L 18 R 1139/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 16 R 792/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 R 1139/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 7.11.2016 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit Rentenbeginn am 1.9.2014.

Der am 00.00.1951 geborene Kläger hat von 1.4.1965 bis zum 31.3.1968 den Beruf des Einzelkaufmanns erlernt und später (1980) die Zusatzqualifikation "Handelsfachwirt" erworben. Im Versicherungsverlauf sind die Zeiten ab dem 1.4.1965 bis zum 31.8.2014 mit Ausnahme der Zeit vom 1.1.1981 bis 31.12.1983 mit Beitragszeiten belegt. Für die Zeit vom 1.1.1981 bis zum 31.12.1983 hat der Kläger - anders als zuvor und danach - keine freiwilligen Beiträge entrichtet. Für das Jahr 1983 waren zunächst Pflichtbeiträge gezahlt worden, die aber nach Durchführung eines Statusfeststellungverfahrens wieder erstattet wurden. Seit dem 1.1.1991 war der Kläger durchweg bei Unternehmen der Gruppe "Getränke X" versicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 1.4.2002 bis zum 31.8.2006 war er bei der M Verwaltungsgesellschaft mbH (im Folgenden: M GmbH), der persönlich haftenden Gesellschafterin der M GmbH & Co. KG (im Folgenden: M KG), beide sind Unternehmen der Gruppe "Getränke X", als Geschäftsführer (vollzeit-)beschäftigt.

Vom 1.9.2006 bis zum 31.12.2011 war er für die Firma M KG (im Vertrag als "M GmbH & Co" bezeichnet) aufgrund eines am 29.8.2006 geschlossenen Arbeitsvertrages (unterschrieben für den Arbeitgeber von C I) tätig. Dieser Arbeitsvertrag enthielt u.a. folgende Regelungen:

§ 1 Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom 01.09.2006 als Angestellter im Außendienst eingestellt. Der Arbeitsvertrag ist befristet bis 31.08.2012. Der Vertrag muss 6 Monate vor Ablauf der Befristung gekündigt werden, sonst verlängert er sich jeweils um 1 Jahr.
...
§ 2 Der Arbeitnehmer übernimmt folgende Aufgaben, die im Wesentlichen im Außendienst bzw. über den Home-Office-Bereich abgeleistet werden:
- Beratung der Geschäftsleitung M in allen Angelegenheiten, insbesondere bei der Akquisition neuer Standorte
- Projekt- und Sonderaufgaben für Getränke X und I GBR
...
§ 3 ... Das Anstellungsverhältnis endet mit Ablauf der Befristung. Die Laufzeit dieses befristeten Vertrags schließt eine Kündigung nach den gesetzlichen Vorschriften nicht aus.

Ab dem 1.1.2012 wurden die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung von einem anderen Unternehmen der Gruppe "Getränke X" gezahlt, der HWH-Getränke-Vertriebsgesellschaft mbH (im Folgenden: HWH). Diese stellte dem Kläger nunmehr (bei unveränderter Gehaltshöhe) die monatlichen Gehaltsabrechnungen aus. Die Krankenkasse BARMER GEK (heute: Barmer) übersandte der HWH unter dem 20.2.2012 eine Mitgliedsbescheinigung für den Kläger, die unter anderem die Mitteilung enthielt: "Mit Beginn der Beschäftigung am 01.01.2012 ist I L bei der BARMER GEK gut versichert". Die HWH kündigte das Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger zum 31.8.2012, dem Ende der im Arbeitsvertrag vom 29.8.2006 vereinbarten Frist; einen Kündigungsgrund gab sie nicht an. Das Kündigungsschreiben der HWH vom 25.1.2012 (fälschlich unter dem Datum "25.1.2011" verfasst) war unterzeichnet vom damaligen Geschäftsführer der HWH J F. Vom 1.9.2012 bis zum 30.8.2014 bezog der Kläger Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit (BA). In der für die BA bestimmten Arbeitsbescheinigung gab die HWH an, der Kläger sei bei ihr vom 1.1.1991 bis zum 31.8.2012 als kaufmännischer Angestellter tätig gewesen; das Beschäftigungsverhältnis sei von ihr schriftlich am 25.1.2012 zum 31.8.2012 gekündigt worden.

Am 28.5.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente mit Beginn am 1.9.2014, vorzugsweise einer Altersrente für besonders langjährige Versicherte. Auf Nachfrage teilte er mit, seine Arbeitslosigkeit sei "durch das Auslaufen eines befristeten Arbeitsvertrages zum 31.8.2012 entstanden". Sein damaliger Arbeitgeber, "die Firma M GmbH", habe den Geschäftsbetrieb zum 31.12.2011 eingestellt, und es habe für ihn keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung gegeben (E-Mail vom 18.6.2014).

Die Beklagte bewilligte dem Kläger zum gewünschten Rentenbeginn (1.9.2014) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (als vorzeitige Altersrente mit dem für ihn günstigsten Zugangsfaktor) in Höhe von zunächst 1.509,89 EUR monatlich (zum Vergleich: die Altersrente für besonders langjährig Versicherte hätte zu diesem Zeitpunkt 1.596,07 EUR monatlich betragen). Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte bestehe erst ab dem 1.4.2015. Die Arbeitslosigkeit ab dem 1.9.2012 sei für die Wartezeit nicht zu berücksichtigen, da sie nicht auf einer Geschäftsaufgabe oder Insolvenz des letzten Arbeitgebers beruhe. Die Wartezeit von 45 Jahren sei damit zum gewünschten Rentenbeginn mit nur 533 berücksichtigungsfähigen Monaten (noch) nicht erfüllt (Bescheid vom 10.9.2014).

Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger die Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 1.9.2014. Mit Rentenbeginn erst am 1.4.2015 wolle er diese Rente nicht beziehen. Im Falle einer endgültigen Versagung dieser Rente solle es bei der ab dem 1.9.2014 gewährten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit verbleiben. Zur Begründung trug er vor, die M KG habe ihre operative Tätigkeit zum 31.12.2011 eingestellt. Sie sollte anschließend abgewickelt werden und werde derzeit auch abgewickelt. Mit Wirkung ab dem 1.1.2012 sei der Geschäftsbetrieb von der HWH übernommen worden. Diese habe von Anfang an beabsichtigt, das operative Geschäft zu beenden. Sie habe den Getränkevertrieb eingestellt. Das Arbeitsverhältnis sei fristgemäß zum 31.8.2012 gekündigt worden. In der Zeit vom 1.1. bis 31.8. 2012 habe er Abwicklungsarbeiten insbesondere im Hinblick auf die Beendigung der Vertriebsstrukturen durchgeführt. Dann sei sein Arbeitsplatz endgültig entfallen. Er legte dazu eine Bescheinigung der M KG vor, wonach diese das operative Geschäft zum 31.12.2011 eingestellt habe und danach eine weitere Beschäftigung des Klägers nicht möglich gewesen sei (Schreiben vom 8.10.2014).

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers zurück: Die Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn seien nicht zu berücksichtigen, weil eine vollständige Geschäftsaufgabe nicht nachgewiesen werden könne (Widerspruchsbescheid vom 11.8.2015).

Mit seiner Klage vom 21.8.2015 hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Es sei allein ausschlaggebend, dass die M KG den operativen Betrieb vollständig eingestellt habe. Die HWH habe die M KG nicht übernommen. Sie habe vielmehr im Rahmen eines sog. Asset-Deals nur Teile des Geschäftes der M KG, nämlich den Vertrieb, übernommen. Dieser sei allerdings mit der Maßgabe übernommen worden, dass die Kundenbeziehungen auf die Übernehmerin übertragen würden. Dies sei bei einem Asset-Deal so üblich. Es gehe dabei nicht um die Übernahme von Mitarbeitern oder Sachwerten. Es gehe ausschließlich um den immateriellen Wert, der übernommen werde. Bei einer derartigen Konstellation werde die Verkäuferin weder automatisch noch unmittelbar im Handelsregister gelöscht. Endgültig eingestellt sei jedoch das operative Geschäft. Ein Arbeitsplatz habe für ihn nicht mehr zur Verfügung gestanden. Es komme nicht darauf an, ob bei der HWH ein Arbeitsplatz für ihn vorhanden gewesen wäre. Diese habe ihr eigenes Vertriebsnetz gehabt. Ein Bedarf an Mitarbeitern wie ihm habe nicht bestanden. Dementsprechend habe er Arbeitslosengeld beantragt und auch erhalten. Im Erörterungstermin am 26.8.2016 hat er vorgetragen (bzw. unwidersprochen vortragen lassen), die HWH habe ihn seinerzeit gebeten, für sie noch bei der M KG erforderliche Abwicklungen durchzuführen; im Zuge der Übertragung des operativen Geschäfts von der M KG auf die HWH sei insbesondere das Recht der Namensgebung übertragen worden; Arbeitnehmer oder Vorräte seien nicht übertragen worden; aufgrund der Regelungen über Franchisenehmer habe kein Betriebsübergang stattfinden können. Er hat außerdem darauf hingewiesen, dass ihm 2011 nicht bekannt war, dass er irgendwann einmal einen Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte haben könnte.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Standpunktes ausgeführt, der Bezug des Arbeitslosengeldes beruhe weder auf einer Insolvenz noch auf einer vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers. Es bleibe unklar, wer der letzte Arbeitgeber des Klägers gewesen ist. So werde von Seiten des Klägers vorgetragen, dass die M KG ab dem 1.1.2012 von der HWH übernommen sei. Gleichwohl habe die (offenbar noch existierende) M KG dem Kläger mit Schreiben unter dem 8.10.2014 bestätigt, dass sie den operativen Geschäftsbetrieb zum 31.12.2011 eingestellt habe. Letztlich sei für beide Firmen nicht nachgewiesen, dass sie den Geschäftsbetrieb vollständig aufgegeben hätten. Die Aufgabe des operativen Geschäfts sei dazu nicht ausreichend.

Das SG hat den Zeugen I, Geschäftsführer der M GmbH, persönlich haftende Gesellschafterin der M KG, am 29.8.2016 als Zeugen gehört. Er hat ausgesagt, es wäre schwierig bzw. unmöglich gewesen, den Kläger über den 31.12.2011 hinaus bei der M KG weiter zu beschäftigen. Darüber, ob er im Verwaltungsbereich hätte eingesetzt werden können, habe man nicht so recht nachgedacht, weil er zuvor im aktiven Geschäft tätig war. Die M KG bestehe nach wie vor, er sei weiter mit deren Abwicklung beschäftigt. Sie werde sich aber wahrscheinlich in den nächsten Monaten auflösen.

Das SG hat die Klage - im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - abgewiesen: Die Zeit des Arbeitslosengeld-Bezuges sei entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf die Wartezeit anzurechnen, weil die M KG am 31.12.2011 ihr Geschäft nicht vollständig aufgegeben habe (Urteil vom 7.11.2016, dem Kläger am 15.11.2016 zugestellt).

Mit seiner Berufung vom 14.12.2016 vertritt der Kläger weiter die Auffassung, dass die M KG ihren Geschäftsbetrieb am 31.12.2011 vollständig eingestellt habe. Das operative Geschäft sei veräußert worden. Es seien nur noch Abwicklungsarbeiten durchgeführt worden. Bei vollständiger Aufgabe des Geschäftsbetriebs könne es sich nur um die operative Tätigkeit des Arbeitgebers handeln. Auf die Frage der Eintragung im Handelsregister komme es nicht an. Mit der Einstellung der Geschäftstätigkeit als solcher beginne die Auflösungsphase einer Gesellschaft. In der Auflösungsphase müsse grundsätzlich die Gesellschaft abgewickelt werden. Dazu seien lediglich Abwicklungsarbeiten durchzuführen. Zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei es nicht durch einen gesetzlichen "Fehlanreiz" des Gesetzes gekommen. Eine missbräuchliche Konstellation liege nicht vor. Welche der beiden Gesellschaften als Arbeitgeber den Lohn gezahlt habe, sei rechtlich nicht relevant. Auch ein Dritter könne eine Schuld erfüllen. Es möge sein, dass es Vereinbarungen dazu zwischen der M KG und der HWH gegeben habe. Dies werde vermutlich so gewesen sein. Dies bedeute aber nicht, dass er dem zugestimmt habe oder überhaupt gefragt worden sei. Ihm könne auch nicht vorgehalten werden, dass er Arbeiten für die HWH durchgeführt habe. Er sei davon ausgegangen, dass er infolge der Einstellung des operativen Geschäftes seitens seines Arbeitgebers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist seine Arbeitskraft auf Anweisung des (bisherigen) Arbeitgebers auch zu Gunsten eines Dritten (der HWH) erfüllen müsse.

Nach einem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.5.2019 hat der Senat die HWH Getränkevertriebsgesellschaft mbH C beigeladen (Beschluss vom 22.7.2019; fortan: Beigeladene)

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 7.11.2016 zu ändern und nach dem Schlussantrag erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Handele es sich bei dem Arbeitgeber des Versicherten um eine Gesellschaft, so sei in der Regel von einer vollständigen Geschäftsaufgabe erst dann auszugehen, wenn der Arbeitgeber nicht mehr existent sei, also die Gesellschaft liquidiert und aus dem Handelsregister gelöscht worden ist. In der Aufgabe des operativen Geschäfts zum 31.12.2011 sei keine vollständige Geschäftsaufgabe zu sehen. Die Anknüpfung an dem betriebswirtschaftlichen Begriff des operativen Geschäftes sei bedenklich. Es stelle sich die Frage, welche Tätigkeiten eigentlich zum operativen Geschäft gehörten. Dies dürfte gerade bei Dienstleistungsunternehmer nicht ohne Schwierigkeiten festzustellen sein. Letztlich könne dahingestellt bleiben, ob die M KG zum 31.12.2011 das operative Geschäft aufgegeben habe und dies eine vollständige Geschäftsaufgabe sei. Fest stehe, dass der Kläger nach dem 31.12.2011 bis zum 31.8.2012 bei der Beigeladenen beschäftigt gewesen und damit die M KG nicht der letzte Arbeitgeber des Klägers gewesen sei. Das Arbeitsverhältnis des Klägers sei auf die Beigeladene übergegangen. Diese habe das Anstellungsverhältnis mit Kündigungsschreiben vom 25.1.2012 zum 31.8.2012 gekündigt. Dieses Schreiben beweise, dass zumindest die Beigeladene davon ausgegangen ist, dass sie die M KG im Wege der Betriebsübernahme übernommen hat.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Sie führt aus: Im Zuge der Übernahme der Getränkemärkte der M KG durch die Beigeladene seien etwa 30 Märkte und etwa 60 Mitarbeiter auf die Beigeladene übergegangen. Außer dem Kläger haben alle von der M KG übernommenen Arbeitnehmer ein "Schreiben nach § 613a BGB" bekommen. Der Kläger sei nicht übernommen worden, weil er in einem Bereich gearbeitet habe, aus dem niemand benötigt wurde. Da man überdies festgestellt habe, dass der Kläger mit einem befristeten Vertrag ausgestattet war, habe man diesen Vertrag fristgerecht gekündigt. Das Anstellungsverhältnis des Klägers sei ab dem 1.1.2012 von ihr abgerechnet und auch sozialversicherungstechnisch so gemeldet worden. Dem müsse wohl eine Absprache der Inhaber der beiden Unternehmen zugrunde gelegen haben.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung die Zeugen I und F vernommen.

Der Zeuge F hat ausgeführt, der Kläger sei bei der HWH beschäftigt gewesen. Die HWH habe während seiner Geschäftsführung von der "Firma X" Getränkemärkte übernommen. Während dieses Übernahmezeitraums seien die Mitarbeiter der "Firma M GmbH & Co" sowohl in der Verwaltung als auch die Verkaufsmitarbeiter von der Beigeladenen übernommen worden. Auch der Kläger habe zu den im Zuge dieser Übernahme übernommenen Beschäftigten gehört. Man habe bei der Übernahme eine Jahresfrist zu beachten gehabt, innerhalb deren entschieden werden sollte, ob jemand auf Dauer übernommen wird oder nicht. Er wisse, dass alle Mitarbeiter der "Firma M GmbH & Co" von der Beigeladenen angeschrieben und informiert worden, aber außerdem auch mündlich über die anstehende Übernahme informiert worden seien. Er wisse nicht sicher, ob alle auch mündlich informiert worden seien, gehe aber davon aus. Die neuen Mitarbeiter seien in den Räumlichkeiten der Beigeladenen begrüßt und an ihre Arbeitsplätze geschickt worden. Der Kläger - als einer von 5 oder 6 aus dem Bereich der Verwaltung übernommenen Mitarbeiter - und er selbst als neuer Geschäftsführer der HWH seien auch dabei gewesen. Der Kläger habe von dort seinen neuen Arbeitsplatz im Bereich der HWH angenommen. Von den etwa 30 von der M KG übernommenen Getränkemärkten seien etwa die Hälfte durch Franchisenehmer betrieben worden. Die Beigeladene habe damals mit den Getränkemärkten etwa 40-50 Mitarbeiter übernommen. Die von der M GmbH Co KG übernommenen Getränkemärkte seien noch heute als "M-Getränkemärkte" am Markt tätig. Er sei an den Vertragsverhandlungen nicht beteiligt gewesen, sondern sei erst wieder mit dem Auftrag zur Firma X gekommen, die übernommenen Getränkemärkte unter der Firma HWH weiterzuführen.

Der Zeuge I hat erklärt, er wisse nicht mehr, ob er mit dem Kläger nach Beendigung von dessen Geschäftsführertätigkeit bei der M KG einen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen habe. Er erinnere sich aber, dass der Kläger noch für die M KG tätig war, aber aus gesundheitlichen und privaten Gründen kürzer treten wollte. Die Firma M KG, deren Geschäftsführer er bereits bei der Abgabe der Getränkemärkte gewesen sei, habe damals einen Teil der Getränkemärkte und der Lieferbeziehungen an die Beigeladene übergeben, sie habe "sozusagen die Assets verkauft". Sie habe damals 3-5 Mitarbeiter in der Verwaltung und einige Außendienstmitarbeiter gehabt, dazu habe auch der Kläger gehört. Der Kläger sei der einzige Arbeitnehmer gewesen, der nicht auf die HWH übergegangen sei. Nach dem Übergang der Getränkemärkte sei der Kläger nicht mehr berufstätig gewesen.

Wegen der Darstellung der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Personalakte des Klägers und den Verwaltungsvorgang der Bundesagentur für Arbeit Bezug, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens ist nur ein Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit Rentenbeginn am 1.9.2014. Der Kläger hat mehrfach ausdrücklich erklärt, diese Rente mit einem späteren Rentenbeginn nicht in Anspruch nehmen zu wollen. Diesem Begehren entspricht der in der mündlichen Verhandlung am 28.5.2019 gestellte Sachantrag. Bei dem in der mündlichen Verhandlung am 28.1.2020 gestellten Antrag, "nach dem Schlussantrag erster Instanz zu erkennen", handelt es sich offensichtlich um eine irrtümliche Falschbezeichnung (falsa demonstratio). Einen "Schlussantrag erster Instanz" gibt es nicht, weil das SG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. Tatsächlich in Bezug genommen werden sollte offensichtlich der in der mündlichen Verhandlung am 28.5.2019 gestellte Sachantrag.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10.9.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.8.2015 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 1.9.2014 anstelle der ihm gewährten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

Die Voraussetzungen des einzig als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 236b Abs 1 iVm Abs 2 S 1 SGB VI in der Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes vom 23.6.2014 liegen nicht vor.

Dem geltend gemachten Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte steht nicht von vorneherein die Einwendung aus § 34 Abs 4 Nr 3 SGB VI in der seit dem 1.8.2004 geltenden Fassung entgegen. Nach dieser Vorschrift ist (nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder) für Zeiten des Bezugs einer Rente wegen Alters der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen. Dies betrifft - trotz des Bezugs einer vorzeitigen Altersrente bereits ab dem 1.9.2014 - schon deshalb nicht den vom Kläger gewünschten Wechsel von der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zur Altersrente für besonders langjährig Versicherte, weil beide Renten zum gleichen Zeitpunkt beginnen (sollen). In einem solchen Fall liegt schon begrifflich kein Wechsel vor (Bundessozialgericht (BSG). Urteil (Urt) vom (v) 28.6.2018. Aktenzeichen (Az) B 5 R 25/17 R, Rn 20 mwN = BSGE 126, 128ff = SozR 4-2600 § 51 Nr 2; BSG Urt v 12. März 2019. Az B 13 R 19/17 R Rdnr 12 mwN = SozR 4-2600 § 51 Nr 3).

Versicherte, die vor dem 1.1.1953 geboren sind, haben Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet (Abs 1 Nr 1) und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben (Abs 1 Nr 2), § 236b Abs. 1 iVm Abs 2 Satz 1 SGB VI. Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht erfüllt. Zwar ist er vor dem 1.1.1953 (nämlich am 00.00.1951) geboren und hatte am 00.00.2014 (also vor dem 1.9.2014) das 63. Lebensjahr vollendet. Er erfüllt jedoch nicht die 45-jährige Wartezeit.

Welche Zeiten auf die 45-jährige Wartezeit angerechnet werden, regelt § 51 Abs 3a S 1 SGB VI. Danach werden auf diese Wartezeit Kalendermonate angerechnet mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (Nr 1), Berücksichtigungszeiten (Nr 2), Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung (Nr 3 Buchst a), Leistungen bei Krankheit (Nr 3 Buchst b) und Übergangsgeld (Nr 3 Buchst c), soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind. Dabei werden Zeiten nach Nr 3 Buchst a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine (Insolvenz oder) vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt. Außerdem werden auf die Wartezeit von 45 Jahren unter bestimmten Voraussetzungen Kalendermonate mit freiwilligen Beiträgen angerechnet (Nr 4).

Der Kläger hat bezogen auf den 1.9.2014 nach der zutreffenden Berechnung der Beklagten 533 Kalendermonate zurückgelegt, die auf die 45-jährige Wartezeit (= 540 Monate) anzurechnen sind. Die Zeit des Arbeitslosengeldbezuges vom 1.9.2012 bis 30.8.2014 ist nicht zu berücksichtigen. Die zum 1.9.2012 eingetretene Arbeitslosigkeit ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht durch eine vollständige Geschäftsaufgabe seines Arbeitgebers - die vorliegend allein als Rückausnahmefall in Betracht kommt - bedingt. Eine vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers liegt unter Berücksichtigung des Bedeutungsgehalts ähnlicher Wortverbindungen sowie von Sinn und Zweck der Norm und systematischen Erwägungen nur vor, wenn das gesamte Unternehmen des konkreten rechtlichen Arbeitgebers als Basis vorhandener Beschäftigungen wegfällt, d.h. die gesamte Unternehmensorganisation insbesondere durch Entlassung aller Arbeitnehmer, d.h. Beendigung sämtlicher Beschäftigungen, und Veräußerung oder sonstige Weggabe aller Sachmittel aufgelöst wird (BSG. Urt v 17.8.2017, Az B 5 R 16/16 R, Rdnr 35,juris; BSG. Urt v 28.6.2018, Az B 5 R 25/17 R, Rdnrn 37, 39 juris; BSG. Urt v 12.3.2019, Az B 13 R 19/17 R, Rdnrn 22f juris). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Bei dieser Beurteilung geht der Senat von folgendem nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme erwiesenem Sachverhalt aus: Das auf der Grundlage des Arbeitsvertrages zwischen der M KG und dem Kläger vom 29.8.2006 entstandene Arbeitsverhältnis ist kraft Gesetzes mit Wirkung zum 1.1.2012 auf die Beigeladene als neue Arbeitgeberin übergegangen. Die Beigeladene hat dieses bis zum 31.8.2012 befristete Arbeitsverhältnis durch die "Kündigung" vom 25.1.2012 zum vorgesehenen Fristende auslaufen lassen, weil sie für den Kläger als Arbeitnehmer in ihrem Unternehmen keine Verwendung (mehr) hatte. Dies folgt aus den aktenkundigen Unterlagen, den Aussagen der Zeugen I und insbesondere F sowie den plausiblen und glaubhaften Angaben der Beigeladenen; die zum Teil abweichenden Angaben des Klägers wirken dabei nicht überzeugungshindernd. Im Einzelnen:

Der Betrieb der M KG ist zum 1.1.2012 von der Beigeladenen übernommen worden, die damit kraft Gesetzes neue Arbeitgeberin des Klägers geworden ist. Nach § 613a Abs 1 Satz 1 Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) tritt ein anderer Inhaber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf ihn übergeht. Diese Vorschrift ist zwingendes Gesetzesrecht (ius cogens). Ihre Rechtsfolgen können durch Einzelabsprachen nicht ausgeschlossen werden. Der Erwerber eines Betriebs bzw. Betriebsteils kann die Übernahme einzelner Arbeitnehmer nicht ablehnen (Edenfeld in: Ermann BGB. 15. Auflage 2017. § 613a BGB, Rdnrn 3, 47).

Die Voraussetzungen des § 613a BGB liegen vor. Ein Betriebsübergang hat zum 1.1.2012 stattgefunden. Mit diesem Zeitpunkt ist der Betrieb der M KG auf die Beigeladene übergegangen, weil - wie die Zeugen I und F, aber auch der Kläger und die Beigeladene bestätigen - die M KG mit diesem Zeitpunkt ihr Kerngeschäft am Markt veräußert hat, indem sie, wie der Zeuge I präzisiert, Getränkemärkte und Lieferbeziehungen an die Beigeladenen übergeben und ihr damit "ihre Assets verkauft" hat. Dies genügt für einen Betriebsübergang (vgl dazu: Mansel in: Jauernig. BGB. Kommentar. 17. Aufl. 2018, Rdnrn 3f mwN). Die M KG war nach übereinstimmenden Angaben des Klägers, der Beigeladenen und des Zeugen I seither nicht mehr werbend am Markt tätig, sondern wurde lediglich noch (offenbar bis heute) abgewickelt. Anhaltspunkte, dass der Betriebsübergang nicht rechtsgeschäftlich erfolgt sein könnte, liegen nicht vor. Vielmehr hat der Zeuge I auf schriftliche notarielle Verträge zwischen der M KG und der Beigeladenen hingewiesen. Einer vollständigen Unternehmensübernahme oder einer Löschung der M KG im Handelsregister bedarf es dazu schon nach dem Wortlaut der Bestimmung ("Betrieb oder Betriebsteil") nicht. Mit diesem Betriebsübergang ist das Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis des Klägers eo ipso auf die Beigeladene übergegangen. Davon sind offenbar auch die Vertragsparteien ausgegangen: In der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 31.8.2012 ist die Lohn- und Beitragszahlung durch die Beigeladene erfolgt. Diese hat den Übergang des Beschäftigungsverhältnisses offenbar auch der Krankenkasse des Klägers als Einzugsstelle mitgeteilt, die ihr im Gegenzug die Mitgliedschaft des Klägers auch im neuen Beschäftigungsverhältnis "ab 1.1.2012" bestätigt hat. Die Beigeladene hat unter dem 13.3.2012 die Arbeitsbescheinigung für die BA ausgestellt und ein Beschäftigungsverhältnis sogar durchgehend vom 1.1.1991 bis zum 31.8.2012 bescheinigt. Das Eintrittsdatum "1.1.1991" wird auch in der Gehaltsabrechnung der Beigeladenen von Juli 2012, die sie als Arbeitgeberin ausweist, angegeben. Diese feststehenden Tatsachen bestätigen, dass die Beigeladene sich jedenfalls auch für die Zeit vom 1.1.2012 bis 31.8.2012 als Arbeitgeberin des Klägers angesehen, und der Kläger dies - wie den Betriebsübergang - offenbar unwidersprochen hingenommen hat. Auch die M KG ist davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ab dem 1.1.2012 nicht mehr bestanden hat. So ist im Jahres-Lohnkonto 2011 vom 13.1.2012 bezüglich des Klägers als Austrittsdatum der 31.12.2011 angegeben. Das gleiche Austrittsdatum wird im Personalstamm 12/2011 unter dem 13.1.2012 angegeben. Zusätzlich enthält der Personalstamm 12/2011 als Austrittsgrund die Angabe "Betriebsübernahme". Schließlich spricht für einen Betriebsübergang insbesondere auch die glaubhafte Aussage des Zeugen F, der zum maßgeblichen Zeitpunkt am 1.1.2012 Geschäftsführer der Beigeladenen war und die Kündigung des Klägers zum 31.8.2012 - nach Angaben der Beigeladenen offenbar "auf Anweisung" eines Gesellschafters - unterschrieben hat. Er hat außerdem ausgesagt, dass die früheren Mitarbeiter der M KG über die Übernahme durch die Beigeladene schriftlich informiert worden. Der Kläger - der nach Angabe der Beigeladenen als einziger von etwa 50-60 Mitarbeitern nicht angeschrieben worden ist - sei jedenfalls mündlich über die Übernahme informiert worden und bei der Begrüßung durch den neuen Arbeitgeber auch persönlich anwesend gewesen. Diesen Betriebsübergang bestätigt mittelbar auch der Zeuge I, wenn er aussagt, der Kläger sei der einzige Arbeitnehmer der M KG gewesen, der nicht "übernommen" wurde. Dementsprechend ist auch die Angabe der Beigeladenen, der Kläger sei nicht übernommen worden, unabhängig davon, dass dieser Vortrag im Widerspruch zu allen ihren aktenkundigen Dokumenten, insbesondere zur Beitragszahlung für die Zeit vom 1.1.2012 bis 31.8.2012 und der von ihr unter dem 25.1.2012 ausgesprochenen Kündigung, nichts Anderes als ein Irrtum über die rechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs.

Die zum Teil abweichenden, im Verlauf des Verfahrens mehrfach geänderten und angepassten eigenen Angaben des Klägers sieht der Senat damit als widerlegt an. Sie sind überdies widersprüchlich und deshalb unglaubhaft: Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger vorgetragen, der Geschäftsbetrieb der M KG sei mit Wirkung ab dem 1.1.2012 von der HWH übernommen worden, auf dem im Mai 2016 zu den Akten gereichten Fragebogen hat er bestätigt, vom 1.1. bis zum 31.8.2012 bei der Beigeladenen beschäftigt gewesen zu sein. Später hat er abweichend vorgetragen, die HWH habe die M KG nicht übernommen, aufgrund der Regelungen über Franchisenehmer habe gar kein Betriebsübergang stattfinden können. Außerdem hat er vorgetragen, im Zuge der Übertragung des operativen Geschäfts von der M KG auf die HWH seien [ ] Arbeitnehmer nicht übertragen worden". Im Zuge der Beweisaufnahme hat sich indes - vom Kläger unwidersprochen - aufgrund der Aussage des Zeugen F und der Angaben der Beigeladenen erwiesen, dass die Beigeladene mit der Übernahme des Kerngeschäfts der M KG 50-60 Arbeitnehmer übernommen hat. Der Kläger selbst war danach bei der Begrüßung der neuen Arbeitnehmer in den Räumen der Beigeladenen zugegen und hat dann dort seinen neuen Arbeitsplatz eingenommen. Schließlich hat der Kläger vorgetragen, die Beigeladene habe von Anfang an beabsichtigt, das operative Geschäft zu beenden, und den Getränkevertrieb eingestellt. Dies ist ebenfalls durch die Angaben der Beigeladenen sowie die Aussagen der Zeugen F und I widerlegt.

Zugutegehalten werden kann dem Kläger allenfalls, dass das Unternehmensgeflecht der Familiengesellschaften der Familien X und I derart unübersichtlich gewesen sein mag, dass nicht klar erkennbar war, wer gerade für welche Gesellschaft handelte. So hat der Kläger im Fax vom 28.6.2014 von der M GmbH gesprochen, obwohl er bei der M KG beschäftigt war. Die Beigeladene hat in der Arbeitsbescheinigung für die BA ein Anstellungsverhältnis bei ihr "ab 01.01.1991" bescheinigt, obwohl der Kläger dort erst ab dem 1.1.2012 beschäftigt war. Zudem hat der Kläger selbst vorgetragen, auch nach dem 1.1.2012 noch Anweisungen/Aufträge des Zeugen I erhalten zu haben.

Da nach den vorangehenden Ausführungen die Beigeladene der letzte Arbeitgeber des Klägers war, liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs 3a SGB VI ersichtlich nicht vor. Die Beendigung der Beschäftigung des Klägers, die ihrerseits Ursache der Arbeitslosigkeit als Voraussetzung für Arbeitslosengeld ist (§ 136 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)), muss auf einer vollständigen Geschäftsaufgabe seines letzten Arbeitgebers beruhen. Eine vollständige Geschäftsaufgabe der Beigeladenen liegt offenbar nicht vor und wird vom Kläger auch zuletzt nicht mehr behauptet. Im Gegenteil hat der Zeuge F bekundet, dass die von der Beigeladenen übernommenen "M Getränkemärkte" bis heute weiter am Markt tätig sind. Somit kommt es im Ergebnis auf die von den Beteiligten erörterten Rechtsfragen, ob die Aufgabe des "operativen Geschäfts" eine vollständige Geschäftsaufgabe sein kann und ob der Kläger bei der M über den 31.12.2011 hinaus für Abwicklungs- und Verwaltungsarbeiten hätte beschäftigt werden können, nicht mehr entscheidend an.

Die nach dem 31.8.2012 eingetretene Arbeitslosigkeit beruhte zur Überzeugung des Senats auch nicht mittelbar auf einer - hierbei unterstellten - vollständigen Geschäftsaufgabe der M KG zum 31.12.2011. Zum einen bedarf es einer unmittelbaren Kausalität zwischen Geschäftsaufgabe und Arbeitslosigkeit iS der Nahtlosigkeit, d.h. die Geschäftsaufgabe eines anderen früheren Arbeitgebers genügt nicht (vgl dazu BSG Urt v 17.8.2017, Az B 5 R 8/16 R, juris Rn 35 = BSGE 124ff = SozR 4-2600 § 51 Nr 1 mwN; SG Karlsruhe Urt v 2.12.2015, Az S 7 R 1644/15). Zum Anderen hielte der Senat - käme es darauf an - eine solche (mittelbare) Kausalität nicht für erwiesen, sondern für mindestens ebenso gut möglich, dass der Kläger, die M KG und/oder die Beigeladene die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.8.2012 als Folge einer langfristigen Planung eines geordneten Ausscheidens des Klägers aus dem Erwerbsleben einvernehmlich angestrebt haben. Dafür spricht, dass der Kläger bereits 2006 gesundheitlich kürzer treten wollte oder musste und der damalige Arbeitsvertrag auf einen Endzeitpunkt terminiert wurde, zu den der Kläger - nach Ausschöpfung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld vorzeitig (wenn auch aus damaliger Sicht mit Abschlägen) - eine Altersrente in Anspruch nehmen konnte. Dafür spricht weiter, dass die Beigeladene den Kläger als einzigen Arbeitnehmer vor der Übernahme des Kerngeschäfts der M KG nicht nach § 613a Abs 5 BGB angeschrieben hat, wohl weil sie davon ausging, dass das Arbeitsverhältnis mit Fristablauf ohnehin einvernehmlich enden sollte. Dem entspricht, dass der Kläger dem ihm gleichwohl bekannten Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht nach § 613a Abs 6 BGB widersprochen hat. Für eine einvernehmliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses spricht außerdem, dass der Kläger auch die "Kündigung" vom 25.1.2012 (die als Kündigung wohl rechtswidrig war) hingenommen und sie damit nicht eigentlich als Kündigung, sondern als (nach § 1 S 3 des Arbeitsvertrags vom 29.8.2006 erforderliche) positive Bestätigung des fristgerechten Auslaufens des Arbeitsvertrags vom 29.8.2006 verstanden hat. Entsprechend hat er in seiner Mail vom 28.6.2014 selbst angegeben, seine Arbeitslosigkeit sei durch Auslaufen eines befristeten Arbeitsverhältnisses entstanden. In einem solchen Fall ist aber (nur) das Auslaufen der Befristung wesentliche Ursache für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und den Eintritt der nachfolgenden Arbeitslosigkeit.

Eine teleologische Reduktion dahingehend, dass § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 SGB VI SGB VI - den eindeutigen Wortlaut einschränkend - nur Zeiten erfasse, die nach seinem Inkrafttreten zum 1.7.2014 liegen, kommt nach einhelliger höchstrichterlicher Rechtsprechung schon deshalb nicht in Betracht, weil es an der - hierfür erforderlichen - planwidrigen Regelungslücke fehlt (BSG. Urt vom 28.6.2018, Az B 5 R 25/17 R, juris Rdnr 25f; BSG Urt v 12.3.2019, Az B 13 R 19/17 R, juris Rdnr 29). Aber auch der Gesetzeszweck forderte dies nicht. Der in diesem Kontext prima facie bedenkenswerte Einwand des Klägers, das Arbeitsverhältnis habe zu einem Zeitpunkt geendet, als die streitige Rente für besonders langjährig Versicherte in der ab dem 1.7.2014 geltenden Fassung noch gar nicht "in Sicht gewesen" sei, sie also noch keinem Fehlanreiz zur "vorgezogenen Frühverrentung" habe bieten können, führt nicht zu einer teleologischen Reduktion der Vorschrift. Die teleologische Reduktion einer Gesetzesvorschrift kommt in Betracht, wenn nach dem Sinn und Zweck der Regelung eine den Wortlaut einschränkende Anwendung erforderlich ist, der Wortlaut mithin zu weit gefasst ist. Dies macht der Kläger sinngemäß geltend, wenn er vorträgt, bei Eintritt der zum 1.9.2012 beginnenden Arbeitslosigkeit habe der Fehlanreiz, den die Vorschrift verhindern solle, noch gar nicht vorliegen können. Der Anwendungsbereich der Vorschrift betreffe nur Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges ab Inkrafttreten (oder Bekanntwerden) des Gesetzes. Beides sei am 1.9.2012 - und auch später noch - nicht der Fall gewesen.

Dieser Einwand ist im Ergebnis nicht überzeugend. Die Gesetzesmaterialien, nach denen ein Fehlanreiz zur "Frühverrentung mit 61" vermieden werden sollte, machen nach Auffassung des Senats deutlich, dass der Zweck der Regelung weiter reicht. Es soll generell nicht in den Genuss der (vorzeitigen) Altersrente für besonders langjährig Versicherte ohne Abschläge kommen, wer im Rahmen einer Optimierungsstrategie den Zeitpunkt der Frühverrentung so bestimmt oder bestimmen kann, dass die Zeit zwischen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und Rentenbeginn mit der (maximal möglichen) Bezugsdauer einen Anspruchs auf Arbeitslosengeld als Lohnersatzleistung gefüllt wird. Ein solcher Sachverhalt wird nach der expliziten gesetzlichen Regelung in Fallgestaltungen unwiderleglich vermutet, in denen nicht kontrolliert werden kann, ob eine Absprache zwischen Arbeitgeber und -nehmer zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt. So liegt der Fall nach dem oben Ausgeführten hier. Die aufgezeigte, vom Kläger exakt gewählte und für die bezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit auch zum Tragen gekommene Gestaltungsmöglichkeit soll nach der Gesetzesregelung für die (abschlagfreie) Altersrente für besonders langjährig Versicherte grundsätzlich entfallen. Dieser Gesetzeszweck trifft für Zeiten der Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung gleichermaßen zu, egal ob sie vor oder nach dem 1.7.2014 (oder einem früheren Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Gesetzesbeschlusses) liegen (vgl dazu insbesondere BSG Urt v 12.3.2019, Az B 13 R 19/17 R, juris Rdnr 35).

Auch wenn man davon ausginge, die Beigeladene habe das Arbeitsverhältnis zum 31.8.2012 (wohl rechtswidrig, aber rechtswirksam) gekündigt, und der Kläger sei dadurch schuldlos arbeitslos geworden, weil die Beigeladene für ihn betriebs- oder personenbedingt keine Verwendung mehr hatte, führte dies nicht zur (analogen) Anwendung der Rückausnahme nach § 51 Abs 3a Satz 1 Nr 3 Buchst a Teilsatz 3 SGB VI. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle des Arbeitslosengeldbezugs nach der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen Auflösung eines Standorts des Arbeitgebers oder gar auf sämtliche unfreiwilligen und unverschuldeten Beendigungen von Arbeitsverhältnissen kommt nämlich nach einhelliger höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ebenfalls nicht in Betracht (BSG Urt v 17.8.2017, Az B 5 R 8/16 R, juris Rn 39f; BSG. Urt vom 28.6.2018, Az B 5 R 25/17 R, juris Rdnr 56; BSG Urt v 12.3.2019, Az B 13 R 19/17 R, juris Rdnrn 24ff).

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis bestehen nach einheitlicher, zwischenzeitlich gefestigter Rechtsprechung des BSG nicht. Vielmehr stehen § 51 Abs 3a Satz 1 Nr 3 Buchst a Teilsatz 2 und 3 SGB VI mit der Verfassung, insbesondere mit Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes, dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, in Einklang (vgl hierzu ausführlich BSG Urt v 17.8.2017, Az B 5 R 8/16 R, juris Rdnrn 41ff; BSG. Urt vom 28.6.2018, Az B 5 R 25/17 R, juris Rdnrn 58ff; BSG Urt v 12.3.2019, Az B 13 R 19/17 R, juris Rdnrn 30ff). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat nach eigener Prüfung uneingeschränkt an und verzichtet an dieser Stelle auf die Wiederholung der den Beteiligten durch die - in das Verfahren explizit eingeführte - höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG bereits bekannten maßgeblichen Erwägungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung, weil die entscheidenden Rechtsfragen sich entweder durch Anwendung des Gesetzes beantworten lassen oder durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits geklärt sind. Auf die von den Beteiligten in den Vordergrund gestellte und als grundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage, ob die M KG mit der Abgabe des "operativen Geschäfts" zum 31.12.2012 ihr Geschäft vollständigen aufgegeben hat, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.
Rechtskraft
Aus
Saved