S 3 AL 36/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 3 AL 36/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 50/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 01.12.1999 und die Erstattung des ab diesem Zeitraum gezahlten Betrages.

Sie meldete sich am 28.09.1999 arbeitslos und gab als Anschrift an: "T ...weg 00, N.". Durch Bescheid vom 15.10.1999 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab 01.10.1999. Die Zahlung wurde geleistet bis 10.08.2000. Am 11.08.2000 erhielt die Beklagte ein Schreiben der Post mit der Mitteilung, dass die Klägerin verzogen sei. Die Anschrift könne nicht mitgeteilt werden, da die Klägerin hierzu keine Einwilligung gegeben habe. Es wurden entsprechend weitere Schreiben an die Beklagte zurückgesandt.

Am 22.08.2000 stellte die Klägerin einen Antrag auf Anschlussarbeitslosenhilfe, in dem sie ebenfalls die bisherige Anschrift angab. Bei Antragstellung gab sie an, dass der Briefkasten und die Klingel mit ihrem Namen beschriftet seien. Sie gab an, dass sie sich ordnungsgemäß schriftlich beim Arbeitsamt umgemeldet habe und zusätzlich bei der Post einen Nachsendeantrag geschrieben habe. Was sie auf diesem Antrag ausgefüllt habe, könne sie nicht mehr genau sagen. Es wäre jedenfalls ein Versehen gewesen, wenn sie angekreuzt hätte, dass ihre Adresse nicht bekannt werden sollte, da es schließlich dazu keinen Grund gebe. Am 19.09.2000 erhielt die Beklagte von der Post die neue Anschrift der Klägerin mitgeteilt "Q.-H.-Straße 00 in N." und die Mitteilung, dass ab 01.05.2000 ein Nachsendeantrag gestellt worden sei. Auch dieses Schreiben enthält die Mitteilung, dass eine Einwilligung zur Weitergabe der Anschriftenänderung an Dritte nicht erteilt worden sei. Am 24.08.2000 ist die Klägerin nach Spanien verzogen. Mit Schreiben vom 25.09.2000 teilte die Klägerin mit, dass sie am 01.12.1999 zu der neuen Anschrift verzogen sei.

Mit Schreiben vom 05.10.2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie in der Zeit vom 01.12.1999 bis 10.08.2000 Arbeitslosengeld in Höhe von 12.546,22 DM zu Unrecht bezogen habe, da sie der Arbeitsvermittlung aufgrund des nicht rechtzeitig angezeigten Umzuges nicht zur Verfügung gestanden habe. Ihr wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Die Klägerin teilte hierzu mit, dass sie der Arbeitsvermittlung jederzeit zur Verfügung gestanden habe. Es habe sich nicht um einen Umzug im eigentlichen Sinne gehandelt; sie sei nur vorübergehend zu ihren Eltern gezogen, die nur zwei Straßen weiter wohnten. Aus persönlichen Gründen habe sie zu dieser Zeit zwischen ihrem Elternhaus und ihrer Wohnung gependelt. Sie habe zu dieser Zeit in Scheidung gelebt und sich den permanenten Belästigungen ihres Mannes entziehen müssen. Gleichzeitig habe sie einen Nachsendeantrag bei der Post gestellt. Auch habe sie sich schriftlich umgemeldet.

Durch Bescheid vom 22.06.2001 hob die Beklagte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes ab 01.12.1999 auf. Zur Begründung gab sie an, dass die Klägerin den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes nicht zur Verfügung gestanden habe, weil sie seit dem 01.12.1999 nicht mehr unter der dem Arbeitsamt bekannten Anschrift erreichbar gewesen sei. Ihrer Anzeigepflicht sei sie nicht rechtzeitig nachgekommen. Die Entscheidung stützte sie auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X). Gemäß § 50 Abs. 1 SGB X habe sie die Leistung in Höhe von 12.546,22 DM zu erstatten.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen führte sie aus, dass sie in dieser Zeit ständigen Kontakt zum Arbeitsamt gehabt habe.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 14.08.2001 zurück. Sie berief sich auf § 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) in Verbindung mit § 119 SGB III und § 1 Abs. 1 der Erreichbarkeitsanordnung (EAO). Danach könne ein Arbeitsloser Vorschläge des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung nur zeit- und ortsnah Folge leisten, wenn er in der Lage sei, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen. Deshalb müsse der Arbeitslose sicherstellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichen könne. Die Klägerin habe erst mit Schreiben vom 25.09.2000 dem Arbeitsamt mitgeteilt, dass sie am 01.12.1999 verzogen sei. Sie habe zwar bei der Post einen Nachsendeantrag gestellt, dieser sei jedoch erst ab 01.05.2000 wirksam. Im Übrigen habe sie ihre Einwilligung zur Weitergabe der Anschrift nicht erteilt. Sie habe somit den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes im streitigen Zeitraum wegen fehlender Erreichbarkeit nicht zur Verfügung gestanden. Dies sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Klägerin sei zur Mitteilung der Änderung verpflichtet gewesen.Dieser Mitteilung sei sie zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Ent¬sprechende Hinweise befinden sich insbesondere im Merkblatt für Arbeitslose, dessen Empfang die Klägerin unterschriftlich bestätigt habe.

Hiergegen richtet sich die Klage. Zur Klagebegründung trägt die Klägerin vor, dass sie bereits am 01.12.1999 einen Nachsendeantrag gestellt habe. Ihre Nichteinwilligung zur Weitergabe der neuen Anschrift beruhe darauf, sich vor den ständigen Belästigungen ihres ehemaligen Mannes zu schützen. Dass sie auch im August und später noch ihre alte Anschrift angegeben habe, beruhe darauf, dass sie zwischen den beiden Wohnstätten gependelt sei. Zu dem angegebenen Zeitpunkt habe sie sich überwiegend am T ...weg 00 aufgehalten, um den Umzug ins Ausland vorzubereiten. In einem späteren Schriftsatz hat sie mitgeteilt, dass sie in den ersten drei bis vier Wochen kaum aus dem Haus ihrer Eltern gegangen sei. Später habe sie sehr wohl ihre alte Wohnung aufgesucht, aber nicht täglich.

Durch Bescheid vom 31.10.2001 hat die Beklagte die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 3.964,15 DM erstattet verlangt. Auch hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt.

Einen schriftlichen Antrag hat die Klägerin nicht gestellt. Sinngemäß beantragt sie, den Bescheid vom 22.06.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2001 sowie den Bescheid vom 31.10.2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich im wesentlichen auf die Begründung der angefochtenen Bescheide. Ergänzend führt sie aus, dass die Angaben der Klägerin in sich widersprüchlich seien. Es sei nicht nachvollziehbar, dass sie einerseits zu ihren Eltern gezogen sei, um den Belästigungen des ehemaligen Ehemannes zu entgehen, andererseits sich aber laufend In der alten Wohnung aufgehalten haben wolle. Ebenso unlogisch sei dann der Nachsendeauftrag, wenn sie täglich die Post In der alten Wohnung hätte erhalten können. Auch der Vortrag zur Nichtweitergabe der Anschrift sei nicht logisch. Einerseits wolle sie die Anschrift vor dem Ehemann verheimlichen, andererseits wohne sie angeblich 200 m entfernt bei den Eltern und wolle täglich die Wohnung aufgesucht haben. Die Erreichbarkeit sei auch nicht durch den Nachsendeantrag gesichert gewesen, da eine Einwilligung der Klägerin zur Weitergabe der Anschrift nicht Vorgelegen habe.

Mit Schreiben vom 26.08.2002 hat die Kammervorsitzende die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Den Beteiligten Ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte, der Leistungsakte der Beklagten (Stamm-Nr, 000 000) und der Unterlagen der Staatsanwaltschaft N. - 00 Js 000/00 - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab 01.12.1999 aufgehoben. Die Klägerin hat von diesem Zeitpunkt an bis jedenfall zum 1.5.2000, dem Beginn des Nachsendeauftrages, der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden und damit die Voraussetzungen zum Bezug des Arbeitslosengeldes nicht erfüllt. Bezüglich der gesetzlichen Grundlage wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Die Klägerin ist am 01.12.1999 zur Q.-H.-Straße 00 In N. umgezogen. Diese Anschrift ist der Beklagten erst Im September 2000 bekannt geworden. Dies beruhte unter anderem darauf, dass die Klägerin der Post keine Einwilligung zur Weitergabe der Anschrift gegeben hatte, so dass die Post zwar Schreiben des Arbeitsamtes an dieses zurücksandte, ohne jedoch die neue Anschrift mitzuteilen. Nach Mitteilung der Post hatte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch noch keinen Nachsendeauftrag erteilt. Einen Nachweis für die Erteilung eines solchen Auftrags ab 1.12.1999 hat die Klägerin nicht erbracht. Die Post der Beklagten konnte die Klägerin demnach nicht erreichen. Da die Klägerin nun auch angegeben hat, sich nicht regelmäßig unter der alten Anschrift aufgehalten zu haben, konnte sie diese Post der Beklagten zu der Zeit, zu der nach den Mitteilungen der Post ein Nachsendeantrag nicht gestellt worden war, ebenfalls nicht zeitnah erhalten. Hierbei ist es unerheblich, ob die Klägerin im Übrigen im regelmäßigen Kontakt zur Arbeitsvermittlung gestanden hat. Dies reicht für die tägliche Erreichbarkeit nicht aus.

Durch diesen Umzug war also eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die bei Bewilligung der Leistung vorgelegen haben, eingetreten. Diese Änderung hat die Klägerin der Beklagten erst im September 2000 mitgeteilt. Dass sie zu dieser Mitteilung verpflichtet war, musste die Klägerin wissen, denn dieses ist im Einzelnen in dem ihr ausgehändigten Merkblatt ausgeführt. In diesem Merkblatt heißt es ausdrücklich, dass Wohn- und Postanschrift identisch sein müssen. Außerdem ist bei den Mitteilungspflichten nochmals ausdrücklich erwähnt, dass sofort das Arbeitsamt zu benachrichtigen sei, wenn sich die Anschrift ändert. Diese Hinweise im Merkblatt sind ohne weiteres verständlich und nachvollziehbar.

Nachdem die Klägerin der Post einen Nachsendeauftrag erteilt hatte, war sie für die Beklagte zwar postalisch wieder erreichbar. Dennoch hatte sie ab diesem Zeitpunkt ebenfalls keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da ihre Arbeitslosmeldung gern § 122 Abs. 2 Nr.1 SGB III erloschen war. Eine erneute Arbeitslosmeldung mit Angabe der richtigen Anschrift ist danach nicht erfolgt.

Die Erstattungspflicht ergibt sich aus § 50 SGB X.

Der Bescheid vom 31.10.2001 ist gem. § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits, da er den Bescheid von 14.7.2001 ergänzt. Die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides ergibt sich aus § 335 Abs. 1 S. 1 SGB III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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