L 6 AS 269/19

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 19 AS 580/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 269/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 228/20 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. April 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klage wegen der im Wege der Klageerweiterung im Berufungsverfahren geltend gemachten Begehren des Klägers wird abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten insbesondere um die Übernahme der Mietkaution und Leistungen für die Erstausstattung einer vom Kläger früher bewohnten Wohnung.

Der 1991 geborene Kläger, der bis zum Sommer 2015 bei seiner Mutter lebte, bezog – in Bedarfsgemeinschaft mit Mutter und Geschwistern – Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von dem Beklagten. Er nahm ab dem 1. September 2015 eine Ausbildung zum Gerüstbauer bei der Fa. Gerüstbau C., C-Stadt, auf, wobei er zur Überbrückung der Zeit bis zum Ausbildungsbeginn dort bereits seit dem 1. August 2015 arbeitete.

Am 12. August 2015 meldete er sich bei dem Beklagten und teilte mit, er müsse umziehen, weil seine Mutter ihn "rausgeschmissen" habe. Der Beklagte antwortete darauf zunächst, einem Umzug könne "nach derzeitigem Sachstand" nicht zugestimmt werden, akzeptierte nach "Widerspruch" des Klägers und einem Hausbesuch bei dessen Mutter eine Umzugsnotwendigkeit aus sozialen Gründen doch und informierte den Kläger durch Schreiben vom 28. August 2015 über das bei einem Umzug zu beachtende Procedere.

Nachdem der Kläger am 11. September 2015 eine Bescheinigung über die Mietaufwendungen für eine D-Straße in B-Stadt gelegene Wohnung übermittelt hatte, erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 14. September 2015 seine "Zustimmung zum Umzug" in diese Wohnung auf der Grundlage von § 22 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Wegen der Einzelheiten wird auf BI. 28 f. der vom Beklagten übermittelten elektronischen Leistungsakte Bezug genommen (im Folgenden: LA; die Blattzählung bezieht sich dabei auf das vom Beklagten als pdf übermittelte Dokument, nicht auf die auf den gescannten Seiten teilweise ersichtlichen Blattzahlen). Der Kläger mietete daraufhin die Wohnung, für die monatlich eine Kaltmiete von 250,- Euro und eine Nebenkostenvorauszahlung – einschließlich Heizung – von 100,- Euro anfielen, zum 1. Oktober 2015 an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 29. September 2015 (LA Bl. 62 ff.) sowie die vom Vermieter ausgestellte Mietbescheinigung (LA BI. 50) verwiesen.

In einer internen E-Mail vom 30. September 2015 (LA Bl. 32) hielt der Beklagte fest, dass der Kläger um Rückruf gebeten habe; es gehe "um einen Kautionsantrag und die Erstausstattung". Unter dem 4. Oktober 2015, eingegangen bei dem Beklagten am 15. Oktober 2015, stellte der Kläger zudem einen förmlichen Antrag auf Gewährung einmaliger Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch. Konkret beantragte er die Übernahme der Mietkaution sowie die Erstausstattung für die Wohnung und zählte in diesem Rahmen verschiedene von ihm benötigte Gegenstände auf. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 85 ff. Bezug genommen. Spätestens Ende Oktober 2015 meldete er sich erneut bei dem Beklagten, wobei er darauf verwies, einer von dessen Mitarbeitern habe ihm zugesichert, "dass die Wohnung, Kaution etc. übernommen" werde (vgl. dazu die daraufhin erstellte interne E-Mail LA Bl. 79).

In der Folgezeit erwarb der Kläger Haushaltsgegenstände, um die Wohnung auszustatten, namentlich kaufte er im November 2015 gebrauchte Möbel sowie Kühlschrank und Spülmaschine von privat für insgesamt 730,- Euro (LA Bl. 303). Weiter erwarb er ebenfalls im November 2015 für 66,12 Euro Bettwäsche, Badematte und Ähnliches (vgl. dazu den im Parallelverfahren vorgelegten Kassenzettel und den Vortrag hierzu, Bl. 13 und 21 der Akte zum Verfahren L 6 AS 471/19). Schließlich ist ein Einkauf bei der Fa. E. über 53,50 Euro aus dem gleichen Zeitraum belegt. Die Kaution brachte er nach seinen Angaben mit Hilfe eines Dritten auf.

Nachdem die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger durch Bescheid vom 1. März 2016 (LA Bl. 89 ff.) Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von monatlich 74,- Euro für die Zeit von Oktober 2015 bis Juli 2016 und monatlich 124,- Euro für die Zeit von August 2016 bis März 2017 bewilligte hatte, gewährte der Beklagte ihm durch Bescheid vom 14. März 2016 (LA Bl. 101 ff.) für die Zeit von Oktober 2015 bis März 2016 einen Unterkunftskostenzuschuss in Höhe von 126,- Euro monatlich auf der Grundlage von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II (in der auf das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2011, BGBI. I S. 2854, zurückgehenden und ab 1. April 2012 bis zu den Änderungen durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 [BGBI. I S. 1824; im Folgenden: Rechtsvereinfachungsgesetz] geltenden alten Fassung – im Folgenden: a.F. –).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom selben Tage lehnte der Beklagte den Antrag auf "Gewährung der Mietkaution und einer Erstausstattung für die Wohnung" ab. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen darauf, dass Auszubildende gemäß § 7 Abs. 5 SGB II a.F. von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch grundsätzlich ausgeschlossen seien. Der dem Kläger gewährte Zuschuss gelte nach § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. nicht als Arbeitslosengeld II. Weitere Leistungen könnten daher nicht erbracht werden. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 111 f. Bezug genommen.

Den Widerspruch des Klägers (LA Bl. 134) wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25. April 2016 (LA Bl. 149 ff.) zurück.

Der Kläger hat daraufhin mit Eingang am 24. Mai 2016 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben und dabei durch seine Prozessbevollmächtigte beantragt,

"1. den Bescheid des Beklagten vom 14.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.04. 2016 aufzuheben,

2. den Beklagten zu verurteilen dem Kläger die beantragte Erstausstattung zu zahlen und die Mietkaution zu übernehmen, rein hilfsweise als Darlehen,

3. festzustellen, dass der Beklagte rechtswidrig nicht die Erstausstattung und die Mietkaution bewilligte und rechtswidrig nicht in gesetzlicher Frist über den Antrag entschieden hat, den Beklagten zu verurteile die durch sein Verhalten entstandenen und entstehenden Schaden in gleicher Höhe dem Kläger zu ersetzen" (Gerichtsakte – im Folgenden: GA – Bl. 1).

Auf Grund der Änderungen, die das Rechtsvereinfachungsgesetz hinsichtlich der für Auszubildende zu gewährenden Grundsicherungsleistungen bewirkt hatte, ist der Beklagte (erst) ab 1. August 2016 dazu übergegangen, dem Kläger Arbeitslosengeld II zu bewilligen. Diesbezüglich war beim Senat das Parallelverfahren L 6 AS 471/19 anhängig; wegen der Einzelheiten wird diesbezüglich auf das Urteil des Senats ebenfalls vom 11. März 2020 im genannten Verfahren Bezug genommen.

Der Beklagte hat am 10. Januar 2017 einen Hausbesuch bei dem Kläger durchgeführt, um den hinsichtlich der Erstausstattung (fort )bestehenden Bedarf zu klären. In einem Protokoll hat er dazu festgehalten, die Küche sei mit einer Küchenzeile samt Elektrogeräten ausgestattet, welche dem Vermieter gehöre. Die Küche solle, so der Wunsch des Klägers, geteilt werden, da er gerne ein Schlafzimmer haben möchte, für das er dann ein Bett benötige. Derzeit sei die Trennung der Küche noch nicht vorgenommen worden. Für die Fenster möchte der Kläger gerne Gardinen inklusive Gardinenstange. Im Bad habe sich eine Waschmaschine befunden, bei der jedoch die "Trommel rausgefallen" sei. Die Quittungen für die bereits gekauften Möbel befänden sich, so habe der Kläger mitgeteilt, bei seiner Prozessbevollmächtigten, die diese an den Beklagten weitergeleitet habe. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 300 f. Bezug genommen.

Am 26. Januar 2017 hat der Vermieter den Mietvertrag fristlos wegen Zahlungsverzugs gekündigt (vgl. LA Bl. 318). Im März 2018 ist der Kläger aus der Wohnung ausgezogen (vgl. den nach Rücklauf der Ladung zur mündlichen Verhandlung zu den Akten genommenen Auszug aus den Meldedaten, Gerichtsakte – im Folgenden: GA – Bl. 30).

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass die beantragten Leistungen auch Auszubildenden zustünden. Die entgegenstehende Ansicht des Beklagten sei "i.ü. irrelevant" (GA Bl. 2). Die Berufsausbildungsbeihilfe sei ihm "erst später" bewilligt worden, so dass "ein Leistungsausschluss nicht gleichzeitig mit Umzug, Ausstattung, Einzug" vorgelegen habe (ebd.). Ein Feststellungsinteresse sei gegeben, da er durch die Nichtzahlung des Beklagten in "gesetzlicher zeitnaher Frist einen Schaden an seiner Menschenwürde sowie finanziell" erlitten habe und dies zu seiner Rehabilitierung sowie mit Blick auf eine drohende Wiederholung festzustellen sei (ebd.). Hinsichtlich der Mietkaution sei "ein Dritter" (GA Bl. 9) – wohl der Ausbilder (vgl. GA Bl. 21) – vorerst mit einem Darlehen eingesprungen, bis der Beklagte zahle. Daher habe sich auch dieser Anspruch nicht erledigt. Zum Umfang der begehrten Erstausstattung hat er geltend gemacht, er habe "damals konkrete Liste dem Odw. eingereicht" (GA Bl. 14), was er alles beantrage. Diese müsse der Beklagte dem Gericht vorlegen. Er benötige noch ein Bett, einen Wohnzimmerschrank, einen Kleiderschrank und eine Waschmaschine. Andere Ausstattungsgegenstände habe er wiederum mit einem Darlehen und mit seinem Geld gekauft. Eine Küchenzeile sei in der Wohnung bereits vorhanden gewesen.

Das Sozialgericht hat die Klage, ausgehend von den bei Klageeingang gestellten Anträgen, durch Urteil vom 26. April 2019 (GA Bl. 48 ff.) abgewiesen. Zur Begründung hat es namentlich ausgeführt, der Kläger könne keine Kosten für eine Erstausstattung und die Aufwendungen für die Mietkaution beanspruchen. Gemäß § 22 Abs. 6 SGB II könnten Aufwendungen für eine Mietkaution bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Gemäß § 24 Abs. 3 SGB II würden Leistungen für die Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gesondert erbracht.

Zum Zeitpunkt der Anmietung und des Anfalls der Erstausstattung sei der Kläger noch von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch ausgeschlossen gewesen und habe lediglich einen Anspruch auf einen Zuschuss nach § 27 Abs. 3 SGB II a.F. gehabt. Entgegen der Ansicht seiner Prozessbevollmächtigten habe es unter Geltung des § 27 SGB II a.F. keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Mietkaution oder der Erstausstattung für die Wohnung gegeben. In § 27 Abs. 2 SGB II a.F. sei zwar bestimmt, dass Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt zu gewähren sei, eine gesonderte Bestimmung dahingehend, dass eine Mietkaution oder die Erstausstattung für die Wohnung zu gewähren sei, habe der Gesetzgeber aber nicht vorgesehen.

Der Kläger habe dann bereits eine Vielzahl an Erstausstattungsgegenständen beschafft gehabt (Hinweis auf den Nachweis über die Zahlung von 730,- Euro für ein Schlafsofa, einen Kühlschrank etc. aus November 2015). Zu dem Zeitpunkt, als er aufgrund der Gesetzesänderung zum 1. August 2016 auch weitere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch habe beanspruchen können, habe er somit seinen Bedarf im Wesentlichen gedeckt gehabt. Soweit er bei dem Hausbesuch im Jahr 2017 noch einen Bedarf an einer weiteren Schlafgelegenheit (Bett), einer Waschmaschine und Gardinen geäußert habe, sei zu berücksichtigen, dass sein Bedarf hinsichtlich der Schlafgelegenheit aufgrund des erworbenen Schlafsofas befriedigt gewesen sei. Die Waschmaschine habe existiert, sei jedoch defekt gewesen. Insoweit hätte es dem Kläger im Wege der Ersatzbeschaffung oblegen, eine Reparatur anzustrengen oder einen Antrag auf darlehensweise Bewilligung zu stellen. Ein solcher Antrag sei bei dem Beklagten trotz entsprechender Aufforderung nicht gestellt worden.

Hinsichtlich der Mietkaution sei noch zu berücksichtigen, dass bereits fraglich sei, ob eine vorherige Zusicherung gemäß § 22 Abs. 6 SGB II vorgelegen habe oder diese ersetzt werden könne. Dies könne jedoch dahingestellt bleiben, denn der Bedarf des Klägers hinsichtlich der Mietkaution sei dadurch befriedigt worden, dass er sich das Geld von einem Dritten habe leihen können. Auf das Jobcenter, welches die Leistung allenfalls nach der Gesetzesänderung und auch nur darlehensweise hätte bewilligen können, sei der Kläger nicht mehr angewiesen gewesen. Im Übrigen sei der Kläger zwischenzeitlich aus der Wohnung ausgezogen.

Die Feststellungsklage sei unbegründet. Der Ablehnungsbescheid sei rechtmäßig und der Beklagte habe darüber innerhalb der Frist des § 88 Abs. 1 SGG entschieden.

Der Kläger hat – nach Zustellung des Urteils bei seiner Prozessbevollmächtigten am 13. Mai 2019 mit Eingang am 5. Juni 2019 – Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Zur Begründung hat er durch seine Prozessbevollmächtigte insbesondere ausgeführt, seine Rechte auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren seien verletzt worden, weil das Sozialgericht einem Antrag seiner Bevollmächtigten auf Terminsverlegung nicht entsprochen habe und die Bescheidung des Prozesskostenhilfeantrags erst durch Beschluss vom 2. Mai 2019 erfolgt sei.

In der Sache sei die Annahme des angegriffenen Urteils, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien, "schier willkürlich und ohne Grundlage, da Ansprüche von Azubis willkürlich sachfremd übergangen werden und wesentliches verkannt wird" (GA Bl. 60). Das Sozialgericht verkenne, dass der Beklagte die beantragten Leistungen auch im Ermessenswege, hilfsweise zumindest als Darlehen, hätte gewähren können und müssen. Dies gelte umso mehr, als eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs vorgelegen habe. Ein Ausschluss des Klägers von den begehrten Leistungen, weil er Auszubildender gewesen sei, sei rechtswidrig und "willkürlich", zumal auch Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) zu prüfen gewesen seien. Soweit das Sozialgericht davon ausgegangen sei, dass sein Bedarf nach der ihm günstigen Rechtsänderung bereits weitgehend gedeckt gewesen sei, sei auch dies "schier willkürlich". Ihm habe ein entsprechender Anspruch schon vor der Rechtsänderung zugestanden; zudem habe er die durch die ausbleibenden Leistungen des Beklagten entstandene Situation sowohl hinsichtlich der Mietkaution wie hinsichtlich der Erstausstattung notdürftig durch die Inanspruchnahme eines Darlehens eines Dritten überbrücken müssen, das er zurückzahlen müsse. Auch die Auffassung des Sozialgerichts, Gardinen seien zu einer geordneten Haushaltsführung nicht notwendig, sei "schier willkürlich und unsachlich" (GA Bl. 61). Gleiches gelte für die Ausführungen hinsichtlich der Waschmaschine. An den gestellten Feststellungsanträgen habe er "ein ideelles, finanzielles Interesse" (ebd.).

Der Kläger beantragt,

"das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26.04.2019 Az.: S 19 AS 580/16 aufzuheben und beantragt,

1. den Bescheid des Beklagten vom 14.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.04. 2016 aufzuheben,

2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die beantragte Erstausstattung für Kühlschrank, Eisfach, Messer, Gabel, Teller, Gläser, Töpfe, Bratpfannen, Kleiderschrank, Bett, Fernseher, Waschmacheine, Toaster, Kaffeemaschine, Spülmaschine, Wasserkocher, Esszimmertisch, Wohnzimmertisch, Schuhschrank, Lampen, Fernsehschrank, Bettwäsche, Kissen, Decke, Teppich, Gardinen, Schneidebrett, Salatschüssel, Schneebesen, Messbecher, Schüssel, Spiegel, Badezimmerschrank, Wandfarbe, Haustelefon, Laptop, hilfsweise, die zur Beschaffung der genannten Gegenstände erforderliche Geldbetrag an die Kläger zu zahlen. Insbesondere bereits die verauslagten und nachgewiesenen 730,00 Euro zuzüglich 53,30 Euro zuzüglich 66,12 Euro und die Mietkaution in Höhe von 750,00 Euro zu übernehmen, rein hilfsweise als Darlehen,

3. festzustellen, dass der Beklagte rechtswidrig nicht die Erstausstattung und die Mietkaution bewilligte und rechtswidrig nicht in gesetzlicher Frist über den Antrag entschieden und bewilligt hat, den Beklagten zu verurteilen die durch sein Verhalten entstandenen und entstehenden Schaden in gleicher Höhe dem Kläger zu ersetzen,

den Beklagten zu verurteilen die Kosten des Vorverfahrens zu erstatten.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Es wird beantragt, die SGB XII-Behörde des Odenwaldkreises beizuladen."

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er beruft sich auf die angegriffene Entscheidung des Sozialgerichts. Im Übrigen sei der Kläger zwischenzeitlich wieder bei seiner Mutter eingezogen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten – zum hiesigen wie zum Parallelverfahren L 6 AS 471/19 – sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig (dazu II.), aber unbegründet (dazu III.). Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen namentlich die geltend gemachten Ansprüche wegen der Mietkaution und der Erstausstattung seiner früheren Wohnung nicht zu. Auch mit seinen erst im Verfahren vor dem Landessozialgericht im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Begehren kann er keinen Erfolg haben (dazu I.2.).

I. 1. Gegenstand des Verfahrens sind – neben dem angegriffenen Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. April 2019 – primär die durch Bescheid des Beklagten vom 14. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2016 abgelehnten Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung und die Kaution.

Zudem verfolgt der Kläger auch in der Berufungsinstanz im Wesentlichen unverändert seine Feststellungs- und Schadensersatzbegehren weiter.

2. Er hat darüber hinaus mit der Berufung einen Anspruch auf Erstattung der Vorverfahrenskosten in das Verfahren eingeführt. Nachdem der anwaltlich vertretene Kläger dieses Begehren zusätzlich zu seinem Antrag formuliert hat, der Beklagte habe die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, muss man davon ausgehen, dass auf diese Weise ein eigenständiger Klageantrag in der Sache formuliert werden sollte.

Die damit verbundene Klageänderung ist unzulässig: Eine Klageänderung und damit auch eine Klageerweiterung ist zwar auf der Grundlage von § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 SGG grundsätzlich auch in der Berufungsinstanz möglich (vgl. BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 – B 8 SO 15/10 R –, BSGE 110, 93 = juris, Rn. 12; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 99 Rn. 12 m.w.N.). Ihre Zulässigkeit setzt jedoch voraus, dass sie entweder kraft gesetzlicher Fiktion nicht als Klageänderung anzusehen (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 3 SGG) oder sachdienlich ist (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 Alt. 2 SGG) oder schließlich die übrigen Beteiligten – gegebenenfalls durch rügelose Einlassung – einwilligen (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 SGG).

Das ist vorliegend nicht der Fall. Zunächst liegt kein Fall des § 99 Abs. 3 SGG vor; namentlich handelt es sich nicht um eine Erweiterung des Klageantrags in Bezug auf eine Nebenforderung (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG): Das liegt zwar bei einem auf die Erstattung von Kosten gerichteten Antrag auf den ersten Blick nahe, kann aber nach Auffassung des Senats dann nicht gelten, wenn der Kläger – wie hier – einen eigenständigen Kostenerstattungsanspruch durch einen in der Hauptsache gestellten selbständigen Antrag verfolgt (zur Unterscheidung zwischen einem Hauptsacherechtsstreit über die Kosten des Vorverfahrens einerseits und der Entscheidung über die Erstattung der Vorverfahrenskosten als Teil der gerichtlichen Kostenentscheidung andererseits vgl. etwa BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 21/09 R –, BSGE 104, 30 = juris, Rn. 9). Dass es sich vorliegend nicht um ein isoliertes Vorverfahren gehandelt hat und daher, wie noch auszuführen sein wird, hinsichtlich der damit verbundenen Kosten ein eigenständiges Begehren in der Hauptsache zulässigerweise nicht geltend gemacht werden kann, ändert nichts daran, dass der Kläger vorliegend gerade dies versucht. Eine Anwendung von § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG scheidet daher aus.

Auch ist die Klageerweiterung nicht sachdienlich, was sich schon daraus ergibt, dass ein entsprechender zur Hauptsache gestellter Antrag von vorneherein unzulässig ist. Die Vorverfahrenskosten gehören, wenn nachfolgend ein gerichtliches Verfahren durchgeführt wird, zu den Verfahrenskosten im Sinne von § 193 SGG. Sie sind daher nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung in die gerichtliche Kostenentscheidung einzubeziehen. Selbst im Falle einer Teilabhilfe im Widerspruchsverfahren kommt eine isolierte Geltendmachung der Vorverfahrenskosten auf der Grundlage von § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 – B 14 AS 50/15 R –, SozR 4-1300 § 63 Nr. 25 = juris, Rn. 15 ff., Rn. 29; Wehrhahn, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 193 Rn. 79). Ein entsprechendes Klagebegehren ist daher ersichtlich unzulässig, die Klageerweiterung nicht sachdienlich. Die Klage wäre vor diesem Hintergrund im Übrigen zwingend als unzulässig abzuweisen, sofern man entgegen der hier vertretenen Auffassung davon ausginge, dass die Klageänderung – namentlich in Anwendung von § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG oder aufgrund rügeloser Einlassung des Beklagten (dazu sogleich) – als solche zulässig sei.

Schließlich ist vorliegend auch nicht davon auszugehen, dass der Beklagte sich rügelos auf die erweiterte Klage eingelassen hätte und sie daher nach (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit) § 99 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 SGG unabhängig von ihrer ersichtlich fehlenden Sachdienlichkeit zulässig wäre. Eine rügelose Einlassung liegt zwar bereits vor, wenn der andere Beteiligte in der mündlichen Verhandlung oder in einem Schriftsatz einen Gegenantrag stellt (vgl. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 99 Rn. 9) oder sich zur Sache äußert, ohne durch eine Gegenerklärung die Zulässigkeit der Klageänderung wenigstens vorsorglich zu rügen. Ob er sich der Rechtsfolgen seiner Erklärung beziehungsweise seines Verhaltens bewusst war, ist dabei grundsätzlich nicht erheblich (vgl. nochmals B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 99 Rn. 9; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 267 Rn. 1; anders wohl Bay. LSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – L 15 SB 43/06 –, juris, Rn. 33).

Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend jedoch nicht von einer rügelosen Einlassung auszugehen. Der Senat geht vor diesem Hintergrund zwar davon aus, dass jede Antragstellung zu den neu ins Verfahren eingebrachten Begehren und jede auf diese bezogene inhaltliche Äußerung als rügelose Einlassung zu werten ist; sofern diese nicht ausdrücklich auf ein bestimmtes Begehren beschränkt ist, wird sie regelmäßig bei mehreren neu eingebrachten Begehren diese auch allesamt umfassen. Dagegen liegt eine rügelose Einlassung nach Auffassung des Senats nicht vor, wenn der Beklagte – wie hier in seinem Schriftsatz vom 12. August 2019 (GA Bl. 68 f.) – zwar ohne Einschränkung und ohne Vorbehalt die Zurückweisung der Berufung beantragt und damit einen Sachantrag stellt, sich dabei aber auf die Formulierung eines allein auf "die Berufung" bezogenen Antrags und die Bezugnahme auf die angegriffene Entscheidung beschränkt. Das gilt insbesondere, wenn er sich dabei aller weiteren auf die Sache bezogenen inhaltlichen Ausführungen enthält oder diese sich eindeutig nur auf die Begehren beziehen, die bereits in erster Instanz Gegenstand des Verfahrens waren.

Einem schlichten Antrag, die Berufung zurückzuweisen, und der Verteidigung der erstinstanzlichen Entscheidung kann somit eine rügelose Einlassung in eine zweitinstanzliche Klageerweiterung nicht entnommen werden, wenn sie hinreichend eindeutig auf diese gerade nicht bezogen sind. Im konkreten Fall hat der Beklagte zudem in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, sich zu dem in der Berufungsinstanz neu eingebrachten Antrag zu den Vorverfahrenskosten nicht äußern zu wollen. Das könnte die Wirkung einer einmal erfolgten rügelosen Einlassung zwar nicht mehr beseitigen, stützt aber die Einschätzung, dass die bis dahin vorliegenden Äußerungen des Beklagten nicht auf das neue Begehren zu beziehen waren.

Die Klageerweiterung ist vorliegend zudem alles andere als einfach zu erkennen; dies setzt vielmehr voraus, dass man im Wege der Auslegung den Antrag auf Erstattung der Vorverfahrenskosten trotz seiner Unzulässigkeit als selbständigen, in der Hauptsache gestellten Antrag identifiziert. Unter diesen Umständen kann ein Einverständnis mit der Klageerweiterung allein durch einen pauschal gestellten Antrag auf Zurückweisung der Berufung und den Verweis auf die angegriffene Entscheidung nicht angenommen werden. Eine Einlassung auf die neuen, im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Anträge liegt darin gerade nicht, auch wenn man grundsätzlich davon ausgeht, dass eine rügelose Einlassung selbst dann möglich ist, wenn der Betroffene schuldlos das Vorliegen einer Klageänderung verkennt (vgl. Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Auflage 2019, § 267 Rn. 1; a.A. Becker-Eberhard, in: MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 267 Rn. 10).

Im Übrigen wäre die Klageänderung, sofern man hierzu eine andere Auffassung vertreten würde, zwar zulässig; das könnte an der davon zu unterscheidenden Unzulässigkeit der Klage allerdings, wie bereits ausgeführt, nichts ändern.

II. Die Berufung ist zulässig. Sie ist zunächst, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, nach § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft, ohne dass sie der Zulassung bedürfte: Schon der für die Mietkaution anfallende Betrag von 750,- Euro (vgl. § 24 des Mietvertrags; GA Bl. 74) erreicht (exakt) den Wert aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, der durch die zusätzliche Berücksichtigung der Erstausstattung also unproblematisch überschritten wird.

Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, namentlich ist sie entsprechend den Anforderungen aus § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt. Weitere Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit bestehen nicht; namentlich hat der Beklagte im hiesigen Verfahren – anders als in vielen anderen – die Vollmacht der für den Kläger auftretenden Rechtsanwältin nicht gerügt, so dass der Senat auf die Anforderung einer Vollmacht verzichtet hat (vgl. § 73 Abs. 6 Satz 4 SGG).

III. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das gilt sowohl hinsichtlich der Erstausstattung (dazu 1.) wie hinsichtlich der Mietkaution (dazu 2.), und zwar auch unter Berücksichtigung möglicher sozialhilferechtlicher Ansprüche (dazu 3.), und schließlich auch des Feststellungsantrags (dazu 4.).

1. a) Die Bevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung den Antrag, welche Gegenstände er im Wege des von ihm geltend gemachten Erstausstattungsanspruchs (noch) begehrt, präzisiert und damit die Bedenken hinsichtlich seiner ausreichenden Bestimmtheit beseitigt. Es ist allerdings nicht erkennbar, dass der Kläger an dem unmittelbar auf den Erhalt einer Erstausstattung gerichteten Antrag noch ein schützenswertes Interesse hätte. Er ist aus der fraglichen Wohnung bereits ausgezogen. Es ist daher nicht ersichtlich, dass er an der Erstausstattung dieser Wohnung noch irgendein Interesse haben könnte; wegen des auf einen abgrenzbaren Sachverhalt bezogenen Inhalts eines Antrags (vgl. zur Reichweite eines Antrags und zu dessen Erschöpfung durch Bescheidung z.B. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 – B 4 AS 166/11 R –, SozR 4-4200 § 7 Nr. 31) hätte der Kläger einen neuen, auf die gegenwärtige Wohnsituation bezogenen Antrag stellen müssen, sofern für diese noch oder wieder ein (Erst )Ausstattungsbedarf vorliegen sollte – was im Übrigen fernliegt, nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen mitgeteilt hat, der Kläger sei zwischenzeitlich wieder bei seiner Mutter eingezogen. Tatsächlich kann es dem Kläger daher im hiesigen Verfahren, soweit irgend nachvollziehbar, nur um Kostenerstattung gehen.

b) Auch einen Kostenerstattungsanspruch kann er jedoch nicht mit Erfolg geltend machen. Zum Zeitpunkt der Leistungsablehnung durch den angegriffenen Bescheid vom 14. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2016 war diese rechtmäßig, weil, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, der Kläger aufgrund seiner Ausbildung nach § 7 Abs. 5 SGB II in der bis 31. Juli 2016 geltenden Fassung grundsätzlich von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch ausgeschlossen war und ihm nur die Leistungen nach § 27 SGB II a.F., namentlich der Unterkunftskostenzuschuss nach § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II, zustand; insoweit kann auf die Ausführungen im Urteil des Senats vom heutigen Tag im Parallelverfahren L 6 AS 471/19 Bezug genommen werden. Soweit der Kläger einwendet, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung die Berufsausbildungshilfe noch nicht bewilligt gewesen sei, ändert dies nichts: Der Leistungsausschluss knüpft(e) an die (Aufnahme der) Ausbildung beziehungsweise den Status als Auszubildender an, nicht an die Gewährung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder von Berufsausbildungsbeihilfe. Die Ausbildung hatte der Kläger aber bereits am 1. September 2015 und damit vor der Antragstellung wegen der Erstausstattung und der Kaution begonnen. Ein Anspruch auf Leistungen zur Erstausstattung für die Wohnung nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II stand ihm daher bis zum 31. Juli 2016 wegen des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. nicht zu.

Eine Zusicherung, welche die nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X notwendige Schriftform aufwiese und über den fehlenden materiell-rechtlichen Anspruch hinweghelfen könnte, ist, bezogen auf den geltend gemachten Erstausstattungsanspruch, nicht ersichtlich: Mit seinem Schreiben vom 14. September 2015 stimmte der Beklagte nur "dem Umzug" zu und bezog sich dabei ausdrücklich auf § 22 Abs. 4 SGB II; dem ist nicht einmal die Zusicherung im Sinne von § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu entnehmen, Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten zu übernehmen; umso weniger ist eine Zusicherung erkennbar, zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht beantragte Leistungen für die Erstausstattung zu erbringen. Der Kläger hat zwar gegenüber dem Beklagten geltend gemacht, einer von dessen Mitarbeitern hätte ihm entsprechende Zusagen gemacht; das kann aber, wenn überhaupt, nur mündlich oder telefonisch geschehen sein, so dass dem nicht weiter nachzugehen ist.

Ein Kostenerstattungsanspruch kommt vor diesem Hintergrund nicht in Betracht. Dieser setzt nach der Selbstbeschaffung einer Leistung, wie sie hier im Raume steht, voraus, dass diese kausal auf eine rechtswidrige Leistungsablehnung oder eine verzögerte Entscheidung über den Leistungsantrag zurückzuführen ist (vgl. nur BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 37/13 R –, juris, Rn. 14). Das ist vorliegend nicht der Fall: Namentlich ist nicht sichtbar und wird vom Kläger nicht konkret geltend gemacht, dass in der Zeit ab dem 1. August 2016 noch ein Erstausstattungsbedarf bestanden und er diesen im Wege der Selbstbeschaffung gedeckt hätte, so dass offenbleiben kann, ob die Gesetzesänderung überhaupt zu einer "nachträglich rechtswidrig gewordenen" Leistungsablehnung geführt haben kann. Der vorgelegte, allerdings in Teile schwer lesbare Kassenbeleg der Firma F. (?) stammt, soweit entzifferbar, jedenfalls bereits aus dem Jahr 2015 (GA zum Verfahren L 6 AS 471/19 Bl. 13). Gleiches gilt für die vorgelegte Quittung einer Privatperson über die Zahlung von 730,- Euro aus dem November 2015 (vgl. LA Bl. 303). Der weitere bei den Akten befindliche Kassenzettel der Firma E. über 53,50 Euro lässt darüber hinaus nicht erkennen, dass der Kläger dort Gegenstände erworben hätte, die im Rahmen eines Erstausstattungsanspruchs übernahmefähig wären. Eine Selbstbeschaffung im Jahre 2015 lässt sich aber nicht auf eine rechtswidrige Leistungsablehnung zurückführen, da bis zum 31. Juli 2016 ein Anspruch des Klägers tatsächlich nicht bestand. Sonstige Belege hat der Kläger trotz entsprechender Aufforderung im Schreiben des Berichterstatters vom 29. Januar 2020 unter Ankündigung einer möglichen Präklusion nach § 106a SGG nicht vorgelegt und den Erwerb weiterer Gegenstände in der mündlichen Verhandlung auch nicht konkret geltend gemacht.

Selbst hinsichtlich der Gardinen, auf die der Kläger in der Berufungsschrift noch abgestellt hat, ist nicht ersichtlich, dass er sie vor dem Auszug erworben hätte und deswegen einen Kostenerstattungsanspruch geltend machen könnte – ein primärer (Sach-)Leistungsanspruch besteht, wie ausgeführt, nicht mehr. Hinsichtlich der Waschmaschine hat das Sozialgericht zutreffend darauf verwiesen, dass eine solche bei dem Hausbesuch im Jahre 2017 vorhanden, aber defekt gewesen sei und es sich also – jedenfalls zu diesem Zeitpunkt – nicht um einen Erstausstattungs-, sondern um einen Reparatur- oder Ersatzbeschaffungsbedarf handelte, der nicht unter § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II fällt. Zudem ist auch insofern nicht ersichtlich, ob und welche Kosten der Kläger bis zum Auszug aus der Wohnung für deren Reparatur oder den Erwerb einer neuen Waschmaschine aufgewendet hat.

2. Letztlich aus den gleichen Gründen kann die Klage auch wegen der Mietkaution keinen Erfolg haben.

Ein offener Kautionsbedarf besteht wegen des Auszugs ersichtlich nicht mehr. Zum Zeitpunkt der Leistungsablehnung und, soweit überhaupt konkret nachvollziehbar, der behaupteten Bedarfsdeckung durch die Gewährung eines Privatdarlehens war die Entscheidung des Beklagten angesichts des Leistungsausschlusses für Auszubildende nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. zutreffend. Auch die Selbstbeschaffung beziehungsweise die Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung der Kaution war daher nicht auf eine rechtswidrige Leistungsablehnung durch den Beklagten zurückzuführen, so dass daran ein fortbestehender Leistungsanspruch oder ein Kostenerstattungsanspruch nicht anknüpfen können.

3. Ein vergleichbarer Leistungsausschluss wie bis zum 31. Juli 2016 im Sozialgesetzbuch Zweites Buch fand sich in § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII). Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch lässt sich somit auch nicht aus dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch herleiten. Schon aus diesem Grund hatte der Senat keinen Anlass, dessen Antrag auf Beiladung des zuständigen Sozialhilfeträgers zu entsprechen.

4. Hinsichtlich der Feststellungsklage ist, soweit sie sich auf die Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung bezieht, angesichts ihrer Subsidiarität im Verhältnis zu einer (Anfechtungs- und) Leistungs- beziehungsweise Verpflichtungsklage schon nicht ersichtlich, dass sie zulässig sein könnte. Dies ließe sich allenfalls annehmen, wenn man von einer Erledigung des angegriffenen Bescheides durch die Selbstbeschaffung oder den Auszug aus der fraglichen Wohnung ausgehen und sie daher als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs. 1 Satz 3 SGG) qualifizieren wollte. Wegen der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides hätte sie dann allerdings in der Sache keinen Erfolg. Allenfalls wenn man von einer Erledigung erst durch den Auszug und weiter davon ausgehen wollte, dass der Ablehnungsbescheid durch die Rechtsänderung zum 1. August 2016 mit Blick auf die zu diesem Zeitpunkt noch offenen Bedarfe "rechtswidrig geworden" wäre, erschiene eine Fortsetzungsfeststellungsklage nicht von vornherein aussichtslos. Allerdings ließe sich (auch) in diesem Fall nicht vom Vorliegen des notwendigen Fortsetzungsfeststellungsinteresses ausgehen: Die Wiederholung einer vergleichbaren Situation ist schon deswegen nicht konkret erwartbar, weil der Kläger nicht mehr Auszubildender und der Beklagte sich außerdem ersichtlich bewusst ist, dass sich die Rechtslage inzwischen geändert hat. Eine Rehabilitationsinteresse oder eine tiefgreifende Grundrechtsverletzung ist ebenso wenig ersichtlich wie ein möglicher Schadensersatzanspruch, dessen Durchsetzung durch eine Feststellung im hiesigen Verfahren vorbereitet werden könnte.

Auch soweit der Kläger eine vermeintlich verspätete Entscheidung rügt, ist schon ein Feststellungsinteresse nicht ersichtlich. Ein Bescheidungsanspruch wäre im Wege der Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 SGG durchzusetzen gewesen. Im Übrigen kennt das sozialrechtliche Verfahrensrecht keine fixen zeitlichen Vorgaben für den Erlass eines Verwaltungsakts, die eine "nicht zeitnahe" Bescheidung als solche rechtswidrig werden ließen, so dass die Feststellungsklage jedenfalls keinen Erfolg haben kann.

Soweit der Kläger schließlich die Verurteilung des Beklagten zum Ersatz der Schäden begehrt, die ihm aus der vermeintlich rechtswidrigen Ablehnungsentscheidung oder deren rechtswidriger Verzögerung entstanden seien, ist die Klage ebenfalls unzulässig.

Nachdem er nicht ansatzweise konkret dargelegt hat, welche "Schäden" entstanden sein könnten, ist schon nicht deutlich, ob es sich bei dem Antrag um eine schlichte Verdoppelung des Leistungsantrags handelt und der Schaden sich auf die auf Grund der Leistungsablehnung vermeintlich fehlenden Gegenstände oder der für ihren Erwerb oder die Aufbringung der Kaution notwendigen Mittel beschränkt. Sollte der Antrag darüber hinausgehend auf Sekundärschäden zielen – etwa auf den Ersatz von Anwaltskosten über die gerichtliche Kostenentscheidung und die Erstattung von Vorverfahrenskosten nach § 63 SGB X hinaus –, wären die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit hierfür von Verfassungs wegen nicht zuständig. Als einzige Anspruchsgrundlage für dieses Begehren käme ein Anspruch auf Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung (§ 839 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch i.V.m. Art. 34 Satz 1 Grundgesetz – GG –) in Betracht. Die Entscheidung über entsprechende Ansprüche ist von Verfassungs wegen den ordentlichen Gerichten vorbehalten (Art. 34 Satz 3 GG). Dabei kommt es für die Entscheidung, welchem Rechtsweg ein Klagebegehren zuzuordnen ist, auf die "wahre Natur" des Anspruchs an, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt, und nicht darauf, ob und gegebenenfalls auf welche Anspruchsgrundlage er sich beruft (vgl. insb. Gem. Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschl. v. 10. Juli 1989 – GmS-OGB 1/88 –, BGHZ 108, 284 = juris, Rn. 8 m.w.N.). Es wäre daher nicht entscheidend, ob der Kläger sich dieser Auffassung zur Qualifikation des geltend gemachten Anspruchs anzuschließen vermag oder nicht, nachdem die gerichtliche Zuständigkeitsordnung nicht zu seiner Disposition steht.

Allerdings hat das Sozialgericht, wie sich aus dem Tatbestand des angegriffenen Urteils ergibt, den Anspruch gesehen und die Klage umfassend abgewiesen. Der Senat ist daher an einer Prüfung der Zulässigkeit des Sozialrechtswegs gehindert (§ 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz), so dass eine Abtrennung des Rechtsstreits und seine Verweisung insoweit an das zuständige Landgericht ausscheiden. Auch dies begründet nach Auffassung des Senats allerdings wegen der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsregelung – ausnahmsweise – keine Kompetenz des Landessozialgerichts, den Anspruch in der Sache zu prüfen; vielmehr bleibt es bei der verfassungsrechtlich vorgegebenen ausschließlichen Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte: Da von Verfassungs wegen die auf Enteignung oder Amtspflichtverletzung gestützten Ansprüche den ordentlichen Gerichten zugewiesen sind, kann insoweit durch einfachgesetzliche Regelung nicht die Zuständigkeit der Sondergerichtsbarkeiten begründet werden (vgl. so auch Lückemann in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 17 GVG Rn. 9; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 17 GVG Rn. 56; anders BSG, Beschluss vom 5. März 2015 – B 8 SO 38/14 BH –, juris).

Die Klage ist allerdings auch unabhängig hiervon unzulässig. Soweit es nicht nur um die schlichte Verdoppelung der Anfechtungs- und Leistungsklage wegen der Erstausstattung und der Kaution gehen sollte, ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt. Dies würde voraussetzen, dass einigermaßen präzise erkennbar ist, welcher Sachverhalt zu welchen (potentiellen) Schäden geführt haben könnte oder möglicherweise noch führen wird. Abgesehen von der Ablehnung der streitigen Erstausstattung und der Übernahme der Kaution selbst, um die im Rahmen des entsprechenden Anfechtungs- und Leistungsantrags gestritten wird, ist dies von dem anwaltlichen vertretenen Kläger nicht nachvollziehbar dargetan und auch sonst nicht ersichtlich, so dass die Klage (auch) aus diesem Grund unzulässig ist.

Rein vorsorglich und für den Fall, dass man die Zulässigkeitsfragen anders beurteilen wollte als der Senat, ist festzuhalten, dass in der Sache die Voraussetzungen für die Feststellung eines Schadensersatzanspruchs nicht ansatzweise ersichtlich sind.

IV. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass keinerlei Anlass besteht, die Sache wegen der vom Kläger behaupteten Verfahrensmängel an das Sozialgericht zurückzuverweisen, auch wenn er geltend macht, das Sozialgericht habe gegen seine verfassungsrechtlich verbürgten Rechte auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren verstoßen: Zum einen setzt eine Zurückverweisung nach dem vorliegend allein in Betracht kommenden § 159 Nr. 2 SGG die Notwendigkeit einer aufwändigen Beweisaufnahme voraus, die hier nicht gegeben ist; vor allem aber liegen auch die behaupteten schwerwiegenden Verfahrensmängel gar nicht vor.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen der dabei vom Senat zu treffenden Ermessensentscheidung, in die alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalles einzubeziehen sind, besteht kein Grund, den Beklagten zu einer auch nur teilweisen Übernahme der dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten zu verpflichten.

VI. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Gründe hierfür vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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