S 3 AS 2075/08 ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 3 AS 2075/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 B 415/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag vom 9.9.2008 wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Antragsteller (Ast.) wendet sich gegen die Entziehung von Leistungen.

Der Ast. hatte im Antrag vom 12.6.2007, von ihm unterschrieben am 16.6.2007, auf Zusatzblatt 3 (Blatt 86 der Verwaltungsakte) angegeben, er habe - bis auf ein Kfz im Wert von etwa 4000 EUR - keinerlei Vermögen.

Die Antragsgegnerin (Ag.) bewilligte dem Ast. mit Bescheid vom 24.4.2008 für den Zeitraum Juni bis November 2008 monatlich 668,12 EUR Arbeitslosengeld (Alg) II nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Die Ag. erhielt mittels Bankauskunft vom 4.6.2008 (Blatt 122 der Verwaltungsakte) Kenntnis, daß der Ast. am 12.6.2007 über ein Bankdepot im Wert von rund 50.000 EUR verfügt hatte. Sie forderte den Ast. mit Schreiben vom 16.6.2008 auf, bis zum 4.7.2008 Unterlagen bzw. Nachweise zum Verbleib des Vermögens von 50.390,64 EUR vorzulegen, über das er bei Antragstellung am 12.6.2007 laut Bankauskunft verfügt habe, kündigte zugleich an, bei Nichterfüllung dieser Forderung die Leistung einzustellen, und wiederholte diese Forderung und Ankündigung mit Schreiben vom 4.7.2008 mit neuer Frist 21.7.2008.

Der Ast. hat am 24.7.2008 um einstweiligen Rechtsschutzes zu nachgesucht und geltend gemacht: Das Alg II habe die Ag. mit Schreiben vom 16.6.2008 "storniert”, ihm aber nach Maßgabe des Bescheides vom 24.4.2008 bis November 2008 weiter zu leisten.

Die Ag. hat (erst) mit Bescheid vom 29.7.2008 die dem Ast. bewilligten Leistungen mit Wirkung ab August 2008 entzogen, da der Ast. seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei, nämlich Unterlagen zum Verbleib seines Vermögens von 50.390,64 EUR nicht vorgelegt habe.

Der Ast. hat gegen den Bescheid vom 29.7.2008 Widerspruch eingelegt und mittels Erklärung vom 8.9.2008 an Eides statt versichert: Er verfüge über kein Vermögen. Von dem Depotguthaben hätten etwa 11.000 EUR seine Ex-Eheffau sowie je etwa 5.000 EUR seine beiden Kinder erhalten.

Das Gericht hat die Sache am 9.9.2008 mit den Beteiligten erörtert. Der Ast. hat seinen Antrag vom 24.7.2008 für erledigt erklärt.

Der Ast. beantragt nun,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29.7.2008 anzuordnen.

Die Ag. beantragt sinngemäß,

diesen Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Ag. verwiesen.

II.

Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Der Antrag vom 9.9.2008 ist zulässig. Der Antrag vom 24.7.2008 war nicht mehr Gegenstand des Verfahrens, weil der Ast. ihn für erledigt erklärt hat und er auch wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig war, da das Schreiben vom 16.6.2008 keine Entziehung der Leistung verfügt, sondern dieses nur für den Fall fehlender Mitwirkung angekündigt hatte.

Der Antrag vom 9.9.2008 ist nicht begründet. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Ast. gegen den Bescheid vom 29.7.2008 (Leistungsentzug ab August 2008) war nicht anzuordnen.

Nach § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG iVm § 39 Nr. 1 SGB II hat der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, so hier, keine aufschiebende Wirkung. Nach § 86 b Abs. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag, der schon vor Klageerhebung zulässig ist (Abs. 3), durch Beschluss (Abs. 4) die aufschiebende Wirkung (ganz oder teilweise) anordnen in den Fällen, in denen der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat (Satz 1 Nr. 2).

Über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung entscheidet das Gericht nach Ermessen aufgrund einer Abwägung der Interessen, nämlich des öffentlichen Vollziehungsinteresses (Regel) und des privaten Aussetzungsinteresses (Ausnahme); die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muß eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben. Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig, wird ausgesetzt. Ist der Widerspruch aussichtslos, wird nicht ausgesetzt. Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessensabwägung mit der Frage, ob ein überwiegendes Interesse des Ast. feststellbar ist. Das kann auch dann gelten, wenn ein Erfolg des Widerspruchs wahrscheinlicher als ein Mißerfolg ist. In der Regel werden die Rechtslage und die für die Interessensentscheidung maßgebenden Gesichtspunkte nur summarisch zu prüfen sein.

Im Falle des Ast. ist weder eine Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 29.7.2008 offen ersichtlich noch ist ein Erfolg des Widerspruchs nach gebotener nur summarischer Prüfung wahrscheinlicher als ein Mißerfolg; zudem ist nicht feststellbar, daß das Aussetzungsinteresse das Vollziehungsinteresse überwiegt. Denn es ist schon nicht wahrscheinlich, daß der Ast. seinen Bedarf nicht mit eigenen Mitteln, sondern nur mit Alg II decken kann.

In diesem Zusammenhang sind die Angaben des Ast., er verfuge nicht mehr über ein hinreichendes Vermögen, das er zur Deckung seines Bedarfs einsetzen könne, nicht glaubhaft. Denn das durch Bankauskunft offenbarte Vermögen von rund 50.000 EUR besteht nach Maßgabe der eidesstattlich am 8.9.2008 erklärten Minderungen (etwa 11.000 EUR an seine Ex-Ehefrau sowie je etwa 5.000 EUR an seine beiden Kinder) noch in Höhe von rund 29.000 EUR. Zudem hat die Kammer durchgreifende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Ast., und zwar im Hinblick darauf, daß schon seine Angaben im Antrag vom 12.6.2007 ausweislich der Bankauskunft zum Vermögensstand am 12.6.2007 falsch waren, nämlich das Depotguthaben von rund 50.000 EUR unerklärt ließen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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