S 33 KA 130/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
33
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 130/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Honorarfestsetzung für das Quartal IV/1999 hinsichtlich der Höhe des Punktwertes für zeitgebundene psychotherapeutische Leistungen.

Der Kläger ist Diplom-Psychologe und als Psychologischer Psychotherapeut in L niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Gegen den Quartalskonto/Abrechnungsbescheid vom 26.04.2000 für das Quartal IV/1999 legte er hinsichtlich der zu Grunde gelegten Punktwerte in Höhe von 5,5 und 7,0 Pfennigen, die nachfolgend mit Bescheid vom 17.04.2001 auf 6,5973 und 7,3786 Pfennige erhöht worden, Widerspruch ein. Der Vorstand der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2002 zurück. Zur Be¬gründung führte er aus, die Honorarfestsetzung sei entsprechend den Vorgaben des Artikel 11 Psychotherapeuten-Gesetz zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen im Jahre 1999 erfolgt, wobei nach Feststehen des Punktwertes für die Leistungen des Kapitels B II EBM nachträglich gemäß Artikel 11 Abs. 2 Psychotherapeuten-Gesetz eine Stützung erfolgt sei. Eine darüber hinausge¬hende Vergütung mit einem Punktwert von 10 Pfennigen sei auf Grund der ein¬deutigen gesetzlichen Vorgaben nicht möglich.

Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen geltend macht, die Beklagte habe nicht dargelegt, weshalb die Leistungen des Klägers nicht mit einem Punktwert von 10 Pfennigen vergütet worden seien. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die Beklagte verpflichtet, den Punktwert für die streitbefangenen Leistungen auf 10 Pfennige zu stützen und die Voraussetzungen, unter denen der Punktwert unter 10 Pfennige sinken könne, lägen nicht vor. Um den Psychotherapeuten ein anderen Arztgruppen vergleichbares Einkommen zu ermöglichen, müsse der Punkt¬wert sogar auf 15 Pfennige gestützt werden. Die Vorschrift des Artikel 11 Psychotherapeutengesetz sei verfassungswidrig. Darüber hinaus habe die Be¬klagte die Vorschrift nicht zutreffend umgesetzt. Durch Artikel 11 Psychotherapeutengesetz solle sichergestellt werden, daß die Vergütung für die psychotherapeutischen Leistungen den für Beratungs- und Betreuungslei¬stungen maßgeblichen Punktwert anderer Arztgruppen um nicht mehr als 10 % un¬terschreite. Für das Quartal 111/1999 ergebe sich ein durchschnittlicher Punktwert von 11,3 Pfennigen, so daß der Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen ein Punktwert von 10,17 Pfennigen zu Grunde zu legen sei. Die Be¬klagte habe nicht entsprechend Artikel 11 Abs. 2 Psychotherapeutengesetz den durchschnittlichen Punktwert für die Vergütung der Beratungs- und Betreuungs¬leistungen als Grundlage der Stützung des Punktwertes genommen, sondern den durchschnittlichen Punktwert aller Leistungen. Die Behauptung, die beteilig¬ten Krankenkassen wüßten nicht, welcher Punktwert in welchem Bereich gezahlt werde, sei falsch. Im übrigen sei zu bestreiten, daß das zur Verfügung stehende Ausgabevolumen vollständig zur Auszahlung gebracht worden sei.

Der Kläger beantragt,

den Quartalskonto/Abrechnungsbescheid vom 26.04.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über die Festsetzung des Honorars des Klägers im Quartal IV/1999 für zeitgebundene psychotherapeutische Leistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Be¬klagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger ist durch den ange¬fochtenen Abrechnungsbescheid nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil dieser nicht rechtswidrig ist. Der angefochtene Abrechnungsbescheid ist unter Berücksichtigung der mit Bescheid vom 17.04.2001 erfolgten Änderung hinsichtlich des zu Grunde gelegten Punktwertes für zeitgebundene psychotherapeutische Leistungen nicht zu beanstanden. Das Bundessozialgericht hat mit umfangreich begründetem Urteil vom 06.11.2002 - B 6 KA 21/02 R - dem sich die Kammer aus eigener Überzeugung anschließt, entschieden, daß die gesetzliche Regelung des Ausgabevolumens für psychotherapeutischen Leistungen im Jahre 1999 den Anspruch auf Honorierung dieser Leistungen begrenzt. Die Ausgestaltung des Artikels 11 Psychotherapeuten-Gesetz sei dabei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es handele sich um eine Übergangsregelung, deren Geltungsdauer von vorn her¬ein auf das Jahr 1999 beschränkt gewesen sei. Im Zusammenhang mit der Neuord¬nung, vor allem der Integration des Berufsstandes der Psychologischen Psychotherapeuten in das System der vertragsärztlichen Versorgung, sei weder absehbar gewesen, wieviele Psychotherapeuten die ihnen nun ermöglichte Zulas¬sung zur vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Versorgung be¬antragen und auch erreichen würden, noch sei vorauszusehen gewesen, in wel-cher Menge psychotherapeutische Leistungen erbracht und dafür Honorar einge¬fordert werden würde. Einer übermäßigen finanziellen Belastung des Gesund¬heitssystems habe aber im Interesse des wichtigen Gemeinwohlbelanges der fi¬nanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherungen vorgebeugt werden sollen. Der Gesetzgeber sei in beson¬derem Maße um Ausgewogenheit bestrebt gewesen, in dem er zum einen die Ausgabenobergrenze nachgebessert bzw. angehoben habe und zum anderen eine Vergütungsuntergrenze zur Absicherung eines Mindesthonorars festgelegt habe. Nachdem die gegen diese Entscheidung des Bundessozialgerichts eingelegte Ver¬fassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen worden ist (Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 30.04.2003 - 1 BVR 664/03 -), sieht die Kam¬mer die Frage der Vereinbarkeit der Vergütungsregelung des Artikels 11 Psychotherapeutengesetz mit höherrangigem Recht als abschließend geklärt an. Die Auffassung des Klägers, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die Beklagte verpflichtet, den Punktwert für die streitbefangenen Lei¬stungen auf 10 Pfennig zu stützen, ist danach ebenso unzutreffend, wie seine Einschätzung, die Vorschrift des Artikels 11 Psychotherapeuten-Gesetz sei verfassungswidrig. Die Kammer vermag auch nicht zu erkennen, daß die hier streitige Honorarfest¬setzung den Anforderungen des Art. 11 Psychotherapeuten-Gesetz nicht entspro- chen hätte. Nicht von Bedeutung ist insoweit zunächst, in wieweit die im Hin¬blick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur angemessenen Vergü¬tung der zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen im Zeitraum bis 1998 nachträglich höhrere Vergütungen erfolgt sind. Denn die Vorschrift des Arti¬kels 11 Absatz 1 Psychotherapeuten-Gesetz knüpft nach dem Verständnis der Kammer nicht an ein den psychotherapeutischen Leistungserbringern im Bezugs¬zeitraum "zustehendes" Honorar an, sondern an das von den Krankenkassen für die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen aufgewendete Vergütungsvolu¬men, wobei die entsprechenden Angaben zur Höhe des Ausgabenvolumens zudem gemäß Art. 11 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz Psychotherapeutengesetz der Prüfung durch die für die Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörden unterlegen ha¬ben.

Auch eine rechtswidrige Vorgehensweise im Hinblick auf die Ermittlung des der nachträglichen Anhebung der Punktwerte zu Grunde liegenden sogenannten Interventionspunktwertes liegt nicht vor, insbesondere sieht die Kammer kei¬nen Anlaß, die Richtigkeit der Berechnungen der Vertragsparteien hinsichtlich des durchschnittlichen rechnerischen Punktwertes der beteiligten Krankenkas¬sen für die Vergütungen der Leistungen nach Art. B II EBM anzuzweifeln. So¬weit der Kläger diesbezüglich auf einen durchschnittlichen Auszahlungspunktwert anderer Arztgruppen abstellt, ist dies vom Ansatz her verfehlt. Die in den den Abrechungsbescheiden beigefügten Punktwertübersichten ausgewiesenen Punktwerte der einzelnen Arztgruppen erge¬ben sich aus der Bildung von fachgruppen-/oder leistungsbezogenen Honorartöpfen sowie der Beschränkung des abrechenbaren Punktzahlvolumens, insbesondere durch die Regelungen über die Praxis- und Zusatzbudgets. Insoweit hat das Bundessozialgericht mehrfach darauf hingewiesen, daß Beschränkungen des abrechenbaren Punktzahlvolumens nicht zur folge haben, daß überschreitende Punktzahlmengen nicht mehr vergütet werden, sondern als Folge der Überschreitung lediglich die Vergütung für die einzelnen Leistungen bzw. der der Vergütung zu Grunde liegende Punktwert für die grundsätzlich anzuerkennenden Punktzahlmengen sinkt (vgl. zuletzt Urteil vom 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R -). Die in den Punktwertübersichten ausgewiesenen Punktwerte geben daher nicht die tatsächlichen Punktwerte wieder, die der Honorierung für die grundsätzlich anzuerkennenden Punktzahlmengen ohne Honorartopfbildungen und Budgetierungen zu Grunde liegen. Artikel 11 Abs. 2 Psychotherapeuten-Gesetz knüpft demzufolge nicht an die sich ergebenden durchschnittlichen Auszahlungspunktwerte der Leistungserbringer an, die naturgemäß insbesondere auch in Abhängigkeit von den Regelungen des Honorarverteilungsmaßstabes der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen deutlichen Schwankungen unterliegen und schon deshalb als Bezugsgröße ungeeignet sind, sondern an die durchschnittlichen rechnerischen Punktwerte der beteiligten Krankenkassen an. Nachdem die Beklagte, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, insoweit bereits in einem anderen Verfahren unwidersprochen vorgetragen hat, der Interventionspunktwert sei auf der Grundlage der Punktwerte für übrige Leistungen gemäß Formblatt 3 (§ 54 Abs. 2 Bundesmantelvertrag) ermittelt worden, was vom zuständigen Ministerium nach konkreter Darlegung nicht beanstandet worden sei, sieht die Kammer auf der Grundlage der vom Kläger erhobenen und nicht näher spezifizierten Zweifel an der Richtigkeit der Berechnungen der Beklagten (bzw. der Vertragsparteien) keinen Anlaß für weitere Ermittlungen, zumal die Kammer nicht davon ausgeht, hinsichtlich der Überprüfung der den Berechnungen zu Grunde liegenden Angaben über Möglichkeiten zu verfügen, die denen der Aufsichtsbehörde überlegen wären.

Die Kosenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG in der ab 01.02.2002 gel¬tend Fassung in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtskraft
Aus
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