RLV zu beanstanden, noch die Vergütung der sogenannten "Sonstigen Hilfen", soweit diese einer Mengensteuerung unterlegen haben, rechtswidrig. Eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Abrechnungsbescheide folgt zunächst nicht da¬raus, dass diese im Hinblick auf die sogenannte HW-Quote auf einer rechtswidrigen Be¬schlusslage des (Erweiterten) Bewertungsausschusses beruhten. Dies hat das Bundesso¬zialgericht für den Bereich der Beklagten im Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 4/13 R - ent¬schieden und ausführlich begründet (Rn. 20 ff.). Hierauf nimmt die Kammer zur Vermei¬dung von Wiederholungen Bezug.

Eine Rechtswidrigkeit der Abrechnungsbescheide folgt auch nicht daraus, dass es an ei¬ner Rechtsgrundlage für die Trennung der Gesamtvergütungen auf den hausärztlichen und den fachärztlichen Versorgungsbereich fehlen würde. Zuzugeben ist der Klägerin al¬lerdings, dass die Regelungen des § 85 Abs. 4 SGB V zur Festlegung der Vergütungsan¬teile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung aufgrund der Regelung des § 87 b Abs. 1 SGB V alte Fassung ab dem 01.01.2009 keine unmittelbare Anwendung fin¬den konnten. Unabhängig davon, ob der Gesetzgeber von einer nach den Versorgungsbe-reichen getrennten Honorarverteilung tatsächlich Abstand nehmen wollte, worauf die Ge¬setzesmaterialien (Bundestags-Drucksache 16/3100) keinen Hinweis geben, können die entsprechenden Regelungen in Teil F des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 27./28.08.2008 indes jedenfalls als von dem dem Normgeber zustehenden Gestaltungs¬spielraum gedeckt angesehen werden (vgl. Sozialgericht Marburg, Urteil vom 06.01.2016 - S 16 KA 269/12 -). Auch in keiner der zahlreichen, die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen in den Quartalen ab I/2009 betreffenden ober- und höchstrichterlichen Ent-scheidungen sind im Übrigen dahingehende Bedenken geäußert worden.

Die Honorarfestsetzung auf der Grundlage der der Klägerin zugewiesenen RLV ist ferner auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die gynäkologischen Grundleistungen einer Men¬genausweitung nicht zugänglich seien bzw. die gesetzliche Vorgabe, dass Honorarbe¬schränkungen nur zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der ärztlichen Tätig¬keit erfolgen dürften, missachtet worden sei. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Klägerin dahin zu folgen ist, dass die gynäkologischen Grundleistungen einer Men¬genausweitung nicht zugänglich seien und eine diese Leistungen betreffende Honorarbe-schränkung daher nicht der Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertrags¬ärztlichen Tätigkeit diene. Wie das Bundessozialgericht (Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 6/13 R -) dargelegt hat, ist der Begriff der "übermäßigen Ausdehnung" nicht allein arztin¬dividuell, sondern auch fachgruppenbezogen zu betrachten; zudem ist danach der Begriff der übermäßigen Ausdehnung nicht auf die in der früheren Rechtsprechung behandelten Fallgestaltungen beschränkt, dass der Arzt das "Praxisvolumen" nur unter Verletzung der Pflicht zur sorgfältigen und persönlichen Behandlung bewältigen kann. Vielmehr erfasst der in § 87 b) SGB V verwendete Begriff der übermäßigen Ausdehnung alle Konstellatio¬nen, in denen - aus welchen Gründen auch immer - honorarbegrenzende Maßnahmen erforderlich werden, wozu auch Maßnahmen gehören, die Mengenausweitungen zu Las¬ten anderer Arztgruppen verhindern. Ebenso ist nicht entscheidungsrelevant, inwieweit dem Vorbringen der Klägerin dahin zu folgen ist, dass es sich um medizinisch notwendige Leistungen handele. Auch insoweit hat das Bundessozialgericht (a. a. O., Rn. 27) bereits festgestellt, dass es durchaus in Betracht kommt, dass auch notwendige Leistungen nicht mit dem Preis der Euro-Gebührenordnung vergütet werden können und müssen, und dass in dem Umstand, dass das RLV nicht alle "notwendigen" Leistungen umfasst, keine gesetzwidrige Lücke liegt, die von der Rechtsprechung zu füllen wäre (Rn. 32).

Unabhängig davon, dass diese Rüge allein die Rechtmäßigkeit der RLV- Zuweisungsbescheide tangieren dürfte, vermag sich die Kammer auch nicht dem Einwand der Klägerin anzuschließen, es fehle die notwendige Transparenz der Berechnung, da nahezu sämtliche Grundlagen, aus denen die Berechnung des konkret zugewiesenen RLV resultiere, unbekannt seien. Denn die wesentlichen Berechnungsfaktoren wie RLV- Fallwert der Arztgruppe, RLV-relevante Fallzahlen, Zuschlag für Berufsausbildungsge-meinschaften usw. sind Bestandteil der Zuweisungsbescheide und einer eingehenderen Darlegung aller Berechnungsschritte und Ausgangswerte bedarf es, jedenfalls solange - wie auch hier - keine substantiierten dahingehenden Einwände vorgetragen werden, nicht. Die Kammer hat daher auch keine Veranlassung gesehen, die von der Klägerin im Einzelnen geforderten Auskünfte von der Beklagten anzufordern.

Nicht zu beanstanden sind die angefochtenen Abrechnungsbescheide auch hinsichtlich der Vergütung der sogenannten "Sonstigen Hilfen" der Kapitel 1.7.5 bis 1.7.7 EBM in den Quartalen ab IV/2009. Soweit die Klägerin die Auffassung vorträgt, diese Leistungen seien nicht nur unbudgetiert, sondern als sogenannte besonders förderungswürdige Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu vergüten, vermag die Kammer eine Rechtsgrundlage hierfür nicht zu erkennen. Eine eindeutige gesetzliche Vorgabe für eine Vergütung außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung enthält § 87 a Abs. 3 SGB V allein für die Substitutionsbehandlung, während für andere Leistungen lediglich die Möglichkeit eröffnet wird, eine Vergütung außerhalb der morbiditätsbedingten Ge¬samtvergütung zu vereinbaren, wenn es sich um Leistungen handelt, die besonders ge¬fördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Für die Leistungen der sogenannten "Sonstigen Hilfen" ist entsprechend Teil A Ziffer 1.2 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.08.2008 indes keine Vergütung au-ßerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vereinbart worden und es ist auch nicht ersichtlich, woraus sich eine dahingehende Verpflichtung ergeben sollte. Diese ergibt sich, da nicht generell präventive Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Ge¬samtvergütung zu vergüten sind, weder aus dem Standort im EBM, noch daraus, dass die "Sonstigen Hilfen" gemäß § 221 SGB V aus Bundesmitteln bezuschusst werden und be¬sondere "Buchungsvorschriften" für die Krankenkassen bestehen. Hieraus ergibt sich al¬lein, dass es sich um sogenannte versicherungsfremde Leistungen handelt, nicht aber, dass der Gesetzgeber diese Leistungen als besonders forderungswürdige Leistungen ha¬be privilegieren wollen. Anderenfalls müsste man etwa auch die im Rahmen der beitrags¬freien Mitversicherung von Familienangehörigen zu erbringenden Leistungen, bei denen es sich wirtschaftlich um den größten Teil der versicherungsfremden Leistungen handeln dürfte, als gegenüber anderen Leistungen besonders förderungswürdig einstufen, wofür eine sachliche Rechtfertigung jedoch nicht ersichtlich ist.

Nicht anzuschließen vermag sich der Kammer auch der Auffassung, für eine mengenbe¬grenzende Maßnahme außerhalb von RLV fehle eine gesetzliche Grundlage, für den Be¬schluss des Bewertungsausschusses vom 20.04.2009 bestehe keine Ermächtigungs¬grundlage und dieser Beschluss sei als Rechtsgrundlage ungeeignet, da sich seine Rege¬lung darauf beschränke, eine Steuerung außerhalb der RLV vergüteter Leistungen zu er¬lauben. Dass vielmehr die eine Quotierung sogenannter freier Leistungen auf regionaler Ebene erlaubenden Beschlüsse des Bewertungsausschusses mit höherrangigem Recht in Einklang stehen, hat das Bundessozialgericht zwischenzeitlich mehrfach bestätigt und auch die weiteren Einwände, insbesondere dass es sich nicht um eine Mengenbegren¬zung handele, verworfen. Auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts in den Urteilen vom 07.07.2013 - B 6 KA 45/12 R - , vom 19.08.2015 - B 6 KA 34/14 R - und vom 03.03.2016 - B 6 KA 33/15 R - nimmt die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Auch die Voraussetzungen, unter denen eine Verpflichtung der Beklagten zu einer Reak¬tion auf einen erheblichen und dauerhaften Punktwertverfall in Betracht kommen könnte, liegen nicht vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann - neben weiteren Voraussetzungen - erst ein sich auf das Honorar mindernd auswirkender dauerhafter Punktwertverfall von mehr als 15 % unter das sonstige Durchschnittsniveau eine Reaktionspflicht begründen. Eine Reaktionspflicht setzt ferner eine dauerhafte Ent¬wicklung voraus, die frühestens nach Vorliegen von Daten aus mindestens zwei Quartalen angenommen werden kann. Vorliegend hat es sich dagegen um die ersten beiden Quarta¬le gehandelt, in denen die streitigen Leistungen einer Quotierung unterworfen waren; zu¬dem hatte die Reduzierung des Punktwertes im Quartal IV/2009 die Marke von 15 % nicht erreicht.
Rechtskraft
Aus
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