L 3 R 362/20 B ER WA

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 32 R 188/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 362/20 B ER WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Es wird festgestellt, dass das Beschwerdeverfahren L 3 R 238/20 BER durch die im Schriftsatz des Antragstellers vom 01. April 2020 erklärte Rücknahme der Beschwerde beendet ist. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Die Anträge vom 25. März 2020 und 11. April 2020 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.

Gründe:

I.

Mit an das Amtsgericht Neukölln von Berlin gerichtetem Schriftsatz vom 27. Januar 2020 stellte der Antragsteller einen "Antrag auf Rechtshilfe an das Sozialgericht". Das Ersuchen sei eine einstweilige Anordnung. Die Antragsgegnerin sei zu verpflichten, "ihrer Satzung, ihrem Tarifvertrag und den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes gerecht zu werden." Der Schriftsatz wurde an das Sozialgericht Berlin (SG) weitergeleitet und dort zum Aktenzeichen (Az.) S 32 R 188/20 ER registriert. In der Folge legte der Antragsteller u.a. eigene Berechnungen zu einer monatlichen "BEWAG-Pension" vor.

Mit Beschluss vom 19. Februar 2020 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Das SG sei für die Streitigkeit zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin nicht zuständig. Der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit sei nach § 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht eröffnet.

Gegen den ihm am 25. Februar 2020 zugestellten Beschluss legte der Antragsteller am 02. März 2020 bei dem SG Beschwerde ein mit der Begründung, dass der Rechtsweg zum SG eröffnet sei. Soweit die Unzuständigkeit des SG für die Prüfung seines Antrags bestätigt werde, solle sein Antrag an das zuständige Gericht verwiesen werden. Die Beschwerde wurde bei dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg zum Az. L 3 R 238/20 B ER registriert. Mit Schriftsatz vom 25. März 2020 beantragte der Kläger einen Rechtsbeistand "gemäß 78b BGB" (gemeint: § 78b Zivilprozessordnung - ZPO).

Der Berichterstatter wies den Antragsteller mit gerichtlichem Schreiben vom 30. März 2020 darauf hin, dass für sein einstweiliges Rechtsschutzbegehren der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit grundsätzlich nicht eröffnet sein dürfte. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass der für den Erlass einer Regelungsanordnung erforderliche Anordnungsgrund (besondere Eilbedürftigkeit) gegeben wäre. Der Antragsteller wurde um Prüfung und Mitteilung innerhalb einer Woche gebeten, ob er die Beschwerde vom 02. März 2020 zurücknehme. Weiter wurde in dem gerichtlichen Schreiben ausgeführt, dass der Senat erwäge, nach Ablauf der vorgenannten Frist den Rechtsstreit gemäß § 202 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen. Sachlich und örtlich zuständig dürfte das Arbeitsgericht Berlin sein.

Daraufhin teilte der Antragsteller mit Schreiben vom 01. April 2020, beim LSG eingegangen am 02. April 2020, mit, er nehme zur Kenntnis nehme, dass der Senat den Rechtsstreit an das zuständige Gericht verweisen werde. Weiter erklärte er am Ende des Schreibens: "Die Beschwerde vom 02. März 2020 wird hiermit zurückgenommen."

Mit gerichtlichem Schreiben vom 09. April 2020 wurde der Antragsteller darüber informiert, dass der Rechtsstreit bei dem LSG aufgrund der Rücknahme der Beschwerde nicht mehr rechtshängig sei und daher das LSG den Rechtsstreit auch nicht mehr an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs verweisen könne.

Hierauf hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 11. April 2020 erklärt, dass er feststellen musste, dass ein Verfahrensirrtum vorliege. Der Verfahrensfehler - die Rücknahme der Beschwerde - müsse mit seinem Widerruf heilbar sein, damit die Überweisung vom LSG an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs erfolgen könne. In diesem Zusammenhang werde nach § 78b ZPO beantragt, ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die bei Entscheidungsfindung vorgelegen hat, Bezug genommen.

II.

Der von dem Antragsteller geltend gemachte Anspruch auf Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens L 3 R 238/20 BER ist zulässig, aber unbegründet, denn dieses ist durch die vom Antragsteller im Schreiben vom 01. April 2020 erklärte Beschwerderücknahme wirksam beendet worden.

Die Erklärung der Rücknahme der Beschwerde gemäß § 156 SGG analog (vgl. zur entsprechenden Anwendung von § 156 SGG im Beschwerdeverfahren: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 176 Rn. 2 und vor § 172 Rn. 4) ist eine Prozesshandlung (siehe Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a. a. O., § 156 Rn. 2 und § 102 Rn. 7c). Diese wurde vom Antragsteller unmissverständlich in seinem Schreiben vom 01. April 2020 erklärt.

Der Antragsteller kann die Zurücknahme der Beschwerde als Prozesshandlung auch nicht wegen Irrtums, weil er die Verfahrensbeendigung so nicht sondern eine Verweisung an das zuständige Arbeitsgericht gewollt habe, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts anfechten (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschlüsse vom 24. April 2003 – B 11 AL 33/03 B - und vom 19. März 2002 - B 9 V 75/01 -, jeweils in juris; Urteil des erkennenden Senats vom 19. April 2018 - L 3 R 489/17 WA -, juris Rn. 24, mit weiteren Nachweisen) bzw. widerrufen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a. a. O., Auflage 2017, § 156 Rn. 2a). Ebenso wenig sind die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens analog §§ 179,180 SGG i.V.m. §§ 578 ff ZPO gegeben.

Daher war auf den Schriftsatz des Antragstellers vom 11. April 2020 zunächst durch deklaratorischen Beschluss festzustellen, dass das Beschwerdeverfahren L 3 R 238/20 B ER durch die im Schreiben des Antragstellers vom 01. April 2020 erklärte Rücknahme der Beschwerde beendet worden ist (vgl. dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a. a. O., § 156 Rn. 6).

Da die Zurücknahme den Verlust des Rechtsmittels bewirkt (§ 156 Abs. 3 SGG analog¸ vgl. Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, a.a.O., vor § 172 Rn. 2 und § 156 Rn. 5) ist durch die prozessbeendende Erklärung das Beschwerdeverfahren erledigt, mit der Folge, dass dem LSG eine Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs nicht mehr möglich ist.

Die im deklaratorischen Beschluss zu treffende Kostenentscheidung (siehe Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 102 Rn. 9) beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Nach Beendigung des Verfahrens war noch durch den Senat - und nicht durch das grundsätzlich hierzu berufene zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs - über die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 25. März 2020 und 11. April 2020 zu entscheiden. Der noch während der Rechtshängigkeit des Beschwerdeverfahrens gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 25. März 2020 war bereits mangels hinreichender Erfolgsaussicht des Begehrens gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzulehnen. Denn die für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung erforderliche Eilbedürftigkeit wurde vom Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Daher kann dahingestellt bleiben, dass aufgrund der fehlenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen die Bedürftigkeit des Antragstellers im Sinne der §§ 114 Abs. 1, 115 ZPO nicht geprüft werden kann. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 11. April 2020 war schon deshalb abzulehnen, weil er nach Erledigung des Beschwerdeverfahrens gestellt wurde und dem Begehren auf Fortführung des Beschwerdeverfahrens aus den oben angeführten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO zukam.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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