S 6 KN 184/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KN 184/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Feststellung der im Versicherungverlauf enthaltenen Daten bezüglich diverser im polnischen Bergbau zurückgelegter Zeiten.

Der am 24.01.1947 geborene Kläger wurde 1965 als ungelernter Arbeiter im polnischen Bergbau angelegt und verrichtete diese Tätigkeit bis zum 30.08.19.66. Am 01.09.1966 nahm er ein Hochschulstudium zum Diplom-Ingenieur auf. Während des Studiums leistete er vom 01.12.1972 bis 28.02.1972 ein Diplom-Praktikum. Nach erfolgreichem Abschluss seines Studiums im März 1972 wurde der Kläger zum 15.03.1972 erneut im polnischen Bergbau angelegt und dort zunächst bis zum 30.11.1972 im Rahmen einer einführenden Arbeitsprobezeit als Aufsichtshauer eingesetzt. Anschließend war er vom 01.12.1972 bis 28.02.1974 als Oberbergmann und vom 01.03.1974 bis zum 30.11.1977 als Schichtsteiger tätig. Ab 01.12.1977 war er dann zunächst als Abteilungs-, später als Fahr- bzw. Bergbauobersteiger tätig. Am 03.09.1986 ist er in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit nahm er dort im März 1988 eine Tätigkeit als Technischer Angestellter - Bergtechnik - auf, die er bis zum 31.07.1997 ausübte. Zum 31.07.1997 ist der Kläger aus dem Bergbau abgekehrt. Seit dem 01.08.1997 bezieht er vom Bundesamt für Wirtschaft Anpassungsgeld.

Mit Bescheid vom 12.04.1999 stellte die Beklagte die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, von der Beklagten fest. Dabei wurde die Zeit vom 31.07.1965 bis 30.08.1966, 06.09.1966 bis 31.12.1966 sowie vom 15.03.1972 bis 29.11.1972 im Versicherungsverlauf zwar in vollem Umfang anerkannt, im Rahmen der für die Höhe einer etwaigen Rentenleistung maßgeblichen Bewertung jedoch lediglich zu 5/6 angerechnet. Ferner wurde der Zeitraum vom 15.03.1972 bis 30.11.1972 nach § 22 Abs.2 Fremdrentengesetz (FRG) als Praktikum bewertet, die Tätigkeit als Oberbergmann in der Zeit vom 01.12.1972 bis 28.02.1974 in Qualifikationsgruppe 3 und die anschließend aus geübte Tätigkeit als Schichtsteiger vom 01.03.1974 bis 30.11.1977 in Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum Sechsten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) eingestuft. Darüber hinaus wurde die Zeit vom 01.12.1971 bis 28.02.1972 nicht als Pflichtbeitragszeit, sondern lediglich als Anrechnungszeit anerkannt. Zur Begründung seines gegen diesen Bescheid am 3.0.04.1999 eingelegten Widerspruchs macht der Kläger u.a. geltend, dass die Zeiten vom 31.07.1965 bis 30.08.1966, vom 06.09.1966 bis 31.12.1966 sowie vom 15.03.1972 bis 29.11.1972 nicht nur zu 5/6, sondern in vollem Umfang angerechnet werden müßten. Darüber hinaus sei seine Tätigkeit als Aufsichtshauer sowie als Oberbergmann und Schichtsteiger der Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen. Zu Unrecht habe die Beklagte auch die Zeit vom 01.12.1971 bis.01.03.1972, in der er ein Diplompraktikum absolviert habe, nicht als Pflichtbeitragszeit berücksichtigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.1999 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus, dass eine Anrechnung der von dem Kläger geltend gemachten Zeiten der Jahre 1965 bis 1972 zu 6/6 nach§ 22 Abs.3 FRG nicht möglich sei, weil er diese nicht nachgewiesen, sondern lediglich glaubhaft gemacht habe. Das Legitimationsbuch, das erst am 30.11.1972 ausgestellt wurde, könne lediglich für die Zeit ab dem 30.11.1982 als Nachweis dienen. Bezüglich der Zeiten vor dem 30.11.1972 fehle es jedoch an Unterlagen, in denen konkrete Angaben über den Umfang der Beitrags- oder Beschäftigungszeiten und eventuell dazwischen liegender Unterbrechungstatbestände wie krankheitsbedingte Fehlzeiten oder unbezahlten Urlaub enthalten seien. Nur unter dieser Voraussetzung aber könne eine Anrechnung zu 6/6 erfolgen. Bezüglich der Bewertung der Zeit vom 15.03.1972 bis 30.11.1972 sei zu berücksichtigen, dass der Kläger ausweislich seiner eigenen Angaben, der von ihm vor gelegten Arbeitsauskünfte sowie der Mitteilungen des polnischen Versicherungsträgers in dem besagten Zeitraum eine Beschäftigung als Praktikant ausgeübt habe, der nach § 22 Abs.2 FRG feste Werte zuzuordnen seien. Auch die Einstufung der Zeit vom 01.12.1972 bis zum 30.11.1977 in Qualifikationsgruppe 3 bzw. 2 nach Anlage 13 zum SGB VI sei nicht zu beanstanden. Eine höhere Einstufung, nämlich in Qualifikationsgruppe 1, komme nicht in Betracht, weil die von dem Kläger in dem besagten Zeitraum verrichteten Tätigkeiten als Oberbergmann bzw. Schichtsteiger kein Hochschulstudium voraussetzen würden, nur solche Versicherten aber der höchsten Qualifikationsgruppe angehörten, die zum einen eine Hochschulausbildung absolviert hätten und zum anderen eine entsprechende Tätigkeit auch ausüben würden. Schließlich könne die Zeit vom 01.12.1972 bis 01.03.1972 nicht als Beitragszeit, sondern lediglich als Anrechnungszeit anerkannt werden, weil auch in der deutschen gesetzlichen Versicherung Praktika, die während der Dauer eines Studiums abgeleistet würden, keine Versicherungspflicht auslösten.

Der Kläger hat am 17.08.1999 Klage erhoben. Im Hinblick auf die Anrechnung der im Bescheid genannten Zeiten zu 5/6 hat er zunächst lediglich noch geltend gemacht dass die Zeit vom 15.03.1972 bis 30.11.1972 zu 6/6 angerechnet werden müsse. Diese Beschäftigungszeit sei - anders als die übrigen Zeiten - durch das am 30.11.1972 ausgestellte Legitimationsbuch nachgewiesen, das für den besagten Zeitraum keine Arbeitsunfähigkeitszeiten enthalte. Ohne die Vorlage des Legitimationsbuches hätte ein Arzt ihn nicht arbeitsunfähig schreiben können. Als karrierebedachter Akademiker habe er sich auch andere Unterbrechungstatbestände wie unentschuldigtes Fehlen bzw. unbezahlten Urlaub nicht leisten können. Mit Schriftsatz vom 21.11.1999 überreicht der Kläger weitere Bescheinigungen der ehemaligen Zeche; ausweislich derer er auch in.der Zeit vom 31.07.1965 bis 31.08.1965, vom 22.09.1965 bis 30.08.1966 sowie vom 06.09.1966 bis 27.01.1967 11 Schichten wöchentlich gearbeitet habe und 1966 nur im Monat Januar 1 Tag, im April 6 und im August 3 Tage krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen sei. Da weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten in dem besagten Zeitraum nicht bestanden hätten, müßte die Zeit von März 1972 bis November 1972 - wie schon ursprünglich begehrt - doch zu 6/6 angerechnet werden. Die nunmehr überreichten Unterlagen hätten sich ca. 1,5 Jahre bei seinem Sohn befunden, ohne dass der Kläger davon Kenntnis hatte. Sein Sohn habe den Briefwohl versehentlich geöffnet, die Unterlagen aber nicht an ihn weitergegeben. Erst anläßlich eines Gesprächs über die fehlenden Unterlagen sei seinem Sohn eingefallen, dass sich diese in seinem Schreibtisch befänden. Zur Stützung seines Klagebegehrens überreicht der Kläger eine weitere Bescheinigung der Zeche D vom 20.07.1998, in der bescheinigt wird, dass er Jahre 1972 nicht krank gewesen ist. Soweit die Beklagte eine Tätigkeit als Aufsichtshauer von März bis November 1972 als Praktikum angesehen und entsprechend berücksichtigt habe entspreche diese Wertung weder der damaligen polnischen Gesetzeslage noch der tatsächlich von ihm ausgeübten Tätigkeit. Er habe in dieser Zeit kein Praktikum absolviert und auch anschließend keine Prüfung absolviert, sondern als Aufsichtshauer gearbeitet. Der Arbeitsvertrag sei insoweit falsch. Im übrigen habe die Beklagte das Wort "stazysta" inkorrekt mit dem deutschen Wort "Praktikum" übersetzt. Dass er ein solches Praktikum nicht habe ableisten müssen, ergebe sich auch aus § 13 Ziffer 11 des Beschlusses Nr. 126 des Ministerrates vom 02.07.1971 in der Angelegenheit der vorbereitenden Arbeitsprobezeit für Schulabsolventen. Danach müßten diejenigen keine Probezeit ableisten, die vor dem Abschluß der Ausbildung auf einer Schule im gleich n oder verwandten Beruf oder auf dem gleichen oder verwandten Posten mindestens ein halbes Jahr beschäftigt gewesen seien. Die Beklagte bezeichne die Anfangsbeschäftigung von Bergschulabsolventen, die nach der Verordnung Nr. 190 des Ministers für Bergbau abzuleisten war, seit einiger Zeit auch nicht mehr als "Praktikum" (Berufsausbildung), sondern gesetzeskonform als "vorbereitende Arbeitsprobezeit" und bewerte diese demgemäß nicht mehr nach§ 22.Abs.2FRG, sondern mit Qualifikationsgruppen nach Anlage 13 zum SGB VI. Die von ihm von März bis November 1972 abgeleistete vorbereiten de Arbeitsprobezeit diene ebenso wie das nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im deutschen Steinkohlenbergbau absolvierte Traineeprogramm der Anpassung an die Grubenverhältnisse und Arbeitsabläufe. Dass er vollwertig als Aufsichtshauer tätig gewesen sei, ergebe sich auch daraus, dass er in dem fraglichen Zeitraum mit dem Tarifgehalt eines Abteilungsleiters entlohnt worden sei. Ergänzend überreicht der Kläger insoweit schriftliche Erklärungen des N, O sowie des P,ausweislich derer er in der Zeit vom 15.03.1972 bis 30.11.1972 als Oberhauer bzw. Fahrhauer (technische Aufsicht) unter Tage gearbeitet hat. Bezüglich der Tätigkeit als Oberhauer und Schichtsteiger von Dezember 1972 bis November 1977 habe die Beklagte die Einstufung in die Qualifikationsgruppen nach Anlage 13 zum SGB VI zu Unrecht nach dem bergmännischen Berufsgrad und der Qualifikation vorgenommen. Maßgeblich sei nicht, ob diese Tätigkeiten eine Hochschulausbildung voraussetzen. Im polnischen Bergbau müsse jeder, der eine aufsichtsführende Tätigkeit unter Tage anstrebe, mit dem Grad eines Oberhauers beginnen und alle nachfolgenden Dienstgrade - Schicht-, Revier-, Fahr- und Obersteiger - durchlaufen. Dies ergebe sich aus Art. 92 und 94 des Bergbaurechts sowie der Verordnung des Präsidenten des Ministerrates vom 01.08.1966. Daraus gehe hervor, dass auch ein Hochschulabsolvent nach§ 15 als niedrigere Aufsicht (Fahrhauer) beschäftigt werden mußte und nur dann als Aufsicht von der Bergbehörde bestätigt werden konnte, wenn er mindestens 6 Monate auf diesem Posten gearbeitet habe. Anschließend habe nach § 14 eine mindestens 1,5-jährige Tätigkeit als mittlere Aufsicht (Schichtsteiger) folgen müssen,um für die nächste Stufe (Reviersteiger) abgenommen zu werden. Einem Diplom-Ingenieur - wie er es sei - seien im übrigen in dem besagten Zeit raum unabhängig von Dienstgrad - Aufgaben anvertraut worden, für die eine Hochschulausbildung erforderlich sei. Er habe als Oberhauer aufsichtsführende Tätigkeiten unter Tage verrichtet und sei u.a. mit der Erstellung von Revierbetriebsplänen, der Übertragung geologischer Daten auf die Betriebspläne, der Planung der Auffahrungsarbeiten im Revier, der Ergänzung der Wetternetzpläne so wie der Anfertigung der monatlichen Reisepläne befaßt gewesen. Als Schichtsteiger sei er ständiger Vertreter des Abteilungsleiters gewesen und habe ebenfalls qualitativ hochwertige Tätigkeiten verrichtet. Die Einstufungspraxis der Beklagten bezüglich der Qualifikationsgruppen unterscheide sich im übrigen wesentlich von der stufenlosen Zuordnung, wie sie die Arbeiter- und Angestelltenversicherung (BfA und LVA) vornehme. Diese praktizierten keinen Stufenaufbau. Bei unveränderter Qualifikation werde das ganze Berufsleben in einer Qualifikationsgruppe geführt. Die BFA handele ebenso. Darüber hinaus habe die Tätigkeit eines Oberbergmanns und Schichtsteigers im polnischen Bergbau einen sehr hohen Stellenwert gehabt und sei daher auch gesetzlich für Akademiker vorgeschrieben gewesen. Unzutreffend sei auch, dass die Tätigkeit eines Oberbergmanns im polnischen Bergbau der Tätigkeit eines Fahrhauers im deutschen Bergbau entspreche. Der Fahrhauer sei lediglich Facharbeiter; er über wache mitarbeitend seine Arbeitsgruppe, der Oberbergmann führe aber auschließlich Aufsicht über Arbeitsbereiche oder die ganze Schicht. Bei dem Oberbergmann handele es sich im übrigen um eine von der Bergbehörde abgenommene Aufsichtsperson im Angestelltenverhältnis. Darüber hinaus sei die Zeit seines von Dezember 1971 bis Februar 1972 absolvierten Diplompraktikums als versicherungspflichtige Beschäftigungszeit der Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zun SGB VI zuzuordnen. Zwar sei er während dieser Zeit noch als Student immatrjkuliert gewesen, habe aber ausschließlich beitragspflichtig auf der Zeche gearbeitet. Die Beklagte habe diese Zeit daher zu Unrecht im Rahmen der Hochschulausbildung berücksichtigt, mit der Folge, dass die Höchstdauer der Hochschulausbildungsanrechnung überschritten worden sei. Abgesehen davon habe die Beklagte auch das von September 1966 bis Januar 1967 absolvierte Vorpraktikum der Qualifikationsgrupp 5 zugeordnet. Ein Hochschulpraktikum werde nach den Bestimmungen des Gesetzes über Rentenversorgung der Arbeitnehmer vom 14.12.1982/Art.13 Nr.2 i.V.m. dem Gesetz über Rentenversorgung der Bergleute vom 01.02.1983/Art.7 aus den Beschäftigungszeiten hinzurechenbare Zeit angesehen, wenn - wie hier - ein Arbeitsverhältnis vor dem Beginn des Studiums bestanden, vor dem 01.0.1983 begonnen habe und bis zum 31.12.1982 beendet worden sei.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 12.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.1999 unter Einbeziehung des Bescheides vom 21.08.2000 zu verurteilen, in seinem Versicherungsverlauf die Zeit vom 31.07.1965 bis 31.08.1965, vom 22.09.1965 bis 30.08.1966, vom 06.09.1966 bis 27.01.1967 sowie v9m 15.03.1972 bis 29.11.1972 in einem Umfang von 6/6 anzurechnen;

2. die Zeit vom 15.03.1972 bis zum 29.11.1972 der Qualifikationsgruppe 1 nach Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen;

3. die Zeit vom 01.12.1972 bis 28.02.1974 sowie vom 01.03.1974 bis 30.11.1977 der Qualifikationsgruppe 1 nach Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen sowie

4. die Zeit vom 01.12.1971 bis zum 28.02.1972 der Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden. Darüber hinaus macht sie u.a. geltend, dass der von dem Kläger angesprochene, im Rahmen der Einstufung in die Leistungsgruppen des FRG (Anlage 1 bis 17) bekannte "Stufenaufbau" bei der Einstufung in die Qualifikationsgruppen nach Anlage 13 zum SGB VI nicht relevant sei. Bei der Einstufung in die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI trete nämlich ein für die Leistungsgruppeneinstufung wesentlicher Gesichtspunkt wie die Berufserfahrung in den Hintergrund. Unstreitig sei zwar, dass der Kläger durch den Abschluß der Technischen Hochschule in H mit Erwerb des Titels "Magister Bergbauingenieur" am 01.03.1972 eine Qualifikation im Sinne der Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI erworben habe; er habe jedoch in der Zeit von Dezember 1972 bis November 1977 keine dieser Ausbildung entsprechende Tätigkeit verrichtet. Für den Beruf des Oberbergmanns sowie des Schichtsteigers sei nämlich eine Hochschulausbildung nicht erforderlich. Dafür spreche auch der Hinweis des Klägers, dass die verrichtete Tätigkeit der eines Fahrhauers im deutschen Steinkohlenbergbau entsprochen habe. Bei diesen handele es sich um Bergleute, welche die Hauerprüfung abgelegt und nach langjähriger Berufserfahrung einen betriebsinternen Fahrhauer-Lehrgang absolviert hätten. Im Hinblick auf die Zeit vom 15.03.1972 bis zum 30.11.1972 führt die Beklagte aus, dass der Kläger selbst vorgetragen habe, dass nur diejenigen keine Probezeit ableisten mußten, die vor dem Abschluß der Ausbildung auf einer Schule im gleichen oder verwandten Beruf oder mindestens ein halbes Jahr auf dem gleichen oder verwandten Posten beschäftigt waren. Der Kläger sei jedoch vor Aufnahme der Tätigkeit nicht in einem gleichen oder verwandten Beruf (als niedrige Aufsicht), sondern als ungelernter Arbeiter tätig gewesen sei.

Den Begriff "vorbereitende Arbeitsprobezeit" gebe es in der deutschen Sprache im übrigen nicht. Der Kläger habe selbst angegeben, dass es sich in den Grundsätzen um eine Einarbeitungszeit von Hochschulabsolventen handele. Genau dies aber zeichne ein Praktikum aus. Bei einem Praktikum handele es sich nämlich um eine vorübergehende praktische Tätigkeit von Studenten zur Vorbereitung auf ihren Beruf. Die "vorbereitende Arbeitsprobezeit" diene somit dem Ausgleich der stark theoretischen Ausbildung an der Hochschule, so dass diese Zeit zu Recht nach § 22 Abs.2·FRG bewertet worden sei.

Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das Gericht eine Auskunft von der Zeche D eingeholt. Bezüglich der Einzelheiten der Auskunft sowie der Übersetzung wird auf Blatt 144 bis 151, 175 bis 194 sowie 216 bis 241 der Gerichtsakten verwiesen.

Der Kläger hat sich kritisch zu der Auskunft der Zeche sowie deren Übersetzung geäußert. Da die Zeche die Unterbrechungstatbestände in den, Jahren 1965 bis 1967 nunmehr nachgewiesen habe, müsse sie - entgegen früherer Angaben - eine ausführliche Arbeitsdokumentation über den Kläger haben. Es sei daher im Hin blick auf die früheren Angaben zweifelhaft, ob ältere, ebenfalls von der Zeche aus gestellte Bescheinigungen echt und glaubhaft seien.

Im Rahmen des Streitverfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom 12.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.1999 nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 21.08.2000 insoweit nach § 45 Abs. 1 und 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) zurückgenommen, als die Zeit vom 01.12.1972 bis 28.02.1974 darin der Qualifikationsgruppe 3 nach Anlage 13 zum SGB VI zugeordnet worden war und diese nunmehr der Qualifikationsgruppe 4 nach Anlage 13 zum SGB VI zugeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger als "Person der niedrigen Aufsicht" geführt worden sei. Für die Einstufung in Qualifikationsgruppen komme es u.a. darauf an, welche Ausbildung/Qualifikation für die Ausübung der Tätigkeit erforderlich sei. Die Tätigkeit als Oberbergmann könne aber auch von einem Beschäftigten verrichtet werden, der die Ausbildung zum Bergmann absolviert habe und über langjährige Berufserfahrung verfüge. Außerdem sehe das Gesetz für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 3 eine Meisterausbildung vor.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird den Inhalt der Prozeßakten, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der beigezogenen Streitakte des Sozialgerichts Gelsenkirchen - Aktenzeichen: S 6 KN 196/00 ER -, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise unzulässig und im übrigen unbegründet.

Soweit der Kläger unter Ziffer 1 seines Klageantrags begehrt, die Zeiten vom 31.07.1965 bis 31.08.1965, vom 22.09.1965 bis 30.08.1966 sowie vom 06.09.1966 bis 31.12.1966 im Versicherungsverlauf zu 6/6 anzurechnen, ist die Klage bereits unzulässig. Denn der Kläger hat die Klage insoweit bereits am 21.10.1999 zurückgenommen. Mit Schriftsatz vom 20.10.1999, eingegangen am 21.10.1999, hat der Kläger nämlich eingeräumt, dass die Zeit vom 31.07.1965 bis 31.08.1965 sowie vom 22.09.1965 bis 31.12.1966 von der Beklagten zu Recht lediglich zu 5/6 angerechnet worden sei, und lediglich noch die Anrechnung der Zeit vom 15.03.1972 bis 29.11.1972 in einem Umfang von 6/6 geltend gemacht. Soweit er mit späterem. Schriftsatz vom 21.11.1999 unter Vorlage diverser Bescheinigungen seines ehemaligen Arbeitgebers erneut die Anrechnung auch der übrigen Zeiten begehrt, ist dies aufgrund der vorherigen - unwiderruflichen - Klagerücknahme nicht mehr Streitgegenstand. Unzulässig ist die Klage ferner bezüglich der erstmals mit Schriftsatz vom 21.11.1999 begehrten Anrechnung der Zeit vom 01.01.1967 bis zum 27.01.1967 zu6/6 (vgl. den Klageantrag zu Ziffer 1 ). Denn insoweit fehlt es gemäß § 78 Abs.l SGG an der Durchführung eines Vorverfahrens.

Im übrigen ist die Klage unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 12.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.1999 in der Fassung des Bescheides vom 21.08.2000, der gemäß § 96 Abs.1. Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden ist, nicht im Sinne des § 54 Abs.2.SGG beschwert, weil diese Bescheide nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten korrekt festgestellt.

Der Kläger hat zunächst keinen Anspruch darauf, dass die in dem - zulässigen - Klageantrag zu Ziffer 1 genannte Zeit vom 15.03.1972 bis 29.11.1972 in vollem Umfang (6/6) berücksichtigt wird. Nach Art 2. Abs. l des Zustimmungsgesetzes vom 12.03.1976 zu dem Abkommen vom 09.10.1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung in der Fassung des am 01.07.1990 in Kraft getretenen Art. 20 Rentenreformgesetz (RRG) richtet sich die Anrechnung polnischer Versicherungszeiten bei Renten, die - wie im Falle des Klägers - nach dem 01.07.1990 begonnen haben bzw. beginnen werden - nach den Bestimmungen des Fremdrentengesetzes. Nach § 22 Abs.3 FRG in der ab 01.01.1992 geltenden Fassung sind die ermittelten Entgeltpunkte bei nicht nachgewiesenen, sondern lediglich glaubhaft gemachten Beitragszeiten hingegen um 1/6 zu kürzen. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass polnische Abkommenszeiten nicht in einem größeren Umfang angerechnet werden, als sie nach dem bundesdeutschen Recht zu berücksichtigen sind. Personen, die ihr Arbeitsleben in Polen verbracht haben, sollen nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden als diejenigen, die in der Bundesrepublik Deutschland gearbeitet haben (LS NRW, Urteil vom 10.03.1995 - L 4 J 13/94). Der Kläger hat lediglich glaubhaft gemacht, dass er in der Zeit vom 15.03.1972 bis 29.11.1972 ununterbrochen beschäftigt war. Nachgewiesen sind Beitragszeiten nur, wenn aufgrund der vorliegenden Beweismittel (Beitrags- oder Mitgliedsbescheinigungen, Arbeitsbücher, Zeugnisse, Arbeitgeberbescheinigungen) feststeht, dass die strittigen Zeiten nicht durch Ausfalltatbestände (krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit u.s.w.) unterbrochen wurde oder die Unterbrechungszeiträume im einzelnen genau bescheinigt wurden (BSG SozR 5050 § 19 RG Nr. l; LSG NRW, a.a.O.). Liegen hingegen keine Beweismittel vor, die Rückschlüsse auf Ausfallzeiten zulassen, so kommt nur die Anerkennung einer glaubhaft gemachten Beitragszeit in Betracht (BSG a.a.O.). In diesen Fällen greift die an der durchschnittlichen Beitragsdichte im Bundesgebiet orientierte gesetzliche Vermutung, dass Beitragszeiten in einem Umfang von 1/6 durch Ausfallzeiten unterbrochen sind. In diesem Sinne nachgewiesen hat der Kläger lediglich die Zeit ab dem 30.11.1972. Zu diesem Zeitpunkt wurde das polnische Legitimationsbuch ausgestellt, aus dem sich genaue Angaben über Beginn und Ende der einzelnen Ausfalltatbestände entnehmen lassen. Für die Zeit bis zum 30.11.1972 fehlt es jedoch an einem entsprechenden Nachweis. Insbesondere läßt sich weder den von dem Kläger vorgelegten Bescheinigungen seines damaligen Arbeitgebers, der Zeche D, vom 20.07.1998 noch der vonseiten des Gerichts eingeholten Auskunft eindeutig entnehmen, dass der Kläger in der Zeit vom 15.03.1972 bis 29.11.1972 ununterbrochen beschäftigt war und Beiträge zur Rentenversicherung geleistet hat. Zwar hat die Zeche D in der genannten Bescheinigung vom 20.07.1998 ausgeführt, dass der Kläger im Jahre 1972 nicht krank gewesen sei. Angaben über sonstige mögliche - nicht krankheitsbedingte - Ausfallzeiten, z.B. unbezahlten Urlaub oder unentschuldigtes Fehlen, enthält die Bescheinigung jedoch nicht. Nachgewiesen und damit zu 6/6 anzurechnen ist die streitige Zeit aber nur dann, wenn die Bescheinigung konkrete und glaubhafte Angaben über sämtliche möglichen Ausfalltatbestände enthält. Abgesehen davon hat die Kammer erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der ausgestellten Bescheinigung. In der seitens des Gerichts eingeholten Auskunft der Zeche D vom 26.05.2000 wurde diese Ausfallzeit nämlich nicht bestätigt. Dort wurden lediglich für die Jahre 1965 und 1966 Arbeit unfähigkeitszeiten angegeben. Die gerichtlicherseits gestellte Frage, ob und gegebenenfalls welche Ausfallzeiten im Jahre 1972 aufgetreten sind, hat die Zeche hingegen unbeantwortet gelassen. Auch hat der Arbeitgeber trotz entsprechender Anforderung keine Versicherungsunterlagen, Lohnlisten o.ä. übersandt, denen sich die Ausfallzeiten des Klägers entnehmen lassen. Fehlt es aber an derartigen Versicherungsunterlagen, so läßt sich die Richtigkeit der Angaben der Zeche D vom 20.07.1998 nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen. Allerdings schließt das nicht aus, dass die Beitragszeiten durch zusätzliche Zeugenerklärungen bestätigt werden können, sofern sich aus ihnen mit ähnlicher Sicherheit wie aus Versicherungsunterlagen oder Lohnlisten ergibt, dass eine ununterbrochene Beitragsleistung vorgelegen hat. Abgesehen davon, dass die hier vorge legten Bescheinigungen sowie die vom Gericht eingeholte Arbeitgeberauskunft keine eindeutigen Angaben über alle denkbaren Unterbrechungszeiträume enthalten, hat der Kläger aber auch keine Zeugen für die behauptete Beitragszahlung während der hier streitigen Zeiten benannt.

Der Kläger hat ferner keinen Anspruch auf Einstufung der Zeit vom 15.03.1972 bis zum 29.l. l.l972 in Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI (vgl. Klageantrag zu Ziffer 2). Die Beklagte hat diese Zeit zu Recht nicht in eine der Qualifikationsgruppen nach Anlage 13 zum SGB VI eingestuft, sondern lediglich nach § 22 Abs.2 FRG als Zeit der Ausbildung bewertet. Eine Einstufung in eine der Qualifikationsgruppen nach Anlage 13 zum SGB VI kommt nur für Versicherte in Betracht, die sich nicht in einer Ausbildung befinden. Anderenfalls greift § 22 Abs. 2 FRG ein. Danach werden "Zeiten der Ausbildung als Lehrling oder Anlernling" feste Werte zugeordnet, indem sie für jeden Kalendermonat 0,025 Entgelt punkte erhalten. Obwohl der Kläger nach Abschluß seines Hochschulstudiums in dem hier in Rede stehenden Zeitraum vom 15.03.1972 bis 29.11.1972 auf der Zeche D unstreitig als Oberhauer/Aufsichtshauer, nicht aber als "Lehr- oder Anlernling" eingestellt und geführt wurde, kann diese Zeit lediglich nach § 22 Abs. 2 FRG Berücksichtigung finden. Unter § 22 Abs.2 FRG fallen üb r seinen Wortlaut hinaus nicht nur Lehr- und Anlernzeiten im klassischen Sinne, sondern sämtliche Zeiten, in denen ein Versicherter zwar schon berufstätig war, in denen aber der Ausbildungszweck überwog. Die Kammer geht unter Zugrundelegung der Angaben der Zeche D in ihrer Bescheinigung vom 26.05.2000 sowie der eigenen Angaben des Klägers aber davon aus, dass die vom 15.03.1972 bis 29.11.1972 verrichtete Tätigkeit überwiegend Ausbildungszwecken diente. Ausweislich der seitens des Gerichts eingeholten Auskunft der Zeche D mußte im polnischen Bergbauwesen jeder Absolvent einer Hochschule nach Beendigung des Studiums ein berufseinführendes Praktikum bzw. eine einführende Arbeitsprobezeit absolvieren und konnte erst nach dessen Beendigung und einer Bestätigung durch das Bezirksbergbauamt eine Arbeit als Aufsichtsperson aufnehmen. Entsprechend sei auch der Kläger vor Erhalt seiner Bestätigung durch das Bezirksbergbauamt am 01.12.1972 tätig gewesen. Unerheblich ist in soweit, ob diese Zeit - entsprechnd der Übersetzung der Arbeitgeberauskunft vom 17.06.2000 - als "berufseinführendes Praktikum" oder - entsprechend der überarbeiteten Fassung der Übersetzung vom 05.07.2000 - als "einführende Arbeitsprobezeit" zu bezeichnen ist. Denn im Rahmen der rechtlichen Beurteilung kommt es nicht auf die Bezeichnung als solche, sondern die tatsächlichen Umstände an. Danach aber diente die unmittelbar nach Abschluss des Hochschulstudiums - aufgenommene Tätigkeit des Klägers bis zum Zeitpunkt der Bestätigung durch das Bezirksbergbauamt am 01.12.1972 Ausbildungszwecken. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Umstand, dass der Kläger nach Ableistung dieser sechs Monate eine Prüfung vor dem Bezirksbergbauamt ablegen mußte. Auch er selbst p.at im Rahmen des Streitverfahrens vorgetragen, dass die von März bis November 1972 abgeleistete "Arbeitsprobezeit" einem im deutschen Steinkohlenbergbau für Studienabsolventen üblichen Traineeprogramm vergleichbar sei und - ebenso wie dieses - der Anpassung an die Grubenverhältnisse und Arbeitsabläufe diene. Damit einher gehen auch die früheren Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten. Bereits unter dem 04.01.1990 hatte dieser schriftlich gegenüber der Beklagten angegeben, in der Zeit vom 15.03.1972 bis 30.11.1972 eine betriebliche Einweisung (Anlernung) durchlaufen zu haben.

Im übrigen läßt sich auch dem Antrag auf Neueinstufung und Umstufung sowie dem Schreiben über die Beschäftigung des Klägers ab 01.12.1972 als Oberbergmann vom 19.12.1972 entnehmen, dass der Kläger zuvor, nämlich von März 1972 bis November 1972, noch nicht vollwertig als Oberbergmann tätig war. Hat der Kläger aber - auch unter Zugrundelegung seiner eigenen Angaben - in dem fraglichen Zeitraum tatsächlich eine betriebliche Einweisung erfahren bzw. eine einführende Arbeitsprobezeit durchlaufen, kommt es vorliegend nicht darauf an, ob seine Behauptung, gesetzmäßig von der Ableistung der vorbereitenden Arbeitsprobezeit befreit worden zu sein, zutrifft. Denn für die Einstufung nach § 22 Abs. 2 FRG kommt es nicht auf eine etwaige gesetzlich. e Verpflichtung, sondern die tat sächlich verrichtete Tätigkeit an ...

Der Klageantrag zu Ziffer 3 ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einstufung der Zelt vom 01.12.1972 bis 28.02.1974 sowie vom 01.03.1974 bis 30.11.1977 in die Qualifikationsgruppe 1 nach Anlage 13 zum SGB VI. Was die Tätigkeit des Klägers als Oberhauer vom 01.12.1972 bis 28.02.1974 an geht, so hat die Beklagte diese - unter Einhaltung der formellen Voraussetzungen, insbesondere der nach § 24 Abs. l SGB X erforderlichen Anhörung - mit Bescheid vom 21.08.2000 zu Recht in Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI eingestuft und den ursprünglichen Bescheid vom 12.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.1999 zu Recht insoweit nach § 45 Abs.1 und 2 SGB X zurückgenommen. Entgegen der Auffassung des Klägers erfolgt die Einstufung in eine der dort genannten fünf Qualifikationsgruppen nicht unter Berücksichtigung des - von der Einstufung in die Leistungsgruppen des FRG (Anlage 1 bis 17) bekannten -."Stufenaufbaus". Anders als dort tritt nämlich - wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat - ein für die Leistungsgruppeneinstufung wesentlicher Gesichtspunkt, die Berufserfahrung, in den Hintergrund. Nach der Präambel der Anlage 13 zum SGB VI(= Definition der Qualifikationsgruppen) hängt die Einstufung der Versicherten in eine der fünf Qualifikationsgruppen nämlich davon ab, ob sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die von Dezember bis Februar 1974· ausgeübte Tätigkeit als Oberhauer lediglich der Qualifikationsgruppe 4 (= Facharbeiter), nicht hingegen einer höheren Qualifikationsgruppe (Hochschulabsolventen, Fachschulabsolventen bzw. Meister) der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen. Zwar hat der Kläger ein Hochschulstudium absolviert, so dass die Voraussetzungen der Qualifikationsgruppe 1 (= Hochschulabsolventen) insoweit erfüllt wären.

Der Kläger hat als Oberhauer jedoch keine entsprechende Tätigkeit ausgeübt. Denn die Tätigkeit als Oberhauer setzt - dies wird auch von dem Kläger nicht bestritten - kein Hochschulstudium voraus. Entgegen der Auffassung des Klägers läßt sich die Einstufung in Qualifikationsgruppe 1 im übrigen auch nicht damit rechtfertigen, dass die Tätigkeit als Oberhauer notwendiges Durchgangsstadium für die später ausgeübte, ein Hochschulstudium voraussetzende Tätigkeit als Bergbauobersteiger war. Selbst wenn im polnischen Bergbau jeder, der eine aufsichtsführende Tätigkeit unter Tage anstrebt, mit der Tätigkeit eines Oberhauers beginnen und anschließend alle nachfolgenden Dienstgrade eines Schicht-, Revier-, Fahr- und Obersteigers durchlaufen mußte, würde dies nicht dazu führen, die Tätigkeit als Oberhauer, die kein Hochschulstudium voraussetzt, der Qualifikationsgruppe 1 zuzurechnen. Denn es kommt im Rahmen der Einstufung in eine Qualifikationsgruppen nach der Präambel der Anlage 13 zum SGB VI auf die konkret verrichtete Tätigkeit, nicht hingegen auf etwaige Aufstiegsmöglichkeiten und angestrebte Tätigkeiten an. Auch eine Einstufung der Tätigkeit als Oberhauer in Qualifikationsgruppe 2 (=Fachschulabsolventen) oder 3 (= Meister) kommt nicht in Betracht, weil diese Tätigkeit weder einen Fachschulabschluss noch einen Abschluß als Meister nicht eine vergleichbare Qualifikation voraussetzt. Der Kläger hat vielmehr als Oberhauer eine Facharbeitertätigkeit im Sinne der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI verrichtet. Darunter fallen Personen, die über eine Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmun gen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist (vgl. Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI). Diese Voraussetzungen sind bezüglich der Tätigkeit eines Oberhauers erfüllt. Dies steht unter Zugrundelegung der Angaben des Sachverständigen Dipl.-Ing. B in dem Verfahren LSG NRW L 2 Kn 7/82 sowie der eigenen Angaben des Klägers fest. Letzterer hat im Rahmen des Streitverfahrens vorgetragen, dass die Tätigkeit eines Oberhauers der eines Fahrhauers im deutschen Steinkohlenbergbau entsprochen habe. Nach den überzeugenden Ausführungen des Dipl.-Ing. B konnten zu Grubenfahr haue Bergleute bestellt werden, die die Hauerprüfung abgelegt das 35. Lebensjahr überschritten und eine mindestens 10-jährige Grubenpraxis nachgewiesen haben. Die Anerkennung als Fahrhauer war vom Bestehen einer Prüfung abhängig. Die insoweit erforderlichen Erkenntnisse wurden in einem sog. "Fahrhauer-Lehrgang" vermittelt, der im Bereich der Bergbau AG Westfalen rund 12 Wochen umfaßte (vgl. das Vernehmungsprotokoll über die Vernehmung des Sachverständigen Dipl.-Ing. B vom 14.01.1988 in dem Verfahren LSG NRW L 2 Kn 7/82). Nach Angaben des Sachverständigen verfügt der Fahrhauer damit zwar über ein fachliches Wissen und besondere praktische Erfahrungen, die über die Fertigkeiten und Kenntnisse der anderen Facharbeiter im Bergbau hinausgehen, und rückt daher in die Nähe derjenigen Angestellten, die durch Praxis und schulisches Wissen in Aufsichtsfunktionen stehen. Einer Fachschulausbildung bzw. einen Abschluss zum Meister im Sinne der Qualifikationsgruppen 2 und 3 der Anlage 13 zum SGB VI ist der "Fahrhauer-Lehrgang"aber nach Auffassung de Kammer nicht vergleich bar. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass es sich bei dem Oberhauer/Oberbergmann im polnischen Bergbau um eine Aufsichtsperson im Angestelltenverhältnis handelt, der Fahrhauer im deutschen Bergbau jedoch Arbeiter sei. Zum einen gelten die Qualifikationsgruppen einheitlich für Arbeiter-und Angestellte. Zum anderen nimmt - wie bereits dargestellt - auch der Fahrhauer, der als Facharbeiter ohne Meisterabschluss ebenfalls der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI angehört, Aufsichtsfunktionen wahr. Die unter Rücknahme des Bescheides vom 12.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.1999 erfolgte geringere Einstufung dieser Tätigkeit läßt schließlich auch keine Ermessensfehler erkennen. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es vorliegend lediglich um die Feststellung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten geht und Leistungen aus der Rentenversicherung bislang nicht bezogen wurden, so dass dem Kläger ein Vermögensschaden noch nicht entstanden ist. Das Vertrauen des Klägers auf den Bestand des Bescheides über die Feststellung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten ist auch für die Zukunft nicht schutzwürdig, während die Versichertengemeinschaft vor zu künftigen finanziellen Verlusten zu schützen ist.

Auch die mit Bescheid vom 12.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.1999 erfolgte Einstufung der im Anschluß an die Tätigkeit als Oberhauer vom 01.03.1974 bis 30.11.1977 ausgeübten Tätigkeit als Schichtsteiger in Qualifikationsgruppe 3 der Anlage 13 zum SGB VI ist rechtlich nicht beanstanden. Da diese Tätigkeit - ebenso wie die des Oberhauers - keinen Hochschul- bzw. Fachhochschulabschluss voraussetzt, ist sie weder in Qualifikationsgruppe 1 noch in Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen. Dies gilt aus den bereits genannten Gründen unabhängig davon, ob diese Tätigkeit notwendiges Durchgangsstadium für die später von dem Kläger aufgenommene Tätigkeit als Bergbauobersteiger war.

Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Einstufung der Zeit vom 01.12.1971 bis zum 28.02.1972, in der er ein Diplom-Praktikum absolviert hat, in Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zum SGB VI (vgl. Klageantrag zu Ziffer 4). Zeiten des Studiums an höheren Schulen (Hochschulen) einschließlich der während dieser Zeit abgeleisteten Praktika können nur als Anrechnungszeit anerkannt werden. Denn auch in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung würde ein während der Dauer eines Stu4iums abgeleistetes Praktikum keine Versicherungspflicht auslösen. Personen, die während der Dauer eines Studiums als ordentlich Studierende einer Fachschule oder Hochschule ein Praktikum ableisten, das in ihrer Studienordnung oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist, sind nämlich gemäß § 5 Abs.3 SGB VI versicherungsfrei.

Die Kostenentscheidung beruht auf§§ 183, 193 SGG.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54,

45130 Essen,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem

Sozialgericht Gelsenkirchen, Ahstraße 22,

45879 Gelsenkirchen;

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift d s Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss innerhalb er Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in d. er gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Rechtskraft
Aus
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