S 9 KR 141/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KR 141/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.04.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2003 verurteilt, dem Kläger 46,40 EUR zu erstatten. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1/6.

Gründe:

I.

Streitig ist die Erstattung der Kosten einer ambulanten privatärztlichen Behandlung.

Der Kläger war bis 30.04.2003 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Am 16.09.1998 und am 07.02.2000 ließ er jeweils Elektronenstrahltomographien des Herzens im L-er Radiologieinstitut (MRI) bei Prof. Dr. T durchführen und legte der Beklagten anschließend die Privatliquidationen vom 28.09.1998 und 11.02.2000 zur Erstattung vor. Obwohl die durchgeführten Behandlungen keine Vertragsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung darstellten und die behandelnden Ärzte des MRI keine Vertragsärzte im Sinne des § 95 SGB V waren, nahm die Beklagte jeweils eine anteilige Kostenerstattung unter Zugrundelegung vergleichbarer EBM-Ziffern vor. Bezüglich der Rechnung vom 11.02.2000 wurde daher folgende Vergleichsberechnung und -erstattung durchgeführt:

Für die GOÄ - Ziffer 650 wurde die EBM-Ziffer 603 mit 250 Punkten (bei einem Faktor von 1,8), anstelle der GOÄ-Ziffer A 5369 wurden die EBM-Ziffern 5122, 5125 und 5131 mit insgesamt 8.500 Punkten und anstelle der GOÄ-Ziffer 5377 wurde die EBM-Ziffer 5130 mit 700 Punkten zugrunde gelegt, so dass sich insgesamt eine Punktzahl von 9.450 Punkten ergab. Unter Berücksichtigung des damaligen Punktwertes von 0,10 DM ergab sich ein Überweisungsbetrag von 955,99 DM bei einem ursprünglichen Rechnungsbetrag von 999,47 DM.

Am 14.04.2003 beantragte der Kläger erneut die Erstattung einer privatärztlich durchgeführten Computertomographie des Herzens, sog. Kalkscore-Untersuchung des Herzens in Höhe von 277,79 EUR (Rechnung vom 04.04.2003), die von Prof. Dr. C, L, am 24.03.2003 durchgeführt worden war. Prof. Dr. C hat keine vertragsärztliche Zulassung und behandelt ausschließlich auf privater Basis. Mit Bescheid vom 14.04.2003 lehnte die Beklagte eine Erstattung ab, da eine Kostenübernahme privatärztlicher Behandlungen von Ärzten, die keine Kassenzulassung besäßen, nicht erfolgen könne. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2003 zurück.

Dagegen hat der Kläger am 16.06.2003 Klage erhoben. Er trägt vor, die durchgeführte Untersuchung sei notwendig, da er seit 1989 an Herzrhythmusstörungen leide, die mittlerweile in andauerndes Vorhofflimmern übergegangen seien. Diese Untersuchung schließe eine risikoreiche und teurere Herzkatheter-Untersuchung aus. Bereits zweimal seien in der Vergangenheit die Kosten einer der-artigen Untersuchung von der Beklagten anteilig übernommen worden, so dass die Beklagte auch die Kosten der im Jahre 2003 durchgeführten Untersuchung tragen müsse.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.04.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2003 zu verurteilen, ihm 277,79 EUR zu erstatten. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte räumt ein, dass der Kläger darüber nicht informiert worden sei, dass eine künftige Kostenübernahme nicht mehr möglich sei. Bei einer wie in der Vergangenheit durchzuführenden Vergleichsberechnung unter Zugrundelegung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) ergebe sich bezüglich der streitigen Rechnung ein Erstattungsbetrag von 12,40 EUR. Dabei sei für die in der Rechnung vom 04.04.2003 aufgeführten Gebührenziffer 5371 GOÄ die Ziffer 5211 EBM mit 80 Punkten, anstelle der Ziffer 5 GOÄ die Ziffer 2 EBM mit 50 Punkten, anstelle der Ziffer 650 GOÄ die Ziffer 602 EBM mit 100 Punkten und anstelle der Ziffer 1 GOÄ pauschal 80 Punkte anzusetzen. Für die Ziffer 5377 GOÄ könne keine Vergleichsziffer nach dem EBM ermittelt werden. Somit ergäben sich insgesamt 310 Punkte. Bei einem individuellen Punktwert der Beklagten von 0,04 EUR ergebe sich deshalb ein Erstattungsbetrag von 12,40 EUR.

Das Gericht hat den Beteiligten mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Streitsache ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

II.

Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, denn die Streitsache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Der Sachverhalt ist geklärt und die Beteiligten sind angehört worden.

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten teilweise beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn die Bescheide sind rechtswidrig. Der Kläger hat bezüglich der Rechnung von Prof. Dr. C vom 04.04.2003 einen Anspruch auf eine anteilige Kostenerstattung.

Gemäß § 13 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V vorsieht. Lediglich freiwillige Mitglieder - wie der Kläger - sowie ihre nach § 10 SGB V versicherten Familienangehörigen können für die Dauer der freiwilligen Versicherung nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung wählen. Kostenerstattung ist aber auch bei freiwilligen Mitgliedern ausschließlich bei der Inanspruchnahme von Ärzten (und Zahnärzten) möglich, die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind und die ihre Leistungen als Vertragsarzt erbringen. Dies folgt aus § 76 SGB V, wonach Versicherten die freie Arztwahl unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten und Zahnärzten usw. zugestanden wird. Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V dürfen andere Ärzte nur im Notfall in Anspruch genommen werden. Anderenfalls würde die Funktionsfähigkeit des vertraglichen Versorgungssystems beeinträchtigt, weil nicht zugelassene Ärzte weder dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V unterliegen, noch bei ihnen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgt (BSG, Urteil vom 10.05. 1995, Az. 1 RK 14/94). Wegen dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung und der hierzu erfolgten BSG-Rechtsprechung ist grundsätzlich eine Kostenerstattung der durchgeführten Behandlung nicht möglich. Die behandelnden Ärzte haben keine vertragsärztliche Zulassung, sondern behandeln ausschließlich auf privater Basis. Es kommt hinzu, dass die durchgeführte Behandlung auch nicht zum Leistungskatalog der vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlichen Kranken-versicherung gehört.

Dennoch ist vorliegend eine - zumindest anteilige - Kostenerstattung der durchgeführten privatärztlichen Behandlung begründet. Dies folgte daraus, dass die Beklagte auch in der Vergangenheit eine anteilige Kostenerstattung der gleichen privatärztlichen Untersuchungsmaßnahmen vorgenommen hat, obwohl auch damals hierfür keine rechtliche Grundlage bestand. Da dem Kläger nach-weislich vor der zuletzt durchgeführten Behandlung zu keinem Zeitpunkt von der Beklagten mitgeteilt worden ist, dass künftig eine Kostenerstattung nicht mehr erfolgen werde, hat er aus Gründen des Vertrauensschutzes auch für die zuletzt im Jahre 2003 durchgeführte CT-Behandlung des Herzens Anspruch auf eine wie in den Jahren zuvor erfolgte anteilige Kostenerstattung. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist hierbei aber nicht von dem von ihr errechneten Betrag von 12,40 EUR auszugehen, sondern von dem dem Kläger zugesprochenen Betrag von 46,40 EUR. Hierzu im einzelnen: Anstelle der GOA-Ziffer 5371 ist die EBM-Ziffer 5211 in Höhe von 80 Punkten anzusetzen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist für die GOA-Ziffer 5377 eine Punktezahl von 700 anzusetzen, wie dies in der Vergleichsberechnung der Rechnung vom 11.02.2000 erfolgt war. Seinerzeit wurde als Vergleichsziffer 5130 EBM zugrunde gelegt. Da dies in der Vergangenheit erfolgt war, muss aus Vertrauensgesichtspunkten auch bei der vorliegenden Rechnung der gleiche Punktwert angesetzt werden. GOA-Ziffer 5 ist entsprechend der EBM-Ziffer 2 mit 50 Punkten anzusetzen. Hingegen ist die GOA-Ziffer 650 nicht mit der EBM-Ziffer 602 in Höhe von 100 Punkten gleichzusetzen, sondern vielmehr, wie dies auch in der Rechnung vom 11.02.2000 erfolgte, mit der EBM-Ziffer 603 in Höhe von 250 Punkten. Für die GOÄ-Ziffer 1 sind pauschal 80 Punkte anzusetzen. Somit ergeben sich insgesamt 1.160 Punkte. Bei dem individuellen Punktwert der Beklagten von 0,04 EUR ergibt sich daraus ein Erstattungsbetrag von 46,40 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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