L 2 R 115/18

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 33 R 591/15
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 115/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11.07.2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente ab dem 1. Februar 2015 und in diesem Zusammenhang die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für ihre am 6. Mai 1980 und 21. Oktober 1981 geborenen Kinder.

Die am 28. Oktober 1949 geborene Klägerin war im Anschluss an ein Universitätsstudium vom 1. August 1977 bis 30. November 2010 als Beamtin bei der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) tätig. Sie bekam während dieser Zeit zwei Kinder, geboren 1980 und 1981 und befand sich vom 25. März 1980 bis 1. Juli 1980 und vom 9. September 1981 bis 16. Dezember 1981 im Mutterschutz. Mit Ablauf des 30. November 2010 wurde die Klägerin in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid des Zentrums für Personaldienste (ZPD) der FHH vom 8. Dezember 2010 wurden die Versorgungsbezüge der Klägerin unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für die Zeit vom 1. August 1980 bis 5. November 1980 und vom 17. Dezember 1981 bis 20. April 1982 festgesetzt. Am 21. September 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Kontenklärung. In dem von ihr ausgefüllten Vordruck gab der Vater der beiden Kinder die Erklärung ab, dass er die Kinder nicht überwiegend erzogen habe. Mit Bescheiden vom 16. Januar 2013 und vom 29. Januar 2013 stellte die Beklagte rentenrechtlichen Zeiten im Versicherungskonto der Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt fest. Dabei sind für beide Kinder Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten ausgewiesen. In beiden Bescheiden heißt es, es würden Zeiten verbindlich festgestellt, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden seien. Im Bescheid vom 16. Januar 2013 sind Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung bereits enthalten; der Bescheid vom 29. Januar 2013 stellt ausschließlich die Zeit der Hochschulausbildung vom 1. April 1969 bis 31. März 1971 neu fest. Am 22. März 2013 beantragte die Klägerin die Beitragszahlung für eine freiwillige Versicherung mit Beitragszahlung ab Januar 2012 und entrichtet die Beiträge. Am 14. November 2014 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Regelaltersrente ab dem 1. Februar 2015. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. November 2014 ab mit der Begründung, die Klägerin erfülle nicht die Mindestversicherungszeit für diese Rente. Die allgemeine Wartezeit betrage 60 Monate, bis einschließlich zum 31. Oktober 2014 seien jedoch nur 34 Wartezeitmonate im Versicherungskonto vorhanden. Für die Zeiten vom 1. Juni 1980 bis zum 31. Mai 1981 und vom 1. November 1981 bis zum 31. Oktober 1982 könnten wegen einer Rechtsänderung die bisher vorgemerkten Kindererziehungszeiten nicht mehr berücksichtigt werden. Während dieser Zeit habe die Klägerin Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erworben. Diese würden als systembezogen annähernd gleichwertig gelten. Der Bescheid vom 16. Januar 2013 über die Feststellung dieser Zeiten werde mit Wirkung ab dem 1. Juli 2014 aufgehoben. Die Zeiten vom 6. Mai 1980 bis 5. Mai 1990 und vom 21. Oktober 1981 bis zum 20. Oktober 1991 könnten als Berücksichtigungszeiten mit gleicher Begründung nicht mehr berücksichtigt werden. Der Bescheid vom 16. Januar 2013 werde auch insoweit aufgehoben. Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 16. Dezember 2014 Widerspruch mit der Begründung, die Versorgungsanwartschaften nach dem Hamburgischen Beamtenversorgungsgesetz seien nicht systembezogen annähernd gleichwertig. Denn es würden bei Geburten vor 1992 pro Kind nur sechs Monate Kindererziehungszeit festgestellt, soweit keine vollen Bezüge bezogen wurden. In ihrem Fall führe das dazu, dass für die Zeit vom 6. Mai 1980 bis 31. Juli 1980 keine Kindererziehungszeit und für die Zeit vom 1. August 1980 bis 6. November 1980 aufgrund der Zahlung der halben Bezüge die halbe Kindererziehungszeit gewährt werde. Für die Zeit vom 21. Oktober 1981 bis 16. Dezember 1981 habe sie ebenfalls volle Bezüge erhalten und es werde keine Kindererziehungszeit gewährt. Vom 17. Dezember 1981 bis 20. April 1981 habe sie keine Bezüge erhalten und deshalb sei die Zeit als Kindererziehungszeit festgestellt worden. Im Rentenrecht würden hingegen 24 Monate Kindererziehungszeit berücksichtigt und dies auch unabhängig davon, ob Bezüge erzielt wurden oder nicht. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. April 2015). Im Widerspruchsbescheid ist im Wesentlichen ausgeführt, nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien Elternteile von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter aufgrund der Erziehung erworben hätten und diese nach den für sie geltenden besonderen Versorgungsregelungen systembezogen annähernd gleichwertig Berücksichtigung fänden, wie die Kindererziehung in der Rentenversicherung. Seit dem 1. Juli 2014 sei durch den neu angefügten 2. Halbsatz der Vorschrift gesetzlich festgelegt, welche Arten von Versorgungsanwartschaften stets als gleichwertig anzusehen seien. Ohne inhaltliche Prüfung der jeweiligen Versorgungsregelungen seien dadurch Anwartschaften auf eine Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen stets als gleichwertig geltend anzusehen. Hiervon seien auch uneingeschränkt Erziehungszeiten vor dem 1. Juli 2014 erfasst. Der Anrechnungsausschluss gelte nicht bei einem Rentenbeginn vor dem 1. Juli 2014, jedoch liege der Rentenbeginn im Fall der Klägerin nach dem 1. Juli 2014, so dass die ab diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage Anwendung finde. Seit dem 1. Januar 2017 erhält die Klägerin nach zwischenzeitlicher Zahlung weiterer freiwilliger Beiträge für die Zeit von Januar 2012 bis Dezember 2016 eine Regelaltersrente von der Beklagten (Bescheid vom 3. Januar 2017). Das Sozialgericht hat auf die Klage hin den angefochtenen Bescheid vom 28. November 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 14. April 2015 in Gestalt des Bescheides vom 3. Januar 2017 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin auch für die Zeit vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Dezember 2016 eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten vom 1. Juni 1980 bis 31. Mai 1984 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren und die Regelaltersrente für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 unter Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten vom 1. Juni 1980 bis 31. Mai 1984 neu zu berechnen. Wie aus dem Bescheid vom 29. Januar 2013 ersichtlich sei, habe die Beklagte mit diesem Bescheid u.a. für die Klägerin festgestellt: 01.06.1980 – 31.12.21980 7 Monate Pflichtbeitragszeit für Kindererziehung 01.01.1981 – 31.05.1981 5 Monate Pflichtbeitragszeit für Kindererziehung 01.11.1981 – 31.12.1981 2 Monate Pflichtbeitragszeit für Kindererziehung 01.01.1982 – 31.10.1982 10 Monate Pflichtbeitragszeit für Kindererziehung Insgesamt seien 120 Beitragsmonate festgestellt worden. Pflichtbeitragszeiten seien dabei mit insgesamt 24 Monaten ausdrücklich für die Kindererziehung vermerkt. Auf Antrag der Klägerin sei zudem eine freiwillige Beitragszahlung ab dem 1. Januar 2012 zugelassen worden, die auch erfolgt sei. Für die Jahre 2012, 2013 und 2014 habe die Klägerin mithin 36 Monate Beiträge entrichtet. Diese gelten gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI als Pflichtbeiträge und seien voll zu berücksichtigen. Den Bescheid vom 29. Januar 2013 habe die Beklagte nicht aufgehoben. Er entfalte daher weiterhin Wirksamkeit und die Klägerin könne aus den Feststellungen im diesem Bescheid nach wie vor Rechte herleiten. Denn gemäß § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI sei bei Änderung der einem Feststellungsbescheid zugrundeliegenden Vorschriften zwar dieser Bescheid durch einen neuen Feststellungsbescheid oder im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit ohne Anwendung der §§ 24 und 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzuheben. Dies sei vorliegend jedoch nur hinsichtlich des Bescheides vom 16. Januar 2013 erfolgt. Der Bescheid vom 29. Januar 2013 sei hingegen nicht aufgehoben worden und entfalte als der zuletzt ergangene Feststellungsbescheid weiterhin Bindungswirkung. Die Beklagte hat gegen das ihr am 6. September 2018 zugestellte Urteil am 1. Oktober 2018 Berufung eingelegt, mit welcher sie vorträgt, Gegenstand des Klage- wie des Berufungsverfahrens sei nicht mehr die mit Bescheid vom 28. November 2014 abgelehnte Regelaltersrente dem Grunde nach, sondern die im Bescheid vom 3. Januar 2017 abweichend beantwortete Frage nach dem Beginn der Altersrente (1. Januar 2017 bzw. 1. Februar 2015) Sowie nach deren Höhe (nur auf der Grundlage der für fünf Jahre gezahlten freiwilligen Beiträge oder aber zusätzlich auch auf der Grundlage von Kindererziehungszeiten). Der Bescheid vom 3. Januar 2017 habe insoweit den ursprünglich mit Widerspruch angefochtenen Bescheid vom 28. November 2014 abgeändert und sei nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Dass die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Ruhestandsbeamtin, deren Regelaltersrente auch nach ihrem eigenen Vorbringen frühestens am 1. Februar 2015 begonnen habe, auf der Basis des § 56 Abs. 4 Nr. 3 zweiter Halbsatz SGB VI in der seit dem 1. Juli 2014 maßgeblichen Fassung keinen Anspruch auf Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten habe, dürfte mittlerweile unstreitig sein. Dies habe der 13. Senat des BSG mit Urteil vom 10. Oktober 2018 (B 13 R 20/16 R) bereits in einem entsprechenden Fall entschieden. Soweit das Sozialgericht die Auffassung vertrete, die Vormerkung entfalte wegen des nicht aufgehobenen Bescheides vom 29. Januar 2013 weiterhin Bindungswirkung, verkenne es den Sinn der Ausführungen in dem hierfür in Bezug genommenen Urteil des BSG ebenso wie die Regelung des § 31 SGB X. Das BSG habe in der Entscheidung vom 13. November 2008 (B 13 R 77/07 R) lediglich eingeräumt, dass ältere Bescheide eben nicht der expliziten Aufhebung bedürften. Mitnichten habe das BSG zum Ausdruck bringen wollen, dass es unbedingt immer der allerletzte Bescheid sei, dessen Korrektur erfolgen müsse. Vorliegend sei darauf zu schauen, welcher Feststellungs- bzw. Vormerkungsbescheid tatsächlich in Bezug auf die jeweils in Betracht kommenden rentenrechtlichen Zeiten im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X die maßgebliche Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts enthalte. Werde nämlich ein und dieselbe Verlautbarung in mehreren zeitlich aufeinanderfolgenden Bescheiden manifestiert, dann bedürfe es einer Auslegung des Willens des Bescheid-Autors unter dem Gesichtspunkt eines verständigen Adressaten, welche der in Betracht kommenden Verlautbarungen die Regelung sei und welche bloß eine wiederholende Verfügung. Bilde die Regelung einen Verwaltungsakt, der einerseits anfechtbar und andererseits korrigierbar sei, so stelle die wiederholende Verfügung eben keinen Verwaltungsakt dar, sondern nur eine Wiederholung des Inhalts eines vormaligen Verwaltungsakts, der mangels eigenständiger Regelung zum Inhalt keine Verwaltungsaktqualität zukomme. So sei es auch hier, denn die Beklagte habe erstmals mit Bescheid vom 16. Januar 2013 verbindlich und mit Regelungsabsicht festgestellt, dass zugunsten der Klägerin bestimmte Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten vorzumerken seien. Eine neuerliche Regelung der fraglichen rentenrechtlichen Zeiten im Bescheid vom 29. Januar 2013 im Sinne eines sogenannten Zweitbescheides sei hingegen weder notwendig gewesen, noch sei sie erkennbar.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11.07.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat sich in der Sache nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 19. Februar 2020 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist auch begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Regelaltersrente bereits zum 1. Februar 2015. Gegenstand des Verfahrens ist allein der Bescheid vom 28. November 2014, mit welchem die Beklagte die Gewährung einer Regelaltersrente ab dem 1. Februar 2015 abgelehnt hat. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist dagegen der Bescheid vom 3. Januar 2017, mit welchem die Beklagte der Klägerin auf einen neuen Antrag und die Entrichtung weiterer freiwilliger Beiträge hin Regelaltersrente ab dem 1. Januar 2017 bewilligt hat. Dieser Bescheid ist nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, denn er betrifft nicht einen identischen Regelungsgegenstand, er ist vielmehr aufgrund veränderter Tatsachen (Nachentrichtung weiterer Beiträge) und für einen anderen Zeitraum (ab 1. Januar 2017 statt ab 1. Februar 2015) ergangen (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 96, Rn. 4a m.w.N.) Der Bescheid der Beklagten vom 28. November 2014 ist indes rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Regelaltersrente ab dem 1. Februar 2015, denn sie hat zu diesem Zeitpunkt die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt.

Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie 1. die Regelaltersgrenze erreicht und 2. die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Die Regelaltersgrenze wird mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht. Gemäß § 235 SGB VI wird diese Altersgrenze für Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, von 65 Jahren auf 67 Jahre schrittweise angehoben. § 235 Abs. 2 S. 2 SGB VI regelt, dass für Versicherte, deren Geburtsjahr 1949 ist, eine Regelaltersgrenze von 65 Jahren und 3 Monaten gilt. Diese Altersgrenze hat die Klägerin zum 1. Februar 2015 erreicht. Sie hat indes die allgemeine Wartezeit nicht am 1. Februar 2015 u.a. unter Anrechnung von Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung erfüllt, sondern erst am 1. Januar 2017 aufgrund Zahlung weiterer freiwilliger Beiträge. Nach § 50 Abs. 1 SGB VI beträgt die allgemeine Wartezeit fünf Jahre (= 60 Monate). Anzurechnen sind dabei Beitragszeiten (§ 51 Abs. 1 SGB VI). Beitragszeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI solche, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind und Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Als gezahlt gelten u.a. Pflichtbeiträge für Kindererziehungszeiten, welche sich aus § 56 Abs. 1 SGB VI ergeben. Gemäß § 56 Abs. 1 i.V.m. § 249 Abs. 1 SGB VI in der hier anwendbaren, am 1. Februar 2015 geltenden Fassung des Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23. Juni 2014 (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) beträgt die Dauer der als Beitragszeit zu berücksichtigenden Kindererziehungszeit für vor dem 1. Januar 1992 geborene Kinder 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Ausgeschlossen von der Anrechnung sind jedoch gemäß § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI Elternteile, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter aufgrund der Erziehung erworben haben und wenn diese nach den für sie geltenden besonderen Versorgungsregelungen systembezogen annähernd gleichwertig berücksichtigt werden, wie die Kindererziehung nach dem sechsten Buch des Sozialgesetzbuches. Gemäß dem durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz mit Wirkung ab 1. Juli 2014 eingefügten weiteren Halbsatz gilt unter anderem eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen als in diesem Sinne systembezogen annähernd gleichwertig. Für den Ausschluss der Klägerin von der Anrechnung der Kindererziehungszeiten kommt es dabei nicht, wie die Klägerin meint, auf die in § 56 Abs. 4 Nr. 3 Halbs. 1 SGB VI vorausgesetzte, annähernd gleichwertige Berücksichtigung der Kindererziehung in der Versorgung wie im SGB VI an. Entscheidend ist hierfür vielmehr, dass die Versorgung der Klägerin nach beamtenrechtlichen Vorschriften im Sinne des § 56 Abs. 4 Nr. 3 Halbs. 2 SGB VI erworben worden ist. Deswegen sind bei ihr keine Kindererziehungszeiten anzurechnen, unabhängig davon, dass die Kindererziehung bei der Berechnung ihres Ruhegehalts zeitlich und finanziell nicht annähernd in demselben Umfang wie in der gesetzlichen Rentenversicherung Berücksichtigung findet. Anders als § 56 Abs. 4 Nr. 3 Halbs. 1 SGB VI fordert der Wortlaut des § 56 Abs. 4 Nr. 3 Halbs. 2 SGB VI im Fall einer "Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen" keinen konkreten Vergleich der Kindererziehungszeiten nach dem SGB VI und nach anderen Versorgungsregelungen in zeitlicher Hinsicht ("während"), in Bezug auf die rechtliche Einordnung/Art der Zeit ("aufgrund der Erziehung") und deren Bewertung ("gleichwertig"). Denn § 56 Abs. 4 Nr. 3 Halbs. 2 SGB VI bestimmt per gesetzlicher Fiktion, dass eine solche Versorgung als "in diesem Sinne systembezogen annähernd gleichwertig gilt". Die Regelung ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber durfte hinsichtlich der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten eine pauschale Abgrenzung zur Beamtenversorgung vornehmen und dabei in Kauf nehmen, dass die - von vorneherein nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht vergleichbare - Eigenart der Systeme jeweils zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Berücksichtigung von Kindererziehung führt. Auch wenn der Ausschluss von den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung als Ungleichbehandlung angesehen würde, so wäre diese jedenfalls durch die anderweitige systembezogene Berücksichtigung der Kindererziehung in der Beamtenversorgung gerechtfertigt. Etwas Anderes folgt weder aus dem Familienförderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG noch aus Art. 3 Abs. 2 und 3 GG. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung handelt es sich seit jeher um getrennte Systeme, die sich strukturell in so erheblicher Weise unterscheiden, dass eine Vergleichbarkeit hinsichtlich ihrer Leistungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von vorneherein nicht besteht, weil beide Regelungen wegen der besonderen Zweckbestimmung und Grundlage der beamtenrechtlichen Versorgung nicht vergleichbar sind (st. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), vgl nur: BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 1975 – 1 BvL 4/74, Juris Rn. 58 m.w.N.). Die Beamtenversorgung beruht auf einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten und geht deshalb vom Prinzip der amtsangemessenen Alimentation aus. Sie wird aus Steuern finanziert und vom Dienstherrn als Vollversorgung geleistet. Verfassungsrechtlich ist sie in Art. 33 Abs. 5 GG verankert. Dagegen ist die gesetzliche Rentenversicherung eine grundsätzlich umlagefinanzierte Zwangsversicherung, die von öffentlich-rechtlichen Körperschaften durchgeführt und - im Vergleich zur Beamtenversorgung - als zu ergänzende Grundversorgung verstanden wird. Ansprüche werden durch das Beitragsaufkommen und im Bereich "versicherungsfremder" Aufgaben grundsätzlich durch Steuern gedeckt und sind vom Gedanken des sozialen Ausgleichs geprägt. Diese Unterscheidung der verschiedenen Altersversorgungssysteme knüpft bereits an historische Entwicklungen an und wurde mit dem Grundgesetz nicht eingeebnet; sie besteht im Kern bis heute fort. Allein das sozialpolitische Anliegen, gleichen oder ähnlichen Zwecken dienende Leistungen zu vereinheitlichen und entsprechend der allgemeinen Entwicklung zu verbessern, genügt in einem solchen Fall unterschiedlich geregelter Systeme nicht für die Annahme eines Verfassungsverstoßes. Insoweit ist es dem Gesetzgeber überlassen, in welcher Zeitfolge er Änderungen und Verbesserungen auf den verschiedenen Einzelgebieten vornehmen will. Selbst wenn man aber eine Ungleichbehandlung annehmen will, so wäre diese nicht willkürlich, denn eine zusätzliche Einbeziehung in den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung von Beamten mit Kindern vor 1992 würde bei pauschaler Betrachtung zu einer Doppelversorgung führen, die der Gesetzgeber zu Recht vermeiden durfte. Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsgebot liegt ebenfalls nicht vor. Denn das daraus abgeleitete Fördergebot gibt dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, bei dem er neben der Familienförderung auch andere Gemeinschaftsbelange bei seiner Haushaltswirtschaft zu berücksichtigen und dabei die Funktionsfähigkeit und das Gleichgewicht des Ganzen zu beachten hat. Aus dem Verfassungsauftrag, einen wirksamen Familienlastenausgleich zu schaffen, lassen sich konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, nicht ableiten. Es lässt sich insofern auch kein Gebot entnehmen, wonach im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber der Beamtenversorgung subsidiär sichergestellt sein muss, dass ein bestimmter Betrag pro Kind in jeder Altersversorgung (mindestens) berücksichtigt wird. Denn auch im Rahmen des Familienfördergebots können und dürfen die gewachsenen unterschiedlichen Systeme berücksichtigt werden, die in unterschiedlicher gesetzgeberischer Zuständigkeit und Finanzierungshoheit liegen (zu alledem mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen: BSG, Urteil vom 10. Oktober 2018 – B 13 R 20/16 R, Juris). Die Beklagte hat den Vormerkungsbescheid vom 16. Januar 2013, mit welchem sie die Kindererziehungszeiten erstmals verbindlich festgestellt hatte, auch wirksam aufgehoben gemäß § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI. Nach dieser Vorschrift ist bei Änderung der einem Feststellungsbescheid zugrundeliegenden Vorschriften dieser Bescheid durch einen neuen Feststellungsbescheid oder im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben; die §§ 24 und 48 SGB X sind nicht anzuwenden. Hiernach entfaltet nur der jeweils zuletzt ergangene Feststellungsbescheid Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 13. November 2008 – B 13 R 77/07 R, Juris). Insoweit ist der Beklagten darin beizupflichten, dass allein der Bescheid vom 16. Januar 2013 in diesem Sinne hinsichtlich der Kindererziehungszeiten ein Feststellungsbescheid ist. Schon seinem Wortlaut nach trifft nämlich der später ergangene Bescheid vom 29. Januar 2013 lediglich insoweit verbindliche Feststellungen zu Versicherungszeiten, "soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden sind". Dies betrifft allein die Zeit der Hochschulausbildung vom 1. April 1969 bis 31. März 1971, die mit diesem Bescheid neu festgestellt wurde und die vom vorliegenden Rechtsstreit nicht betroffen ist. Hinsichtlich der bereits mit Bescheid vom 16. Januar 2013 festgestellten Vormerkungszeiten trifft der zweite Bescheid dagegen keine eigenständige Sachentscheidung. Der Bescheid, der insoweit eine Sachentscheidung trifft, ist derjenige vom 16. Januar 2013, welchen die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben hat. Selbst wenn man mit der Vorinstanz die Auffassung vertreten will, es seien im Bescheid vom 29. Januar 2013 die nunmehr "insgesamt zu berücksichtigenden Vormerkungszeiten" festgestellt und dieser entfalte daher auch bezüglich der bereits zuvor bescheidmäßig festgestellten Vormerkungszeiten Regelungswirkung, ergibt sich kein anderes Bild. Denn die Beklagte hat auch mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. November 2014 selbst hinreichend deutlich gemacht, dass "für die Zeiten vom 1. Juni 1980 bis zum 31. Mai 1981 und vom 1. November 1981 bis zum 31. Oktober 1982 die bisher vorgemerkten Kindererziehungszeiten nicht mehr berücksichtigt werden" und den Bescheid vom 16. Januar 2013 infolge dessen ausdrücklich aufgehoben. Damit hat die Beklagte auch die diesbezüglichen Feststellungen des in Rede stehenden Vormerkungsbescheid jedenfalls mit dem angefochtenen Bescheid noch einmal ausdrücklich aufgehoben. Selbst für den Fall, dass man dem Bescheid vom 29. Januar 2013 auch insoweit einen Regelungsgehalt zubilligen will, wäre dieser spätestens durch den angefochtenen Bescheid vom 28. November 2014 konkludent mit aufgehoben worden. Denn die Beklagte hat mit dieser Formulierung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie zu dem Ergebnis der Nichtberücksichtigung von Kindererziehungszeiten gerade auf dem Weg einer Aufhebung des diesbezüglichen Vormerkungsbescheides gelangt ist (zu den Voraussetzungen einer konkludenten Aufhebung: BSG, Urteil vom 29. April 1997 – 4 RA 25/96, Juris, Rn. 21). Die Klägerin als Empfängerin des Bescheides konnte dies nicht anders verstehen und hat dies auch so verstanden, als dass auch der Bescheid vom 29. Januar 2013 – so er denn hinsichtlich der Kindererziehungszeiten eine eigenständige Regelung beinhaltete – jedenfalls insoweit nicht mehr gelten sollte. Dem steht die Entscheidung des BSG vom 13. November 2008 (B 13 R 77/07 R) nicht entgegen, denn auch sie stellt hinsichtlich des Verfügungssatzes des Bescheides gemäß § 149 Abs. 5 S. 2 SGB V auf den Empfängerhorizont ab. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, ihr sei bekannt, dass Ruhestandsbeamte des Bundes und der Bundesländer Bayern und Sachsen inzwischen von den Nachteilen in der Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten nicht mehr betroffen seien, so betrifft dies jedenfalls nicht den Rechtskreis des SGB VI und damit die Beklagte. Für Bundesbeamte ist mit dem Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz (BesStMG) vom 9. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 2053) zum 1. Januar 2020 eine Anpassung der Anerkennung von Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder an das Rentenrecht durch § 50a Beamtenversorgungsgesetz erfolgt, nach dem Vorbild der bayerischen und der sächsischen Regelung (vgl. "Stellungnahme des dbb beamtenbund und tarifunion zum Entwurf eines Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetzes (BesStMG) sowie zum Entwurf einer Verordnung zur Änderung dienstrechtlicher Verordnungen aus Anlass des BesStMG" vom 11. Januar 2019). Für eine entsprechende Umsetzung auch für die Hamburgischen Landesbeamten wäre jedoch nicht die Beklagte mit Blick auf die hier streitige Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern die Freie und Hansestadt Hamburg mit Blick auf die Versorgungsbezüge der Klägerin zuständig. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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