L 3 U 107/13

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 23 U 153/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 107/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

II. Der Hilfsantrag des Klägers festzustellen, dass das Ereignis vom 21. Februar 2009 von der Beigeladenen als Arbeitsunfall eines Nothelfers (§ 2 Abs. 1 Ziffer 13a SGB VII) zu entschädigen ist, wird abgewiesen.

III. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger streitet um die Anerkennung eines Ereignisses vom 21. Februar 2009 als Arbeitsunfall.

Der 1965 geborene Kläger war beim B. (B.) Ortsverband A-Stadt ehrenamtlich tätig. Der B. Ortsverband A-Stadt erstattete gegenüber der Beklagten die Unfallanzeige vom 21. Dezember 2009, dem sie eine Unfallanzeige des Klägers vom 22. Oktober 2009 beifügte. Nach Angaben des Klägers sei dieser von einem Mitarbeiter der Feuerwehr der Stadt A-Stadt verletzt worden, als er am 21. Februar 2009 gegen Ende des Faschingsumzugs in A-Stadt in der C-Straße./Ecke D-Straße versucht habe, einen Rettungswagen (RTW) angreifende besoffene Jugendliche fernzuhalten, die den RTW hin- und hergeschüttelt hätten und auf dessen rückwärtiges Trittbrett aufgestiegen seien. Beim Versuch, dieselben vom RTW fernzuhalten, habe der Feuerwehrmann ihn brutal von hinten angegriffen und seinen rechten Arm verdreht, so dass er stichartige Schmerzen und ein Knacken im Arm verspürt habe, weswegen er seit 23. Februar 2009 von der Fachärztin für Sportmedizin Dr. E. mit Spritzen und Tabletten habe behandelt werden müssen. Er fügte seiner Unfallanzeige ein Attest der Dr. E. vom 23. Oktober 2009 bei, wonach diese ihn seit 23. Februar 2009 wegen einer starken Verschlimmerung vorbestehender Schulterschmerzen rechts behandelt habe, zu denen es nach dem Unfall gekommen sei. Der Kläger hat im weiteren Verlauf einen Auszug seines Kontos bei der F. Bank vom 21. März 2009 überreicht, der eine Zahlung von 12,50 EUR unter dem Betreff "B. e.V. Aufwandsentschädigung Februar 2009" ausweist. Der Vertrag sei für den fünfstündigen Einsatz in der C-Straße anlässlich des Faschingsumzuges geleistet worden, wohin er mit den Kollegen G.und H. mit dem Bully gefahren sei. Mit denen sei er nach dem Einsatz wieder zur B.-Wache zurückgekehrt.

Die Beklagte zog medizinische Befunde der Radiologen Dres. L. cs. bei, in denen von einem Verdacht auf Verletzung der Rotatorenmanschette rechts gesprochen wird bei vorbestehender Kapselschrumpfung im Schultergelenk und fraglichem Impingement. Weitere Unterlagen wurden vom Radiologen Dr. M. und der Chirurgischen Klinik in M-Stadt beigezogen sowie vom Orthopäden Dr. N ... Die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik M-Stadt berichtet am 28. Mai 2010, anlässlich der Schulterzerrung vom 21. Februar 2009 sei es beim Kläger wegen eines anlagebedingten Impingement-Syndroms zu Beschwerden gekommen, wobei dauerhafte unfallbedingte Folgen zu verneinen seien. Das O. Krankenhaus in M-Stadt berichtete am 22. Januar 2008 über einen stationären Aufenthalt des Klägers im Januar 2008 wegen eines Bandscheibenvorfalles, zudem bestehe bei dem Kläger eine paranoide Schizophrenie, weswegen er frühberentet sei. Der Orthopäde Dr. P. erstattete die Berichte vom 27. Oktober 2009 und 15. April 2010.

Zudem zog die Beklagte zur Klärung des Sachverhaltes das Gedächtnisprotokoll des Feuerwehrmannes Q. vom 6. März 2014 bei, wegen dessen Inhalt auf Blatt 48 der Verwaltungsakte Bezug genommen wird, zudem den Einsatzauftrag des B. A-Stadt für den Faschingszug am 21. Februar 2009, den der damalige Einsatzleiter und stellvertretende Bereitschaftsführer R. erstellt hatte. Die Einsatzzeit beim Faschingszug erstreckte sich von 14 bis 17:30 Uhr. Neben R. waren 5 weitere B.-Bereitschaftsangehörige als Wagenbesatzung im Einsatz. Der Kläger wurde im Einsatzbericht als "nicht diensttauglich, Position Wache für die Einsatzzeit 13:30 Uhr bis 17:30 Uhr mit 4 Stunden" aufgeführt. Als besondere Vorkommnisse führt der Bericht auf, der Kläger habe sich unerlaubt und ohne Rückmeldung von der Wache entfernt und sei in der C-Straße von einer RTW-Besatzung gesehen worden. Mit Bescheid vom 19. August 2010 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 21. Februar 2009 ab, da der Kläger nicht bei einer betriebsdienlichen Tätigkeit verunglückt sei. Der Kläger habe vielmehr die ihm aufgetragene und versicherte Tätigkeit im Wachdienst unterbrochen und habe den Rettungseinsatzort aufgesucht, um dort eine Tätigkeit auszuführen, die weder im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden habe noch dem Arbeitgeber dienlich gewesen sei.

Dagegen legte der Kläger am 10. September 2010 Widerspruch ein mit der Begründung, er sei nie zum Wachdienst eingeteilt worden sondern als Ersthelfer in der C-Straße, wohin er ebenso wie zurück mit den Kollegen K. G.und J. H. gefahren sei. In der C-Straße und in der R-Straße hätten sie ihren Sanitätsdienst bis zum Schluss verrichtet und seien von dort wieder zurück zur B.-Wache gefahren. Er habe weder am 21. Februar 2009 noch jemals sonst in seinem Leben Wachdienst gehabt. Die Beklagte zog eine Notiz vom B.-Kreisverband S-Stadt vom 21. April 2010 bei über ein Gespräch, an dem neben dem Kläger die Herren S. und T. vom Kreisverband S-Stadt teilgenommen hatten. Danach sei davon auszugehen, dass der Kläger nicht zum Wachdienst eingeteilt worden sei, ihm sei vielmehr bewusst gewesen, dass er dienstuntauglich gewesen sei. Der Kläger dürfe aufgrund seiner Erkrankung keinen Sanitätsdienst oder ähnliche Aufgaben verrichten. Er sei engagiert und solle soweit möglich in die Arbeit der B.-Bereitschaft A-Stadt mit eingebunden werden. Die weitere von der Beklagten beigezogenen Mitteilung des Kreisverbandes S-Stadt vom 23. Juni 2010 hat ergänzt, der Kläger habe sich auf eigene Veranlassung von der Wache entfernt, ohne sich beim Einsatzleiter R. zu melden, von dem er zum Wachdienst eingeteilt worden sei. Da der Kläger keine vorschriftsmäßige Ausbildung als Sanitäter gehabt habe, habe er sich von der Wache nicht entfernen sollen. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2011 wies die Beklagte sodann den Widerspruch des Klägers zurück. Dieser sei wegen Dienstuntauglichkeit auf die Wache eingeteilt gewesen und habe mit Verlassen der Wache nicht mehr im Sinne des Arbeitgebers gehandelt, so dass er beim fraglichen Ereignis nicht mehr unter Unfallversicherungsschutz gestanden habe.

Dagegen hat der Kläger am 10. August 2011 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main Klage eingelegt, zu deren Begründung er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt hat. Er habe sich mit B.-Uniform im Einsatz befunden, als der RTW angegriffen worden sei. Hätte er es unterlassen einzugreifen, hätte er sich einer unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht. Zum Nachweis seiner als Unfallfolgen geltend gemachten Verletzungen im Bereich der rechten Schulter hat er den Bericht des Radiologen Dr. U., den Bericht des Neurochirurgen Dr. V. vom 23. März 2012, den Bericht des Radiologen W. vom 5. Juni 2012 und den Bericht des Chirurgen Dr. X. vom Mai 2013 vorgelegt.

Das Sozialgericht hat die Auskunft des stellvertretenden Kreisgeschäftsführers des B.-Kreisverbandes S-Stadt T. vom 30. März 2012 eingeholt, in der wiederholt wird, der Kläger habe keine Sanitätsausbildung und sei dienstuntauglich, was ihm auch bekannt gewesen sei, deswegen sei er am fraglichen Tage zum Wachdienst eingeteilt gewesen, zudem die Erklärung des Bereitschaftsleiters des B.-Ortsverband A-Stadt Y. vom 2. April 2012, in der dargelegt wird, welche Helfer und welche Fahrzeuge beim Faschingsumzug vom B. eingesetzt worden seien. Der Kläger habe nicht zum Einsatzpersonal gezählt und sei explizit darauf hingewiesen worden, dass er aufgrund seines Gesundheitszustandes dienstuntauglich sei und keinen Dienst verrichten dürfe. Zudem hat das Sozialgericht die schriftlichen Stellungnahmen des J. H. und des K. G.beigezogen, in denen es heißt, G.und H. seien zusammen mit dem Dienstfahrzeug von der Wache zum Einsatz gefahren - nicht in Begleitung des Klägers.

Mit Gerichtsbescheid vom 13. Juni 2013 hat das Sozialgericht daraufhin die Klage abgewiesen, da nicht ersichtlich sei, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalles eine betriebsdienliche Tätigkeit ausgeübt habe, zumal er den ihm zugewiesenen Posten auf der Wache ohne Rücksprache und unerlaubt verlassen habe. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Einzelnen ausgeführt:

"Der Kläger hat zwar angegeben, dass er am 21.02.2009 zum Sanitätsdienst zur Bewachung des Faschingsumzugs und nicht zum Dienst auf der Wache eingeteilt gewesen sei und diesen Dienst zusammen mit den Kollegen G.und H. angetreten und auch beendet habe. Diese Angaben des Klägers finden jedoch in den übereinstimmenden schriftlichen Zeugenaussagen aller befragten Mitarbeiter des B. A-Stadt keine Entsprechung. Bereits aus dem Protokoll des Einsatzes am 21.02.2009 ergibt sich, dass der Kläger keinesfalls als Sanitäter im Außeneinsatz eingeteilt gewesen war, sondern vielmehr aufgrund seiner Dienstuntauglichkeit auf der Wache verbleiben sollte. In dem Protokoll ist weiter vermerkt, dass sich der Kläger unerlaubt und ohne Rückmeldung von der Wache entfernt habe und sodann in der C-Straße von einer RTW-Besatzung gesehen worden sei. Dass der Kläger die Wache nicht mit Erlaubnis des Einsatzleiters und damit im Dienst befindlich verlassen hat, wird darüber hinaus durch die vom Gericht eingeholten schriftlichen Zeugenaussagen bestätigt. Herr T. hat insoweit in seiner Stellungnahme vom 30.03.2012 mitgeteilt, dass der Kläger aufgrund seiner fehlenden Ausbildung und seiner zur Dienstuntauglichkeit führenden Erkrankung nur im Innendienst tätig sein durfte und dies vom Ortsverein auch so gehandhabt wurde. Der Einsatzleiter habe bestätigt, dass er dem Kläger niemals die Anweisung gegeben habe, Kameraden im Außeneinsatz zu unterstützen. Herr Y. führte in seiner Aussage vom 02.04.2012 an, dass am 21.02.2009 zwei Einsatzfahrzeuge zum Sanitätsdienst von der Wache aufgebrochen seien. Ein Fahrzeug, welches auch am Unfallort gestanden habe, sei mit Herrn G.und Herrn H. besetzt gewesen, er selbst habe mit 2 weiteren Mitarbeitern das 2. Einsatzfahrzeug besetzt. Der Kläger sei bei keinem Einsatzfahrzeug dabei gewesen. Er sei vielmehr explizit darauf hingewiesen worden, dass er aufgrund seines Gesundheitszustands dienstuntauglich sei und deshalb keinen Dienst verrichten dürfe. Herr H. gab in seiner Stellungnahme an, dass er die Wache am Unfalltag zusammen mit Herrn G.verlassen habe und der Kläger sich dabei nicht in seiner Begleitung befunden habe. Auch Herr G.gab dies schriftlich gegenüber dem Gericht an. Insgesamt haben damit alle schriftlich befragten Zeugen übereinstimmend angegeben, dass der Kläger am 21.02.2009 vom B. nicht zum Sanitätsdienst im Außendienst eingeteilt war und die Wache auch nicht mit den Kollegen zusammen in einem Einsatzfahrzeug verlassen hat. Die Aussagen der Zeugen hält die Kammer für schlüssig und überzeugend. Sie werden zudem von dem Einsatzprotokoll vom Unfalltag bestätigt, in welchem explizit festgehalten ist, dass der Kläger zum Dienst auf der Wache eingeteilt war und diese sodann unerlaubt und ohne Rückmeldung verlassen habe. Die Zeugen G.und H. haben zudem übereinstimmend ausgesagt, dass sich der Kläger nicht in ihrer Begleitung befunden habe, als sie den Dienst angetreten haben."

Gegen den ihm am 19. Juni 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28. Juni 2013 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt mit der Begründung, er halte die erstinstanzliche Entscheidung für nicht zutreffend, da sowohl die Angaben der B.-Kollegen ebenso wie der Einsatzbericht vom Faschingsumzug unwahr seien. Der Einsatzleiter R. müsse zudem ergänzend befragt werden. Der Kläger hat zudem darauf hingewiesen, dass er Unfallversicherungsschutz zwar in erster Linie als Sanitätshelfer für den B.-Ortsverband A-Stadt festgestellt wissen wolle. Andererseits komme aber auch in Betracht, dass er als privat tätiger Nothelfer gesetzlichen Unfallversicherungsschutz erhalten müsse.

Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und gesetzlichen Unfallversicherungsschutz des Klägers als Nothelfer für vorstellbar, weswegen sie die Beiladungen der zuständigen Unfallkasse Hessen angeregt hat.

Der Senat hat die Unfallkasse Hessen mit Beschluss vom 22. September 2014 dem Verfahren nach § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- notwendig beigeladen und hat die schriftliche Zeugenaussage des R. vom 14. Januar 2014 eingeholt. Darin heißt es, er sei als stellvertretender Bereitschaftsleiter in der technischen Einsatzleitung im Einsatzleitwagen der Feuerwehr A-Stadt für die gesamte Zeit des Faschingsumzug tätig gewesen. Als solcher sei er nicht Augenzeuge des vom Kläger behaupteten Angriffes geworden. Ihm sei bekannt, dass der im Einsatz gebundene RTW von Jugendlichen "angegriffen" worden sei, was er durch Funk habe mitverfolgen können. Der Kläger sei jedoch zu keinem Zeitpunkt für den aktiven Dienst tauglich gewesen - weder im Sanitäts- noch im Rettungsdienst. Ihm sei auch nicht bekannt, dass der Kläger beim Faschingsumzug zu einem Dienst eingeteilt gewesen sei.

Die Beigeladene hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keine gesetzlichen Unfallversicherungsschutz auslösende "Hilfeleistung" i.S.d. § 2 Abs. 1 Ziffer 13a Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) verrichtet, als er beim Faschingsumzug verletzt worden sei. Eine tatsächliche Gefahr habe zum Unfallzeitpunkt objektiv nicht bestanden. Die Feuerwehr habe für den RTW eine Gasse gebildet, so dass dieser bis zur Einsatzstelle habe vordringen können und das Eingreifen des Klägers nicht nötig gewesen wäre. Dessen Verhalten sei zudem nach Auskunft des Feuerwehrmannes Q. völlig unverhältnismäßig gewesen, da er die Jugendlichen rücksichtslos vom Trittbrett gezogen habe, so dass diese teilweise zu Boden gefallen seien. Eine konkrete Gefahr für den Einsatzwagen, die Insassen oder den Verletzten habe nicht bestanden. Der Schwerverletzte sei zum Zeitpunkt des Eingreifens noch nicht im Rettungswagen gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juni 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2011 zu verurteilen, den Unfall vom 21. Februar 2009 als Arbeitsunfall im Sanitätsdienst anzuerkennen,

hilfsweise,

die Beigeladene zu verurteilen, den Unfall vom 21. Februar 2009 als Arbeitsunfall im Wege der Nothilfe anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene beantragt,

den Hilfsantrag des Kläger zurückzuweisen,

hilfsweise,

weitere Zeugen zur Feststellung einer objektiven Hilfenotwendigkeit zu befragen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene zulässige (§§ 143 Abs. 1, 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist nicht begründet. Denn das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 13. Juni 2013 zutreffend erkannt, dass der Kläger am 21. Februar 2009 nicht als ehrenamtlicher Sanitätshelfer und diensthabendes Mitglied des B.-Ortsverband A-Stadt verunfallt ist, so dass gesetzlicher Unfallversicherungsschutz gem. § 2 Abs. 1 Ziffer 12 SGB VII nicht bestand.

Nach dieser Bestimmung sind Personen gesetzlich unfallversichert, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen teilnehmen. Zu den genannten Unternehmen gehört auch das B. (BSGE 51, 176; Bereiter-Hahn, Mertens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, Anm. 24.2 zu § 2; Schmidt, Sozialgesetzbuch VII, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, 3. Auflage, Anm. 94 zu § 2). Das Sozialgericht hat das B.-Protokoll des Einsatzes vom 21. Februar 2009 sowie die Auskünfte und Stellungnahmen des T. vom 30. März 2012, des Y. vom 2. April 2012 sowie der J. H. und K. G.umfassend ausgewertet. Es hat deren Angaben im Detail gewürdigt, hat den davon abweichenden Vortrag des Klägers, der einen Unfall beim Sanitätsdienst behauptet hat, als widerlegt angesehen und hat die Voraussetzungen gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes aus §§ 2 Abs. 1 Ziffer 12 i.V.m. 8 Abs. 1 SGB VII in zutreffender Weise verneint. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung vollinhaltlich an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die im Tatbestand wiedergegebenen Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die ergänzenden Ermittlungen im Berufungsverfahren haben die sozialgerichtliche Entscheidung insoweit bestätigt, als auch der B.-Einsatzleiter anlässlich des Faschingsumzuges in A-Stadt Y-Stadt am 21. Februar 2009, R., mit schriftlicher Zeugenaussage vom 24 Januar 2014 bestätigt hat, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt für den aktiven Dienst tauglich war, - weder für den Sanitäts- noch für den Rettungsdienst. Dem Zeugen R. war nicht bekannt, dass der Kläger am Unfalltag zu einem derartigen Dienst eingeteilt war. Die Tatsache seiner Dienstunfähigkeit hat der Kläger selbst im Senatstermin vom 27. November 2014 bestätigt und hat dargelegt, dass er wegen seiner psychischen Erkrankung seit 2002 frühberentet ist und dass durch zwei vom B. veranlasste vertragsärztliche Untersuchungen im August 2005 und im Mai 2007 das Bestehen von Dienstunfähigkeit bestätigt worden sei. Zudem habe er 2008 einen Bandscheibenvorfall erlitten, weswegen ihm schweres Heben seitdem ärztlicherseits verboten sei. All dies unterstreicht, dass der Kläger zum Sanitätsdienst weder ausgebildet noch in der Lage war und vom B.-Ortsverband A-Stadt dazu auch nicht im Rahmen des Faschingsumzuges am 21. Februar 2009 eingesetzt wurde, wie dies alle B.-Kameraden bestätigt haben und wie vom Sozialgericht zutreffend im Gerichtsbescheid vom 13. Juni 2013 zugrunde gelegt worden ist.

Der Kläger war auch nicht nach § 2 Abs. 1 Ziffer 13a i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB VII gesetzlich unfallversichert, so dass die im Berufungsverfahren nach § 75 Abs. 2 SGG notwendig Beigeladene Unfallkasse Hessen nicht zu Entschädigungsleistungen wegen der Folgen des Ereignisses vom 21. Februar 2009 zu verurteilen war, wobei sie im Land Hessen der insoweit zuständige Unfallversicherungsträger gewesen wäre (§ 128 Abs. 1 Ziffer 7 SGB VII).

Nach § 2 Abs. 1 Ziffer 13a SGB VII sind Personen gesetzlich unfallversichert, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher Gefahr für seine Gesundheit retten. Der Gesetzeszweck dieser Bestimmung besteht darin Personen abzusichern, die im öffentlichen Interesse Hilfe leisten. Mit der Begründung des Versicherungsschutzes soll der Gemeinsinn des Bürgers zu positivem Handeln für die Gemeinschaft gefördert werden (dazu: Bieresborn in:juris Praxiskommentar (juris-PK) – SGB VII, Anm. 179 zu § 2). Im Gegensatz zur vorhergehenden Nr. 12 sind durch Nr. 13a nicht die in einem organisierten Hilfeleistungsunternehmen - wie dem B. - tätigen Personen versichert sondern diejenigen, die im Einzelfall helfen.

Da anlässlich des Ereignisses vom 21. Februar 2009 weder eine gemeine Gefahr noch Not drohte, die der Allgemeinheit bzw. einer Mehrzahl von Sachen und Personen drohen muss (zum Begriff: Bieresborn, a.a.O., Anm. 181, 183 zu § 2), war allein zu prüfen und im Ergebnis zu verneinen, dass der Kläger bei einem "Unglücksfall" im Sinne dieser Bestimmung Hilfe geleistet hat. Ein Unglücksfall in diesem Sinne ist eine plötzlich eintretende Situation mit der nahe liegenden Möglichkeit eines erheblichen Schadens für Personen oder Sachen. Nicht erforderlich ist, dass ein Unglücksfall bereits eingetreten ist. Für eine Hilfe zur Vermeidung eines unmittelbar drohenden Unglücksfalles besteht ebenfalls Versicherungsschutz (zum Begriff Richter in: Lehr- und Praxis-Kommentar (LPK-) SGB VII, Anm. 130 zu § 2; Schwerdtfeger in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII Band 1, Anm. 426, 427 zu § 2). Das Hilfeleisten ist eine Unterstützungshandlung, die darauf ausgerichtet ist, einen Unglücksfall zu beseitigen oder aus ihm erwachsene Störungen abzuwenden. Sie setzt ein aktives Handeln des Tätigwerdenden zu Gunsten eines Dritten voraus. Es muss sich um eine auf eine Hilfeleistung zweckbestimmt ausgerichtete Tätigkeit handeln. Auf die Art der Hilfeleistung kommt es nicht an, solang es sich um ein Handeln zu Gunsten eines Dritten handelt. Für den Versicherungsschutz ist es nicht erforderlich, dass die Hilfeleistung auch erfolgreich ist oder ob es nur beim Versuch der Hilfeleistung bleibt. Allerdings muss es sich um eine Tätigkeit handelt, die bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände auf eine Hilfeleistung gerichtet ist und objektiv zum Erfolg der Hilfeleistung führen kann, so dass offensichtlich vollkommen untaugliche Handlungen ausscheiden. Der Begriff der Hilfeleistung erfordert nicht, dass der Handelnde seine Aktionen bewusst plant oder strukturiert, auch spontane Handlungen werden vom Versicherungsschutz umfasst (dazu Richter, a.a.O., Anm. 133, 134 zu § 2; Schwerdtfeger, a.a.O., Anm. 433 jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Die den Kläger zum Eingreifen veranlassende Situation beim Faschingsumzug stellte bei objektiver Betrachtung keinen eine Hilfeleistung des Klägers erfordernden Unglücksfall dar. Als gefährdete Rechtsgüter kamen neben dem Sachwert des Rettungswagens vor allem das Leben und die Gesundheit des laut Unfallanzeige des Klägers 20 Meter entfernt liegenden Schwerverletzten in Betracht. Der Schwerverletzte war allerdings nach dem Vortrag des Klägers im Senatstermin bereits von den B.-Kameraden H. und G. versorgt. Die Zufahrt des Rettungswagens bis zum Schwerverletzten war - trotz des Fehlverhaltens der alkoholisierten Jugendlichen - zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Denn die freiwillige Feuerwehr A-Stadt hatte eine Gasse gebildet, durch die der RTW bis zur Einsatzstelle fahren konnte. Die Gefahr einer Beschädigung des RTW durch die aufs Trittbrett springenden Jugendlichen bestand ebenso wenig wie das Risiko des Umkippens des RTW, da die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr A-Stadt die Situation unter Kontrolle hatten, wie den Darlegungen des Q. vom 6. März 2014 zu entnehmen ist. Ein Aufschaukeln des RTW hätte allenfalls dann zu einer Gesundheitsgefährdung einer Person führen können, wenn der Schwerverletzte sich bereits im RTW befunden hätte und dadurch seine Gesundheit direkt oder zumindest seine sachgerechte medizinische Behandlung gefährdet worden wäre.

Der Kläger hat jedoch glaubhaft versichert, er sei der Auffassung gewesen, in der konkreten Situation helfend eingreifen zu müssen, was im Ergebnis allerdings keine andere Entscheidung rechtfertigt.

Eine Hilfeleistung im vorgenannten Sinne kann zwar auch dann bejaht werden, wenn der Handelnde irrtümlich an eine Situation glaubt, die die Merkmale eines Unglücksfalles erfüllen würde, obwohl dieser objektiv nicht vorliegt (so genannte Putativhilfeleistungen), wobei an die Erkenntnis des Handelnden, dass eine eine Hilfeleistung gebietende Situation vorliegt, keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (BSGE 57, 134, 156, Richter, a.a.O., Anm. 137 zu § 2), zumal ein derartiger Entschluss zur Hilfeleistung mitunter sekundenschnell gefasst werden muss und auch eine solche spontan geleistete Hilfe unter Unfallversicherungsschutz steht (BSGE 44, 22, 24; Schwerdtfeger, a.a.O., Anm. 433 zu § 2). Indessen kann die subjektive Vorstellung des Handelnden allein, es bestehe ein Unglücksfall und er wolle insoweit Hilfe leisten, den Versicherungsschutz nicht begründen. Die Handlungstendenz muss vielmehr nach gefestigter Rechtsprechung durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt werden. Die Einschätzung des Handelnden muss bei lebensnaher Betrachtung anhand der objektiven Sachlage nachvollziehbar sein. Maßgeblich für die Beurteilung ist der Zeitpunkt des Handelns (ex-ante-Betrachtung), d.h. der Helfer muss zu diesem Zeitpunkt – objektiv nachvollziehbar – einen Unglücksfall bejaht, Hilfe für notwendig erachtet und seine Maßnahmen für geeignet gehalten haben (BSGE 57, 134; Schwerdtfeger, a.a.O., Anm. 441 zu § 2).

Derartige objektive Umstände machen die Einschätzung des Klägers nicht nachvollziehbar. Dem Kläger war vielmehr beim Beginn seines Handelns klar, dass die Versorgung der Schwerverletzten durch die beiden B.-Sanitätskollegen H. und G. sichergestellt war. Ihm war zudem bekannt, dass die Feuerwehr der Stadt A-Stadt in ausreichender Mannschaftsstärke vor Ort war und die Zufahrt des RTW sicherte. Zudem war dem Kläger bekannt, dass der RTW von Fahrer und Beifahrer besetzt war, die einer Gefährdung des RTW durch alkoholisierte Jugendliche hätten entgegentreten können, was wegen des Feuerwehreinsatzes aber offenbar nicht erforderlich wurde. Denn die Feuerwehr sicherte den RTW ab und geleitete ihn sicher zum Einsatzort, wie Q. im Detail beschrieben hat. Danach rechtfertigte die objektive Sachlage die Einschätzung des Klägers über das Bestehen eines Unglücksfalles bei lebensnaher Betrachtung nicht. Er durfte seine Hilfeleistung nicht für notwendig erachten und die von ihm ergriffenen Maßnahmen den Jugendlichen gegenüber nicht für geeignet halten, die nach Einschätzung des Q. weit über das vertretbare Maß hinausgingen. Der Kläger sah offenbar seine "Befehlsgewalt" als vom Feuerwehrmann Q. verletzt an und stilisierte das Ganze zu einem "Zuständigkeitskonflikt", wie seiner E-Mail vom 16. August 2014 zu entnehmen ist, auf die er im Senatstermin hingewiesen hat und in der er geschrieben hatte:

"Da der Kläger sich direkt hinter dem von betrunkenen Jugendliche angegriffenen RTW im Einsatzgebiet des B. befand, hatte der Kläger die alleinige Hoheit bzw. Befehlsgewalt inne. Da Q. und seine Feuerwehr-Kollegen sich im reinen Einsatzgebiet des B. befanden, hätten sie sich erstmal an den Kläger wenden müssen, um deren Erlaubnis zu bekommen, überhaupt mithelfen zu dürfen. Da der Kläger und somit das B. die Hilfe der Mitarbeiter der Feuerwehr nicht benötigten, hätte Q. und seine Kollegen das Einsatzgebiet des B. unverzüglich verlassen müssen. Da dies nicht geschah liegt hier somit eindeutig Rechtsbruch und somit eine Straftat in Form von Hausfriedensbruch bzw. Landfriedensbruch vor. Überdies liegt auch eine Amtsanmaßung seitens des Q. vor, sollte er im Einsatzgebiet des B. ohne Erlaubnis des Klägers irgendwelche eigene Handlungen vorgenommen bzw. Befehle an seine Kollegen gegeben haben."

Insgesamt stellt sich die Einschätzung der Situation durch den Kläger als nicht angemessen dar, was durchaus seiner schweren psychiatrischen Erkrankung geschuldet sein kann, die ihn seit 2002 zum Rentner gemacht hatte, und ist bei lebensnaher Betrachtung nicht nachvollziehbar. Danach war nicht nur der Gerichtsbescheid zu bestätigen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Auch seinem Hilfsantrag war nicht zu entsprechen, mit dem er die Feststellung des Ereignis vom 21. Februar 2009 als unfallversicherte Nothilfemaßnahme mit Zuständigkeit der Beigeladenen für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung begehrt hat. Weiterer Ermittlungen bedurfte es danach nicht, insbesondere nicht der Einvernahme weiterer Zeugen zur Feststellung einer objektiven Hilfenotwendigkeit – wie hilfsweise von der Beigeladenen beantragt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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