L 1 KR 178/17 KL

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1.
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 178/17 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 4/20 R
Datum
Kategorie
Urteil

Die Klagen gegen den Beschluss des Beklagten vom 22. März 2017 werden abgewiesen. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist der Beschluss des Festbetragsgruppensystems und der Festbeträge für Einlagen gemäß § 36 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) des Beklagten vom 22. März 2017.

Vor der hier streitgegenständlichen Festbetragssetzung galten die Regelungen durch den Beschluss des Beklagten vom 12. Dezember 2011 und die dort festgesetzten Festbeträge (BAnz vom 1. Februar 2012, Nr. 18 S. 379).

Die Klägerinnen zu 1) und 4) sind Orthopädie-Schuhbetriebe, der Kläger zu 2) ist der Zentralverband für Orthopädie-Schuhtechnik. Die Klägerinnen zu 3), 5) und 6) sind Landesinnungen für Orthopädie-Schuhtechnik.

Mit Schreiben vom 30. Januar 2014 wandte sich der Beklagte an die Verbände der Leistungserbringer zur Anpassung der Festbeträge und bat um Angaben zu den Kalkulationsgrundlagen insbesondere der Arbeitszeit für ein Paar Einlagen, Materialeinzelkosten, Stundenverrechnungssätze, Angaben zu den branchenüblichen Rabattsystemen, zu den Marktanteilen der einzelnen Produktarten und zu sonstigen Marktentwicklungen (Liste der 4 Verbände: VV Bl. 535). In der Folgezeit gingen Stellungnahmen der Arbeitsgemeinschaft Orthopädie-Schuhtechnik, der EuroCom (European Manufacturers Federation for Compression Therapy and Orthopaedic Devices) und des Bundesinnungsverbandes für Orthopädietechnik ein. Der Kläger zu 2) teilte mit Schreiben vom 6. März 2014 mit, die Preisfindung müsse anhand der realen Abgabepreise zumindest einmal im Jahr ermittelt werden. Der Beklagte schrieb am 15. August 2016 die Verbände der Leistungserbringer erneut an und bat um Stellungnahme zur Fortschreibung des Festbetragsgruppensystems für Einlagen. Beigefügt war ein Entwurf des überarbeiteten Festbetragsgruppensystems. Der Kläger zu 2) verwies in seiner Stellungnahme vom 9. September 2016 u. a. auf seine grundsätzliche Position, auf die nicht eingegangen worden sei.

Der Beklagte wandte sich ferner unter dem 25. August 2016 an insgesamt 25 Hersteller und bat um Übermittlung der aktuellen Einkaufspreislisten und Produktkataloge, Angaben zu Rabattsystemen und Höhe der Rabatte, Angaben zu den Marktanteilen/Absatzzahlen der einzelnen Produktarten sowie zu sonstigen Marktentwicklungen, die sich auf die Preisbildung auswirkten, z. B. Rohstoffpreisentwicklung oder ähnliches. Die eingegangenen Unterlagen wertete er aus und erstellte die Kalkulation zur Ermittlung von Festbeträgen für Einlagen 2017. In der internen Mitteilung vom 11. Januar 2017 heißt es unter I. Kalkulationsschema:

"Bei der Kalkulation der Festbeträge wird folgendes Kalkulationsschema verwendet:

Obergrenze des ungewichteten unteren Preisdrittels +Materialkostenaufschlag (7,5 %) + Arbeitszeit (absoluter Minutenwert) x Stundenverrechnungssatz. Den Berechnungen wird die Obergrenze des ungewichteten unteren Preisdrittels der Einkaufspreise zu Grunde gelegt. Die Liste der berücksichtigten Produkte ist als Anlage 1 beigefügt. Bei den Zusätzen für Einlagen wird abweichend hiervon der Durchschnitt der Herstellerabgabepreise (Mittelwert) zugrunde gelegt, da die Preisangaben für die zur Herstellung der zusätzlichen erforderlichen Materialien auf einer Markterhebung und Preisinformation der AGOS Arbeitsgemeinschaft Orthopädie-Schuhtechnik beruht. Da ein unteres Preisdrittel bei den Materialkosten für Zusätze nicht ermittelt und auf Nachfrage auch von der A nicht angegeben werden konnte, würden bei den Berechnungen die von der AGOS angegebenen Durchschnittsbeträge (Mittelwerte) zugrunde gelegt (Anlage 2).

Nach Mitteilung des Herstellerverbrandes EuroCom wird von den Herstellern ein branchenüblicher Rabatt von 6 % gewährt. Bei den Einkaufspreisen wird daher ein Rabatt von 6 % abgezogen.

Es wird ein Materialkostenaufschlag von 7,5 % berücksichtigt. Die Höhe des Materialkostenaufschlagssatzes beruht auf Auswertungen und Berechnungen der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft RR. Die Arbeitszeiten werden produktartenbezogen eingeschätzt und mit einem Stundenverrechnungssatz von 51,86 Euro (0,86 Euro/Minute) multipliziert. Diesem Stundenverrechnungssatz liegen Berechnungen der ( ) (R) aus dem Jahr 2014 zugrunde, die auf der Auswertung von Branchendaten beruhen (Anlage 3). Für die Jahre 2015 und 2016 wurde eine prozentuale Erhöhung von jeweils 1,5 % p. a. hinzugerechnet (Anlage 4)."

Unter "II. Berechnungsparameter" sind Materialkosten als Obergrenze des ungewichteten unteren Preisdrittels ohne Rabatt und mit Rabatt für die einzelnen Positionen aufgeführt, ferner Arbeitszeiten als Minutenwerte, z. B. 41 Minuten für stützende Einlagen, sowie Gewichtungsanteile der einzelnen Festbetragspositionen bei der Berechnung des Festbetrages auf Produktuntergruppenebene. Als Anlage 4 ist die Kurzfassung einer "Strukturanalyse SHK-Handwerk des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima" in Auszügen beigefügt, wonach die Stundenverrechnungssätze im SHK-Handwerk in den letzten Jahren durchschnittlich 1,5 % per annum anstiegen.

In seiner Vorstandssitzung am 23. Januar 2017 hat der Beklagte durch seinen Vorstand beschlossen, auf der Basis des vorliegenden Entwurfes das Stellungnahmeverfahren gemäß § 36 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2 SGB V einzuleiten. Der Kläger zu 2) wies mit Schreiben vom 2. Februar 2017 erneut auf seine Rechtsauffassung hin und bat, ihm die Informationen, die den vorgelegten Kalkulationen zu den Festbeträgen zugrunde lägen (Berechnungen einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Stundenverrechnungssatz, Angaben einer Leistungserbringerorganisation zu Arbeitszeiten, Definition der Rabatte) kurzfristig zur Verfügung zu stellen, damit der Entwurf abschließend beurteilt werden könne. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 3. Februar 2017 und führte aus, dass die Berechnungen der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einen Stundenverrechnungssatz für Orthopädietechnikbetriebe von 50,34 EUR ergeben habe. Es handele sich um einen Netto-Stundenverrechnungssatz. Ihm läge ein Fertigungsstundensatz anteilig geschlüsselt nach Meistern und Gesellen zu Grunde. Zudem sei ein Fertigungsgemeinkostenzuschlag von 43,4 % ermittelt worden, welcher die zusätzlich anfallenden Personalkosten für weitere Personalgruppen abdecke. Weiterhin flössen ein Gemeinkostenzuschlag von durchschnittlich 53,8 % sowie ein prozentualer Anteil für Unternehmerrisiko und –gewinn von 5 % in den Stundenverrechnungssatz ein. Die Berechnungen beruhten auf einer DATEV-Branchenauswertung der Kostenstrukturen von rund 200 Betrieben unter Berücksichtigung unterschiedlicher Regionen, Umsatzgrößen und Gesellschaftsformen, einem Branchen-Research bei 22 Betrieben zum durchschnittlichen Personalschlüssel von Orthopädietechnikbetrieben (Meister, Gesellen, Auszubildenden, Mitarbeiterverkauf und –verwaltung) und einem Branchen-Research zu den durchschnittlichen Brutto-Gehältern der verschiedenen Personalgruppen in Orthopädietechnikbetrieben, für den über 30 verschiedene Quellen herangezogen worden seien. Die Prüfung des Materialkostenzuschlages von bisher 20 % habe ergeben, dass einige der darin berücksichtigten Posten in den Gemeinkosten enthalten seien. Sachlich gerechtfertigt sei nach den Berechnungen der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein Materialkostenzuschlag von 7,5 %.

Unter dem 6. März 2017 lud der Beklagte die Patientenvertretungen zur abschließenden Sitzung seines Vorstandes am 22. März 2017 ein. Zu dieser Sitzung lag eine Auswertung der der eingegangenen Stellungnahmen vor.

In seinem Beschluss vom 22. März 2017 beschloss der Beklagte mit Wirkung ab 1. April 2017 I. Allgemeine Regelungen zum Festbetragsgruppensystem und zu den Festbeträgen und setzte unter II. Festbeträge für Einlagen gemäß § 36 Abs. 2 SGB V fest. Der Beschluss wurde am 31. März 2017 veröffentlicht (BAnzAT 31.03.2017 B 4).

Die Kläger und Klägerinnen zu 1) bis 4) erhoben am 18. April 2017 Klage gegen den genannten Beschluss. Am 4. Mai 2017 hat sich die Klägerin zu 5) der Klage angeschlossen, am 12. Mai 2017 auch die Klägerin zu 6).

Mit Beschluss vom 18. Dezember 2019, veröffentlicht am 14. Januar 2020 (BAnzAT 14.01.2020 B2) hat der Beklagte neue Festbeträge für Einlagen mit Inkrafttreten ab dem 1. April 2020 beschlossen.

Zur Klagebegründung führen die Kläger und Klägerinnen aus, sowohl als Leistungserbringer als auch als Verbände klagebefugt zu sein. Sie wendeten sich nicht gegen die gesetzliche Möglichkeit als solche, Festbeträge für Hilfsmittel festzusetzen und insoweit auch nicht gegen die Festbetragssetzung als solche. Sie seien jedoch sämtlich in den ihnen durch § 126 bzw. § 127 SGB V eingeräumten subjektiven Rechten verletzt. Ihre Möglichkeiten als bzw. für die Leistungserbringer, Einzelheiten der Versorgung zum Gegenstand der Verträge zu machen, würden durch Festbetragsregelungen erheblich eingeschränkt. Auch Regelungen zum Leistungsumfang seien nur umso eingeschränkter möglich, je geringer der Festbetrag sei. Der Beklagte habe bei der Festsetzung der konkreten Festbeträge gegen § 36 Abs. 3 i. V. m. § 35 Abs. 5 SGB V verstoßen. § 35 Abs. 5 SGB V, der entsprechend anzuwenden sei, regele genau, wie der Festbetrag zu bestimmen sei. Die Festbeträge müssten sich an den Abgabepreisen orientieren. Der Beklagte habe weder zu klären, welche Einkaufspreise die Produkte hätten, soweit es solche gäbe, noch habe der Beklagte Kalkulationen durchzuführen. Er müsse vielmehr unter Ausnutzung der nach § 36 Abs. 2 SGB V gebotenen Hilfe durch die Leistungserbringer die von § 35 Abs. 5 SGB V geforderten Abgabepreise für die jeweiligen Produkte ermitteln und daraus die Festbeträge unter Beachtung des § 35 Abs. 5 S. 5 SGB V bilden Dass mit dem Abgabepreis kein anderer als der Endkundenabgabepreis gemeint sei, ergebe sich auch aus § 61 SGB V. Dort sei geregelt, dass die Zuzahlungen die Versicherten zu leisten hätten, 10 v. H. des Abgabepreises betrügen. Der Gesetzgeber verlange nicht, die Abgabepreise der Hersteller der einzelnen Materialien oder die Einkaufspreise der Leistungserbringer zugrunde zu legen, sondern die Abgabepreise gegenüber dem Endverbraucher. In der hier einschlägigen Produktgruppe 08 gebe es anders bei Arzneimitteln oder anderen Produktgruppen kaum Hersteller industrieller Hilfsmittel, die im Hilfsmittelverzeichnis gelistet seien. Die Auskünfte zu den Abgabepreisen seien unproblematisch einzuholen. Der Beklagte habe eine Obliegenheit hierzu. Die Leistungserbringer seien bekannt. Sie bräuchten bezüglich der einzelnen Festbetragsnummern nur angeschrieben und zur Auskunft aufgefordert zu werden. Dazu seien die Leistungserbringer und ihre Verbände verpflichtet, § 36 Abs. 2 SGB V. Die Einwände etwa des Klägers zu 2) im Vorfeld seien missachtet worden. Aus dem Protokoll der Vorstandssitzung des Beklagten vom 22. März 2017 ergebe sich, dass der Beklagte offensichtlich absichtlich eine fehlerhafte Berechnung durchgeführt habe. Eine Auseinandersetzung mit den Abgabepreisen sei nicht erfolgt. Der Kläger zu 2) habe – entgegen den Ausführungen im Protokoll der Sitzung des Vorstandes der Beklagten vom 23. Januar 2017 – keine Kalkulation vorgelegt. Aus den angeforderten Abgabepreisen hätten unproblematisch die Rohdaten ermittelt werden können, auf deren Grundlage dann die jeweiligen Preisspannen zu ermitteln gewesen wären. Aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung seien die Leistungserbringer mittlerweile verpflichtet, stets auch die Zuzahlungen (über den Festbetrag hinaus) gegenüber den Krankenkassen anzugeben, so dass die Abgabepreise bei den Krankenkassen vollständig erfasst seien. Die Beklagte dürfte diese also unproblematisch erhalten können. Ein Generalverdacht, die Leistungserbringer würden unrichtige Angaben liefern, sei nicht gerechtfertigt. Deren Gestaltungsmöglichkeiten bei der Umsetzung der ärztlichen Verordnungen würden eingeschränkt. Das Kalkulationsmodell des Beklagten stelle die Vorstellung des Gesetzes auf den Kopf. Der Gesetzgeber wolle, dass der Festbetrag derjenige Betrag sei, für den weniger als 1/3 der Medizinprodukte kostendeckend und auskömmlich bundesweit abgeben werden könnten. Die Berechnungen des Beklagten seien massiv fehlerbehaftet und völlig unbrauchbar. Der Gesetzgeber bestimme, dass die Festbeträge auf Grundlage von Marktanalysen nach marktwirtschaftlichen Kriterien ermittelt werden und nach Einholung unterschiedlicher Angebote von Leistungserbringern erfolgen sollen. Die Kalkulation des Beklagten leide daran, dass die angeschriebenen Lieferanten mit der geforderten Zuordnung ihrer Rohlinge und Materialien zu den einzelnen Hilfsmitteln teilweise nichts hätten anfangen können. Die Ermittlung der Stundenverrechnungssätze durch die Rmöge rechnerisch richtig sein, zweifelhaft sei die Belastbarkeit der zu Grunde liegenden Daten und die daraus abgeleiteten Erkenntnisse. Die Auswertungsersteller hätten selbst darauf verwiesen, die Aussagen aufgrund geschätzter Annahmen getroffen zu haben. Unklar sei, ob Gemeinkosten wie z. B. Beiträge, Porto, Werbung, Rechts- und Beratungskosten, Reinigung, Zinsen und für unproduktive Arbeitszeiten berücksichtigt worden seien. Schlicht vergessen worden seien Mietkosten, kalkulatorische Eigenkapitalzinsen, kalkulatorischer Unternehmer- und mitarbeitender Familienangehörigenlohn. Die Ermittlung des Personalschlüssels scheine auf nicht repräsentativer Datenbasis erfolgt zu sein. Die Annahme einer recht homogenen Struktur der Orthopädietechnikbetriebe, aufgrund dessen nach Ansicht der R eine geringe Zahl von Vergleichsbetrieben repräsentativ sei, seien durch die unterschiedlichen Jahresumsatzgrößen der Betriebe von 60.000 EUR bis 3.000.000 EUR anzweifelbar. Ein Zuschlag von 5% für den Gewinn sei unklar. Die Steigerungssätze für die Jahre 2015 bis 2017 von nur 1,5% stünden im Widerspruch zu den Angaben des Statistischen Bundesamtes zum Anstieg des Haushaltsbruttoeinkommens und zu den Einwänden zur Lohnsteigerungen für Facharbeiter im Stellungnahmeverfahren. Öffentlich zugängliche Quellen der R und des p S e. V. lieferten andere Stundensätze.

Mit am 14. Februar 2020 eingegangenem Schriftsatz begehren die Kläger nunmehr auch die Aufhebung des Beschlusses des Beklagten vom 18. Dezember 2019.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tag diese Klagen zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt.

Die Klägerinnen beantragen,

den Beschluss des Beklagten vom 22. März 2017 bezüglich Festbeträge für Einlagen und vom 18. Dezember 2019 aufzuheben und den Beklagte zu verpflichten, die Festbeträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Klage bereits für unzulässig. Es fehle an der erforderlichen Klagebefugnis. Durch die Festsetzung seien weder die einzelnen Leistungserbringer noch deren Verbände in eigenen Rechten betroffen. Die Klägerinnen machten hier auch nicht geltend, durch ergänzende Bestimmungen zu der eigentlichen Festbetragsfestsetzung oder der Vorgabe von Abrechnungsregelungen in unzulässiger Weise in ihrer Vertragsabschlusskompetenz nach § 127 SGB V verletzt zu sein. Den Klägerbeitritten werde nicht zugestimmt. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Die Klägerinnen verkennten die strukturellen Unterschiede zwischen den Festbetragsfestsetzungen im Arzneimittelbereich (§ 35 SGB V) und denen im Hilfsmittelbereich (§ 36 SGB V). Der Beklagte setze nach § 36 Abs. 2 S. 1 SGB V Festbeträge nicht für bestimmte Hilfsmittel fest, sondern für die Versorgung mit Hilfsmitteln, die er zuvor nach § 36 Abs. 1 SGB V bestimmt habe (Festbetragsgruppensystem). Dieses Gruppensystem beinhalte neben der Zusammenfassung von Hilfsmitteln, die in ihrer Funktion gleichartig und gleichwertig seien, auch die Festlegung der Einzelheiten der Versorgung, § 36 Abs. 1 S. 2 SGB V. Bei den Hilfsmitteln werde regelmäßig nicht nur ein Fertigprodukt übergeben. Regelmäßig gehörten hierzu auch Arbeitsleistungen zur individuellen Fertigung der Hilfsmittel und weitere Dienstleistungen, die mit einem zusätzlichen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden seien. Dies gelte hier insbesondere für die zur Herstellung der Schuheinlagen erforderlichen Maß- oder Formabdrücke. Zwangsläufig müsse deshalb bei der Festsetzung von Festbeträgen geregelt werden, welche der erforderlichen Begleitleistungen vom Festbetrag umfasst seien. Der Beklagte habe ein Kalkulationsschema verwenden dürfen, das sowohl einen Betrag für die Produkte (Obergrenze des unteren Preisdrittels der Einlagen) als auch für die Versorgung erforderlichen Arbeits- und Dienstleistungen (Arbeitszeiten x Stundenverrechnungssatz) beinhalte. Für die Ermittlung der Obergrenze des unteren Preisdrittels habe er die Abgabepreise der Hersteller- bzw. die Einkaufspreise der Leistungserbringer zugrunde legen dürfen. Nach § 36 Abs. 2 S. 3 SGB V habe sich der Beklagte bei der Festsetzung der Festbeträge auch an den Informationen der Hersteller über die Preise, zu denen diese die Produkte an die Leistungserbringer abgeben, zu orientieren. Der Beklagte habe entsprechend Auskünfte zu den Abgabepreisen der Hilfsmittel nicht von den Leistungserbringern einholen müssen, da sich deren Vertragspreise nach § 127 SGB V nicht nur auf das reine Hilfsmittel bezögen, sondern im Einklang mit der Vorgabe in § 36 Abs. 1 S. 2 SGB V auch auf die Einzelheiten der Versorgung und die dabei zusätzlich zu erbringenden Leistungen. Eine umfassende Berücksichtigung der tatsächlichen Abgabepreise sei keine zwingende Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Festbetragsfestsetzung. Dies ergebe sich bereits daraus, dass eine entsprechende Verpflichtung der Leistungserbringer ein Verlangen durch den Beklagten voraussetze und damit nicht kraft Gesetzes, sondern erst durch eine konkrete Anforderung des Beklagten ausgelöst werde. Informationen und Auskünfte der Leistungserbringer könnten zwar für die Festsetzung eines Festbetrages herangezogen werden, müssten dies aber nicht. Der Beklagte habe von der ihm eingeräumten Möglichkeit, Abgabepreise über den Leistungserbringer zu erfragen, keinen Gebrauch gemacht, da diese Preise aufgrund der bundesweit hohen Zahl von Leistungserbringern nur mit einem immensen und unverhältnismäßigem Aufwand erfasst hätte werden könnten. Aufgrund der so genannten Präqualifizierungsdaten des § 126 Abs. 1 a S. 8 SGB V habe der Beklagte rund 7.500 Leistungserbringer erfasst, die zur Versorgung der Versicherten mit Einlagen berechtigt seien und für die der streitgegenständliche Festbetrag gelte. Im Gegensatz zur Situation im Arzneimittelpreis gebe es keinen einheitlichen "Abgabepreis einer Standardpackung" im Sinne des § 35 Abs. 5 S. 4 SGB V. Die entsprechende Geltung der Vorschrift bei der Festbetragssetzung für Hilfsmittel bedeute nicht, dass diese Festsetzung zwingend nur auf Auskünften der Leistungserbringer beruhen könne. Auf die eingereichten Schriftsätze und Bezug genommenen Unterlagen wird ergänzend verwiesen. Der Verwaltungsvorgang des Beklagten lag zur Verhandlung vor und war Gegenstand der mündlichen Erörterung.

Entscheidungsgründe:

Den Klagen bleibt Erfolg versagt.

Die im Wege der subjektiven Klagehäufung erhobenen Klagen gegen die Änderung des Festbetragsgruppensystems und der Neufestsetzung der Festbeträge für Einlagen vom 22. März 2017 sind zulässig. Sie sind jedoch unbegründet.

I.

Das hiesige Gericht ist nach § 29 Abs. 4 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstinstanzlich zuständig.

Von vornherein nicht zu entscheiden ist hier über die neue Klage gegen den Beschluss des Beklagten vom 12. Dezember 2019. Die Klageerweiterung um diesen zusätzlichen Streitgegenstand ist nicht sachdienlich nach § 99 SGG, da das Klageverfahren hier noch ganz am Anfang steht. Die Klage war danach nach § 113 Abs. 2 SGG abzutrennen, da der neue Beschluss auch nicht bereits aufgrund Gesetzes Verfahrensgegenstand ist:

Die Beschlüsse des Beklagten zur Festbetragsgruppenbildung und der Festbetragsfestsetzung sind Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen nach § 31 S. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X; vgl. Bundessozialgericht – BSG, Urteil vom 22. November 2012 – B 3 KR 19/11 R – Rdnr. 21 mit Bezugnahme u. a. auf Bundesverfassungsgericht – BVerfG – BVerfGE 106, 275). Die Frage der Einbeziehung späterer Neufestsetzung in ein rechtshängiges Klageverfahren richtet sich nach § 96 SGG, der grundsätzlich verändernde und für ersetzende Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen gilt. Soweit – wie hier – ein Festbetrag für ein Hilfsmittel zeitlich unbegrenzt in Kraft gesetzt wurde, also ein Verwaltungsakt mit unbegrenzter Dauerwirkung vorliegt, führt dies dazu, dass durch die nachfolgenden Verwaltungsakte jeweils für die Zukunft zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Festsetzung die bisherige Regelung aufgehoben wird. Der sie ersetzende Verwaltungsakt ist einbezogen gemäß § 96 Abs. 1 SGG (BSG, Urteil vom 22. November 2012, Rdnr. 22). Dass die Einbeziehung nach § 96 SGG erst ab Inkrafttreten der neuen Allgemeinverfügung gilt, ergibt sich zwanglos aus dem Wortlaut. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Die rechtsgestaltende Wirkung des Abänderns oder Ersetzens ist nicht an die äußere Existenz des Verwaltungsaktes geknüpft, sondern an dessen (innere) Wirksamkeit. Der Beschluss vom 22. März 2017 ersetzt erst ab Inkrafttreten den hier streitgegenständlichen, also erst ab dem 1. April 2020.

Statthafte Klageart ist die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Die Klägerinnen wenden sich gegen den Festbetragsbeschluss, weil sie der Auffassung sind, die einzelnen Festbeträge wären zu niedrig festgesetzt, was sie in eigenen Rechten verletze. Hätte die (reine) Anfechtungsklage Erfolg, würde unmittelbar die Festbetragsfestsetzung durch die vorangegangene vom 12. Dezember 2011 mit unbefristetem Inkrafttreten ab 1. März 2012 wieder aufleben (vgl. BSG, Urteil vom 22. November 2012, Rdnr. 36). Dort sind jedoch noch niedrigere Festbeträge festgelegt. Zum Erreichen ihres Klagezieles bedarf es deshalb zusätzlich einer Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 3 SGG), welche die Kläger zulässigerweise von vornherein auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes beschränken konnten, § 131 Abs. 3 SGG.

Ein Vorverfahren hatte nicht stattzufinden (§§ 36 Abs. 3 i. V. m. 35 Abs. 7 S. 3 SGB V).

Die Klagefrist von einem Monat nach § 87 Abs. 1 S. 1 SGG ist für die Klägerinnen und Kläger zu 1) bis 4) mit der Klageerhebung am 18. April 2017 gewahrt.

Die Klageerweiterung durch den Beitritt der Klägerinnen zu 5) und 6 ist eine sachdienliche Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG.

Auch deren Klagen sind fristgemäß erfolgt, auch wenn die Klagebeitrittserklärungen erst nach Ablauf von einem Monat nach Veröffentlichung des streitgegenständlichen Beschlusses eingegangen sind. §§ 36 Abs. 3 i. V. m. 35 Abs. 7 S. 1SGB V regelt hinsichtlich der Bekanntmachung des Beschlusses lediglich, dass diese im Bundesanzeiger zu erfolgen hat. Nach § 37 Abs. 4 S. 1 SGB X wird die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. Nach Satz 3 gilt der Verwaltungsakt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann hiervon nach § 37 Abs. 4 S.4 SGB X ein hiervon abweichender Tag bestimmt werden, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag. Der Beschluss des Beklagten enthält keine vom Regelfall abweichende Bestimmung. Eine ausdrückliche Regelung enthält er nicht. Die Rechtsbehelfsbelehrung gibt die Frist -korrekt- mit einen Monat nach Bekanntgabe an. Der Beschluss ist hier am 31. März 2017 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Der Beschluss gilt damit am 14. April 2017 als bekannt gegeben. Die Klagebeitritte sind hier bereits bis 12. Mai 2017 erfolgt.

Die Klägerinnen sind klagebefugt. Sie können behaupten, durch den Beschluss beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 S. 2 SGG) bzw. sind durch die aus ihrer Sicht zu niedrige Festsetzung beschwert (§ 54 Abs. 2 SGG).

Konsequent wenden sie sich nicht gegen die gesetzliche Möglichkeit selbst, Festbeträge für Hilfsmittel nach § 36 SGB V festzusetzen. Das insoweit allein in Betracht kommende Grundrecht der Berufsfreiheit der Leistungserbringer (Art. 12 Abs. 1, Abs. 2 Grundgesetz – GG) ist durch die gesetzliche Einführung von Festbeträgen für Arzneimittel und Hilfsmittel nicht berührt. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 (a.a.O.) entschieden, dass Anbieter von Hilfsmitteln in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit nicht tangiert sind, soweit der Gesetzgeber die (früheren) Spitzenverbände der Krankenkasse als Vorgänger des Beklagten zur Festsetzung von Festbeträgen für Hilfsmittel ermächtigt hat.

Für Arzneimittel-Festbeträge hat das BSG wiederholt Zweifel geäußert, ob einem Arzneimittelhersteller bei nicht patentgeschützten Arzneimitteln eine Klagebefugnis gegen eine gesetzwidrige Festbetragsfestsetzung einzuräumen ist, wenn nur wirtschaftliche Interessen betroffen sind (BSG, Urteil vom 03. Mai 2018 – B 3 KR 7/17 R –,Rdnr. 22 mit Bezugnahme auf Urteil vom 24. November 2004 – B 3 KR 23/04 R –, BSGE 94, 1-12, juris-Rdnr. 20). Denkbar ist allerdings zur Gewährleistung eines effektiven Grundrechtsschutzes eine Klagebefugnis des pharmazeutischen Unternehmens, soweit geltend gemacht wird, dass die Festbetragsgruppenbildung oder Festbetragsfestsetzung ihn in seinen spezifischen Grundrechten verletze, etwa durch eine Beeinträchtigung des Art 12 GG i. V. m. Art 3 Abs. 1 GG, indem sich die Festsetzung als wettbewerbsverzerrend darstellen könnte. Art 12 Abs. 1 i. V. m. Art 3 Abs. 1 GG schützen Unternehmer im Rahmen ihres Rechts auf Teilhabe am Wettbewerb zwar nicht vor der Veränderung von Wettbewerbsbedingungen oder vor der Zulassung von Konkurrenten, wohl aber vor sachlich nicht gerechtfertigter staatlicher Begünstigung von Konkurrenten. Im Hinblick auf ein Recht auf fairen Wettbewerb können staatliche Maßnahmen, die auf eine Veränderung des Verhaltens von Unternehmern im Wettbewerb zielen oder den Wettbewerb der Unternehmer untereinander verfälschen, im Einzelfall die Berufsfreiheit beeinträchtigen (BSG, Urteil vom 03. Mai 2018 – B 3 KR 10/17 R –, Rdnr. 19 mit weiteren Nachweisen). Wettbewerbsverzerrende Wirkungen oder Ungleichbehandlungen verschiedener Leistungserbringer wenden die Kläger hier nicht ein. Sie können allerdings einen Eingriff in die ihnen durch § 127 SGB V eingeräumten subjektiven Rechte geltend machen. Gemäß § 126 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB V dürfen Hilfsmittel an Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Abs. 1, 2 und 3 SGB V abgegeben werden. Vertragspartner der Krankenkassen können hierbei nur Leistungserbringer sein, die die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllen. Für diese Verträge zwischen Krankenkassen(-verbänden) und den Leistungserbringer(-verbänden) sieht § 127 Abs. 1 bis 3 SGB V ein gestuftes System vor. Soweit es zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen und in der Qualität gesicherten Versorgung zweckmäßig ist, können im Wege der Ausschreibung Verträge über die Lieferung einer bestimmten Menge von Hilfsmitteln, die Durchführung einer bestimmten Anzahl von Versorgungen oder die Versorgung für einen bestimmten Zeitraum geschlossen werden (§ 127 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Allerdings sind für Hilfsmittel, die für einen bestimmten Versicherten individuell angefertigt werden, oder Versorgungen mit hohem Dienstleistungsanteil Ausschreibungen in der Regel nicht zweckmäßig (§ 127 Abs. 1 Satz 4 SGB V). Werden solche Ausschreibungen nicht durchgeführt, schließen Krankenkassen- und Leistungserbringerseite Verträge über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung der Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung (§ 127 Abs. 2 S. 1 SGB V). Soweit für ein erforderliches Hilfsmittel keine Verträge der Krankenkasse nach § 127 Abs. 1 und 2 SGB V mit Leistungserbringern bestehen oder durch Vertragspartner eine Versorgung der Versicherten in einer für sie zumutbaren Weise nicht möglich ist, trifft die Krankenkasse eine Vereinbarung im Einzelfall mit einem Leistungserbringer (§ 127 Abs. 3 S. 1 SGB V). Nach Abs. 4 dieser Vorschrift können für Hilfsmittel, für die ein Festbetrag festgesetzt wurde, in den Verträgen nach den Absätzen 1, 2 und 3 SGB V Preise höchstens bis zur Höhe des Festbetrags vereinbart werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. Juli 2015 – L 9 KR 69/12 KL –, juris –Rdnr. 67). Nach diesen Regelungen können Leistungserbringer zum einen Einzelheiten der Versorgung zum Gegenstand der Verträge machen. Soweit für Hilfsmittel Festbeträge bestehen, besteht diese Möglichkeit indes nur akzessorisch zu den Bestimmungen des Beklagten im Rahmen von § 36 Abs. 1 SGB V. Diese Vorschrift berechtigt den Beklagten u.a. dazu, "Einzelheiten der Versorgung" festzulegen. Der Gesetzgeber reagierte mit ihr auf den Umstand, dass sich der Sachleistungsanspruch nach § 33 SGB V nicht in der bloßen Überlassung von Hilfsmitteln erschöpft, sondern auch deren notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen umfasst, § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O. Rdnr. 69 mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 22. November 2012, Rdnr. 57). Die vorbereitenden, begleitenden und nachgehende Dienstleistungen sind unerlässlich und können ihrerseits mit Materialverbrauch und somit zusätzlichen Sachkosten verbunden sein (BSG, a. a. O., Rdnr. 56). Bei der Festsetzung von Festbeträgen für Hilfsmittel ist daher zwangsläufig eine Regelung zu treffen, welche der erforderlichen Begleitleistungen vom Festbetrag umfasst sein sollen. Die Einbeziehung derartiger Begleitleistungen ist notwendiger Bestandteil einer Festbetragsfestsetzung im Hilfsmittelbereich. Zugleich wird dadurch klargestellt, welche im Einzelfall ebenfalls erforderlichen Zusatzleistungen vom Festbetrag nicht umfasst und deshalb von der Krankenkasse gesondert zu vergüten sind. Daher sind bei Hilfsmitteln, für die Festbeträge festgesetzt wurden, nur solche Einzelheiten der Versorgung vertraglichen Vereinbarungen zugänglich, die nicht bereits mit dem Festbetrag abgegolten sind (LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O. Rdnr. 69). Zum anderen können Leistungserbringer – auch bei Bestehen von Festbeträgen – Regelungen zum Leistungsumfang (vgl. § 127 Abs. 1 S. 1 SGB V: "Verträge über die Lieferung einer bestimmten Menge von Hilfsmitteln, die Durchführung einer bestimmten Anzahl von Versorgungen oder die Versorgung für einen bestimmten Zeitraum") vereinbaren. Weil sie jedoch hierbei hinsichtlich der Preise wegen § 127 Abs. 4 SGB V auf den Festbetrag begrenzt sind, sind ihre Verhandlungsmöglichkeiten umso stärker eingeschränkt, je geringer der Festbetrag festgesetzt wird. Auch insoweit werden subjektive Rechte nur relativ, d.h. in Abhängigkeit von der Höhe des Festbetrags, eingeräumt (LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O. Rdnr. 70). Schließlich ist durch § 127 Abs. 1 bis 3 SGB V die Möglichkeit eröffnet, Vereinbarungen zu Regelungsmaterien zu schließen, die einer Einbeziehung in Festbetragsregelungen von vornherein nicht zugänglich sind, z.B. Bestimmungen zur Abrechnung (LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O. Rdnr. 71) oder zur Art der Herstellung (technisch-handwerklichen Ausführung). Diese darf nämlich den Leistungserbringern nicht durch eine Regelung nach § 36 SGB V vorgeschrieben werden (BSG a.a.O. Rdnr. 62). Den Klägerinnen geht es nach ihrem Vorbringen um die Beschränkung ihrer Möglichkeit, Regelungen zum Leistungsumfang nach § 127 Abs. 1 S. 1 SGB V zu treffen, aber durch die (zu) geringe Festbetragshöhe in ihrer Gestaltungs- und Verhandlungsmöglichkeit eingeschränkt zu sein. Da für die Klagebefugnis die bloße Möglichkeit ausreicht, dass der Kläger in eigenen Rechten verletzt ist, also die Verletzung einer den Kläger schützenden Rechtsnorm in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 2019 – B 12 KR 6/18 R – Rdnr. 23), reicht dies hier für die Klagezulässigkeit aus. Ob der angegriffene Beschluss die Kläger tatsächlich in eigenen Rechten verletzt, ist eine Frage der Begründetheit.

Der Kläger zu 2) und die Klägerinnen zu 3), 5) und 6) können neben einer Verletzung in ihren eigenen, sich etwa aus § 127 SGB V für sie als Verbände ergebenden Rechten, auch in gesetzlicher Prozessstandschaft die Verletzung der Rechte der von ihnen vertretenen Leistungserbringer geltend machen, da Handwerksinnungen u. a. die Aufgabe haben, die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern, § 54 Abs. 1 S. 1 Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung -HwO; BSG, Urteil vom 22. November 2012,. Rdnr. 40). Inwieweit eine Prozessstandschaft sowohl durch eine Bundesinnung (hier der Kläger zu 2)) zusätzlich zur Vertretung der Mitglieder durch Landesinnungen möglich ist, kann dahingestellt bleiben, da der Kläger zu 2) auch die Interessen von Mitgliedern außerhalb Berlins, Hamburgs, Mecklenburg-Vorpommerns und Schleswig Holsteins vertritt, also außerhalb der Bereiche der klagenden Landesinnungen.

II.

Die Klagen sind unbegründet.

Die Festsetzungen der Festbeträge im angefochtenen Beschluss vom 22. März 2017 leiden nicht an einem rechtserheblichen Mangel.

Nach § 36 Abs. 3 SGB V gelten für die Festbetragsfestsetzung die § 35 Abs. 5 und 7 entsprechend. Aufgrund § 35 Abs. 5 SGB V sind die Festbeträge sind so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten (S. 1). Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen (S. 2). Die Festbeträge sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen (S. 3). Aufgrund S. 4 soll der Festbetrag für die Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe nach Absatz 1 Satz 2 den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen. Dabei müssen mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und mindestens ein Fünftel aller Packungen zum Festbetrag verfügbar sein; zugleich darf die Summe der jeweiligen Vomhundertsätze der Verordnungen und Packungen, die nicht zum Festbetrag erhältlich sind, den Wert von 160 nicht überschreiten (S. 5). Bei der Berechnung nach Satz 4 sind hochpreisige Packungen mit einem Anteil von weniger als ein vom Hundert an den verordneten Packungen in der Festbetragsgruppe nicht zu berücksichtigen (S. 6). Für die Zahl der Verordnungen sind die zum Zeitpunkt des Berechnungsstichtages zuletzt verfügbaren Jahresdaten nach § 84 Abs. 5 zu Grunde zu legen (S. 7).

Bei Festbetragsfestsetzungen nach § 36 SGB V ist ein eigener Prüfungsmaßstab anzuwenden, der die Besonderheiten der speziellen Regelungsmaterie berücksichtigt. Denn die auf Arzneimittel zugeschnittenen Vorschriften des § 35 Abs. 5 SGB V können nicht direkt angewendet werden. Für die Festbetragsgruppenbildung im Arzneimittelbereich nach § 35 SGB V sind vom hierfür zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zu erlassen. Diese im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden Richtlinien sind gerichtlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte (BSG, Urteil vom 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R –, BSGE 114, 217-237, Rdnr. 27 mit weiteren Nachweisen). § 35 SGB V gibt dem GBA ein engmaschiges, rechtlich voll überprüfbares Programm vor: Die Verwendung ihrer Art nach rechtmäßiger Prüfkriterien, die Ermittlung des Inhalts der Arzneimittelzulassungen, die Qualifizierung von Arzneimitteln als solche mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, die Gewährleistung sowohl fehlender Einschränkungen von Therapiemöglichkeiten als auch der Verfügbarkeit medizinisch notwendiger Verordnungsalternativen sowie die zutreffende rechtliche Erfassung der Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen ist vom Gericht uneingeschränkt zu überprüfen. Der Gesetzgeber belässt dem GBA bei der Umsetzung dieser Regelungselemente des § 35 SGB V keinen Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom GBA zu berücksichtigenden Studienlage. Anders liegt es dagegen bei der Entscheidung über Zeitpunkt, Zuschnitt und Auswahl der Gruppe sowie bei der Bewertung des zutreffend ermittelten Standes der Studienlage im Hinblick auf ihre Eignung, für die Gruppenbildung relevante Therapiehinweise, Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse zu erlassen; ebenso bei der Wahl einer anderen geeigneten. Hier entscheidet der GBA als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom GBA getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (BSG, a. a. O. Rdnr. 28 mit weiteren Nachweisen). Die gerichtliche Kontrolle der festgesetzten Festbetragshöhe selbst erfolgt wiederum grundsätzlich in vollem Umfang. Sie ist jedoch dort eingeschränkt auf die zutreffende Konkretisierung der bestehenden Zielvorgaben nebst wissenschaftlich haltbarer Schätzungen, wo in Unkenntnis der Reaktion jedes einzelnen Arzneimittelanbieters prognostische Elemente und Schätzungen mit in die Festbetragsfestsetzung einfließen müssen. Es besteht allerdings kein Beurteilungsspielraum des Beklagten mit Blick darauf, dass im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche, in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleistet ist (BSG, Urteil vom 01. März 2011 – B 1 KR 7/10 R –, BSGE 107, 261-287, juris-Rdnr. 52). Anderes wäre verfassungsrechtlich bedenklich. Eine wesentliche Änderung des Inhalts des Wirtschaftlichkeitsgebots oder wirtschaftslenkende Handlungsspielräume sind dem GBA und dem Beklagten durch § 35 SGB V nicht eingeräumt worden (BSG, a. a. O mit Bezugnahme auf BVerfGE 106, 275, 302).

Die vom Gesetz geforderten Mindestmarktanteile beziehen sich nach § 35 Abs. 5 SGB V nach dem Wortlaut nicht auf die Einkaufspreise für Vorprodukte, sondern auf den Abgabepreis als Endpreis. Wie der Beklagte diesen Abgabepreis jedoch ermittelt, gibt das Gesetz indessen nicht vor. Für die Festbetragshöhenfestsetzung für Arzneimittel steht der Abgabepreis nämlich jeweils fest. Es bedurfte keine Vorschrift zur Ermittlung.

Die Grundsätze für die Arzneimittelfestbetragsfestsetzung lassen sich wegen der erheblichen Unterschiede der Regelungsmaterien nur bedingt auf den gerichtlichen Prüfungsmaßstab im Rahmen von § 36 SGB V übertragen. So wird über die Festbetragsgruppenbildung nicht im Wege einer (untergesetzlichen) Norm, sondern durch eine Allgemeinverfügung entschieden. Weiter berechtigt § 36 Abs. 1 Satz 2 SGB V – wie bereits dargestellt – den Beklagten auch, "Einzelheiten der Versorgung" festzulegen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O., Rdnr. 77). Bei den (verschreibungspflichtigen) Arzneimitteln nach § 35 SGB V handelt es sich um einheitliche Produkte, die in allen Apotheken zum einheitlichen Preis allgemein erhältlich sind. Bei den Hilfsmitteln, insbesondere bei denen der hier betroffenen der Produktgruppe 08 "Einlagen" gibt es keine gesetzlich vorbestimmten feststehenden Preise. Wie bei allen Hilfsmitteln zählt ferner zur Versorgung nicht nur die Beschaffung des Hilfsmittels selbst. Hinzu kommen –wie dargestellt- die zu berücksichtigenden vorbereitenden, begleitenden und nachgehende Dienstleistungen. Zudem werden speziell die Einlagen –worauf die Klägerinnen selbst zutreffend hinweisen- überwiegend vom Leistungserbringer selbst angefertigt. Dieser ist nicht überwiegend nur ein Händler. Der Werk- und Dienstleistungsanteil überwiegt den Wert der eingekauften Vorprodukte bei Weitem.

Weil dem Gesetz insoweit keine näheren Vorgaben zur Methodik zu entnehmen sind, sind grundsätzlich mehrere vertretbare Ermittlungsweisen denkbar. Dieser Umstand rechtfertigt daher auch die Erkenntnis, dass es die allein richtige Festsetzung eines Festbetrags nicht gibt (LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O. Rdnr. 79; Luthe in: Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch, Stand 2018, § 36 SGB V, Rd. 71). Ob eine Ermittlung der Abgabepreise durch Befragung aller Leistungserbringer möglich und ob dies im Hinblick auf den Ermittlungsaufwand oder etwaige Unrichtigkeiten der Angaben sinnvoll wäre, braucht deshalb hier nicht entschieden zu werden. Soweit im Rahmen dieses eigenen Dienst- und Werksleistungsanteils betriebswirtschaftliche Überlegungen und Berechnungen in die Kalkulation einfließen, muss sich die gerichtliche Überprüfung auf die Nachvollziehbarkeit und Widerspruchsfreiheit der hierfür vom Beklagten gegebenen Begründung beschränken. Dass das Kalkulationsschema des Beklagten in diesem Sinne fehlerbehaftet ist, vermag der Senat nicht festzustellen.

Die grundsätzlichen rechtlichen Bedenken hat der Beklagte bereits im Stellungnahmeverfahren zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Er hat auch bereits die inhaltliche Kritik an seinem Kalkulationsschema zur Kenntnis genommen und gewürdigt. So heißt es in der Auswertung der Stellungnahmen, dass zu den vom Festbetrag erfassten Kosten und Leistungen auch die Dokumentation der erforderlichen Beratung und Erklärungen gehören, welche sich aus dem HHVG, also dem Gesetz zur Stärkung der Heil-und Hilfsmittelversorgung, ergäben. Die Kritik der Leistungserbringerorganisation an den Kalkulationsparametern sei –so der Beklagte- im Wesentlichen unbegründet. Allerdings werde auf die Ansetzung eines durchschnittlichen Rabattes von 6 % auf die Einkaufspreise der Einlagenrohlinge und des Materials für die Zusätze verzichtet, da dieser Rabatt auf Angaben eines Herstellerverbandes beruhe, deren Datengrundlage nicht bekannt sei und die nach einhelliger Aussage der Leistungserbringerorganisation nicht repräsentativ sei. Die Angaben der Leistungserbringer seien hinsichtlich des Materialkostenzuschlagssatzes von der R auf Plausibilität überprüft worden. Bei den Arbeitszeiten seien grundsätzlich die von der Leistungserbringerorganisation A angegebenen Werte zugrunde gelegt worden. Die Kürzung dieser Arbeitszeiten um die von den Leistungserbringern angesetzten allgemeinen Patientenzeiten sei gerechtfertigt, da sie Tätigkeiten umfasse, die nicht vom Meister oder Gesellen ausgeübt werden müssten sondern von Bürokräften durchgeführt würden. Insoweit sei in dem der Festbetragskalkulation zugrunde liegenden Stundenverrechnungssatz ein Fertigungsgemeinkostenzuschlag von 43,4 % enthalten, welcher u. a. die zusätzlich anfallenden Personalkosten abdecke. Die Stundenverrechnungssätze beruhten auf einer validen Datengrundlage, an den von R im Jahr 2014 ermittelten Stundenverrechnungssatz werde festgehalten, jedoch für die Jahre 2015, 2016 sowie 2017 eine prozentuale Steigerung von 1,5 % berücksichtige.

Soweit die Klägerinnen rügen, die Festbetragsfestsetzungen schränkten sie als Leistungserbringer in ihren Gestaltungsmöglichkeiten ein, die sie an sich bei der Umsetzung der ärztlichen Verordnung hätten, greifen sie ohne Erfolg das Festbetragssystem als solches an. Die Versorgung soll sich nämlich per se auf zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungen ausreichender Qualität beschränken, §§ 36 Abs. 3, 35 Abs. 5 S. 1 SGB V. Dass die Festbeträge dies nicht leisten, kann nur ein Versicherter rügen (vgl. für Hörgeräte: BSG, B 3 KR 20/08 R –, BSGE 105, 170-juris- Rdnr. 30).

Das Gesetz fordert lediglich, dass der Festbetrag den höchsten tatsächlichen Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis nicht übersteigt. Wie der Abgabepreis ermittelt wird, lässt sich weder dem Wortlaut entnehmen noch dem Zweck der Vorschrift. Genauso wenig, wie im Arzneimittelbereiche grundsätzlich von Relevanz ist, wie, wo und durch wen die Herstellung der Medikamente, geschweige denn deren Ausgangsprodukte erfolgt –abgesehen vom Aspekt der Versorgungssicherheit, der bedingt in § 35 Abs. 5 S. 5 SGB V zum Ausdruck kommt-, finden bei Festbeträgen für Hilfsmittel etwaige regionale Unterschiede Berücksichtigung, welche sich aus unterschiedlichem Lohn- und oder Mietniveau ergeben könnten.

Falls eine Verordnung aufgrund der spezifischen ärztlichen Vorgaben nicht zum Festbetrag umsetzbar ist, muss dies zu einer Mehrkostenvereinbarung und damit Zuzahlung durch den Versicherten führen. Dies gilt nicht anders für die Arzneimittelversorgung bei expliziter Verordnung eines nicht zum Festbetrag erhältlichen Medikaments. Nur in Ausnahmefällen, auf die bei der Festbetragsfestsetzung selbst keine Rücksicht zu nehmen ist, können nach der Rechtsprechung des BSG Versicherte eine Vollversorgung mit Arzneimitteln ohne Begrenzung auf den hierfür festgesetzten Festbetrag beanspruchen, wenn aufgrund ungewöhnlicher Individualverhältnisse keine ausreichende Versorgung zum Festbetrag möglich ist. Dies ist der Fall, wenn bei ihnen die zu einem Preis bis zur Höhe des Festbetrags erhältlichen Arzneimittel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Nebenwirkungen im Ausmaß einer behandlungsbedürftigen Krankheit verursachen, während ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag überschreitet, demgegenüber keine vergleichbaren Nebenwirkungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verursacht (BSG, Urteil vom 03. Juli 2012 – B 1 KR 22/11 R –, BSGE 111, 146-155, Rdnr. 16f). Für Hilfsmittelfestbeträge gilt, dass diese dem Versicherten gegenüber zwar keine Leistungsbegrenzung bewirken, soweit dieser für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreicht (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, Rdnr. 28 mit Bezugnahme auf BSGE 90, 220, 224). Grundsätzlich genügt aber die Krankenkasse ihrer Leistungspflicht den Versicherten gegenüber im Geltungsbereich einer Festbetragsfestsetzung durch den und bis zu dem jeweiligen Festbetrag (BSG, a. a. O. Rdnr. 30).

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen ergibt sich aus dem Gesetz auch nicht, dass die Festbeträge zwingend "auf Grundlage von Marktanalysen" und nach Einholung unterschiedlicher Angebote von Leistungserbringern erfolgen muss. Auch wenn eine Ermittlung des unteren Preisdrittels des Abgabepreises auf Grundlage der Einkaufspreise für Vorprodukte schwieriger erscheint als beispielsweise bei der Hörgeräteversorgung, ist nicht ersichtlich, dass die Methode generell zu falschen Zahlenwerten führen muss. Die Schwächen des Berechnungsmodells, welche die Klägerinnen benennen, zeigen eine Fehlerhaftigkeit deshalb nicht auf. Dies gilt für die aufgezeigten Schwierigkeiten der angeschriebenen Lieferanten mit der vom Beklagten gewollten Zuordnung ihrer Rohlinge und Materialien zu den einzelnen Hilfsmitteln und der deshalb teilweise möglicherweise unvollständigen Erfassung der Einkaufspreise. Auch die Erkenntnis, dass die von der R durchgeführte Ermittlung der Stundenverrechnungssätze auf teilweise limitierten Ausgangsdaten und auch Schätzungen beruht, zeigt substantielle Fehler und Widersprüchlichkeiten in deren Ergebnissen nicht auf. Dies gilt für die Ermittlung der Gemeinkosten –die nach RBS durchaus Raumkosten berücksichtigen- und für die Personalschlüssel. Inwieweit rein kalkulatorische Positionen wie fiktive Eigenkapitalzinsen oder Unternehmerlohn von Relevanz sein können, erschließt sich bereits aus dem Klägervorbringen selbst nicht einmal im Ansatz. Soweit sie vortragen wollen, die Ermittlung der Abgabepreise müsse sich an Kalkulationen orientieren, die die Auskömmlichkeit für die Leistungserbringer sicherstellen, lässt sich dies dem Gesetz nicht entnehmen.

Auch die Annahmen zum Unternehmensgewinn und zu den Fortschreibungen für die Jahre 2015, 2016 und 2017 sind durch die bloßen Hinweise auf andere statistische Daten nicht falsifiziert. Weshalb der Beklagte die Arbeitszeitangaben der AGOS nicht zu Hundert Prozent übernommen hat, hat er –wie wiedergegeben- erläutert.

Die Fehlerhaftigkeit der durch das Kalkulationsschema ermittelten Festbeträge folgt abschließend auch nicht aus dem von den Klägerinnen eingeführten "1. Bericht des GKV-Spitzenverbandes über die Entwicklung der Mehrkostenvereinbarungen für Versorgungen mit Hilfsmittelleistungen gemäß § 302 Absatz 5 SGB V Berichtszeitraum: 01.07.2018 – 31.12.2018". Zwar gibt es bei der Produktgruppe 08 "Einlagen" am häufigsten Mehrkostenvereinbarungen, nämlich in 49,10% der Versorgungsfälle im zweiten Halbjahr 2018. Die durchschnittliche Mehrkosten betrugen 34,62 EUR pro Versorgung. §§ 36 Abs. 3 i. V. m. 35 Abs. 5 S. 4 SGB V ist damit aber nicht verletzt worden. Dazu hätte die Quote 70% betragen müssen. Im Übrigen umfassen die Mehrkostenvereinbarungen auch Positionen, die nach der Terminologie des Klägerinnen zum "dritten Teil" gehören müssten, der sich nicht mit auf den Preis für das verordnete Hilfsmittel als Medizinprodukt selbst bezieht, sondern auf einen darüber hinausgehenden "allgemeinen Gebrauch". Die Beklagte führt in ihrem Bericht nämlich aus, Mehrkosten entstünden unter anderem für "Premiumprodukte" und die Anschaffung weitere Einlagen über die medizinisch indizierte Anzahl hinaus.

Soweit die Klägerinnen in den neuesten Schriftsätzen dem Berechnungsschema des Beklagten ein eigenes gegenüber stellen wollen, stellt auch dies die vom Beklagten gewählte Kalkulation weder im Hinblick auf deren Nachvollziehbarkeit noch auf Widerspruchsfreiheit hin in Frage (im Ergebnis ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. Juli 2015 a. a. O. Rdnr. 97).

Zeigt sich der angegriffene Beschluss des Beklagte damit nicht als rechtswidrig, kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerinnen mit ihrem abstrakten Vorbringen, durch die (zu niedrigen) Festbetragsfestsetzungen in ihrer Verhandlungsposition gegenüber den Krankenkassen aus §§ 126, 127 SGB V verletzt zu sein, tatsächlich eine konkrete Rechtsverletzung aufgezeigt hätten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision ist nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Rechtskraft
Aus
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