L 8 BA 73/18

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 37 R 978/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 BA 73/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.3.2018 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 67.613,76 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens die Rechtmäßigkeit des gem. § 28 p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ergangenen Bescheides vom 16.2.2016, mit dem die Beklagte Sozialversicherungsbeiträge betreffend die Beigeladene zu 4) in Höhe von 67.613,76 Euro für die Jahre 2011 bis 2014 nachgefordert hat.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist laut Gesellschaftsvertrag vom 3.11.1993 die Verformung von Metallwaren und Kunststoffen, insbesondere durch moderne Zerspanungstechnik und der Handel mit Werkzeug und Werkzeugmaschinen. Das Stammkapital betrug zunächst 50.000,00 DM, davon hielten zunächst die Beigeladene zu 4) (damaliger Name: F T) 5.000,00 DM und der Geschäftsführer X S 45.000,00 DM. Gem. § 8 dieses Gesellschaftsvertrages kommen Beschlüsse grundsätzlich mit einfacher Mehrheit zustande. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag vom 3.11.1993 verwiesen.

Die Beigeladene zu 4) befand sich ab dem 3.11.1993 in einem Ausbildungsverhältnis bei der Klägerin. Diese und die Beigeladene zu 4) schlossen am 30.12.1994 einen Anstellungsvertrag, mit dem die Beigeladene zu 4) ab dem 1.1.1995 als Dreherin eingestellt wurde. Zunächst erhielt sie ein monatliches Bruttogehalt von 3.500,00 DM, welches im Folgenden erhöht wurde.

Mit notariellem Vertrag vom 11.5.1994 übertrug Herr S Geschäftsanteile von 20.000,00 DM an die Beigeladene zu 4) und von 25.000,00 DM an die Schwester der Beigeladenen zu 4), Frau B T, die damit beide Geschäftsanteile von jeweils 25.000,00 DM (= jeweils 50 %) hielten. Herr S schied als Geschäftsführer aus, Geschäftsführerin wurde danach Frau B T. Ab dem 1.1.2000 erhielt die Beigeladene zu 4) als Betriebsleiterin ein festes Monatsgehalt von 7.000,00 DM, welches fortlaufend weiter angepasst wurde.

Vom 30.7.2015 bis 3.11.2015 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch für den Prüfungszeitraum vom 1.1.2011 bis 31.12.2014. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von mitarbeitenden Gesellschaftern in einer GmbH gab die Beigeladene zu 4) an, nicht nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages zur Mitarbeit verpflichtet zu sein, die Mitarbeit sei in einem besonderen Arbeitsvertrag geregelt. Die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrage 37,5 Stunden, ihre tatsächliche durchschnittliche Arbeitszeit 50 bis 60 Stunden. Sie unterläge nicht wie ein fremder Arbeitnehmer Weisungen der Gesellschaft und könne ihre Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten. Ihre monatliche Vergütung betrage 5.160,00 Euro brutto. Im Falle der Arbeitsunfähigkeit werde diese für sechs Monate weiter gezahlt. Weiterhin erhalte sie 5 % vom Jahresüberschuss als Tantieme. Alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin sei ihre Schwester B T.

Die Beklagte hörte die Klägerin mit Schreiben vom 3.11.2015 zur beabsichtigten Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 4) in der Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit ab 1.1.2011 und zur beabsichtigten Nachforderung von insgesamt 67.613,76 Euro an. In der Kranken- und Pflegeversicherung bestehe Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze.

Die Klägerin machte geltend, die rechtlichen Voraussetzungen der Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 4) seien nicht gegeben. Richtig sei, dass die Beigeladene zu 4) neben ihrer Position als Gesellschafterin auch einen Arbeitsvertrag abgeschlossen habe. Dieses stelle insofern ein Gegengewicht zum Dienstvertrag der Geschäftsführerin dar, die die Gesellschaft im Außenverhältnis vertreten müsse. Der Arbeitsvertrag sei ständig durch den Gesellschaftervertrag sowie die gleichwertige beherrschende Stellung beider Gesellschafter überlagert worden. Die praktische Umsetzung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) entspreche nicht den Vorgaben des Arbeitsvertrages, wesentlich sei insbesondere, dass die Beigeladene zu 4) nicht entsprechend dem Arbeitsvertrag 37,5 Stunden pro Woche arbeite, sondern 50 bis 60 Stunden. Dieser Einsatz entspreche dem der Geschäftsführerin. Die Beigeladene zu 4) unterliege keinem Weisungsrecht bezogen auf Arbeitszeit, Ort der Arbeit und Art der Beschäftigung. Sie könne selbständig Personal einstellen und entlassen, müsse sich weder Urlaub genehmigen lassen und ihr Anspruch auf Entgeltzahlung ende erst nach sechs Monaten.

Mit Bescheid vom 16.2.2016 forderte die Beklagte für den Prüfungszeitraum vom 1.1.2011 bis 31.12.2014 67.613,76 Euro von der Klägerin nach. Sie stellte fest, dass für die Beigeladene zu 4) seit dem 1.1.1995 ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestehe. Es bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. In der Kranken- und Pflegeversicherung bestehe Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze.

Dagegen legte die Klägerin am 3.3.2016 Widerspruch ein. Sie führte aus, richtig sei zwar, dass Frau B T alleinige Geschäftsführerin sei, die Gesellschaft werde aber faktisch von der Beigeladenen zu 4) geführt. Aufgrund der geringen Betriebsgröße von lediglich 11 Mitarbeitern mache es keinen Sinn, wenn auch die Beigeladene zu 4) in die Geschäftsführerstellung treten solle, da dies ein Missverhältnis zwischen Geschäftsführern und Arbeitnehmern darstelle. Aufgrund interner Bindung könne die Geschäftsführerin B T nicht über den Kopf der Beigeladenen zu 4) hinaus Entscheidungen treffen. Sie übersandte das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 26.11.2004, wonach die Zustimmung beider Gesellschafter erforderlich sei bei Investition in neue Maschinen oder auch im Personalwesen (Einstellungen und Entlassungen) sowie der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Die Beigeladene zu 4) sei auch bezüglich der Konten der Gesellschaft ebenso allein zeichnungsberechtigt wie die Geschäftsführerin.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.6.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte aus, eine nicht zur Geschäftsführerin bestellte Gesellschafterin mit 50 % Kapitalanteil besitze als Arbeitnehmerin der GmbH nicht die Rechtsmacht, die Weisungsgebundenheit aufzuheben oder abzuschwächen. Das Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom 26.11.2004 sei kein Beleg dafür, dass die Beigeladene zu 4) maßgeblichen gestalterischen Einfluss auf die Gesellschaft nehmen könne. Ausschlaggebend sei die notariell festgestellte Rechtsmacht.

Hiergegen hat die Klägerin am 18.7.2016 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Sie hat ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und darauf hingewiesen, dass die Gesellschafter durch gemeinsamen Beschluss vom 25.10.2016 § 8 des Gesellschaftsvertrages dahingehend geändert hätten, dass Gesellschafterbeschlüsse in allen Angelegenheiten der Gesellschaft zulässig seien und einstimmig gefasst werden müssten. Sie hat die notarielle Beurkundung dieses Beschlusses über die Satzungsänderung übersandt.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 16.2.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.6.2016 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die angefochtenen Bescheide verwiesen.

Mit Urteil vom 16.3.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Beigeladene zu 4) sei bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen. Sie habe im Betrieb der Klägerin eine Stellung innegehabt, wie sie einem Arbeitsverhältnis entspreche. Ein GmbH-Gesellschafter, der von der GmbH angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt worden sei, besitze allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte in der Gesellschafterversammlung nicht regelmäßig zugleich auch die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft nach Belieben aufzuheben oder abzuschwächen. Die Beigeladene zu 4) habe auch kein relevantes Unternehmerrisiko getragen. Auch Gewinnbeteiligung und Kontovollmacht seien keine Kriterien, die im Rahmen der Gesamtabwägung die Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) als selbständige Tätigkeit erscheinen ließen.

Gegen das ihr am 17.4.2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.5.2018 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die tatsächlichen Verhältnisse hätten Vorrang vor den vertraglichen Vereinbarungen. Die Beigeladene zu 4) sei bei Abschluss des Anstellungsvertrages sicher als Arbeitnehmerin einzuordnen gewesen. Dies habe sich allerdings Jahre später geändert, als die beiden Geschwister und Gesellschafter der Klägerin, die jeweils 50 % der Gesellschaftsanteile gehalten hätten, übereingekommen seien, dass die Leitungsmacht über die Klägerin zwischen ihnen geteilt werde. Der Betrieb der Klägerin sei zu klein für zwei Geschäftsführer gewesen, die Tätigkeitsbereiche der beiden Schwestern seien aber gleichrangig gewesen, die Geschäftsführerin habe die Klägerin im Außenverhältnis vertreten und die Beigeladene zu 4) sei für die Organisation des Betriebes und für die Personalverantwortung maßgebend gewesen. In der Gesellschafterversammlung vom 26.11.2004 sei der Beschluss getroffen worden, dass bezüglich wesentlicher Entscheidungen beide Gesellschafter zustimmen müssten. Seit notariell beurkundeter Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 25.10.2016 müssten Gesellschafterbeschlüsse in allen Angelegenheiten der Gesellschaft stets einstimmig gefasst werden. Insoweit entspreche die Situation der Beigeladenen der Situation, dass ein mitarbeitender Gesellschafter über 51 % der Stimmrechte verfüge. Die Beigeladene zu 4) habe auch nicht wie ein Arbeitnehmer, sondern wie ein Selbständiger agiert, indem sie im Wochenschnitt deutlich über 50 Stunden ohne Überstundenvergütung gearbeitet und den ihr zustehenden Urlaub nicht in Anspruch genommen habe. Die Beigeladene zu 4) sei im Rahmen ihrer Tätigkeit nicht an die Weisungen der Geschäftsführerin rechtlich gebunden gewesen, weshalb sie auch nicht als abhängig Beschäftigte einzuordnen sei. Sie übersendet Betriebsprüfungsbescheide vom 24.3.2004 und 22.2.2011 sowie Berichte des Finanzamtes T über durchgeführte Außenprüfungen und führt aus, die Bescheide gingen davon aus, dass die Beigeladene zu 4) nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, und bekräftigten das Vertrauen der Klägerin in die bisherige Abwicklung der Sozialversicherungsbeiträge.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.3.2018 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 16.2.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.6.2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Beigeladene zu 4) sei nicht zur Geschäftsführerin bestellt und habe von Rechts wegen auf die laufenden Geschäfte des Betriebes trotz ihres Kapitaleinsatzes von 50 % keinen beherrschenden Einfluss. Das SG urteile richtig, wenn es ausführe, dass der GmbH-Gesellschafter, der von der GmbH angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt sei, allein aufgrund seiner Geschäftsanteile an der GmbH nicht zugleich auch über die Rechtsmacht verfüge, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft nach Belieben aufzuheben oder abschwächen zu können. Die Führung der laufenden Geschäfte der GmbH obliege vielmehr der Schwester der Beigeladenen zu 4), so dass sie Weisungen in Bezug auf die Arbeit nicht verhindern könne, sondern befolgen müsse.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid vom 16.2.2016 dahingehend präzisiert, dass sich die Feststellung der Versicherungspflicht nur auf den Zeitraum bis zum 31.12.2014 und die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bezieht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I. Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) bis 3) und 5) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen Terminmitteilungen auf diese Möglichkeiten hingewiesen hat.

II. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 16.2.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.6.2016 in seiner im Termin zur mündlichen Verhandlung durch die Beklagte wirksam bekanntgegebenen und kraft Gesetzes (§§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Neufassung. Regelungsinhalt dieses Verwaltungsakts ist nach dem für die Auslegung von Verwaltungsakten maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] entsprechend; vgl. zur Auslegung von Verwaltungsakten Schneider-Danwitz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 39 Rn. 43 m.w.N.; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 71 mit umfassenden Nachweisen) die Feststellung einer Beitragsschuld der Klägerin aus der Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2014 zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in Höhe von 67.613,76 Euro wegen Beschäftigung der Beigeladenen zu 4). Hinsichtlich des Nacherhebungszeitraums folgt dies aus der für die Auslegung von Verwaltungsakten mitheranzuziehenden Anlage des Verwaltungsaktes, die eine Beitragsschuld für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2014 ausweist.

Darüber hinaus stellt der angefochtene Verwaltungsakt in seiner im Termin zur mündlichen Verhandlung wirksam geänderten Fassung eine Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 4) aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses befristet bis zum 31.12.2014 in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung fest.

III. Die am 14.5.2018 schriftlich eingelegte Berufung der Beklagten gegen das ihr am 17.4.2018 zugestellte Urteil des SG Köln vom 16.3.2018 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§ 143, 144 SGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG).

IV. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Köln vom 16.3.2018 ist nicht begründet. Die für das Rechtsschutzbegehren der Klägerin (vgl. § 123 SGG) statthafte (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Altern. 1 SGG) und im Übrigen zulässige, insbesondere nach §§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 90 SGG fristgerecht erhobene Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid vom 16.2.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.6.2016 beschwert die Klägerin in seiner nunmehr gültigen Fassung nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil er nicht rechtswidrig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.

Die Beklagte hat in formell und materiell nicht zu beanstandender Weise eine Beitragsschuld der Klägerin aufgrund der Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 SGB IV) wegen Beschäftigung der Beigeladenen zu 4) für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2014 in Höhe von 67.613,76 Euro sowie eine Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 4) in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2014 festgestellt.

1. Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung die erforderlichen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern.

2. Der Bescheid vom 16.2.2016 ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Klägerin vor Erlass dieses sie belastenden Bescheides unter dem 3.11.2015 ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]).

3. Der Bescheid ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Feststellung einer Beitragsschuld zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung der Beigeladenen zu 4) für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2014 in Höhe von 67.613,76 Euro und die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2014 sind nicht zu beanstanden.

a) Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber - vorliegend die Klägerin - den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm (versicherungspflichtig) beschäftigten Personen zu zahlenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV) zu entrichten.

aa) Der Versicherungspflicht in diesen Zweigen der Sozialversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Hieraus folgt die Beitragspflicht für das aus dem Beschäftigungsverhältnis erzielte Arbeitsentgelt (§ 14 Abs. 1 SGB IV i.V.m. § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, § 162 Nr. 1 SGB VI, § 342 SGB III, § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI).

Der Beigeladene zu 4) war in dem Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2014 bei der Klägerin gegen Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) beschäftigt.

Fehlen - wie im vorliegenden Fall - in Bindungswirkung erwachsene (§ 77 SGG) Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status, beurteilt sich das Vorliegen einer Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV. Hiernach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. BSG, Urteil v. 14.3.2018, B 12 KR 13/17 R, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; Urteil v. 16.8.2017, B 12 KR 14/16 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 31; Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 30; Urteil v.30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 23.5.2017, B 12 KR 9/16 R, SozR 4-2400 § 26 Nr. 4).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).

Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH (BSG, Urteil v. 14.3.2018, a.a.O.; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24), und zwar ungeachtet der konkreten Bezeichnung des der Geschäftsführertätigkeit zugrunde liegenden Vertrags. Ist ein am Kapital der GmbH beteiligter zum Geschäftsführer bestellt, ist eine die Weisungsgebundenheit ausschließende Rechtsmacht gegeben, der mehr als 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er exakt 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Demgegenüber ist eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (BSG, Urteil v. 19.9.2019, B 12 R 25/18 R, juris; Urteil v. 14.3.2018, a.a.O.; Urteil v. 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 27; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 29.6.2016, B 12 R 5/14 R).

Ist ein mitarbeitender Gesellschafter einer GmbH - wie die Beigeladene zu 4) - nicht zum Geschäftsführer bestellt, unterliegt er grundsätzlich dem Weisungsrecht des Geschäftsführers. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der Gesellschaft nämlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (BSG, Urteil v. 17.5.2001, B 12 KR 34/00 R; BSG, Urteil v. 23.6.1994, 12 RK 72/92, USK 9448 S. 253 = NJW 1994, 2974, 2975; BSG, Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R; BSG, Urteil v. 19.8.2015, B 12 KR 9/14 R, USK 2015-62; Senat, Urteil vom 4.10.2017, L 8 R 288/17; Schneider/Schneider, in Scholz, GmbHG, 11. Aufl. [2014], § 35 Rn. 39 m.w.N.).

Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. den mitarbeitenden Gesellschafter in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags bestehende Vereinbarungen über die Ausübung von Stimmrechten, wirtschaftliche Verflechtungen oder tatsächliche Einflüsse kraft familiärer Verbundenheit oder überlegenen Wissens ("Kopf und Seele") sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben, weil sie nicht dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände genügen (BSG, Urteil v. 14.3.2018, a.a.O. mit umfangreichen weiteren Nachweisen).

(1) Nach diesen Kriterien war die Beigeladene zu 4) als Betriebsleiterin der Klägerin im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV weisungsgebunden tätig. Sie konnte sich nicht auf gesellschaftsrechtlich gesicherter Grundlage etwaigen Weisungen der Geschäftsführerin der Klägerin jederzeit wirksam widersetzen.

(a) Die Beigeladene zu 4) besaß im Zeitraum vom 1.1.2011 bis 31.12.2014 nicht die Rechtsmacht, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Sie war lediglich mitarbeitende Gesellschafterin, keine Geschäftsführerin. Sie war Gesellschafterin mit einem Anteil am Stammkapital von genau 50 % und damit nicht mehr als 50 %. Damit war die Beigeladene zu 4) nicht in der Lage, ihr nicht genehme Weisungen der Geschäftsführerin abzuwehren. Denn nach Erteilung der Weisung wäre sie nicht in der Lage gewesen, eine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung aufzubringen, wobei nach dem hier im streitigen Zeitraum von 2011 bis 2014 geltenden § 8 Nr. 1 des Gesellschaftervertrages vom 3.11.1993 die einfache Mehrheit (51 %) erforderlich gewesen wäre. Soweit es tatsächlich nicht zum Streitfall gekommen sein sollte bzw. in einem solchen eine einvernehmliche Lösung herbeigeführt worden ist, ist dies nicht relevant, da es abstrakt auf die bestehende Rechtsmacht ankommt (BSG, Urteil v. 14.3.2018, a.a.O.; Urteil v. 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 27; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 29.6.2016, B 12 R 5/14 R).

Unmittelbar gesellschaftsvertraglich sind damit keine Regelungen getroffen worden, die es der Beigeladenen zu 4) ermöglicht hätten, bei der Ausübung ihrer Tätigkeit jederzeit weisungsfrei von der Geschäftsführerin der Klägerin agieren zu können. Die Satzung bestimmt weder, dass die Dienstaufsicht und die Ausübung von Weisungsbefugnissen gegenüber mitarbeitenden Gesellschaftern der Gesellschafterversammlung obliegt, noch regelt diese, dass jedwede dem Geschäftsführer zugewiesene Maßnahme der Dienstaufsicht und der Ausübung des Weisungsrechts gegenüber mitarbeitenden Gesellschaftern von einem vorherigen Beschluss der Gesellschafterversammlung abhängig ist. Nach § 8 Abs. 5 GesV bedürfen (nur) Beschlüsse zur Kapitalerhöhung oder -herabsetzung, Auflösung oder Fortsetzung der Gesellschaft und zur Änderung des Gesellschaftsvertrages der Zustimmung aller Gesellschafter. Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung umfasst nicht die Ausübung sämtlicher arbeitsrechtlicher Direktionsbefugnisse gegenüber mitarbeitenden Gesellschaftern und vermittelt daher ebenfalls keine umfassende Weisungsfreiheit der Beigeladenen zu 4).

(b) Auch unter Berücksichtigung des Beschlusses in der Gesellschafterversammlung vom 26.11.2004 ergibt sich nichts anderes. Denn dieser Beschluss ist außerhalb des Gesellschaftsvertrages zustande gekommen und bereits deshalb nicht in der Lage, eine sozialversicherungsrechtlich beachtliche Weisungsfreiheit zu gewährleisten (vgl. BSG, Urteil v. 14.3.2018, B 12 KR 13/17 R, juris, Rn. 18 a. E). Eine sozialversicherungsrechtlich maßgebliche Änderung der gesellschaftsvertraglichen Regelungen ist hierdurch bereits mangels Einhaltung der zwingend vorgeschriebenen Form der notariellen Beurkundung des Beschlusses und der Eintragung der Satzungsänderung in das Handelsregister gem. §§ 53 Abs. 2 Satz 1, 54 Abs. 3 GmbHG nicht eingetreten. Schließlich versetzte der Inhalt dieses Beschlusses die Beigeladene zu 4) ohnehin nicht in die Lage, jede ihr nicht genehme Weisung der Geschäftsführerin zu verhindern. Der Beschluss verlangt für die Investition in neue Maschinen, Entscheidungen im Personalwesen (Einstellungen und Entlassungen) sowie über die strategische Ausrichtung des Unternehmens die Zustimmung beider Gesellschafter. Auch der Anwendungsbereich dieser Regelung umfasst somit nicht die Ausübung sämtlicher arbeitsrechtlicher Direktionsbefugnisse durch Geschäftsführer gegenüber mitarbeitenden Gesellschaftern und vermittelt daher ebenfalls keine umfassende Weisungsfreiheit der Beigeladenen zu 4).

(c) Der Inhalt des zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 4) geschlossenen Anstellungsvertrages vom 30.12.1994 spricht ebenfalls für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 4). Denn dieser Vertrag enthält eine Vielzahl von arbeitsvertragstypischen Regelungen. Mit diesem wurde die Beigeladene zu 4) zunächst als Dreherin beschäftigt. Dieser Vertrag bestand im Folgenden fort und wurde lediglich hinsichtlich des Verdienstes und der Tätigkeitsbeschreibung (Betriebsleiterin seit dem Jahr 2000) angepasst. Er enthält Regelungselemente, die für ein Beschäftigungsverhältnis typisch sind: Es erfolgt eine Beschäftigung mit einer konkreten Tätigkeitsbezeichnung als Dreherin bzw. ausweislich des Aktenvermerks vom 3.11.2000 als Betriebsleiterin (§ 1). Die Arbeitszeit beträgt 37,5 Wochenstunden (§ 2) gegen Anspruch auf ein festes monatliches Bruttoarbeitsentgelt, sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld (§ 3). Es besteht ein Anspruch auf Lohn-/Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall (§ 4) und auf Urlaub (§ 6).

(2) Die Beigeladene zu 4) ist im streitigen Zeitraum auch in einem für sie fremden Betrieb, nämlich dem der Klägerin, tatsächlich tätig geworden. Alleinige Unternehmensträgerin war die als juristische Person des Privatrechts mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestaltete GmbH selbst (vgl. § 13 Abs. 1 GmbHG). Diese ist von den als Gesellschaftern dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen unabhängig (vgl. hierzu nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr. 7, Rn. 21 m.w.N.) und von den verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen getrennt zu betrachten (vgl. BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 Rn. 18).

(3) Hinzu kommt, dass für eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) sprechende Gesichtspunkte nicht in einem die Gesamtabwägung relevanten Umfang gegeben sind.

(a) Die Beigeladene zu 4) verfügte über keine eigene Betriebsstätte, auf die sie im Rahmen der hier streitigen Auftragsbeziehung zurückgegriffen hat.

(b) Ein wesentliches unternehmerisches Risiko der Beigeladenen zu 4) bestand im Rahmen der zu beurteilenden Auftragsbeziehung gleichfalls nicht. Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den von dem BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, Urteil v. 25.1.2011, B 12 KR 17/00 R, SozR 2001, 329, 331; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris, Rn. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125), der sich der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung bereits angeschlossen hat (vgl. nur Senat, Urteil v. 22.4.2015, L 8 R 680/12), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris Rn. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rn. 25 f) oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (etwa BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, juris Rn. 27).

(aa) Ihre Arbeitskraft musste die Beigeladene zu 4) angesichts der anstellungsvertraglich vereinbarten Festvergütung nicht mit der Gefahr des Verlustes einsetzen. Die Ausschüttung von Tantiemen (5 % vom Jahresüberschuss) fällt demgegenüber nicht gravierend ins Gewicht, da auch bei Arbeitnehmern, insbesondere leitenden Angestellten Gewinnbeteiligungen nicht unüblich sind (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, juris Rn. 28; Senat, Beschluss v. 12.8.2019, L 8 BA 129/19 B ER, juris Rn. 26).

(bb) Die Ausübung der Tätigkeit als Betriebsleiterin hat auch einen substanziell relevanten, mit einem Verlustrisiko verbundenen Kapitaleinsatz nicht erfordert. Die Möglichkeit, dass die Klägerin Verluste machen könnte, die sich auch auf die Beigeladene zu 4) auswirkten, folgt aus der Stellung der Beigeladenen zu 4) als Gesellschafterin, nicht aus ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit für die Klägerin.

(c) Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Beigeladene zu 4) überobligatorisch ohne Überstundenvergütung arbeite (50 bis 60 statt 37,5 Stunden), spricht dieser Umstand nicht für Selbständigkeit der Beigeladenen zu 4) in ihrer vertraglich geschuldeten Tätigkeit für die Klägerin, sondern ist Ausdruck ihres gesteigerten Interesses am wirtschaftlichen Erfolg aufgrund ihrer Beteiligung von 50 % am Stammkapital der Klägerin und damit ihrer Stellung als Gesellschafterin. Dasselbe gilt für von der Beigeladenen zu 4) nicht genommenen Urlaub. Der vertraglich normierte Urlaubsanspruch ist arbeitnehmertypisch. Ob der Urlaub tatsächlich genommen wurde, konnte die Beigeladene zu 4) - wie jeder andere Arbeitnehmer auch - selbst bestimmen. Ebenso ist auch das Bestehen von Kontovollmachten kein entscheidendes Indiz für das Vorliegen einer Selbständigkeit, denn eine solche ist auch bei leitenden Angestellten ebenso wie bei Selbständigen anzutreffen. Die Regelung zur Gehaltsfortzahlung (6 Monate) für die Beigeladene zu 4) stellt sich ebenfalls als arbeitnehmertypisch dar (BSG, Urteil v. 19.9.2019, B 12 R 25/18 R, juris Rn. 17).

(4) In der gebotenen Gesamtabwägung aller für und gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung sprechenden Merkmale entsprechend ihrem Gewicht überwiegen zur Überzeugung des Senats im Gesamtbild die für die Annahme einer Beschäftigung sprechenden Indizien deutlich.

bb) Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit der am 4.12.1975 geborenen Beigeladenen zu 4) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung begründen könnten, liegen nicht vor.

b) Die Höhe der Beitragsforderung ist nicht zu beanstanden. Einwände hat die Klägerin insoweit auch nicht erhoben.

c) Die Beitragsforderung für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2014 ist auch nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, werden spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

Die wegen der Beschäftigung der Beigeladenen zu 4) für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2014 nacherhobenen Pflichtbeiträge sind hiernach nicht verjährt. Denn die vierjährige Verjährung war zunächst gem. § 25 Abs. 2 SGB IV im Betriebsprüfungszeitraum vom 30.07.2015 bis zum Erlass des Bescheides vom 16.02.2016 gehemmt, woran sich die Hemmung gem. § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB X bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit dieses Bescheides anschloss.

d) Ein der Nachforderung von Beiträgen und Feststellung der Versicherungspflicht entgegenstehender Vertrauensschutz der Klägerin nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) ist nicht ersichtlich.

Die Klägerin kann aus den vorangegangenen beanstandungsfreien Betriebsprüfungen keine Rechte herleiten. Betriebsprüfungen hatten danach nur den Zweck, die Beitragsentrichtung im Interesse der Versicherungsträger und der Versicherten sicherzustellen. Ihnen kam keine Entlastungswirkung für den Arbeitgeber zu, weil sie nicht umfassend oder erschöpfend sein müssen und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken dürfen (vgl. § 11 Beitragsverfahrensverordnung (BVV)). Eine materielle Bindungswirkung aufgrund einer Betriebsprüfung konnte sich nur insoweit ergeben, als Versicherungs- und Beitragspflicht sowie -höhe im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 19.9.2019, B 12 R 25/18 R, juris Rn. 32). Diese Rechtsprechung hat das BSG insbesondere im Hinblick auf die Grundrechtsrelevanz (Berufsausübungsfreiheit, Art 12 Abs. 1 GG) der Indienstnahme der Arbeitgeber für den Beitragseinzug (vgl. dazu Schlegel, Die Indienstnahme des Arbeitgebers in der Sozialversicherung, Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht 2004, 265 ff) und angesichts der Einführung des § 7 Abs. 4 Satz 2 BVV (mWv 1.1.2017 durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 11.11.2016, BGBl I 2500) fortentwickelt. Danach ist erst für die Zeit ab dem 1.1.2017 davon auszugehen, dass Betriebsprüfungen insoweit auch eine Schutzwirkung für Arbeitgeber zukommt, seit den Betriebsprüfungsstellen aufgegeben wurde, die geprüften Sachverhalte offenzulegen (BSG, Urteil vom 19.9.2019, B 12 R 25/18 R, juris Rn. 31).

Nach diesen Kriterien kann sich die Klägerin nicht auf die vorangegangenen Betriebsprüfungen berufen. Weder der Betriebsprüfungsbescheid vom 24.3.2004 (Prüfzeitraum vom 1.4.2000 bis 29.2.2004) noch der vom 22.2.2011 (Prüfzeitraum vom 1.11.2007 bis 31.12.2010) enthält betreffend die Beigeladene zu 4) personenbezogene Feststellungen durch gesonderten Verwaltungsakt für bestimmte Zeiträume zur Versicherungs- und Beitragspflicht sowie -höhe.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 SGG. Die Kosten der Beigeladenen sind weder erstattungsfähig, noch sind diese mit Kosten zu belasten, da diese von einer Antragstellung abgesehen haben (vgl. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

V. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.

VI. Der Streitwert ist für das Berufungsverfahren gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 67.613,76 EUR festzusetzen.

Der auf Aufhebung des Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten vom 16.2.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.6.2016 gerichtete Antrag der Klägerin betrifft eine bezifferte Geldleistung im Sinne von § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, nämlich die festgesetzte Beitragsforderung für die Zeit vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2014 in Höhe von 67.613,76 EUR (vgl. Senat, Beschluss v. 21.2.2011, L 8 R 954/10 B, juris).
Rechtskraft
Aus
Saved