S 10 R 162/16

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 10 R 162/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 BA 15/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 R 5/20 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Status des Klägers als Fahrlehrer in der Fahrschule E. (Beigeladene zu 1) ab dem 2. März 2015 und damit über die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Der Kläger hat unter der Bezeichnung "F-Fahrschulservice" seit dem 01.09.2009 in A-Stadt ein selbstständiges Gewerbe angemeldet mit dem er, nachdem er seine eigene Fahrschule aufgegeben hatte, mittels eigener Fahrschulfahrzeuge einschließlich verschiedener Motorräder für mehrere selbstständige Fahrschulen tätig wird.

So bewarb er sich aufgrund einer Internet-Anzeige der Beigeladenen zu 1 mittels "Kostenvoranschlag" vom 18.02.2015 für eine selbstständige Tätigkeit als Fahrlehrer (auch) bei dieser Fahrschule. Nach einem persönlichen Gespräch mit dem Inhaber der Fahrschule E. einigte sich die Fahrschule mit dem Kläger auf die im Kostenvoranschlag erwähnten Kosten je abgehaltener Fahrstunde, so dass der Kläger zum 09.03.2015 tätig wurde. Daraufhin stellte der Kläger am 12.03.2015 bei der Beklagten Antrag auf Feststellung seines versicherungsrechtlichen Status und gab zum einen an, dass er nicht gesetzlich sondern privat krankenversichert sei und zum anderen, dass er gleichzeitig auch für die Fahrschulen G. in G-Stadt und H. in H-Stadt tätig werde. Zu seiner Tätigkeit führte er am 09.03.2015 aus, dass er als Fahrlehrer tätig werde und dabei die Ausbildung von Fahrschülern in Theorie und Praxis sowie bei Prüfungsfahrten begleite. Eine Kontrolle der übernommenen Auftragsausführung erfolgte nicht, insbesondere bestünden keine Vorgaben des Auftraggebers hinsichtlich der Art und Weise; vielmehr werde diese von ihm selbständig ausgeführt. Ebenso wenig erteile ihm sein Auftraggeber Arbeits- und Anwesenheitszeiten, vielmehr würden diese durch die Fahrschüler mit seiner Absprache bestimmt. Die Fahrausbildung der Fahrschüler erfolge dabei mit seinen eigenen Fahrzeugen, wobei sich der Arbeitsort an den gesetzlichen Vorgaben des Prüfgebietes orientiere. Er setzte zudem seine eigenen Kommunikationsmittel und Computer ein und sorge auch für eigene Werbung. So erfolgten die Sonderfahrten (Autobahn-, Überland- und Nachtfahrt) nur nach seinen eigenen Vorgaben. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Fahrschule E. liege nicht vor, vielmehr sorge er selbst für seine Schulungsmaßnahmen im Sinne des § 33 FahrlG. Zudem besitze er schon seit Januar 1981 einen entsprechenden Fahrlehrerschein.

Im Übrigen verweist er auf einen Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern vom 30.07.2013, der sich mit seiner Tätigkeit für eine Fahrschule J. in G-Stadt befasst hatte und in dem ihm bescheinigt worden sei, dass er seine Tätigkeit als Fahrlehrer im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausübe und daher nicht Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne sei. Auf die Nachfragen der Beklagten äußerte sich der Kläger am 02.04.2015 noch ergänzend dahingehend, dass seine Lehrtätigkeit zeitlich nicht eingeschränkt sei, jedoch nach Jahreszeit und Nachfrage durch die Fahrschüler richte. Eine Vertretung durch Kollegen gäbe es nicht. Er könne entsprechende Aufträge auch ablehnen, wobei im Übrigen die Fahrschüler selbst bestimmten, mit wem sie fahren und von wem sie ausgebildet werden wollen. Seine Vergütung erhalte er auf entsprechende Rechnung gemäß der erfolgten Absprache (Annahme seines Kostenvoranschlags) mit der Fahrschule E ... Dabei würden sowohl die Unterrichtsstunden wie das aufgewandte Material vergütet. Ausgefallende Ausbildungsstunden müssten nicht nachgeholt werden; es sei denn der Fahrschüler möchte dies. Vertragspartner der Fahrschüler sei die Fahrschule E., insbesondere für den theoretischen Unterricht, die Ausfertigung von Papieren, der Zahlungen, während er selbst Vertragspartner für den praktischen Teil sei.

Die beigeladene Fahrschule E. hatte sich am 05.04.2015 zu den gleichen Fragen dahingehend geäußert, dass sich der Kläger aufgrund einer von ihr im Internet geschalteten Anzeige mit einem schriftlichen Angebot beworben habe. Auf Basis dieses Angebotes habe man sich dann in einem persönlichen Gespräch auf eine Zusammenarbeit geeinigt, die allerdings lediglich mündlich erfolgte und seitdem auch erfolgreich durchgeführt werde. Dabei handele es sich um einen zeitlich unbegrenzten Lehrauftrag, wobei es sich ausschließlich um die theoretische und praktische Ausbildung von Fahrschülern handele. Dabei bestünde die Möglichkeit Aufträge abzulehnen. Die praktischen Fahrstunden würden vom Kläger ausschließlich in Eigenverantwortung und selbständig mit den Fahrschülern vereinbart, lediglich die theoretischen Unterrichtsstunden seien – zwecks besserer Planbarkeit für die Fahrschüler – von der Fahrschule an festen Terminen festgelegt. Im Übrigen erhalte der Kläger Vergütung lediglich für tatsächlich geleistete Unterrichtsstunden, die nach Rechnungsstellung per Überweisung erfolge. Ausgefallene Unterrichtsstunden müssten – bis auf die gesetzlich vorgeschriebenen besonderen Ausbildungsfahrten - nicht explizit nachgeholt werden, es sei denn der Fahrschüler wünsche dies. Vertragspartner für die mit den Fahrschülern abgeschlossenen Ausbildungsverträge sei allein die Fahrschule E ...

Nach Anhörung sowohl des Klägers wie der Beigeladenen zu 1 stellte die Beklagte mit getrennten Bescheiden vom 1. Juni 2015 sowohl gegenüber der Fahrschule wie gegenüber dem Kläger fest, dass dieser ab dem 02.03.2015 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Rechts der Arbeitslosenversicherung unterlag/unterliege, weil er in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig geworden sei. Den Widerspruch, den der Kläger auf eine Entscheidung der Sozialgerichts Würzburg vom 14.09.2012 (S 1 R 531/11) und der Tatsache stützte, dass er selbst eine Bürokraft mit mtl. rund 782,00 EUR beschäftige, wies die Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 2016 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die am 29.03.2016 beim hiesigen Gericht erhobene Klage, in deren Verlauf die Kammer mit Beschluss vom 24.04.2017 sowohl die Fahrschule E. (Beigeladene zu 1) als auch Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren beigeladen hat.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er bei der Beigeladene zu 1 ab dem 02.03.2015 selbständig tätig geworden sei und daher keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung zu entrichten seien. Zur Begründung lässt er vortragen, dass nicht nachvollziehbar sei, dass sich aus der Zusammenschau von Fahrlehrergesetz und Fahrlehrerdurchführungsverordnung ergeben soll, dass eine selbständige Tätigkeit ohne Fahrschulerlaubnis nicht möglich sei. Gerade seine Tätigkeit beweise doch das Gegenteil. Zumal die öffentlich-rechtliche Regelung des Fahrlehrerberufs nicht mit der Frage zu tun habe, wann ein Fahrlehrer selbständig sei und wann nicht; dies hänge vielmehr von ganz anderen Umständen ab. Die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit als abhängige oder selbständige gäben diese Regelungen nichts her, vielmehr regelten diese nur das Berufsbild des Fahrlehrers ohne dass erkennbar wäre, dass der Gesetzgeber dadurch die Selbständigkeit anders als in den übrigen Bereichen hätte regeln wollen. So arbeite der Kläger selbständig, was sich sowohl an seiner steuerlichen Situation wie auch an den Tatsachen ableiten lasse, dass er aufgrund des Einsatzes eigener Fahrschulwagen ein Unternehmerrisiko trage und "auf Rechnung" arbeite. Im Übrigen sei mit dem 01.01.2018 das neue Fahrlehrergesetz in Kraft getreten, das die bisher unterschiedlich beurteilte Rechtslage in Fällen wie dem hiesigen zugunsten des Klägers geregelt habe. Dabei verweist er auf einen Aufsatz von Rechtsanwalt Jaser in der Zeitschrift "Fahrlehrerpost", Ausgabe 01/18, in dem auf ein Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 14.09.2012 – S 1 R 531/11 Bezug genommen werde.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 01.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2016 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger seine Tätigkeit ab dem 02.03.2015 bei der Firma Fahrschule E. im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt habe und deshalb nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält auch nach Änderung der Fahrlehrergesetzes und der übrigen zum 01.01.2018 in Kraft getretenen Fahrlehrerrechtlichen Vorschriften (BGBl I, Nr. 1 vom 03.01.2018) an ihrer Rechtsauffassung fest, dass der Kläger zum einen mangels eigener Fahrschulerlaubnis zum anderen aufgrund der übrigen Bestimmungen bei seiner Tätigkeit als Fahrlehrer für die die Beigeladene zu 1 nicht eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe. Im Einzelnen verweist sie darauf, dass der Kläger als Fahrlehrer in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig gewesen sei. Denn nach § 1 Abs. 4 Fahrlehrergesetzes (FahrlG), der auch in der Neufassung unverändert geblieben sei, dürfe von der Fahrlehrererlaubnis nur zusammen mit einer Fahrschulerlaubnis oder im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis mit dem Inhaber einer Fahrschule Gebrauch gemacht werden. Aus der Zusammenschau von FahrlG und FahrlehrerGDV ergebe sich damit, dass für ein selbständiges Tätigwerden eines Fahrlehrers ohne Fahrschulerlaubnis kein Raum sei, da zur rechtmäßigen Ausübung einer selbständigen Fahrlehrertätigkeit sei diese beiden zwingend erforderlich wären. Da der Kläger jedoch nicht im (mehr) Besitz einer Fahrschulerlaubnis sei, scheide eine selbständige Tätigkeit von vorneherein aus, ohne dass es noch darauf ankomme, dass der Kläger die Fahrstunden mit eigenen Fahrschulfahrzeugen durchführe.

Selbst das Einrichten eines eigenen Büros an seinem Wohnsitz spräche nicht für eine selbständige Tätigkeit, vor allen Dingen, weil es sich bei der für die Beigeladene zu 1 ausgeübte Tätigkeit um eine überwiegend außer Haus zu erledigende Fahrschulleistung handele. Zwar sei die Beschäftigung einer versicherungspflichtigen Arbeitnehmerin ein Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sein, schließe aber die Annahme einer abhängigen Beschäftigung keinesfalls aus; denn sonst könnte allein durch die Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers über die versicherungsrechtliche Einordnung einer Tätigkeit bestimmt werden. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als einer Einrichtung des öffentlichen Rechts schließe eine Entscheidung über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien aus. Nur die bloße formalvertragliche Berechtigung, Arbeiten durch einen anderen ausführen zu lassen, wenn von dieser tatsächlich aber kaum Gebrauch gemacht wird, und die persönlichen Leistungserbringung die Regel ist, stelle auch nach Auffassung des Bundessozialgerichts kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar (Urteil vom 19.08.2003- B 1 UR 38/02 R). Zumal die unter der Adresse des Klägers gemeldete Frau K. erst nach Klageerhebung zur Sozialversicherung angemeldet worden sei, ohne dass auch nur behauptet würde, dass diese anstelle des Klägers als Fahrlehrerin tätig werde und er sie statt seiner zur Erfüllung der von ihm gegenüber der Fahrschule E. übernommenen Verpflichtungen einsetze. Vielmehr werde er ausschließlich selbst tätig. Im Übrigen sei die vom Kläger zitierte Entscheidung des Sozialgerichts Würzburg vom 14.09.2012 durch Urteil des Bayrischen Landessozialgerichts vom 11.11.2014 (L 5 R 910/12) ausdrücklich aufgehoben worden.

Schließlich könne aus dem vorgelegten Artikel der "Fahrlehrerpost, Ausgabe 01/18" außer schlichten Behauptungen keinerlei Hinweise darauf entnommen werden, dass das Fahrlehrergesetz ab dem 01.01.2018 eine selbständige Tätigkeit ohne Fahrschulerlaubnis ermöglich solle.

Bezüglich des weiteren Sachvortags der Beteiligten und den Einzelheiten in den erwähnten Unterlagen wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2018 waren.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2 entscheiden, weil diese mit der ihr am 26.01.2018 übersandten Ladung ausdrücklich darauf hingewiesen worden war und eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2018 nicht ausdrücklich gewünscht hat.

Die Klage ist auch als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1 und 55 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, da nur durch eine gerichtliche Feststellung über den Status des Klägers bei der Ausübung seiner Tätigkeit für die Fahrschule E. (Beigeladene zu 1) eine endgültige Klärung des Rechtsstreits zu erreichen ist.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2016 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt wird. Vielmehr hat die Beklagte darin zu Recht festgestellt, dass der Kläger bezüglich seiner ab dem 03.02.2015 ausgeübten Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Denn der Kläger war/ist dort als abhängig Beschäftigter tätig.

Ob nämlich ein Fahrlehrer sozialversicherungspflichtig tätig ist, bestimmt sich nach der Rechtsordnung, insbesondere nach dem Fahrlehrergesetz (FahrlG), wonach Fahrlehrer für eine fremde Fahrschule nicht auf Honorarbasis tätig sein dürfen (wie hier: Bayrisches Landessozialgericht, Urteil vom 11.11.2014 – L 5 R 9,10/12 unter ausdrücklicher Aufhebung des gegenteiligen Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 14.09.2012 – S 1 R 531/11).

Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Entscheidung der Beklagten vom 1. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2016 ist § 7 a Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) wonach die Beteiligten einer vertraglichen Vereinbarung – sei diese schriftlich oder mündliche getroffen – schriftlich oder gar elektronisch eine Entscheidung beantragen können, ob eine Beschäftigung vorliegt. Dabei entscheidet die Deutschen Rentenversicherung Bund aufgrund der Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7 a Abs. 2 SGB IV) und teilt dies den Beteiligten – nach entsprechender Anhörung – mit (§ 7a Abs. 4 und 6 SGB IV).

Anknüpfungspunkt für die hier strittige Frage der Versicherungspflicht ist für alle Zweige der Sozialversicherung zunächst § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV). Dort wird die für das Beitragsrecht in der Sozialversicherung maßgebliche Beschäftigung definiert als nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Sowohl im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung wie auch nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung sind alle Personen (pflicht-)versichert, die als Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt sind (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in Verbindung mit § 1 Satz 1 Ziffer 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI und § 24 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – SGB III).

Für die Abgrenzung zwischen versicherungspflichtiger Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV einerseits und selbständiger (nichtversicherungspflichtiger) Erwerbstätigkeit andererseits ist zunächst darauf abzustellen, ob ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis des betroffenen Mitarbeiters gegenüber einem Arbeitgeber in Folge der Eingliederung in eine für ihn fremde Arbeitsorganisation besteht. Arbeitnehmer ist demnach derjenige, der aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG, Urteil vom 11.10.2000 - Az. 5 AZR 289/99 mit weiteren Nachweisen). Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Eine Beschäftigung in einem fremden Betrieb liegt vor, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem, hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort, und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. aktuell bestätigend: BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 R 14/10 R mit weiteren Nachweisen). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (Vergleiche BSG, Urteil vom 19.08.2003 - Az.: B 2 U 38/02 R mit weiteren Nachweisen). Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt deshalb davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die vertraglichen Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vergleiche BSGE 87, 53, 55, 85, 214, 216; 45, 199, 200).

Der hinreichende Grad persönlicher Abhängigkeit in diesem Sinne zeigt sich nicht nur daran, dass der Beschäftigte einem Direktionsrecht seines Vertragspartners unterliegt, welches Regelungen zur Durchführung, hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort oder sonstige Modalitäten trifft, sondern kann sich auch aus einer detaillierten und den Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung stark einschränkende rechtliche Vertragsgestaltung oder tatsächlichen Vertragsdurchführung ergeben. Selbständig arbeitet dagegen derjenige, der unternehmerische Entscheidungsfreiheit genießt, ein unternehmerisches Risiko trägt sowie unternehmerische Chancen wahrnehmen und hierfür Eigenwerbung betreiben kann. Zu den typischen Merkmalen unternehmerischen Handelns gehören deshalb unter anderem, dass Leistungen im eigenen Namen und für eigene Rechnung statt im Namen und auch für Rechnung eines Auftraggebers erbracht werden. Die eigenständige Entscheidung über Einstellung von Personal, Einsatz von Kapital und Maschinen, die Zahlungsweise der Kunden sowie Art und Umfang evtl. Werbemaßnahmen für das eigene Unternehmen lassen dabei eine Charakterisierung der Tätigkeit als Selbständige zu, denn für die rechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit ist maßgeblich auf den tatsächlich mit ihr verfolgten Zweck beziehungsweise ihr äußeres Erscheinungsbild abzustellen (vergleiche BSG, Urteil vom 25.10.1990 - Az. 12 RK 40/89). So hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 19.08.2003 (B 2 U 38/02 R) entschieden, dass selbst die Bezeichnung der Entlohnung als Provision keinen ausreichenden Ansatzpunkt dafür bildet, dass es sich um eine selbständige Tätigkeit handelt.

Dabei kommt es nicht darauf an, wie die Parteien das Vertragsverhältnis bezeichnet haben, vielmehr in welchem Maße die Beteiligten nach dem Inhalt ihrer Verträge und der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Vertragsbeziehungen persönlich sowie der Rechtsordnung abhängig waren. Persönliche Abhängigkeit ergibt sich aus der Eingliederung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation und dem Umfang der Weisungsgebundenheit, während selbständig ist, wer im Wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit selbst bestimmen kann (vgl. auch Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.06.1992 - 7 AZR 446/91 mit weiteren Nachweisen). Von einer Stellung als Arbeitnehmer im Sinne einer persönlichen Abhängigkeit ist dann auszugehen, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.

Maßgebend ist damit stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, das sich nach den tatsächlichen Verhältnisses des konkreten Einzelfalls bestimmt. Darunter werden alle rechtlich relevanten Umstände verstanden, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob nämlich eine "Beschäftigung" im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist damit zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen gehört danach unabhängig von ihrer tatsächlichen Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.2011 – B 12 KR 17/09 R mit weiteren Nachweisen). Maßgeblich ist damit die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktische Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 24.01.2007 – B 12 KR 31/06 R; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25.06.2015 – L 1 KR 132/14).

Das Gesamtbild bestimmt sich dabei nach den tatsächlichen Verhältnissen, worunter auch die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob nämlich eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen wird/vollzogen wurde.

Unter Berücksichtigung dieser, von der Rechtsprechung auf der Basis der gesetzlichen Regelungen entwickelten Kriterien, die im Übrigen auch die erkennende Kammer ständig seinen Entscheidungen zugrunde legt (zuletzt etwa: Urteile vom 19. Februar 2014 - S 10 KR 177/12, vom 06.03.2013 - S 10 KR 234/10, vom 18.12.2013 - S 10 KR 49/13, vom 07.09.2016 - S 10 R 540/15 und vom 20.09.2017 – S 10 R 19/16), scheitert eine selbständige Tätigkeit bereits an den gesetzlichen Vorgaben des Fahrlehrergesetzes (auch in der Fassung des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen und zur Änderung anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 30.06.2017 - BGBl 2017, Nr. 44, Seite 2162 ff) sowie der entsprechenden Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz, in der Fassung der "Verordnung zur Neufassung fahrlehrerrechtlichen Vorschriften und zur Änderung anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 02.01.2018 (BGBl I vom 03.01.2018 – Bl. 2 ff).

So sah § 1 Abs. 4 des Fahrlehrergesetzes in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung vor, dass die Ausübung einer selbständigen Fahrlehrertätigkeit ohne Fahrschulerlaubnis nicht möglich war, da danach von der Fahrlehrererlaubnis entweder dies nur zusammen mit einer Fahrschulerlaubnis in Form der selbständigen Tätigkeit oder im Rahmen eines Beschäftigungs- bzw. Ausbildungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule (un damit als abhängig Beschäftigter) Gebrauch gemacht werden darf. Doch auch § 17 Abs. 1 Satz 1 des zum 01.01.2018 in Kraft getretenen Fahrlehrergesetzes, in der Fassung des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen und zur Änderung anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (BGBl 2017, Nr. 44, Seiten 2162 ff) bestimmt, dass "wer als selbständiger Fahrlehrer Fahrschüler ausbildet oder durch von ihm beschäftigte Fahrlehrer ausbilden lässt, einer Fahrschulerlaubnis bedarf". Davon darf lediglich – mit einem Zusatz nach § 21 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und 2 FahrlG - zur vorübergehenden und gelegentlichen selbständigen Ausbildung von Fahrschülern Gebrauch gemacht werden (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FahrlG).

Dass der Kläger zumindest mit der Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 ab dem 02.03.2015 zwar weiterhin im Besitz einer Fahrlehrererlaubnis war, jedoch nicht (nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2018 "nicht mehr") einer Fahrschulerlaubnis im Sinne des FahrlG war, ist dabei unstrittig, ohne dass es darauf ankäme, warum der Kläger seine offenbar ursprünglich selbständige betriebene Fahrschule letztlich aufgegeben hat. Als Fahrlehrer konnte er daher – gemäß § 1 Abs. 4 FahrlG (alte Fassung) bzw. § 17 Abs. 1 FahrlG (in der seit dem 01.01.2018 gültigen Fassung) – nur noch als von einer Fahrschule beschäftigter Fahrlehrer tätig sein, womit zwingend von einer abhängigen und damit versicherungspflichtigen Tätigkeit auszugehen ist. Denn mit den genannten Regelungen hat der Gesetzgeber ausdrücklich geregelt unter welchen Voraussetzungen ein Fahrlehrer Fahrschüler ausbilden darf. Dementsprechend war der Kläger zur rechtmäßigen Ausübung einer selbständigen Fahrlehrertätigkeit neben der Fahrlehrererlaubnis notwendigerweise auf eine Fahrschulerlaubnis angewiesen (wie hier auch: Bayrisches Landesozialgericht, Urteil vom 11.11.2014 – L 5 R 910/12), der er jedoch ab dem 02.03.2015 nicht besaß.

Im Übrigen setzt die Erzielung einer Fahrschulerlaubnis nach § 18 FahrlG (in der Fassung der ab 01.01.2018 gültigen Fassung) nicht nur den Besitz einer Fahrlehrererlaubnis in den Fahrklassen, für die er die Fahrschulerlaubnis begehrt, eine Zuverlässigkeitsprüfung und den Besuch eines entsprechenden Lehrgangs mit mindestens 70 Unterrichtereinheiten voraus, sondern auch den erforderlichen Unterrichtsraum, über den der Kläger offenbar jedoch nicht (mehr) verfügte. Denn den Ausführungen des Besitzers der beigeladenen Fahrschule E. erfolgten die theoretischen Unterrichtsstunden am Sitz dieser Fahrschule, wobei diese sogar – "zwecks besserer Planbarkeit für die Fahrschüler - die Tage und Unterrichtszeiten von der Beigeladenen zu 1 an festen Terminen festgelegt wurden/werden.

Auch die sonstigen Umstände sprechen zur Überzeugung des Gerichts gegen eine selbständige Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. Zwar kann nicht geleugnet werden, dass der Kläger durch den Einsatz seiner eigenen Fahrschulfahrzeuge (offensichtlich noch aus der Zeit stammend, als er eine eigene Fahrschule betrieb) ein nicht unerhebliches Unternehmerrisiko zu tragen hatte/hat, jedoch muss festgestellt werden, dass die Verträge mit den auch von ihm "betreuten" Fahrschülern ausschließlich – und nicht nur im praktischen Teil der konkreten Fahrstunden (so aber der Kläger in seiner Erklärung vom 02.04.2015 gegenüber der Beklagten) – mit der Beigeladenen zu 1 selbst zustande kamen. Im Übrigen war es – wie bei jedem angestellten Fahrlehrer auch – üblich, dass er als Fahrlehrer mit den ihm von der Fahrschule E. zugewiesenen Fahrschülern selbst die einzelnen Fahrstunden abgestimmt hat. Dies macht ihn aber nicht zu einem Selbständigen.

Soweit der Kläger dagegen geltend macht, dass er eine eigene Gewerbeanmeldung besitzt und auch eine eigene Angestellte (Frau K.) beschäftige, kann daraus nicht auf eine selbständige Tätigkeit gerade bei der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1 geschlossen werden. Ganz abgesehen davon, dass die Beklagte – unwidersprochen - darauf hinweist, dass der Kläger Frau K. erst nach der Antragstellung auf Statusfeststellung auch zur Sozialversicherung angemeldet hat. Denn die bloße "formalvertragliche" Berechtigung, Arbeiten durch andere durchführen zu lassen, wenn von dieser tatsächlich aber nicht oder kaum Gebrauch gemacht wird, vielmehr die persönliche Leistungserbringung die Regel darstellt, ist kein relevantes Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2003 – B 2 U 38/02 R; LSG Baden Württemberg, Urteil vom 23.01.2013 – L 5 R 2323/11). Denn ansonsten hätte es jeder einzelne selbst in der Hand, ob er sich durch einen Arbeitsvertrag mit einer anderen Person zum Selbständigen macht oder nicht. Dies entspricht jedoch nicht dem besonderen Schutzzweck der Sozialversicherung und ihrer Natur als Einrichtung öffentlichen Rechts.

Im Übrigen wurden dem Kläger von der Beigeladenen zu 1 die einzelnen Fahrschüler zugeteilt, da er nur dann zum Einsatz kommen sollte, wenn die Fahrschule nicht in der Lage war, die angemeldeten Fahrschüler mit eigenen Kräften theoretisch wie praktisch zu unterrichten. Schließlich ist festzustellen, dass der Kläger auch für den theoretischen Unterricht an die terminlichen Vorgaben der Beigeladenen zu 1 gebunden war, wobei der Inhalt der Unterrichtsstunden durch die Vorgaben der Anforderung für eine Fahrerlaubnis eng geregelt sind und keiner besonderen Weisung durch die Fahrschule selbst bedarf.

Schließlich hat der Kläger selbst nicht einmal behauptet, dass Frau K. ihn hinsichtlich der Ausübung seiner Tätigkeit für die Fahrschule E. ersetzt, zumal aus den zwischen dem Kläger und der Fahrschule getroffenen – teils mündlichen – Vereinbarungen zu schließen ist, dass es um die höchstpersönliche Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen durch den Kläger ging/geht. Daher brauchte die Kammer auch gar nicht zu prüfen, ob Frau K. überhaupt über eine Fahrlehrererlaubnis verfügt, die sie berechtigen könnte, statt des Klägers Fahrstunden und den theoretischen Unterricht zur Erlangung einer Fahrerlaubnis zu erteilen.

Aufgrund der zwingenden gesetzlichen Vorgaben des FahrlG wie aber auch im Hinblick auf die konkreten Umstände des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bei der Fahrschule E. ab dem 02.03.2015 ist die Kammer davon überzeugt, dass es sich um eine abhängige und damit grundsätzlich auch sozialversicherungspflichtige Tätigkeit gehandelt hat und – soweit diese noch nicht beendet wurde – auch weiterhin handelt. Dass die Beklagte die Versicherungspflicht auf den Bereich der (gesetzlichen) Rentenversicherung und das Recht der Arbeitsförderung beschränkt hat, trägt der Tatsache Rechnung, dass der Kläger aufgrund seines mit der Tätigkeit erzielten Einkommens über der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung lag/liegt (so seine Erklärung im Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status vom 09.03.2015).

Damit erweist sich der Bescheid der Beklagten vom 01. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2016 im Einklang mit der Sach- und Rechtslage, so dass die hiergegen am 29.03.2016 erhobene Klage als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da der Kläger als "Versicherter" zu den nach § 183 SGG privilegierten Personen gehört.
Rechtskraft
Aus
Saved