L 7 KA 1261/03

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 27 KA 2333/02
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 KA 1261/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Soll die begehrte Zulassung als Vertragspsychotherapeut nicht zu einer Praxisneugründung sondern zu einer Praxiserweiterung führen, kann bei der Streitwertberechnung nicht der durchschnittliche 5-Jahres-Umsatz (abzüglich Kosten) aller Vertragspsychotherapeuten zugrunde gelegt werden. Auszugehen ist vielmehr von der individuell angestrebten Umsatzsteigerung (abzüglich Kosten), hochgerechnet auf 5 Jahre, hier Euro 63.000.
Ob es in Zulassungsstreitsachen bei Fällen der erstmaligen Praxiseröffnung in der Regel angemessen sein kann, den durchschnittlichen Jahresumsatz (hochgerechnet auf 5 Jahre abzüglich des durchschnittlichen Kostensatzes) der vertragspsychotherapeutischen Praxis zugrunde zu legen (so BSG 28.1.2000 – B 6 KA 22/99 R), oder unter Berücksichtigung einer Anfängerpraxis von voraussichtlich zu erwartenden niedrigeren Umsätzen auszugehen (vgl. LSG Berlin 18.5.2000 – L 7 B 28/00 KA ER), kann im vorliegenden Fall wegen der individuellen Besonderheiten dahingestellt bleiben.
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichtes Frankfurt am Main vom 5. November 2003 geändert. Der Streitwert wird festgesetzt auf Euro 63.000,-.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 18. März 1999 lehnte der Zulassungsausschuss/Psychotherapie (bei der Beigeladenen zu 1.) den Antrag des Beschwerdeführers auf (bedarfsunabhängige) Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung mit der Begründung ab, dieser erfülle die Voraussetzungen des § 95 Abs. 10 Nr. 3 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB 5) nicht, da er in der Zeit von 3/96 bis 2/97 lediglich 62 Behandlungsstunden an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbracht habe und damit kein schützenswerter Besitzstand im Sinne der Übergangsbestimmungen vorgelegen habe. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Beschluss vom 7. März 2002 (ausgefertigt 13. Juni 2002) zurück. Die dagegen am 12. Juli 2002 erhobene Klage wies das Sozialgericht Frankfurt am Main mit Gerichtsbescheid vom 5. November 2003 (S 27 KA 2333/02) ab. Gegen den am 26. November 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Beschwerdeführer am 22. Dezember 2003 Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden wurde. Mit Beschluss vom 5. November 2003 hat das Sozialgericht unter Hinweis auf § 13 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) den Streitwert auf Euro 180.000,- festgesetzt. Dabei ist es vom fünffachen Jahresumsatz (60.000,- Euro) ausgegangen, von dem es einen Kostenanteil von 40 % abgesetzt hat. Gegen den am 26. November 2003 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 22. Dezember 2003 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht unter dem 12. März 2004 nicht abgeholfen hat. Der Beschwerdeführer trägt vor, der festgesetzte Streitwert sei deutlich übersetzt. Er habe nach Streichung seiner vertragstherapeutischen Tätigkeit in den letzten drei Jahren etwa insgesamt Euro 63.000,- umgesetzt. Mit der vertragstherapeutischen Zulassung auf Dauer erwarte er in etwa eine Umsatzverdoppelung, also Euro 42.000,- pro Jahr, woraus sich bei Abzug eines Kostenanteils von 40 % Einkünfte in Höhe von Euro 25.200,- ergäben. Die Festsetzung eines 5-fachen Jahresbetrages erscheine ebenfalls übersetzt. Entsprechend der Rechtsprechung (u.a. des LSG Thüringen L 4/B-2/95, L 4/Sb-20/93; L 4/B-9/96) sei allenfalls vom 3-fachen Jahresbetrag auszugehen, so dass der Streitwert mit Euro 75.600,- angemessen festzusetzen wäre. Die übrigen Beteiligten haben sich zum Streitwert nicht geäußert.

II.

Gemäß § 25 Abs. 2 GKG setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht. Bei dem Kläger handelt es sich nicht um eine der in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannte Person (Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger), so dass Kosten nach den Vorschriften des GKG erhoben werden, § 197a SGG. Die erhobene Beschwerde ist gemäß § 25 Abs. 3 GKG zulässig, da der Beschwerdewert von Euro 50,- überschritten ist. Sie ist auch fristgerecht eingelegt. Gemäß § 13 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Streitwert vorbehaltlich der folgenden Vorschriften nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die (folgenden) Vorschriften des § 13 Abs. 2 bis 4 GKG können im vorliegenden Fall keine Anwendung finden, insbesondere liegt bei einem zugelassenen Vertragspsychotherapeuten kein besoldetes öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis zugrunde (§ 13 Abs. 4 GKG). Der Streitwert war auf die Beschwerde hin auf Euro 63.000,- festzusetzen. Die Bedeutung für den Beschwerdeführer besteht darin, zu seiner jetzigen freien psychotherapeutischen Praxis mit einem Jahresumsatz von ca. Euro 21.000,- die Zulassung als Vertragspsychotherapeut zu erlangen und damit die Möglichkeit zu erhalten, zusätzlich auch gesetzlich Versicherte zu behandeln und damit sein Einkommen zu erhöhen. Nach den Angaben des Beschwerdeführers strebt er eine Verdoppelung seines derzeitigen Umsatzes an, so dass der Wert der Zulassung sich nach dem daraus zu erzielenden zusätzlichen Einkommen in Höhe von Euro 21.000,- je Jahr (abzüglich der anteiligen Praxiskosten von ca. 40 % = Euro 12.600,-) richtet. Entgegen der Berechnung des Beschwerdeführers kann nicht der gesamte von ihm in Zukunft angestrebte Umsatz (abzüglich Kosten) in die Streitwertberechnung einfließen. Es handelt sich nicht um den Fall einer Praxisneugründung, sondern um das verfolgte Ziel, eine bestehende Praxis dahin zu erweitern, dass sie auch für gesetzlich Versicherte geöffnet wird. Der Beschwerdeführer strebt auch nicht an, in Zukunft die laufenden Privatbehandlungen abzubrechen oder keine Privatbehandlungen mehr durchzuführen. Der Rückgriff auf die Durchschnittsumsätze aller psychotherapeutischen Praxen aus vertragsärztlicher Behandlung verbietet sich damit im vorliegenden Fall. Ob es in Zulassungsstreitsachen bei Fällen der erstmaligen Praxiseröffnung in der Regel angemessen sein kann, den durchschnittlichen Jahresumsatz (hochgerechnet auf 5 Jahre abzüglich des durchschnittlichen Kostensatzes) der vertragspsychotherapeutischen Praxis zugrunde zu legen (so BSG 28.1.2000 - B 6 KA 22/99 R = Juris KSRE000541113, vgl. Wenner/Bernard in NZS 2003), oder unter Berücksichtigung einer Anfängerpraxis von voraussichtlich zu erwartenden niedrigeren Umsätzen auszugehen (vgl. LSG Berlin 18.5.2000 - L 7 B 28/00 KA ER), kann im vorliegenden Fall wegen der individuellen Besonderheiten dahingestellt bleiben.

In ständiger Rechtsprechung hat der erkennende Senat (vgl. Beschluss vom 22.5.1997 - L 7 B 76/95 m.w.N.) einen Fünf-Jahres-Zeitraum zugrunde gelegt, der auch im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des Alters des Beschwerdeführers (Jahrgang 1957) nicht zu verkürzen ist (BSG 28.1.2000 s.o.; vgl. Wenner/Bernard s.o.). Daraus ergibt sich der festgesetzte Streitwert in Höhe von Euro 63.000,-.

Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist ausgeschlossen, da das Rechtsmittelgericht den Beschluss erlassen hat, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG.
Rechtskraft
Aus
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