L 1 KR 220/14

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 10 KR 39/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 220/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Steuerfreie Einnahmen eines freiwilligen Mitgliedes einer gesetzlichen Krankenkasse aus einer Tätigkeit als Dozent sind der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.
2. § 238a SGB V regelt nur die Reihenfolge der Heranziehung von Einnahmen, schränkt aber die beitragspflichtigen Einnahmen freiwillig Versicherter nicht in irgendeiner Weise ein (entgegen SG Chemnitz v. 13.03.2014 - S 10 KR 39/14 - juris; SG Chemnitz v. 12.09.2013 – S 10 KR 422/12 - juris
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. März 2014 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Verbeitragung von steuerfreien Lehrvergütungen im Rahmen einer freiwilligen Versicherung.

Der 1985 geborene Kläger ist Beamter und bei den Beklagten freiwillig kranken- und pflegeversichert. Nachdem der Kläger unter dem 14.09.2013 seine Einkommensnachweise eingereicht hatte, setzte die Beklagte zu 1 – stets auch im Namen der Beklagten zu 2 – mit Bescheid vom 18.09.2013 für den Zeitraum ab 01.03.2013 den monatlichen Gesamtbeitrag des Klägers auf 400,05 EUR fest, wobei sie beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 2.473,26 EUR zugrunde legte und daraus einen Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 368,52 EUR sowie einen Beitrag zur Pflegeversicherung in Höhe von 31,53 EUR monatlich errechnete.

Im September 2013 erzielte der Kläger als Lehrvergütung einen steuerfreien Bruttobetrag von 640,00 EUR, der in seiner Gehaltsmitteilung für September 2013 ausgewiesen war. Daraufhin setzte die Beklagte ebenfalls mit Bescheid vom 18.09.2013 die beitragspflichtigen Einnahmen für den Monat September auf 3.113,26 EUR fest. Dagegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 02.10.2013, weil es sich hierbei nicht um Arbeitsentgelt handele. Bereits im Juni 2013 hatte der Kläger als Lehrvergütung einen steuerfreien Bruttobetrag von 520,00 EUR bezogen.

Mit weiterem – nicht streitgegenständlichem – Bescheid vom 18.09.2013 legte die Beklagte für den Zeitraum ab Oktober 2013 wieder beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von monatlich 2.473,26 EUR zugrunde (Gesamtbeitrag von 400,05 EUR).

Mit Bescheid vom 08.10.2013 setzte die Beklagte zu 1 die beitragspflichtigen Einnahmen für den Monat Juni 2013 auf 2.993,26 EUR fest. Dagegen legte der Kläger am 04.11.2013 Widerspruch ein.

Beide Widersprüche wies die Beklagte zu 1 mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2014 zurück. Die Beitragserhebung der freiwillig Krankenversicherten erfolge gemäß § 240 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Dabei sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehörten alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht würden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung.

Dagegen hat der Kläger am 31.01.2014 beim Sozialgericht Chemnitz Klage erhoben. Er hat vorgetragen, er habe im Jahr 2013 insgesamt 1.576,00 EUR Lehrvergütung für seine nebenamtliche Tätigkeit als Dozent bezogen, die mit den Bezügen im Juni, September und Oktober (in Höhe von 416,00 EUR) zugeflossen seien. Da diese Bezüge steuerfrei seien, habe er angenommen, sie seien auch sozialversicherungsfrei. Denn nach § 14 Abs. 1 Satz 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) würden Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten i.S.d. § 3 Nr. 26 und 26a Einkommensteuergesetz (EStG) in den dort genannten Höhe ausdrücklich von der Beitragspflicht ausgenommen. Bei der Ermittlung der Einnahmen eines freiwilligen Mitgliedes seien diese nach § 3 Abs. 1 Beitragsverfahrensgrundätze Selbstzahler (BVGS Selbstz) von der Beitragspflicht umfasst. Dies laufe dem Bestreben des Gesetzgebers zuwider, das die steuerliche Begünstigung solcher Einnahmen vorsehe, um bürgerschaftliches Engagement zu fördern. Daran habe sich der GKV-Spitzenverband nicht gehalten; die BVGS Selbstz seien entsprechend anzupassen. Auch liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den gesetzlich Versicherten vor. Die Beklagte zu 1 ist der Klage unter Verweis auf ihre Bescheide entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 11.02.2014 ist das zu den Beiträgen zur gesetzlichen Pflegeversicherung angelegte Verfahren S 10 P 20/14 mit dem Verfahren S 10 KR 39/14 verbunden worden.

Mit Urteil vom 13.03.2014 hat das Sozialgericht die Bescheide vom 18.09.2013 und vom 08.10.2013 sowie den Widerspruchsbescheid vom 08.01.2014 aufgehoben und die Berufung zugelassen. Die streitigen Einnahmen hätten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers nicht "bestimmt". Die beitragspflichtigen Einnahmen freiwillig Versicherter seien zunächst in § 240 SGB V geregelt. Zur Frage der Einordnung der streitigen steuerfreien Einnahmen des Klägers als Arbeitsentgelt folge das Gericht den Ausführungen des Klägers. Bei einem versicherungspflichtig Beschäftigten wären derartige Einnahmen nicht beitragspflichtig (§ 226 SGB V). § 240 Abs. 1 SGB V sei in seiner alten Fassung zum 01.01.1989 in Kraft getreten. Die – im Verhältnis zu § 240 Abs. 1 SGB V jüngere – gesetzliche Vorschrift des § 238a SGB V enthalte jedoch einen neuen Begriff, nämlich: die sonstigen Einnahmen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds bestimmten. Nachdem § 238a SGB V dabei direkt auf § 240 Abs. 1 SGB V verweise, ordne das Gericht diesen neuen Begriff als Konkretisierung des § 240 Abs. 1 SGB V ein. In Zusammenschau beider Vorschriften sei § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V nunmehr so zu lesen, dass die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds so zu berücksichtigen sei, dass (nur) die sonstigen Einnahmen zu verbeitragen seien, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds "bestimmten". Im Hinblick auf die Einschränkung im letzten Satz der Gesetzesbegründung zu § 240 Abs. 1 könne der Begriff "bestimmen" nach Ansicht des Gerichts nur im Sinne von "prägen" verstanden werden. Damit werde auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 240 Abs. 2 SGB V Rechnung getragen. Das Gericht verstehe "prägen" im Sinne von "wesentlich beeinflussen". Im vorliegenden Fall entspreche die Lehrvergütung etwa vier Prozent der übrigen Bruttoeinnahmen des Klägers. Damit habe nach Ansicht des Gerichts die Lehrvergütung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers nicht wesentlich beeinflusst, nicht geprägt und damit auch nicht bestimmt. Gemäß § 240 Abs. 2, letzter Satz SGB V gelte § 238a entsprechend. Hierzu enthalte die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12/3608 S. 115) folgende Ausführungen: "Durch die Bezugnahme auf § 238a wird die dort für Rentner festgelegte Reihenfolge der Einnahmearten zur Beitragsbemessung auch für alle übrigen freiwillig Versicherten verbindlich vorgegeben." § 238a SGB V gelte damit auch für den Kläger. Der Klage sei daher stattzugeben gewesen, auch hinsichtlich der streitigen Pflegebeiträge, weil gemäß § 57 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung § 240 SGB V entsprechend anzuwenden sei.

Gegen das ihnen am 18.08.2014 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 25.08.2014 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie tragen vor, soweit das Sozialgericht die Auffassung vertrete, durch gelegentlich erzielte Einnahmen werde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht bestimmt, verkenne es, dass sowohl einmalige beitragspflichtige Einnahmen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld als auch nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen wie Abfindungen oder Sonderzahlungen beitragspflichtig sein könnten. Es sei gerade bei selbständig Tätigen keine Seltenheit, dass sie ihre Einkünfte unregelmäßig erzielten. Unabhängig von ihrer Höhe beeinflussten alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden könnten, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit freiwilliger Mitglieder. Ergänzend werde auf den Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V des GKV-Spitzenverbandes vom 01.12.2013 verwiesen, demzufolge ein Arbeitsentgelt aus einer nebenberuflichen Tätigkeit der Beitragspflicht unterliege, ungeachtet der steuerlichen Behandlung gemäß § 3 Nr. 26 EStG. Zwar wären die streitigen Einkünfte bei einem gesetzlich Versicherten nicht beitragspflichtig. Das Bundessozialgericht (BSG) betone jedoch, dass bei freiwillig Versicherten mindestens die Einnahmen heranzuziehen seien, die bei einem Versicherungspflichteigen der Beitragsbemessung zu Grunde zulegen seien. Dies sei auch vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet worden.

Die Beklagten beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. März 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Dessen Betrachtungsweise decke sich mit dem Begriff des prägenden Einkommens im Zivilrecht, wo auch für Unterhaltsberechnungen nur diejenigen Einkünfte als prägend angesehen würden, die die Verhältnisse der Ehe nachhaltig und dauerhaft prägten. Davon sei bei einmaligen Einnahmen nicht auszugehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten (1 Band Bl. 1-23) verwiesen. Sie sind Gegenstand der Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann gemäß § 151 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Denn die Beitragsbescheide der Beklagten vom 18.09.2013 und 08.10.2013 betreffend die Monate Juni und September 2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beitragsfestsetzung ist nicht zu beanstanden.

Streitig ist allein die Beitragsfestsetzung für die Monate Juni und September 2013, weil der Kläger nur die Beitragsfestsetzung für diese Monate, in denen ihm die Dozentenvergütung zugeflossen ist, angegriffen hat. Nachfolgende Beitragsbescheide sind daher nicht Gegenstand des Klage- bzw. Berufungsverfahrens geworden.

Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in den beiden streitigen Monaten sind unter Berücksichtigung der Vergütung für Dozententätigkeit in Höhe von 520,00 EUR im Juni 2013 und in Höhe von 640,00 EUR im September 2013 sowie der regelmäßigen monatlichen Einkünfte des Klägers von den Beklagten zutreffend unter Beachtung der Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt worden. Der Kläger ist als freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1 beitragspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 223 SGB V). Aus der freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung folgt in der sozialen Pflegeversicherung die versicherungspflichtige Mitgliedschaft (§ 20 Abs. 3 SGB XI) sowie die Pflicht, Beiträge zu entrichten (§ 54 Abs. 2 SGB XI).

Die Höhe der Beiträge richtet sich bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten nach § 240 SGB V, der über § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI für die Berechnung der Beiträge zur Pflegeversicherung entsprechend gilt. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigt (Abs. 1). Es müssen mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt werden, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (Abs. 2 Satz 1). Nach dem Willen des Gesetzgebers ist bei der Beitragsgestaltung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen, sind also alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung der Beitragsbemessung zugrunde zu legen (BT-Drucks. 11/2237 S. 225).

Die vom GKV-Spitzenverband erlassenen einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (BVGS Selbstz) vom 27.10.2008 (in Kraft getreten am 01.01.2009, § 13 BVGS Selbstz) gehen von diesen im Gesetz geregelten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVGS Selbstz) und von der Rechtsprechung ausgefüllten (§ 3 Abs. 1 BVGS Selbstz) Begriffen aus. Nach § 2 Abs. 1 BVGS Selbstz werden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen. Diese Regelungen übernehmen die von der Rechtsprechung des BSG entwickelte Auslegung des § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006 – B 12 KR 8/05 R – juris Rn. 20 und Urteil vom 23.09.1999 – B 12 KR 12/98 R – juris Rn. 17, beide mit Verweis auf BT-Drucks. 11/2237 S. 225). Eine solche Generalklausel genügt, um neben den im Gesetz genannten beitragspflichtigen Einnahmen der versicherungspflichtigen Beschäftigten auch andere Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde zu legen, die bereits in der ständigen Rechtsprechung des BSG als Einnahmen zum Lebensunterhalt anerkannt worden sind (BSG, Urteil vom 22.03.2006 – B 12 KR 8/05 R – juris Rn. 19).

Nach § 3 Abs. 1 BVGS Selbstz sind der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Hierzu gehört – wovon der GKV-Spitzenverband in dem von ihm aufgestellten Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtlicher Bewertung nach § 240 SGB V zutreffend ausgeht – insbesondere auch das Arbeitsentgelt aus nebenberuflicher Tätigkeit (z.B. Ausbilder, Betreuer, Erzieher, Übungsleiter oder vergleichbare Tätigkeiten) wie hier. Die daneben bestehenden Spezialregelungen über die Beitragsbemessung bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen (§ 7 Abs. 3 bis 7 BVGS Selbstz) finden keine Anwendung, weil der Kläger als Beamter nicht hauptberuflich selbstständig erwerbstätig gewesen ist.

Die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 1 BVGS Selbstz, wonach bei freiwillig Versicherten u.a. das Arbeitsentgelt der Beitragsbemessung zugrunde zu legen ist – und zwar ohne Rücksicht auf seine steuerliche Behandlung –, ist von der Regelungsermächtigung des § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V gedeckt. § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB sieht ausdrücklich vor, dass bei Erlass der Regelung nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V konkretisiert diesen Regelungsauftrag dahingehend, dass bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens und zwingend die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen sind, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (BSG, Urteil vom 18.01.2018 – B 12 KR 22/16 R – juris Rn. 16 und schon Urteil vom 21.09.2005 – B 12 KR 12/04 R – juris Rn. 19). Insofern legt § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V aber nur eine Untergrenze fest (BSG, Urteil vom 18.01.2018 – B 12 KR 22/16 R – juris Rn. 16).

Das bedeutet, dass die unregelmäßigen Einnahmen des Klägers aus seiner Tätigkeit als Dozent der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Denn es handelt sich dabei um Einnahmen, die er ohne weiteres für seinen Lebensunterhalt verbrauchen kann. Die vom Sozialgericht vorgenommene Einschränkung findet keine Grundlage im Gesetz. Das Sozialgericht verkennt bereits den Regelungsgehalt des von ihm herangezogenen § 238a SGB V, der – auch in Zusammenschau mit dem letzten Satz des § 240 Abs. 2 SGB V – nur die Reihenfolge der Heranziehung beitragspflichtiger Einnahmen regelt. Die Vorschrift will sicherstellen, dass Einnahmen freiwillig Versicherter, die bei Pflichtversicherten nicht beitragspflichtig sind, nur subsidiär zur Beitragsbemessung herangezogen werden (Peters in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl., § 238a Rn. 12), nicht aber die beitragspflichtigen Einnahmen freiwillig Versicherter in irgendeiner Weise einschränken. Maßgeblich bleibt vielmehr, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen hat (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V) – und zwar gleichgültig auf welchen einzelnen Einnahmen diese beruht. Eine irgendwie geartete quantitative Grenze für einzelne Einnahmen lässt sich aus § 238a SGB V nicht herleiten.

Im Übrigen ergibt sich auch im Umkehrschluss aus der zum 22.04.2015 aufgehobenen Bestimmung des § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV (nunmehr § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 16 der Sozialversicherungsentgeltverordnung), dass die hier streitigen Einnahmen aus einer Nebentätigkeit Arbeitsentgelt sind. Denn nur aufgrund dieser gesetzlichen Regelung wurden steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen privilegiert, weil sie nicht als Arbeitsentgelt galten, obwohl sie ihrer Natur nach Einnahmen aus einer Beschäftigung sind. Diese Privilegierung wirkt sich aber bei freiwilligen Mitgliedern nicht aus, weil bei ihnen der Beitragsbemessung alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden (könnten), ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen sind.

Es liegt auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber Pflichtversicherten vor. Sachlicher Grund für die Differenzierung bei der Beitragsbemessung ist gerade, dass der Kläger freiwillig versichert ist. Das bedeutet, er hat die Wahl, ob er sich dem beitragsrechtlichen Regime einer freiwilligen gesetzlichen Versicherung unterwirft oder ob er sich anderweitig für den Versicherungsfall einer Krankheit absichert. Diese Wahlmöglichkeit haben gesetzlich Pflichtversicherte nicht. Der Gesetzgeber hat beide Fallkonstellationen unterschiedlich geregelt; zu einer Gleichbehandlung war er nicht verpflichtet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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