L 7 R 742/19 ZV

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 2 R 43/18 ZV
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 742/19 ZV
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes

Nach Ausschöpfung aller im konkreten Einzelfall gebotenen Ermittlungen kommt in Konstellationen der Glaubhaftmachung des Zuflusses von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien die Glaubhaftmachung von Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen
Monatsverdienstes des einzelnen Beschäftigten in Betracht. Dies gilt nur für die Zeit von Juli 1968 bis Dezember 1982 und damit für die Planjahre von 1968 bis 1982.
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 13. November 2019 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des gesamten Rechtsstreits zu fünf Sechsteln zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens und im Berufungsverfahren nur noch – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1971 bis 1974 und 1976 bis 1983 (Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.

Dem am 1937 geborenen Kläger wurde, nach erfolgreichem Abschluss eines Fachschulstudiums in der Fachrichtung Technologie an der Ingenieurschule für Flugzeugbau A ... in der Zeit von September 1954 bis Februar 1958, mit Urkunde vom 15. Februar 1958 die Berechtigung verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Nach einem berufsbegleitend, in der Zeit von Juni 1968 bis Juli 1973 durchgeführten Hochschulstudium in der Fachrichtung Volkswirtschaft an der Hochschule für Ökonomie Y ... wurde ihm mit Urkunden vom jeweils 4. Juli 1973 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Hochschulökonom" zu führen sowie der akademische Grad "Diplomwirtschaftler" verliehen. Er war vom 24. Februar 1958 bis 30. September 1961 als Technologe im volkseigenen Betrieb (VEB) Flugzeugwerke A ..., vom 1. Oktober 1961 bis 31. Dezember 1964 als Gruppenleiter Technologie im VEB Elektromat A ..., vom 1. Januar 1965 bis 31. März 1968 als Gruppenleiter Technik im Wirtschaftsrat des Bezirkes A ..., vom 1. April 1968 bis 14. April 1974 als wissenschaftlich-technischer Mitarbeiter bei der Leitung perspektivischer Grundsatzaufgaben im VEB X ... A ..., vom 15. April 1974 bis 28. Mai 1990 als Organisator, als Leiter der Wirtschafts- und Leitungsorganisation, als Stellvertreter des Ersten Stellvertreters des Generaldirektors sowie als Direktor für Kader, Arbeit und Bildung im VEB Kombinat Zuschlagstoffe und Natursteine A ... und vom 29. Mai 1990 bis 31. November 1995 als geschäftsführender Gesellschafter bei der Firma Fachgroßhandel für Hygieneprodukte und Reinigungsmittel beschäftigt. Er erhielt mit Wirkung ab 1. Oktober 1988 einen Einzelvertrag und wurde mit Versicherungsschein der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vom 12. Oktober 1988 mit Wirkung ab 1. September 1988 in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe einbezogen. In ein anderes Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) war er zu Zeiten der DDR nicht einbezogen.

Auf die Überführungs- und Überprüfungsanträge des Klägers vom 17. Juli 1996 und vom 16. Januar 1997 stellte die Beklagte mit Überführungsbescheiden vom 25. September 1996 und vom 2. April 1997 die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1988 bis 28. Mai 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest. Weitere Ablehnungs- und/oder Feststellungsbescheide der Beklagten vom gegebenenfalls 28. Dezember 1999 und vom 7. März 2000 sind nicht aktenkundig.

Mit Überprüfungsantrag vom 31. August 2007 (Eingang bei der Beklagten am 3. September 2007) begehrte der Kläger, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), erstmals die Berücksichtigung von Jahresend- und/oder Quartalsprämien bei den festgestellten Arbeitsentgelten. Er teilte mit, über keine Jahresendprämiennachweise zu verfügen und legte im Laufe des Verfahrens unter anderem - Urkunden über ihm von den Betrieben verliehene Auszeichnungen (Medaille für ausgezeichnete Leistungen vom 1. Mai 1967, Ehrentitel "Aktivist der sozialistischen Arbeit" vom 28. April 1972, vom 25. Juni 1976, vom 18. Juni 1982 und vom 26. März 1987) sowie - sein Mitgliedsbuch der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) mit Beitragseintragungen von Januar 1971 bis November 1989 vor. Die Beklagte holte im Laufe des Überprüfungsverfahrens Entgeltbescheinigungen der Rhenus Office Systems GmbH vom 10. Dezember 2007 und des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 4. August 2008 ein; in beiden Bescheinigungen ist ausgeführt, dass Unterlagen über Prämiennachweise nicht vorhanden sind.

Mit Bescheid vom 15. Juli 2008 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 24. Februar 1958 bis 31. Juli 1963, vom 1. September 1963 bis 31. Dezember 1964 und vom 1. April 1968 bis 28. Mai 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest. Sie führte weitergehend aus, die Entgelte für die Jahre 1969 bis 1971 seien zu hoch festgestellt, es verbleibe jedoch bei diesen Entgeltfeststellungen. Die Feststellung von Prämien lehnte sie ab, weil deren Zufluss weder nachgewiesen, noch glaubhaft gemacht worden sei. Den bisherigen Bescheid hob sie, soweit er entgegenstand, auf.

Mit erneutem Überprüfungsantrag vom 20. Mai 2017 (Eingang bei der Beklagten am 22. Mai 2017) begehrte der Kläger abermals die Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1971 bis 1989 bei den festgestellten Arbeitsentgelten. Seinem Antrag fügte er erneut sein Mitgliedsbuch der SED mit Beitragseintragungen für den Zeitraum von Januar 1971 bis November 1989 bei, in dem ein separater Beitrag für eine Jahresendprämie im Jahr 1987 (46,50 Mark) eingetragen war. Mit weiterem Überprüfungsantrag vom 9. Juni 2017 (Eingang bei der Beklagten am 14. Juni 2017) begehrte er – wie wiederholt bereits in der Vergangenheit – die Feststellung der Beschäftigungszeiten vom 1. Januar 1965 bis 31. März 1968.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2017 stellte die Beklagte abermals die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 24. Februar 1958 bis 31. Juli 1963, vom 1. September 1963 bis 31. Dezember 1964 und vom 1. April 1968 bis 28. Mai 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest. Für das Zuflussjahr 1987 berücksichtigte sie dabei auch ein (zusätzliches) Entgelt für eine Jahresendprämie als glaubhaft gemachtes Entgelt entsprechend der Beitragseintragung im SED-Parteibuch anhand der SED-Parteibeitragstabellen in Höhe von 1.291,67 Mark (ausgehend von einem Parteibeitrag in Höhe von 46,50 Mark und unter Zugrundelegung eines Einkommens in Höhe von 1.550,00 Mark). Die Berücksichtigung von Jahresendprämien für die anderen Zuflussjahre lehnte sie mit der Begründung ab, die Angaben im SED-Parteibuch für die Jahre 1971 bis 1986 und 1988 bis 1989 ließen nicht erkennen, dass ein weiterer Beitrag ausschließlich auf dem Bezug von Jahresendprämien beruhen würde. Die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. Januar 1965 bis 31. März 1968 lehnte sie ab, da diese keinem Zusatzversorgungssystem zuordenbar sei. Den bisherigen Bescheid (vom 15. Juli 2008) hob sie, soweit er entgegenstand, auf.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 29. Juni 2017 (Eingang beim Beklagten am 30. Juni 2017) Widerspruch. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte Auskünfte aus dem Sächsischen Staatsarchiv vom 13. und 20. September 2017 ein; aus diesen ergab sich, dass in den Archiven keine Betriebsunterlagen, die Auskunft über bezogene Jahresendprämien erteilen, vorhanden sind.

Mit Bescheid vom 1. November 2017 stellte die Beklagte erneut die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 24. Februar 1958 bis 31. Juli 1963, vom 1. September 1963 bis 31. Dezember 1964 und vom 1. April 1968 bis 28. Mai 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Januar 1965 bis 31. März 1968 als "nachgewiesene Zeiten" der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest. Den bisherigen Bescheid (vom 26. Juni 2017) hob sie, soweit er entgegenstand, auf.

Den Widerspruch (im Übrigen) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2018 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Unterlagen habe der Kläger nicht vorgelegt. Unterlagen, die den Bezug belegen würden, seien nicht mehr vorhanden. Die nicht spezifizierten Beitragseintragungen im SED-Parteibuch seien nicht ausreichend.

Hiergegen erhob der Kläger am 8. Januar 2018 Klage zum Sozialgericht Dresden und begehrte weiterhin die Berücksichtigung von Jahresendprämien auch für die Zuflussjahre 1971 bis 1986 und 1988 bis 1989 bei den festgestellten Arbeitsentgelten.

Das Sozialgericht Dresden hat die Beklagte, nach Einholung einer schriftlichen Zeugenauskunft von W ... (der Ehefrau des Klägers) vom 6. Februar 2019, mit Gerichtsbescheid vom 13. November 2019, unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2017 (gemeint: 2018), verurteilt, den Feststellungsbescheid vom 15. Juli 2008 in der Fassung vom 1. November 2017 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1971 bis 1974 und 1976 bis 1982 (gemeint: 1983) weitere Arbeitsentgelte des Klägers wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben wie folgt festzustellen sind: 375,63 Mark im Jahr 1971, 375,27 Mark im Jahr 1972, 408,93 Mark im Jahr 1973, 393,16 Mark im Jahr 1974, 383,33 Mark im Jahr 1976, 383,33 Mark im Jahr 1977, 374,62 Mark im Jahr 1978, 373,88 Mark im Jahr 1979, 362,04 Mark im Jahr 1980, 365,08 Mark im Jahr 1981, 376,64 Mark im Jahr 1982 und (wenngleich nur in der Urteilsbegründung ausdrücklich aufgeführt, im Tenor aber als offensichtliche Unrichtigkeit versehentlich vergessen aufzuführen) 382,77 Mark im Jahr 1983. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach durch die detailreiche schriftliche Auskunft der Zeugin W ... sowie durch Vorlage seiner Arbeits- und Änderungsverträge, Auszeichnungen und Leistungseinschätzungen glaubhaft gemacht. Die Höhe der Jahresendprämien sei zwar nicht nachgewiesen, jedoch für die Planjahre 1970 bis 1973 und 1975 bis 1982 und damit für die Zuflussjahre 1971 bis 1974 und 1976 bis 1983 in der Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Bruttomonatsverdienstes glaubhaft gemacht worden. Für die übrigen Planjahre 1983 bis 1988 und damit für die Zuflussjahre 1984 bis 1989 gelte dies jedoch nicht. Insoweit hat sich das Sozialgericht Dresden ausdrücklich und wortwörtlich auf die Ausführungen des Sächsischen Landessozialgerichts im Urteil vom 3. Juli 2018 im Verfahren L 5 RS 506/17 bezogen. Im Planjahr 1974 habe der Kläger zudem den Betrieb gewechselt, sodass eine Jahresendprämie – mangels Betriebszugehörigkeit im gesamten Planjahr – im Zuflussjahr 1975 nicht glaubhaft gemacht worden sei.

Gegen den ihr am 19. November 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 2. Dezember 2019 Berufung eingelegt, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Gewährung von Jahresendprämien in einer Mindesthöhe sei rechtlich nicht zulässig. Die Prämienverordnungen der DDR hätten keine individuelle Mindesthöhe einer Jahresendprämie vorgesehen. Das unzulässige Schätzergebnis würde nur mit einem anderen Namen versehen.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 13. November 2019 aufzuheben und die Klage in Gänze abzuweisen.

Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Mit Schriftsätzen vom 20. März 2020 (Kläger) und vom 24. März 2020 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

II. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 13. November 2019 zu Recht verurteilt hat, die dem Kläger in den Jahren 1971 bis 1974 und 1976 bis 1983 zugeflossenen Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe in den konkret austenorierten Höhen festzustellen. Insoweit schließt sich der Senat nach Überprüfung den Gründen im angefochtenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 13. November 2019 an und nimmt darauf zur Vermeidung von überflüssigen Wiederholungen zunächst vollständig Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:

1. Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 13. November 2019 entspricht der – den Beteiligten hinlänglich bekannten – ständigen Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts, der sich der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts vollinhaltlich angeschlossen hat. Auf die den Beteiligten bekannten und jeweils rechtskräftigen Entscheidungen des 5. und des 7. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts wird lediglich der Vollständigkeit halber hingewiesen: - Urteil vom 18. Juli 2017 im Verfahren L 5 RS 160/16, - Urteile vom 14. August 2017 in den Verfahren L 5 RS 805/15, L 5 RS 965/15, L 5 RS 996/15 und L 5 RS 1076/15, - Urteile vom 7. November 2017 in den Verfahren L 5 RS 436/16, L 5 RS 470/16 und L 5 RS 688/17, - Urteil vom 21. November 2017 im Verfahren L 5 RS 38/16, - Urteil vom 5. Dezember 2017 im Verfahren L 5 RS 815/16, - Urteil vom 13. Februar 2018 im Verfahren L 5 RS 860/16, - Urteil vom 13. März 2018 im Verfahren L 5 RS 826/16, - Urteile vom 27. März 2018 in den Verfahren L 5 RS 278/16, L 5 RS 845/16 und L 5 RS 15/17, - Urteile vom 24. April 2018 in den Verfahren L 5 RS 882/16, L 5 RS 895/16, L 5 RS 16/17, L 5 RS 25/17 und L 5 RS 26/17, - Urteile vom 22. Mai 2018 in den Verfahren L 5 RS 478/17 und L 5 RS 502/17, - Urteile vom 5. Juni 2018 in den Verfahren L 5 RS 236/17 und L 5 RS 500/17, - Urteile vom 19. Juni 2018 in den Verfahren L 5 RS 322/17, L 5 RS 440/17 und L 5 RS 507/17, - Urteile vom 3. Juli 2018 in den Verfahren L 5 RS 816/16, L 5 RS 506/17, L 5 RS 511/17, L 5 RS 512/17 und L 5 RS 514/17, - Urteile vom 28. August 2018 in den Verfahren L 5 RS 535/17, L 5 RS 540/17, L 5 RS 542/17 und L 5 RS 547/17, - Urteil vom 25. September 2018 im Verfahren L 5 RS 580/17, - Urteile vom 6. November 2018 in den Verfahren L 5 RS 492/17, L 5 RS 706/17 und L 5 RS 870/17, - Urteile vom 4. Dezember 2018 in den Verfahren L 5 RS 509/17 und L 5 RS 920/17, - Urteil vom 18. Dezember 2018 im Verfahren L 5 RS 720/17, - Urteil vom 15. Januar 2019 im Verfahren L 5 RS 955/17, - Urteil vom 12. März 2019 im Verfahren L 5 R 98/18 ZV, - Urteil vom 23. April 2019 im Verfahren L 5 R 255/18 ZV, - Urteile vom 7. Mai 2019 in den Verfahren L 5 R 258/18 ZV und L 5 R 498/18 ZV, - Urteil vom 21. Mai 2019 im Verfahren L 5 R 196/18 ZV, - Urteile vom 16. Juli 2019 in den Verfahren L 5 R 700/18 ZV und L 5 R 755/18 ZV, - Urteile vom 24. Oktober 2019 in den Verfahren L 7 R 645/18 ZV und L 7 R 98/19 ZV, - Urteile vom 16. Januar 2020 in den Verfahren L 7 R 160/19 ZV, L 7 R 310/19 ZV und L 7 R 314/19 ZV sowie - Urteil vom 12. März 2020 im Verfahren L 7 R 615/19 ZV.

Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 13. November 2019 entspricht dabei – im Gegensatz zu anderen erstinstanzlichen Entscheidungen – nicht nur im Abstrakten dieser ständigen Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts, der sich der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts vollinhaltlich angeschlossen hat, sondern – wenngleich in den Urteilsgründen nur knapp erwähnt – auch im Konkreten. Jedenfalls die erforderlichen Ermittlungsanstrengungen hat das Sozialgericht Dresden geleistet. Denn der konkrete Einzelfall – und nur um diesen geht es jeweils – wurde vom Sozialgericht Dresden dabei – sowohl was die Ermittlungen als auch was deren Würdigung anbelangt – konkret in den Blick genommen. Im vorliegenden Fall liegen 1. eine konkrete individuelle Zeugenaussage (von W ... vom 6. Februar 2019) bezogen auf den konkreten streitgegenständlichen Zeitraum vor, in der der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach glaubhaft bestätigt wird, sowie 2. arbeitsvertragliche Unterlagen des Klägers vor (Urkunde vom 1. Mai 1967 über die Verleihung der Medaille für ausgezeichnete Leistungen in Anerkennung hervorragender Arbeitsergebnisse; Urkunden vom 28. April 1972, vom 25. Juni 1976, vom 18. Juni 1982 und vom 26. März 1987 über die Verleihung des Ehrentitels "Aktivist der sozialistischen Arbeit" in Würdigung vorbildlicher sozialistischer Arbeit), die Auskunft über dessen individuelle Arbeitsleistungen geben und plausibel bestätigen, dass der Kläger die ihm übertragenen Aufgaben stets hervorragend erledigte, sodass sich keinerlei berechtigte Zweifel an der Erfüllung der vorgegebenen Leistungskriterien aufdrängen und daher Nichtauszahlungen der Jahresendprämien wegen unerträglich schlechter Arbeitsleistungen des Klägers ausgeschlossen sind.

2. Soweit die Beklagte im konkreten Verfahren erneut ausführt, mit der Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts, der sich der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts vollinhaltlich angeschlossen hat, nicht konform zu gehen und meint, die Gewährung einer Jahresendprämie in einer Mindesthöhe sei rechtlich nicht zulässig, da die Prämienverordnungen der DDR keine individuelle Mindesthöhe einer Jahresendprämie vorgesehen hätten, kann nur erneut und wiederholt auf Folgendes hingewiesen werden:

Für die Zeiträume der Geltung - der "Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1968) vom 26. Juni 1968 (DDR-GBl. II 1968, Nr. 67, S. 490) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1968) vom 10. Dezember 1969 (DDR-GBl. II 1969, Nr. 98, S. 626), - der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1971) vom 20. Januar 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 16, S. 105) und - der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S. 810) sowie in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30, S. 293), mit der die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, von Juli 1968 bis Dezember 1982 (also bis zum Inkrafttreten der Prämienfond-VO 1982 am 1. Januar 1983) kommt eine Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe in Betracht.

Für diese Zeiträume legten - § 9 Abs. 7 Prämienfond-VO 1968, - § 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971 und - § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Prämienfond-VO 1972 nämlich verbindlich fest, dass der Prämienfond (auch) bei leistungsgerechter Differenzierung der Jahresendprämie ermöglichen musste, dass die Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen ein Drittel seines (durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrug. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden Jahresendprämie durfte nach § 12 Nr. 6 Satz 2 Prämienfond-VO 1971 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 nur dann unterschritten werden, wenn der Werktätige nicht während des gesamten Planjahres im Betrieb tätig war und einer der Ausnahmefälle des § 5 Abs. 1 Satz 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 vorlag. Diese Regelungen bestätigen damit, insbesondere durch die Formulierung, dass die für "diese Werktätigen zu zahlende Jahresendprämie die Mindesthöhe von einem Drittel eines monatlichen Durchschnittsverdienstes" nur in Ausnahmefällen unterschreiten konnte, dass die Vorschriften an eine individuelle und nicht an eine generelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages des einzelnen Werktätigen anknüpften. Diese maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen sind im hier vorliegenden Zusammenhang der Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen daher als "generelle Anknüpfungstatsachen" bzw. als "generelle Tatsachen" heranzuziehen (vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19 sowie BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 14 ff.) und bestätigen – im Zeitraum ihrer Geltung – zumindest eine individuelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte.

Soweit die Beklagte meint, bei dem in den vorbenannten Vorschriften enthaltenen Mindestbetrag der Jahresendprämie habe es sich lediglich um einen statistischen Wert bzw. um eine betriebliche Kennziffer gehandelt, die keine auf den einzelnen Werktätigen bezogene Individualisierung beinhaltet habe, trifft dies ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Regelungen, des systematischen Zusammenhangs der Vorschriften sowie des Sinn und Zwecks der Normen nicht zu. Denn die Regelungen knüpfen nicht an einen "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. an einen "monatlichen Durchschnittsverdienst" aller Beschäftigten des Betriebes sondern an den "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. "monatlichen Durchschnittsverdienst" des, also des einzelnen, Werktätigen an (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Prämienfond-VO 1972) bzw. regeln ausdrücklich, dass "die Mindesthöhe der Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen" ein Drittel des, also des einzelnen, monatlichen Durchschnittsverdientes zu betragen hatte (§ 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971). Der durchschnittlichen Monatsverdienst bzw. der monatliche Durchschnittsverdienst – der sich nach § 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 nach der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551, berichtigt in DDR-GBl. II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO) vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt in DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) richtete – war stets eine individuelle und gerade keine generelle (etwa alle Beschäftigten in ihrer Gesamtheit erfassende) Bezugsgröße. Zutreffend ist zwar, wie auch die Beklagte vorträgt, dass ein grundsätzlicher Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung in Form von Jahresendprämie nur dann bestanden hat, wenn es der Prämienfonds ermöglichte, mindestens ein Drittel eines durchschnittlichen Monatsverdienstes für diese Form der materiellen Interessiertheit zur Verfügung zu stellen. Zutreffend ist auch, wie die Beklagte weiterhin vorträgt, dass Voraussetzung dafür war, dass Werktätige einen Rechtsanspruch auf die Leistungsprämienart "Jahresendprämie" dem Grunde nach hatten, dass der Betrieb erarbeitete Prämienmittel zumindest in diesem Umfang für die Jahresendprämie bereitstellte. Dass der konkrete betriebliche Prämienfond des Beschäftigungsbetriebes des Klägers in den betroffenen Jahresendprämienjahren diese Voraussetzungen konkret erfüllte, ist im konkreten Fall aber hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht worden, weil der Kläger sämtliche konkrete Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Jahresendprämie in den streitgegenständlichen Jahresendprämienjahren erfüllte. Die Beklagte verwischt mit ihrer Argumentation, dass die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall dem Grunde nach vollständig glaubhaft gemacht worden sind, wenn sie meint, eine Glaubhaftmachung der Höhe nach von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes käme nicht in Betracht, weil unklar geblieben sei, ob der Prämienfond den Mindestbetrag in der Mindesthöhe überhaupt zur Verfügung gestellt habe bzw. ob der Betrieb erarbeitete Prämienmittel im Mindestumfang überhaupt für die Jahresendprämie bereitgestellt habe, mithin, ob der Kläger dem Grunde nach überhaupt Anspruch auf Jahresendprämien gehabt habe. Deshalb beinhaltet die Argumentation der Beklagten einen unzulässigen, und deshalb unbeachtlichen, Zirkelschluss (sog. petitio principii).

Lediglich für den Zeitraum ab dem Planjahr 1983 unter Geltung der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) kann ein derartiges oder ähnliches Ergebnis im Hinblick auf einen individuellen Mindestbetrag einer Jahresendprämie nicht mehr festgestellt werden. Die Prämienfond-VO 1982 legte einen Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen nicht mehr fest. § 9 Abs. 3 Satz 5 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr nur noch, dass die einzelnen Werktätigen (bei Erfüllung der für sie festgelegten Leistungskriterien und bei Erfüllung und Übererfüllung der für den einzelnen Betrieb festgelegten Leistungsziele) eine Jahresendprämie annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten sollten. Damit wurde in der Prämienfond-VO 1982 abweichend von den bisherigen Regelungen der Prämienfond-VO’en 1968, 1971 und 1972 weder eine Mindesthöhe noch eine zwingende Mindestvorgabe festgeschrieben. Insbesondere die Verwendung des Verbs "sollen" in der vorbezeichneten Vorschrift verdeutlicht, dass zwingende oder aus bundesrechtlicher Sicht "justiziable" Mindestbeträge nicht vorgegeben waren, die als generelle Anknüpfungstatsachen gewertet werden könnten. Auch eine "statische Fortschreibung" der zuletzt im Planjahr 1982 unter der Geltung der Prämienfond-VO 1972 ausgezahlten Jahresendprämie des Einzelnen war damit nicht verbunden.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung musste das Gericht – unter inzidenter Abänderung der Kostenentscheidung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 13. November 2019 – eine neue (einheitliche) Kostenentscheidung für das gesamte Verfahren treffen und hatte dabei – unter Erhöhung der Kostenquote zu Gunsten des Klägers – zu berücksichtigen, dass die Beklagte im Berufungsverfahren mit ihrem Antrag vollständig unterlag.

IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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