S 7 SF 154/17 E

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 7 SF 154/17 E
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Vergütungsanspruch des im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalts gegenüber einem ersatzpflichtigen Gegner geht nach § 59 Abs. 1 S. 1 RVG nach § 59 SGG nur insoweit auf die Staatskasse über, wie ein Anspruch gegenüber dem Beklagten als ersatzpflichtigem Gegner besteht.

Der Anspruch gegen über dem Beklagten ist gem. § 193 SGG auf die notwendigen außergerichtlichen Kosten beschränkt. Wenn nicht ausnahmsweise ein Anwaltswechsel erforderlich war sind lediglich die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts notwendig, auch wenn das Gericht dem Kläger einen weiteren Rechtsanwalt im Wege der PKH beigeordnet hat.
Die für das Verfahren S 30 S0 214/12 im Wege des Forderungsübergangs nach § 59 RVG vom Beklagten an die Staatskasse zu erstattenden außergerichtliche Kosten der Klägerin werden auf 706,07 Euro festgesetzt.

Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
 
Gründe:

I.

Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Höhe der von der Staatskasse aufgrund Forderungsübergangs nach § 59 RVG geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren.

In dem zugrundeliegenden Verfahren S 30 SO 214/12 begehrte die Klägerin die Zustimmung des zuständigen Sozialhilfeträgers zu der Anmietung einer Wohnung. Mit Klageerhebung am 20.09.2012 beantragte sie die Beiordnung des Rechtsanwalts B. im Wege der Prozesskostenhilfe. Mit Schreiben vom 09.06.2015 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, seine Beiordnung wieder aufzuheben, da die Klägerin das Mandat gekündigt habe. Daraufhin bewilligte das Gericht der Klägerin mit Beschluss vom 11.06.2015 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. für den Zeitraum vom 20.09.2012 bis 08.06.2015.

Auf Antrag des Klägerbevollmächtigten setzte der Urkundsbeamte des Gerichts mit Vergütungsfestsetzung vom 30.06.2015 die Vergütung des Rechtsanwalts B. unter Berücksichtigung einer Verfahrensgebühr von 250,00 EUR, der Post- und Telekommunikationspauschale von 20,00 EUR und 19 % MwSt. auf insgesamt 321,30 EUR fest.

Am 05.11.2015 bestellte sich die Rechtsanwältin C. für die Klägerin und beantragte ihre Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe. Das Gericht ordnete der Klägerin mit Beschluss vom 16.02.2016 die Rechtsanwältin C. im Wege der Prozesskostenhilfe für den Zeitraum ab 05.11.2015 für den ersten Rechtszug bei.

Das Verfahren endete durch einen in der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2017 geschlossenen Vergleich, wonach der Beklagte sich zur Tragung von 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin bereit erklärte.

Mit Vergütungsfestsetzung vom 11.05.2017 setzte der Urkundsbeamte des Gerichts die Vergütung der Rechtsanwältin C. wie folgt fest:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 200,00 EUR
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 270,00 EUR
Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG 200,00 EUR
Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Summe 690,00 EUR
USt. 19% 131,10 EUR
Gesamt 821,10 EUR

Bei der Bestimmung der Verfahrensgebühr sei zu berücksichtigen, dass das Verfahren bereits weitgehend "ausgeschrieben" gewesen sei, als die Prozessbevollmächtigte sich für das Verfahren bestellt habe.

Mit Schreiben vom 11.05.2017 machte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle von der insgesamt aus der Staatskasse gezahlten Vergütung für beide Rechtsanwälte in Höhe von 1142,40 Euro entsprechend der Kostenquote aus dem Vergleich im Wege des Forderungsübergangs nach § 59 RVG einen Betrag von 2/3 d.h. 761,60 Euro gegenüber dem Beklagten geltend.

Der Beklagte legte am 01.06.2017 Erinnerung ein. Übergegangen nach § 59 RVG seien nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Klägerin. Notwendig gewesen sei lediglich die Vertretung durch einen Rechtsanwalt, nicht die Vertretung durch zwei Rechtsanwälte. Bei einem Anwaltswechsel sei eine Erstattung von Mehrkosten nur möglich, wenn den Beteiligten und den ersten Rechtsanwalt kein Verschulden treffe und der Wechsel notwendig gewesen sei. Hierfür gebe es keine Anhaltspunkte. Die Mehrkosten, die dadurch entstanden seien, dass der Klägerin für beide Rechtsanwälte Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, seien von der Staatskasse zu tragen.

Zu beachten sei weiter, dass die Klage bereits am 30.09.2012, also vor Inkrafttreten der Änderung des RVG zum 01.08.2013 erhoben und der Vertretungsauftrag bereits zuvor erteilt worden sei. Damit sei das komplette Mandat nach dem früher geltenden RVG abzurechnen:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG a.F. 250,00 EUR
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG a.F. 190,00 EUR
Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG a.F. 190,00 EUR
Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG a.F. 20,00 EUR
Summe 650,00 EUR
USt. 19% 123,50 EUR
Gesamt 773,50 EUR
Hiervon 2/3 515,67 EUR
 
Der Erinnerungsführer beantragt,
die für das Verfahren S 30 S0 214/12 im Wege des Forderungsübergangs nach § 59 RVG vom Beklagten an die Staatskasse nach § 59 RVG zu erstattenden außergerichtliche Kosten der Klägerin auf 515,67 Euro festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Höhe der Vergütungsfestsetzungen sei nicht zu beanstanden. Mit der Zahlung der PKH-Vergütung seien 2/3 der von der Staatskasse gezahlten Rechtsanwaltsvergütung im Wege des Forderungsübergangs nach § 59 RVG vom Beklagten zu erstatten.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der Akte S 30 SO 214/12 verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.

II.

Der Rechtsbehelf ist als Erinnerungen gegen die Festsetzung einer Gebührenschuld gemäß § 59 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 189 Abs. 2 S. 2 SGG statthaft; insoweit kommen weder § 66 Abs. 1 GKG noch § 197 Abs. 2 SGG zur Anwendung (BSG, Beschluss vom 29. September 2017 – B 13 SF 8/17 S –, Rn. 11, juris).

§ 59 Abs. 2 S. 1 RVG bestimmt, dass für die Geltendmachung des Anspruchs sowie für die Erinnerung und die Beschwerde die Vorschriften über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens entsprechend gelten, d.h. das Verfahren hinsichtlich des übergegangenen Anspruchs soll sich nach dem in der Hauptsache anzuwendenden Kostengesetz richten. In den Fällen, in denen die speziellen Kostenregelungen der §§ 183 ff SGG gelten, scheidet die Heranziehung des § 66 GKG aus. Sowohl der Ansatz der nach § 59 Abs. 1 RVG übergegangenen Ansprüche als auch ein Rechtsbehelf gegen die Geltendmachung solcher Ansprüche richtet sich nach den für die Pauschgebühren anwendbaren Bestimmungen in § 189 SGG (BSG, Beschluss vom 29. September 2017 - B 13 SF 8/17 S -, Rn. 14, juris).

Die nach § 189 Abs. 2 S 2 SGG statthafte Erinnerung des Beklagten gegen den Kostenansatz vom 11.05.2017 ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt worden. Die Erinnerung ist teilweise begründet.

Soweit dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Partei oder einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht, geht der Anspruch mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse nach § 59 Abs. 1 S. 1 RVG auf diese über.

Der Anspruchsübergang erfolgt nach dem Wortlaut der Vorschrift gegenüber dem Beklagten als ersatzpflichtigem Gegner nur, soweit dem beigeordneten Rechtsanwalt ein Anspruch gegenüber dem Beklagten zusteht. Ein Anspruch gegen den Beklagten besteht indes nach dem am 24.02.2017 geschlossenen Vergleich nur in Höhe von 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten. Solche sind die im Sinne des § 193 Abs. 2 SGG zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten Die Beteiligten müssen die Kosten so niedrig wie möglich halten (Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 193 SGG, Rn. 61). Als notwendig anerkannt werden können grundsätzlich nur die Anwaltskosten für einen mit der Vertretung beauftragten Rechtsanwalt, nicht aber für mehrere Rechtsanwälte (vgl. BFHE 101, 486; MKLS/B. Schmidt, 12. Aufl. 2017, SGG § 193 Rn. 9c). Bei Anwaltswechsel ist eine Kostenerstattung nur ausnahmsweise möglich, wenn weder den Beteiligten noch den ersten Rechtsanwalt ein Verschulden trifft und der Wechsel notwendig war (MKLS/B. Schmidt, 12. Aufl. 2017, SGG § 193 Rn. 9d, BGH 22.8.12, XII ZB 183/11; OLG Düsseldorf MDR 73, 59; OLG Hamburg MDR 73, 324; OLG Koblenz 13.06.06, 14 W 350/06).

Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass ein Anwaltswechsel ausnahmsweise erforderlich war. Weder der sein Mandat niederlegende Rechtsanwalt noch die Klägerin oder der neue Rechtsanwalt haben hierzu etwas vorgetragen. Damit ist davon auszugehen, dass die Klägerin das Mandat des Rechtsanwalts B. ohne dringende Notwendigkeit beendet hat. Notwendig sind nur solche Aufwendungen, die ein Beteiligter zurzeit ihrer Vornahme verständiger Weise für notwendig halten durfte (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05. September 2007 – L 3 B 1096/07 R PKH –, Rn. 16).

Die Klägerin konnte nicht davon ausgehen, dass die durch einen zweiten Rechtsanwalt entstandenen Mehrkosten notwendig waren. Als notwendig sind indes die Kosten anzuerkennen, die für einen Rechtsanwalt entstanden wären, der nach dem 01.08.2013 beauftragt worden ist. Denn die Klägerin hatte in jedem Stadium des Verfahrens das Recht, einen Rechtsanwalt mit der Vertretung zu beauftragen; lediglich die Beauftragung von zwei unterschiedlichen Anwälten und die hierdurch entstanden, höheren Kosten, durfte sie nicht als notwendig ansehen. Als notwendige, außergerichtliche Kosten sind demnach anzuerkennen:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 300,00 EUR
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 270,00 EUR
Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG 300,00 EUR
Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Summe 890,00 EUR
USt. 19% 169,10 EUR
Gesamt 1059,10 EUR
Davon 2/3 706,07 EUR

Diese notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind zu 2/3, d.h. in Höhe von 706,07 Euro nach § 59 Abs. 1 S. 1 RVG auf die Staatskasse übergegangen und vom Beklagten an die Staatskasse zu zahlen.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 189 Abs. 2 S. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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