L 8 U 53/16

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 36 U 104/16 (SG Itzehoe)
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 8 U 53/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 30. Juni 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Übernahme weiterer Heilbehandlungskosten wegen eines am 17. Mai 1997 erlittenen Arbeitsunfalls hat.

Der 1960 geborene Kläger, der als EDV-Techniker beim krankenhaus H beschäftigt war, befand sich am Morgen des 17. Mai 1997 in der eigenen Wohnung in Rufbereitschaft. Als er für die Lösung eines Problems im Labor (Ausfall einer Blutgerinnungsmaschine) ein Fachbuch benötigte, das auf einem hohen Regal stand, stieg er auf einen Stuhl, der dann umkippte. Der Kläger fiel mit dem Rücken auf die Türschwelle zwischen seinem Arbeits- und Wohnzimmer.

Der Kläger stellte sich daraufhin noch am 17. Mai 1997 dem Durchgangsarzt Dr. R vor, der eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule am Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule mit geringgradigem Druckschmerz feststellte und eine schwere Prellung BWS/LWS diagnostizierte. Radiologisch befundete Dr. Z am 22. Mai 1997 eine leichte Kompressionsfraktur bei LWK 1. Der Durchgangsarzt stellte Arbeitsunfähigkeit zunächst bis zum 12. Juni 1997, schließlich bis zum 23. Juni 1997 fest. Die Unfallanzeige ging bei der Beklagten am 26. Juni 1997 ein. Die Beklagte erbrachte daraufhin Leistungen der Heilbehandlung insbesondere für Massagen und Wärmeanwendungen, Krankengymnastik und die Benutzung eines EMS-Gerätes.

Am 5. November 2001 stellte sich der Kläger wegen zunehmender Schmerzen im LWS-Bereich mit Ausstrahlung in das Gesäß erneut beim Durchgangsarzt Dr. R vor. Die angefertigte Röntgenaufnahme zeigte die bekannte Fraktur ohne weitere Zusammensinterung. Die vom Kläger beantragte Kostenübernahme für eine orthopädische Matratze und für ein Kreuzstützmieder lehnte die Beklagte auf der Grundlage einer Stellungnahme ihres beratenen Arztes Dr. L ab. Dieser führte aus, die beim Kläger stabile Wirbelsäulenfraktur ohne wirksamen Achsknick und ohne Beteiligung der Bewegungssegmente könne für die Beschwerden nicht verantwortlich gemacht werden.

Am 20. Februar 2004 stellte sich der Kläger beim Durchgangsarzt Dr. R zur Nachschau vor und berichtete von persistierenden Beschwerden. Eine MRT-Untersuchung vom 25. Februar 2004 zeigte die alte Deckplattenfraktur LWK1 ohne Besonderheiten des Spinalkanals auf dieser Höhe sowie Bandscheibenschäden in drei Segmenten, insbesondere einen kleinen mediosteralen Prolaps im Segment 2/3 rechts. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 der Leistungsakte Bezug genommen.

Im Nachschaubericht vom 17. Mai 2004 führte der Chirurg Prof. Dr. RA aus, die bestehenden Lumbalgien sein vornehmlich auf die Bandscheibendegeneration in den Segmenten L2/3 und L3/4 zurückzuführen. Ein Zusammenhang mit der Wirbelfraktur LWK1 sei nicht mehr gegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 79 der Leistungsakte Bezug genommen.

Am 29. Juni 2010 stellte sich der Kläger dem Durchgangsarzt Dr. K vor. Dort berichtete der Kläger neben dem Unfall aus dem Jahr 1997 von einem weiteren Unfall am 10. Mai 2004, bei dem er sich eine LWS-Prellung zugezogen habe. Der Durchgangsarztbericht stellt als Diagnose ein posttraumatisches Iliolumbalsyndrom beiderseits und Zustand nach LWK-4-Fraktur 1997 fest. Dr. K sah einen unfallbedingten Dauerschaden und verordnete weitere Physiotherapie.

Der beratende Arzt der Beklagten sah keine Unfallfolgen und verwies darauf, dass sich der Kläger beim angeschuldigten Unfall keinen Bruch des 4., sondern einen Bruch des 1. Lendenwirbelkörpers zugezogen habe. Diese Verletzung sei jedoch bereits 2004 als im Wesentlichen verheilt angesehen worden. Die Behandlung ab 29. Juni 2010 müsse daher zulasten der gesetzlichen Krankenkasse erfolgen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 142 der Leistungsakte Bezug genommen. Aufgrund dieser Stellungnahme brach die Beklagte das Heilverfahren zu Ihren Lasten ab und erteilte am 18. Juni 2012 einen entsprechenden Bescheid an den Kläger.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 26. Juni 2012 Widerspruch. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, dass Beschwerden letztlich auch auf einen weiteren, am 10. Mai 2004 erlittenen Unfall zurückgeführt werden könnten. Dieser Unfall sei von Dr. R behandelt worden; es sei möglich, dass die Behandlung über die alte Unfallanzeige vom 17. Mai 1997 gelaufen sei.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2012 als unbegründet zurück. Sie führte aus, die Folgen der am 17. Mai 1997 erlittenen Verletzungen seien ohne statisch wirksamen Achsknick und ohne Beteiligung der Bewegungssegmente verheilt. In einem MRT seien diverse Bandscheibenvorfälle/-vorwölbungen beschrieben, jedoch nicht im Bereich des verletzten Wirbelkörpers. Aus diesem Grund sei davon auszugehen, dass die bestehenden Beschwerden unfallunabhängig – da auf die Bandscheibenveränderungen zurückzuführen – seien. Der weitere, auf den 10. Mai 2004 datierte Unfall sei nicht nachgewiesen. Selbst wenn anzuerkennen wäre, dass der Kläger sich bei einem solchen Unfall eine Prellung zugezogen habe, sei eine weitere Behandlung abzulehnen, da eine solche Prellung nicht zu länger andauernder Behandlungsbedürftigkeit führe.

Gegen den Bescheid vom 18. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2012 hat der Kläger am 6. Dezember 2012 Klage beim Sozialgericht Itzehoe erhoben.

Zur Begründung hat er geltend gemacht, seine Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule seien auf den Unfall zurückzuführen. Zu Unrecht gehe die Beklagte davon aus, dass sie auf den Bruch des 4. Lendenwirbelkörpers zurückzuführen seien; einen solchen habe es nie gegeben. Dagegen sei im Wirbelsäulenzentrum Hamburg West ein chronisches Schmerzsyndrom bei Zustand nach LWK-1-Fraktur mit Keilbildung festgestellt worden. Der Kläger hat einen Befundbericht des Wirbelsäulenzentrums vom 23. Februar 2015 mit MRT Bericht vom 22. Januar 2015 sowie weitere Röntgenbilder eingereicht.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den 29. Juni 2010 hinaus wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 1997 Heilbehandlung zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung auf den Inhalt ihrer Bescheide Bezug genommen.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Anhörung des medizinischen Sachverständigen Dr. S. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 76 ff. der Gerichtsakte) sowie auf die schriftliche Zusammenfassung der Aussage (Bl. 79 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 30. Juni 2016 hat das Sozialgericht Itzehoe die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass kein Anspruch auf Heilbehandlung zulasten der Beklagten bestehe, weil eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit jedenfalls über den 29. Juni 2010 hinaus nicht nachzuweisen sei. Diese Feststellung treffe das Gericht nach Auswertung des Akteninhalts und aufgrund der Ausführungen des Terminssachverständigen Dr. S. Danach stehe fest, dass der Kläger anlässlich seines Arbeitsunfalls vom 17. Mai 1997 einen Deckplatteneinbruch des 1. Lendenwirbelkörpers erlitten habe, der in allenfalls leichter Keilwirbelbildung ohne statisch wirksamen Achsknick ausgeheilt sei. Eine derartige Verletzungskonstellation führe im Normalfall nach 6 bis maximal 8 Wochen zur Ausheilung, ohne dass nennenswerte Beschwerden oder funktionelle Einschränkungen zurückblieben. Die vom Kläger weiterhin geklagten Beschwerden ließen sich mithin nicht durch die Unfallfolgen erklären, sondern seien auf die nachgewiesenen unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen in Form deutlich sichtbarer Residuen einer Scheuermann‘schen Erkrankung und verschleißbedingter Veränderungen an diversen Segmenten der gesamten Lendenwirbelsäule zurückzuführen. Zusätzlich bestünden deutliche Hinweise darauf, dass ein nicht unerheblicher Anteil der geklagten Beschwerden psychische Ursachen haben. Nachweislich seien verschiedene stationäre Behandlungen aufgrund psychosomatischer Beschwerden, depressiver Episoden, einer Platzangst mit Panikstörung, einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer somatoformen Störung sowie eines modifizierten Schmerzsyndroms und einer generalisierten Angststörung durchgeführt worden. Dieser Beschwerdekomplex sei ebenfalls unfallunabhängig. Die am 17. Mai 1997 erlittene Verletzung sei nicht geeignet, ein derart schwerwiegendes Beschwerdebild hervorzurufen. Als ursächlich für die genannten Diagnosen würden daher auch lange unterdrückte Folgen von Traumatisierung als politisch Verfolgter, Kriegstraumatisierung im Iran-Irak-Krieg und ein Kindheitstrauma genannt. Das Ereignis vom 17. Mai 1997 trete dagegen in den Hintergrund. Die Ausführungen des Sachverständigen seien schlüssig und frei von Widersprüchen. Sie würden durch die vorliegenden Befunde bestätigt.

Gegen das ihm am 6. August 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. September 2016 Berufung beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt.

Zur Begründung macht er geltend, dass er seit dem Unfallereignis 1997 unter erheblichen Schmerzen leide. Dieses Ereignis habe bei ihm überdies eine erhebliche Verunsicherung ausgelöst. Es sei davon auszugehen, dass er infolge des Ereignisses unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leide, die zu den festgestellten Schmerzen führe und Folge des Unfalls sei. Das Sozialgericht habe es versäumt, diesen Zusammenhang mittels eines psychiatrischen Gutachtens aufzuklären; dies sei im Berufungsverfahren nachzuholen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe 30. Juni 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 29. Juni 2010 hinaus künftig wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 1997 Leistungen der Heilbehandlung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt zur Begründung weiterhin auf den Inhalt ihrer Bescheide sowie auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug.

Dem Senat haben die Leistungsakten der Beklagten vorgelegen. Auf diese Akten und auf die Gerichtsakte wird wegen des der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht erhoben worden (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Sie ist zulassungsfrei statthaft, weil sowohl der Wert der begehrten Sachleistungen nach sachgerechter Schätzung über 750,00 EUR liegt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), als auch – in Ansehung des nicht zeitlich begrenzten Klage- und Berufungsantrags und in Ansehung der Krankengeschichte des Klägers seit 1997 – die Beteiligten über wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr streiten (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die (grundsätzlich) zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG), gerichtet auf die Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide und auf die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung weiterer Leistungen der Heilbehandlung, abgewiesen.

Streitgegenstand sind dabei einerseits bei zweckentsprechender Auslegung des klägerischen Antrags – anderenfalls hätte ein dem Antrag entsprechender Tenor wegen seiner Unbestimmtheit keinen vollstreckbaren Inhalt, die Leistungsklage wäre deshalb bereits unzulässig – nur solche Leistungen der Heilbehandlung, wie sie die Beklagte in der Vergangenheit wegen des Rückenleidens gewährt hat (z.B. Physiotherapie, EMS-Gerät, Lumbalbandagen, etc.). Andererseits hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen und durch entsprechende Antragstellung deutlich gemacht hat, dass er lediglich die Gewährung künftiger Leistungen der Krankenbehandlung als Sachleistung und nicht die Übernahme etwaiger zwischenzeitlich verauslagter Behandlungskosten im Wege der Kostenerstattung begehrt. Schließlich ist – auch dies geht hinreichend deutlich aus dem vom Kläger gestellten Antrag hervor – nur der Arbeitsunfall vom 17. Mai 1997 und nicht auch ein möglicher weiterer Arbeitsunfall vom 10. Mai 2004 Gegenstand des Rechtsstreits. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass ein solcher Arbeitsunfall gegenwärtig nicht im Ansatz erwiesen ist und ein entsprechendes Ereignis zugunsten des Kläger wohl auch kaum mehr im Vollbeweis nachgewiesen werden könnte. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger am 7. und am 17. Mai 2004 zur Nachschau bei Prof. Dr. RA war, also in engem zeitlichem Zusammenhang vor und nach dem vermeintlichen Unfallereignis, ohne dass Prof. Dr. RA insbesondere in seinem Nachschaubericht vom 17. Mai 2004 in irgendeiner Weise auf einen neuen Arbeitsunfall Bezug genommen oder diesbezüglich irgendwelche Befunde erhoben hätte.

Mit diesen Maßgaben an den Streitgegenstand ist die Klage unbegründet. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2012 ist rechtmäßig und vermag den Kläger nicht zu beschweren. Er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Heilbehandlung wegen des am 17. Mai 1997 erlittenen Arbeitsunfalls. Der Senat nimmt nach eigener Prüfung und Überzeugungsbildung auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug und sieht von einer eigenständigen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen: Auch der Senat hält insbesondere das vom Sozialgericht eingeholte Sachverständigengutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. S für fachgerecht, schlüssig und widerspruchsfrei begründet. Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass als Unfallfolge lediglich ein in allenfalls leichter Keilwirbelbildung ausgeheilter Deckplatteneinbruch des 1. Lendenwirbelkörpers feststellbar sei, der für sich genommen seit Ausheilung weder Schmerzen noch Bewegungseinschränkungen begründe. Er hat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass sich alle anderen Diagnosen (deutlich sichtbare Residuen einer Scheumann’schen Erkrankung am 1. Len-denwirbelkörper, verschleißbedingte Veränderungen an diversen Segmenten der gesamten Lendenwirbelsäule, darunter insbesondere Bandscheibenprotrusionen L2/3, L3/4, L5/S1, Spondylarthrosen in allen drei unteren Lendenwirbelsäulensegmenten, Verschleiß in den Kreuzdarmbeinfugen) als unfallunabhängig darstellten und geeignet seien, die vom Kläger beklagten Schmerzen zu verursachen und das ebenfalls diagnostizierte chronifizierte Schmerzsyndrom zu bedingen. Es hat deshalb keine Veranlassung bestanden, den Kläger auf chirurgischen Fachgebiet nochmals begutachten zu lassen.

Soweit der Kläger die Berufung im Wesentlichen damit begründet hat, dass das Unfallereignis bei ihm eine posttraumatische Belastungsstörung verursacht habe, die zu den festgestellten Schmerzen führe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Er hat sich insbesondere nicht dazu veranlasst gesehen, ein insoweit vom Kläger angeregtes – aber nicht formal beantragtes – psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen.

Dabei wird zum einen berücksichtigt, dass – unabhängig von dem angewendeten Diagnosesystem – bereits das A-Kriterium einer posttraumatischen Belastungsstörung offenkundig nicht erfüllt ist. Bei dem Unfallereignis handelte es sich – wiewohl die Prüfung der Traumakriterien grundsätzlich ärztliche Aufgabe ist – weder um eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (ICD-10), noch um ein Ereignis, das den tatsächlichen oder drohenden Tod oder eine ernsthafte Verletzung oder eine Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eignen Person oder anderer Personen beinhaltete (DSM-IV), noch war der Kläger mit tatsächlichem oder drohendem Tod, ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt konfrontiert (DSM-5). Folglich ist auch die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F 43.1) – soweit ersichtlich – im Hinblick auf das Unfallereignis vom 17. Mai 1997 von keinem den Kläger behandelnden Arzt gestellt worden und der Kläger hat auch nicht angegeben, wegen dieses Ereignisses oder in sonstigem Zusammenhang in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung gewesen zu sein.

Zum anderen ist eine posttraumatische Belastungsstörung von vornherein nicht geeignet, die vom Kläger geklagten und hier streitgegenständlichen Rückenbeschwerden auszulösen. Charakteristische Merkmale einer posttraumatischen Belastungsstörung sind das ungewollte Wiedererleben des traumatischen Ereignisses, das Vermeiden von Situationen, die an das Ereignis erinnern, Ängste oder Phobien, Einschränkungen der emotionalen Reagibilität bzw. anhaltende Symptome eines erhöhten Erregungsniveaus, wie Schlafstörungen, Reizbarkeit oder Schreckreaktionen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 153). Die (Re-)Aktivierung von Schmerzen eines geprellten und nach Kompressionsfraktur folgenlos ausgeheilten Wirbelkörpers scheidet als Folge einer posttraumatischen Belastungsstörung dagegen von vornherein aus.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.

Gründe, die gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG die Zulassung der Revision durch den Senat rechtfertigten würden, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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