L 12 SF 124/14 E

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 SF 83/14 E
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 SF 124/14 E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
Bei der Bestimmung der Betragsrahmengebühr gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG ist regelmäßig zunächst von der Mittelgebühr auszugehen. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob es sich um ein Klage- oder um ein Antragsverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt.
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 25. April 2014 und die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 12. Februar 2014 abgeändert.
Die vom Beschwerdegegner an den Beschwerdeführer zu erstattenden Kosten werden auf 1.110,98 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren L 7 AS 639/13 B ER.

Im Antragsverfahren S 9 AS 618/13 ER begehrten die drei Antragsteller, vertreten durch den mit Beschluss vom 22.08.2013 beigeordneten Beschwerdeführer, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern ab dem 01.06.2013 Arbeitslosengeld II zu gewähren. Die Antragsgegnerin hatte den Antrag mit der Begründung ausgeschlossen, die rumänischen Antragsteller seien von den Leistungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen, da sich das Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe. Das Sozialgericht wies den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 22.08.2013 ab.

Dagegen legte der Beschwerdeführer im Auftrag der Antragsteller am 12.09.2013 Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) ein und begründete diese - wie schon das Antragsverfahren - umfangreich. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens reichte er weitere Kontoauszüge ein, die eine Mietzahlung von monatlich 560 EUR belegten. Ferner wurden vorgelegt weitere Quittungen über Bareinzahlungen beim Energieversorger von monatlich 250 EUR. Daneben führte er aus, dass neben den Verkaufserlösen die Antragstellerin zu 1. Spenden erhalten habe, die nach ihren Angaben monatlich circa 50 bis 100 EUR betragen würden. Auch habe sie Geld geliehen bekommen. Im Übrigen entsprach der Sach- und Rechtsvortrag im Wesentlichen dem des Antragsverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg. Mit Beschluss vom 06.11.2013 gab das BayLSG dem Antrag teilweise statt und verpflichtete gleichzeitig den Antragsgegner, den Antragstellern für beide Instanzen 1/4 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Mit Schreiben vom 19.11.2013 machte der Beschwerdeführer gegenüber dem Beschwerdeführer eine Kostenerstattung in Höhe von 3/4 seiner Vergütungsrechnung vom selben Tag geltend.

Hierin machte er Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt 1.481,31 EUR (3/4 hiervon: 1110,98 EUR) geltend mit folgender Berechnung:

Verfahrensgebühr (SG) gemäß § 3 RVG in Verbindung mit Nr. 3102, Nr. 1008 VV RVG, Erhöhung um 0,60 (3 Auftraggeber): 560,00 EUR
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR
Verfahrensgebühr (LSG) gemäß § 3 RVG in Verbindung mit Nr. 3204, Nr. 1008 VV RVG, Erhöhung um 0,60 (3 Auftraggeber): 644,80 EUR
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR
= 1.244,80 EUR
19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG: 236,51 EUR
Gesamtbetrag: 1.481,31 EUR

Am 12.02.2014 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die vom Beschwerdegegner zu erstattenden Kosten auf 614,04 EUR fest. Angefallen sei - neben der jeweils unstreitigen Auslagenpauschale - eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 250,00 EUR und eine Verfahrensgebühr nach der Nr. 3204 VV RVG in Höhe von 155,00 EUR. Zur Begründung führte sie aus, hier habe ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz vorgelegen, für das regelmäßig nur die halbe Mittelgebühr anzusetzen sei. Wegen der umfangreichen Schriftsätze, die vom Beschwerdeführer der Antragsteller eingesandt worden seien, erscheine es aber angemessen, für die Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG die volle Mittelgebühr zu berücksichtigen.

Für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 VV RVG erscheine wegen der Vorbefassung des Beschwerdeführers in der I. Instanz unter Berücksichtigung der Synergie-Effekte der Ansatz der halben Mittelgebühr ausreichend und angemessen. Dementsprechend ermäßigten sich auch die Erhöhungsgebühren für die weiteren Auftraggeber in beiden Instanzen. Der dagegen gerichteten Erinnerung gab das SG mit Beschluss vom 25. April 2014 zum Teil statt. Es hielt eine Erhöhung der Mittelgebühr um 1/3 als sachgerecht und angemessen und errechnete für die 1. Instanz eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG (alte Fassung) in Höhe von 335,00 EUR. Da der vom Beschwerdeführer eingesetzte Betrag nicht 20 % über diesem liege, seien die geltend gemachten Gebühren in Höhe von 560,00 EUR einschließlich der hierin enthaltenen Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG im Rahmen des anwaltlichen Ermessens anzuerkennen. Für die Beschwerdeinstanz im Einstweiligen Rechtsschutz stehe jedoch nicht der Gebührentatbestand nach Nr. 3204 VV RVG zur Verfügung, sondern die Gebührenhöhe bestimme sich nach einer Grundsatzentscheidung des BayLSG vom 20.11.2012 - L 15 SF 184/11 BE nach dem Gebührenrahmen der Nr. 3501 VV RVG. Dieser Gebührentatbestand sei nämlich vorgesehen für die Verfahrensgebühr für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit über die Beschwerde und die Erinnerung, wenn in den Verfahren Betragsrahmengebühren entstünden (§ 3 RVG), soweit keine besonderen Gebühren bestimmt sind. Ein besonderer Gebührentatbestand für das Beschwerdeverfahren der vorliegenden Art sei aber innerhalb Teil 3 Abschnitt 5 nicht enthalten, so dass dieses nicht nach Nummer 3204 VV RVG abgerechnet werden könne.

Unter Heranziehung des richtigen Gebührentatbestandes nach Nr. 3501 VV RVG stehe dem Beschwerdeführer ein Gebührenrahmen von 15 EUR bis 160 EUR zur Verfügung, der nach den Kriterien des § 14 RVG auszufüllen sei. Da nach Überzeugung des Gerichts mit der geringeren Gebührenbemessung die Synergie-Effekte bereits ausreichend gesetzlich berücksichtigt worden seien und der Beschwerdeführer auch im Beschwerdeverfahren nochmals eigen recherchierte Unterlagen eingereicht habe, ergebe sich für die Bewertung der entscheidenden Kriterien (Umfang, Schwierigkeit, Bedeutung und wirtschaftliche Verhältnisse) hier keine Änderung. Sachgerecht erscheine daher auch hier eine um 1/3 erhöhte Mittelgebühr, woraus sich eine anzuerkennende Gebührenhöhe in Höhe von 116,67 EUR (Mittelgebühr: 87,50 EUR plus 29,17 EUR) ergebe.

Weil diese Gebührenhöhe durch den Gebührenansatz des Beschwerdeführers um mehr als 20 % überschritten werde, sei dessen Vergütungsanspruch insoweit nicht anzuerkennen.

Einschließlich des Erhöhungstatbestandes ergebe sich damit eine Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 186,67 EUR. Das SG errechnete sodann folgenden Gebührenanspruch:

Verfahrensgebühr gemäß § 3 RVG in Verbindung mit Nr. 3102, Nr. 1008 VV RVG: 560,00 EUR
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR
Verfahrensgebühr gemäß § 3 RVG in Verbindung mit Nr. 3105 VV RVG, 1008 VV RVG: 186,67 EUR
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR
19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG: 149,47 EUR
Gesamtbetrag: 936,14 EUR
3/4 davon: 702,18 EUR

Gegen den Beschluss des SG hat der Beschwerdeführer am 06.05.2014 Beschwerde eingelegt. Streitig sei nunmehr lediglich, ob für das Beschwerdeverfahren wie beantragt der Gebührentatbestand gemäß Nr. 3204 VV RVG oder die festgesetzte Gebührentatbestandsnummer 3501 VV RVG anzuwenden sei. Im streitigen Beschluss werde insoweit ausgeführt, dass für das Beschwerdeverfahren die Gebührenregelung des Abschnitts 2 nur dann gelte, wenn das jeweilige Verfahren in der enumerativen Benennung nach Vorbemerkung 3.2.1 VV RVG genannt sei. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass für das Beschwerdeverfahren die Regelungen des RVG mit Geltung ab 01.08.2013 anzuwenden seien. In der Vorbemerkung 3.2.1 VV RVG neue Fassung finde sich jedoch in Abs. 3a die Regelung, dass der Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 auch in Verfahren über Beschwerden gegen die Entscheidung des Verwaltungs- oder Sozialgerichts wegen des Hauptgegenstandes im Verfahren des vorläufigen oder einstweiligen Rechtsschutzes anzuwenden sei. Es werde daher nach wie vor der Gebührentatbestand gemäß Nr. 3204 VV RVG als zutreffend erachtet. Über die Höhe der Gebühren bestehe dahingehend offensichtlich Einvernehmen, dass im Rahmen des zutreffenden Gebührentatbestandes eine Gebühr in Höhe von 1/3 über der Mittelgebühr anzusetzen sei. Die Gebühren seien daher wie am 19.11.2013 beantragt festzusetzen.

Der Beschwerdegegner vertrat in seiner Stellungnahme vom 08.07.2016 ebenfalls die Auffassung, dass für die Abrechnung des Beschwerdeverfahrens L 7 AS 639/13 B ER das RVG in der Fassung ab dem 01.08.2013 Anwendung finde und damit die Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 VV RVG (nF) anzusetzen sei. Bei der Gebührenhöhe müsse jedoch auf den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 26.10.2015, Az.: L 2 SO 95/15 B, verwiesen werden. Danach werde aufgrund der Charakteristika der Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (regelmäßig kurze Laufzeit, häufig weniger intensiver Schriftwechsel, oft nur summarischer Prüfung der Rechtslage) einem durchschnittlichen Eilverfahren regelmäßig nur eine auf zwei Drittel abgesenkte Mittelgebühr gerecht.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahren und die Akten mit den Aktenzeichen S 9 AS 618/13 ER und L 7 AS 639/13 B ER verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg.

Zuständig für die Entscheidung ist der Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG.

Der Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens beschränkt sich auf die Höhe der Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren L 7 AS 639/13 B ER einschließlich Erhöhungstatbestand und der entsprechenden Umsatzsteuer. Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in ab 01.08.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.), denn der unbedingte Auftrag i.S.v. § 60 Abs. 1 RVG für das Beschwerdeverfahren L 7 AS 639/13 B ER ist dem Beschwerdeführer nach dem 31.07.2013 erteilt worden. Dies ergibt sich zum einen schon daraus, dass der angefochtene Beschluss des SG erst am 22.08.2013 und damit nach Inkrafttreten der Neuregelung des RVG ergangen ist. Zum anderen datiert die neue, für das am 12.09.2013 anhängig gemachte Beschwerdeverfahren L 7 AS 639/13 B ER erteilte Vollmacht vom 11.09.2013.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

Der dem Beschwerdeführer zuerkannte Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse beruht auf §§ 45 ff. RVG. Streitig ist im Beschwerdeverfahren nur noch, nach welcher Gebührenziffer und in welcher Höhe dem Beschwerdeführer eine Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren L 7 AS 639/13 B ER zusteht. Der Beschwerdeführer hat insoweit Anspruch auf eine höhere Rechtsanwaltsvergütung, als eine Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV RVG (nF) einschließlich Erhöhungstatbestand Nr. 1008 VV RVG in Höhe von 644,80 EUR festzusetzen ist. Die Urkundsbeamtin und die Kostenrichterin haben dies zu Unrecht unterlassen.

a) Der Gebührentatbestand nach Nr. 3204 VV RVG (alter wie auch neuer Fassung) lautet wie folgt:

"Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Landessozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG)".

Im Gegensatz zu der bis zum 31.07.2013 geltenden Rechtslage (vgl. insoweit Beschluss des Kostensenats vom 20.11.2012, L 15 SF 184/11 B E) findet sich in der Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 3a) VV RVG (nF) nunmehr die Regelung, dass der Abschnitt 2, Unterabschnitt 1 (Berufung, bestimmte Beschwerden und Verfahren vor dem Finanzgericht) auch in Verfahren über Beschwerden gegen die Entscheidung eines Verwaltungs- oder Sozialgerichts wegen des Hauptgegenstands in Verfahren des vorläufigen oder einstweiligen Rechtsschutzes Anwendung findet. In den Motiven zum 2. KostRMoG ist hierzu ausgeführt:

"In Nummer 3 sollen drei Beschwerdeverfahren genannt werden, zu denen es keine Rechtsbeschwerdeverfahren gibt. In Buchstabe a sollen die Beschwerdeverfahren des vorläufigen oder einstweiligen Rechtsschutzes in der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit aufgeführt werden. Die Beschwerdeverfahren wegen des Hauptgegenstands des einstweiligen Rechtsschutzes entsprechen in der Sache einem Berufungsverfahren in der Hauptsache. Diese werden bisher mit der Beschwerdegebühr nach Nummer 3500 bzw. 3501 vergütet. Künftig soll der Rechtsanwalt die gleichen Gebühren erhalten wie im Berufungsverfahren."

Der Beschwerdeführer hat daher zutreffend im Beschwerdeverfahren L 7 AS 639/13 B ER als Verfahrensgebühr den Gebührentatbestand nach Nr. 3204 VV RVG angesetzt.

b) Die Verfahrensgebühr ist - wie vom Beschwerdeführer beantragt - auf 403,00 EUR (zuzüglich Erhöhungstatbestand Nr. 1008 VV RVG sowie Umsatzsteuer) festzusetzen.

Bei Betragsrahmengebühren gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG, um die es vorliegend geht, ist im Vergütungsverzeichnis zum RVG jeweils ein Gebührenrahmen vorgesehen. § 14 ist die Rechtsgrundlage für die Bestimmung der konkreten Gebühr im Einzelfall. Bei der Bestimmung der Betragsrahmengebühr ist regelmäßig zunächst von der Mittelgebühr im Hauptsacheverfahren auszugehen. Mit der Mittelgebühr wird die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einem Durchschnittsfall abgegolten. Ein Durchschnittsfall liegt vor, wenn nach den gemäß § 14 RVG maßgebenden Kriterien die Streitsache als durchschnittlich zu bewerten ist, es sich um eine Streitsache mit durchschnittlichem Aufwand, durchschnittlicher Schwierigkeit, durchschnittlicher Bedeutung für den Auftraggeber, durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Auftraggebers und durchschnittlichem Haftungsrisiko handelt. Ob ein Durchschnittsfall vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich mit den sonstigen bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Sachen. Dabei hält der Senat an der zuletzt mit Beschluss des BayLSG vom 05.10.2016, Az.: L 15 SF 282/15, bestätigten Auffassung fest, dass diese Grundsätze unabhängig davon gelten, ob es sich um ein Klage- oder um ein Antragsverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt. In der Rechtsprechung wird teilweise die Auffassung vertreten, dass für ein durchschnittliches Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig nur eine Gebühr von zwei Drittel der Mittelgebühr entsteht mit Blick auf die Charakteristika dieser Verfahren wie regelmäßig kurze Laufzeit, häufig weniger intensiver Schriftwechsel, oft nur summarische Prüfung der Rechtslage (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 26.10.2015, Az.: L 2 SO 95/15 B). Dieser Ansatz wird vom Senat weiterhin nicht geteilt (vgl. auch den Beschluss des BayLSG vom 11.04.2013, Az.: L 15 SF 43/12 B).

Zudem ist dem Ansatz, im Eilverfahren läge häufig ein weniger intensiver Schriftwechsel vor, entgegenzuhalten, dass ein intensiver Schriftwechsel gerade Charakterzug eines Eilverfahrens sein kann. Dies zeigt das vorliegende Verfahren in besonderem Maße (vgl. hierzu die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Beschluss des SG vom 25.04.2013 zur Gebührenziffer nach Nr. 3102 VV RVG). Auch muss der Rechtsanwalt wegen des hohen Zeitdrucks konsequent selbst "am Ball" bleiben, um zur Beschleunigung des Verfahrensabschlusses beizutragen; er wird sich ggf. sogar in der Pflicht sehen, selbst weitere Tatsachen inkl. Belege aktiv beizubringen, um der kurzfristigen Entscheidungsnotwendigkeit gerecht zu werden

Soweit die summarische Prüfung der Rechtslage als Argument für eine geringere Verfahrensgebühr angeführt wird, bleibt es angesichts der für den Anordnungsgrund stets erforderlichen Eilbedürftigkeit gleichwohl dabei, dass es insoweit um zentrale Rechtsgüter der Beteiligten geht und daher in gleicher Weise um das Recht "gekämpft" werden muss. Hinzu tritt, dass bei den eilrechtsschutzrelevanten Sachverhalten insbesondere der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe das Eilverfahren regelmäßig die faktische Wirkung eines Hauptsacheverfahrens erreicht (Schütz, jurisPR-SozR 7/2017 Anm. 4).

Nach Abwägung der genannten Kriterien hält der Senat für das Beschwerdeverfahren die Mittelgebühr für sachgerecht und angemessen. Die wesentlichen rechtlichen Ausführungen, die die Erhöhung der Mittelgebühr im erstinstanzlichen Verfahren begründet haben, sind im Beschwerdeverfahren im Wesentlichen wiederholt worden, so dass insoweit keine weitere Erhöhung der Mittelgebühr in Betracht kommt. Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus im Beschwerdeverfahren nochmals eigen recherchierte Unterlagen eingereicht hat, ergibt sich für die Bewertung der entscheidenden Kriterien (Umfang, Schwierigkeit, Bedeutung und wirtschaftliche Verhältnisse) keine Änderung, die über den Ansatz der Mittelgebühr hinausgeht. Die alleinige Vorbefassung im erstinstanzlichen Verfahren rechtfertigt nach Auffassung des Senats im Regelfall jedoch auch keinen Abschlag auf die Mittelgebühr.

Die Forderung des Beschwerdeführers, ihm stehe für die Verfahrensgebühr eine gegenüber der Mittelgebühr erhöhte Gebühr in Höhe von 403,00 EUR zu, ist jedoch insoweit berechtigt, als diese Gebührenbestimmung unter Berücksichtigung des Toleranzrahmens von 20 % noch billigem Ermessen entspricht. Der Beschwerdeführer ist offensichtlich bei der Bestimmung der konkreten Gebühr vom Gebührenrahmen der Nr. 3204 VV RVG alter Fassung (Gebührenrahmen 50,00 EUR bis 570,00 EUR, Mittelgebühr 310,00 EUR) ausgegangen, denn nur so errechnet sich bei der um 30 % erhöhten Mittelgebühr unter Berücksichtigung der Erhöhung um 0,60 (Nr. 1008 VV RVG) der angesetzte Betrag von 644,80 EUR. Allerdings ist der Gebührenrahmen nach Nr. 3204 VV RVG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung auf 60,00 bis 680,00 EUR erhöht worden, so dass sich eine Mittelgebühr (neu) von 370,00 EUR errechnet. Unter Berücksichtigung eines Toleranzrahmens von 20 % entspricht die Gebührenbestimmung des Beschwerdeführers in Höhe von 403,00 EUR daher billigem Ermessen. Die Gebühr ist - wie beantragt - nach Nr. 1008 VV RVG für zwei weitere Personen (Auftraggebermehrheit) um 60 v.H. (= 241,80 EUR) auf 644,80 EUR zu erhöhen.

c) Die erstattungsfähigen Kosten errechnen sich damit wie vom Beschwerdeführer am 19.11.2013 beantragt wie folgt:

Verfahrensgebühr gemäß § 3 RVG in Verbindung mit Nr. 3102, Nr. 1008 VV RVG: 560,00 EUR
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR
Verfahrensgebühr gemäß § 3 RVG in Verbindung mit Nr. 3204 VV RVG, 1008 VV RVG: 644,80 EUR
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR
19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG: 236,51 EUR
Gesamtbetrag: 1.481,31 EUR
3/4 davon: 1.110,98 EUR

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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