S 19 AS 998/16

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 19 AS 998/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 471/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für die Zeit von April bis September 2019 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu bewilligen sind.

Der 1991 geborene Kläger wohnt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Er absolvierte eine Ausbildung zum Gerüstbauer. Der Beklagte bewilligte dem Kläger einen Unterkunftszuschuss nach § 27 Abs. 3 S. 1 SGB II (streitgegenständlich im Verfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt: S 19 AS 579/16, Landessozialgericht Hessen: L 9 AS 579/17). Am 12.04.2016 stellte der Kläger einen Weiterbewilligungsantrag beim Beklagten. Mit Bescheid vom 30.05.2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit von April bis September 2016 in Höhe von monatlich 126 Euro.

Am 29. 06.2016 widersprach die Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Bescheid vom 30.05.2016, da der Beklagte zu wenig zahle. Die Freibeträge seien vom Ausbildungslohn abzuziehen.

Mit Bescheid vom 16.08.2016 hob der Beklagte den Bescheid vom 30.05.2016 für die Zeit ab 01.08.2016 wegen der Gesetzesänderung zum 01.08.2016 auf. Er bewilligte dem Kläger mit weiterem Bescheid vom 16.08.2016 vorläufig jeweils 349,30 Euro für die Monate August und September 2016.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, soweit ihm nicht mit Bewilligungsbescheid vom 16.08.2016 aufgrund der Gesetzesänderung für die Zeit ab 01.08.2016 abgeholfen wurde.

Der Kläger widersprach dem Aufhebungsbescheid vom 16.08.2016 am 31.08.2016 mit dem Ziel, dass der Beklagte Leistungen weiterzuzahlen habe. Er widersprach dem Bewilligungsbescheid vom 16.08.2016 mit dem Ziel, das Leistungen für zwölf Monate bewilligt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2016 verwarf der Beklagte die Widersprüche gegen den Aufhebungs- sowie die Änderungsbescheid als unzulässig.

Der Kläger trägt vor, die Bescheide seien rechtswidrig und aufzuheben. Dem Kläger stünden so oder so mehr Leistungen zu. Einem Auszubildenden stünden auch vor der Gesetzesänderung mehr Leistungen zu (Schulbedarf, Darlehensanspruch etc.). Es wird auch auf § 21 Abs. 4 SGB II hingewiesen ("35 % Zuschuss Schule etc."). Hilfsweise habe der Beklagte die Kosten des Vorverfahrens zu tragen, da er mit Bescheid vom 16.08.2016 teils abgeholfen habe. Der anwaltlich vertretene Kläger beantragt wörtlich:

"1. den Bescheid des Beklagten vom 30.05.2016 in der Fassung des Bescheides vom 16.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2016 aufzuheben,

2. den Beklagten zu verurteilen dem Kläger Leistungen nach SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen,

3. den Beklagten zu verurteilen die Kosten des Vorverfahrens zu tragen ggf. teils."

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist hinsichtlich der Zeit bis Juli 2016 auf die Ausführungen im Verfahren S 19 AS 579/16. In der Zeit bestehe ein Anspruch auf Zuschuss zu den ungedeckten Unterkunftskosten. Für die Zeit ab August 2016 bestehe infolge der Gesetzesänderung ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und verweist auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Der Beklagte weist daraufhin, dass der Kostenantrag betreffend der Vorverfahrenskosten wegen der Einheitlichkeit des Kostenentscheidung ins Leere gehe.

Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 04.07.2019 – zugestellt am 15.07.2019 bzw. 17.07.2019 – zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört. Die Prozessbevollmächtigte trägt im ihrem Schreiben vom 05.08.2019 noch vor, ein einfacher Streitfall wie § 105 SGG ihn fordert liege nicht vor. Sie trägt zudem unter anderem vor, es sei nicht erkennbar, was aufgeklärt worden sei. Die Unterkunftskosten seien an April 2016 voll zu zahlen. Der Zuschuss reiche nicht um die Existenz zu sichern. Das Gericht habe den Beklagten aufzufordern "Weisungen etc. zu den Ansprüchen Auszubildender vorzulegen, auch analog, entsprechend SGB II, SGB XII gewährte Ansprüche etc." Bei BAB gebe es ergänzende Leistungen, die BAB betrage lediglich 74 Euro. Die Prozessbevollmächtigte beantragt noch die Beiladung. Zudem wird vorgetragen, dass ein Erstausstattungsanspruch auch für BAB-Bezieher bestehe. Der Kläger habe einen Mehr- und Sonderbedarf gehabt für Möbel.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Rechtsstreit konnte ohne mündliche Verhandlung gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid in Beschlussbesetzung – ohne ehrenamtliche Richter – entschieden werden, nachdem die Beteiligten zuvor entsprechend angehört worden sind, ihnen eine angemessene Frist zur Stellungnahme eingeräumt worden ist und die Sache – entgegen der Ansicht der Prozessbevollmächtigten – keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist (siehe die weiteren Ausführungen) sowie der Sachverhalt darüber hinaus so, wie er für die Entscheidung allein rechtlich relevant ist, geklärt ist. Der Gerichtsbescheid wirkt insoweit als Urteil (§ 105 Abs. 3 1. Halbsatz SGG). Das Gericht musste auch keine anderen Leistungsträger beiladen.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Streitgegenständlich ist die Bewilligung von Leistungen für die Zeit von April bis September 2016. Soweit nunmehr im Schreiben vom 05.08.2019 auf einen Anspruch auf Erstausstattung abgestellt wird, war dies Gegenstand in dem Verfahren S 19 AS 580/16 vor dem Sozialgericht in Darmstadt.

Der Bescheid der Beklagten vom 30.05.2016 in der Fassung des Bescheides vom 16.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten.

Für die Zeit von April bis Juli 2016 stehen dem Kläger keine weiteren Leistungen zu. Der Beklagte hat dem Kläger zutreffend nur einen Zuschuss zu den ungedeckten Unterkunftskosten nach § 27 Abs. 3 S. 1 SGB II alte Fassung gewährt. Weitere Leistungen sind ihm nicht zu bewilligen. Das Gericht folgt insoweit den Ausführungen im Widerspruchsbescheid gemäß § 136 Abs. 3 SGG. Auch auf die Ausführungen im Beschluss des Landessozialgerichts vom 20.05.2019 wird verwiesen.

Auch für die Zeit ab Juli 2016 sind keine weiteren Leistungen zu bewilligen. Der Beklagte hat die Kosten der Unterkunft und Heizung zutreffend in der Berechnung der Höhe der Leistungen zugrunde gelegt. Er ist auch vom Regelbedarf in gesetzlicher Höhe ausgegangen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II beanspruchen sind weder ersichtlich, noch vorgetragen. Auf die Ausführungen des Landessozialgerichts im Beschluss vom 20.05.2019 im Verfahren L 9 AS149/19 B wird Bezug genommen.

Über die Kosten des Vor- und Klageverfahrens ist einheitlich im Rahmen des Klageverfahrens zu entscheiden. Gemäß § 193 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Das Gericht weist darauf hin, dass die Bewilligung von Leistungen ab August 2016 beruhte auf der Gesetzesänderung zum 01.08.2016.

Die Berufungssumme von 750 Euro ist erreicht. Zwar hat die Prozessbevollmächtigte keinen konkreten Leistungsantrag beziffert, aber bereits unter Berücksichtigung, dass ein Mehrbedarf von 35 Prozent des Regelbedarfs begehrt wird, ist die Berufungssumme erreicht.
Rechtskraft
Aus
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