L 13 R 1664/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 4114/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1664/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen einer Befreiung eines angestellten Arztes von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, wenn bereits ein Befreiungsbescheid gemäß § 7 Abs. 2 AVG von der Versicherungspflicht vorliegt und nach einem Wechsel in ein anderes Bundesland lediglich wegen Überschreitens der durch Satzung festgelegten Altersgrenze keine Pflichtmitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk bei weiterer Tätigkeit als angestellter Arzt möglich ist und weiterhin eine freiwillige Mitgliedschaft im bisherigen berufsständischen Versorgungswerk besteht.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch für das Berufungsverfahren die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Zeit vom 1. April 2007 bis 30. September 2016.

Der geborene Kläger, der im Jahr 1984 als Arzt approbierte, war vom 1. Januar 1985 bis 14. Juni 1986 als Chirurg im Kreiskrankenhaus G., vom 15. Juni 1986 bis 30. September 1992 im Diakoniekrankenhaus S. und anschließend bis 31. März 2007 erneut im Kreiskrankenhaus G. (jetzt Klinikum G.) versicherungspflichtig beschäftigt. In dieser Zeit war der Kläger Mitglied der Bezirksärztekammer N. (vgl. Mitgliedsbescheinigung vom 16. Dezember 2016) und Pflichtmitglied der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Mit Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 25. April 1985 wurde der Kläger ab Beginn der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung (1. Januar 1985) gemäß § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit. In diesem Bescheid wurde u.a. angegeben, die Befreiung gelte für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu entrichten wäre und die Befreiung gelte nur für die Beschäftigung, auf der die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung beruht und nach deren Arbeitsentgelt die Versorgungsabgaben zu berechnen sind, wenn mehrere Beschäftigungen ausgeübt werden. Ferner wurde u.a. darauf hingewiesen, dass die BfA bei Wegfall der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 AVG die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs zu widerrufen habe und der Kläger daher verpflichtet sei, der BfA die Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall der Voraussetzungen für die Befreiung führen (insbesondere wenn die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung endet, wenn keine Versorgungsabgaben mehr zu entrichten sind [z.B. nach Bewilligung einer Rente aus der Berufsgruppenversorgung] und wenn Versorgungsabgaben nicht mehr in der dem Einkommen entsprechenden Höhe zu entrichten sind) sowie die Befreiung erst mit dem förmlichen Widerruf durch die BfA ende.

Zum 1. April 2007 nahm der Kläger eine Beschäftigung als Chirurg im Krankenhaus des oberbayerischen Landkreises S. auf und war als Mitglied des ärztlichen Kreisverbandes S. bei der Bayerischen Landesärztekammer als Arzt gemeldet (vgl. Bestätigung des ärztlichen Bezirksverbands O.vom 15. Dezember 2016). Am 12. März 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer neuen Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte holte die Auskunft der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte vom 29. August 2013 ein, wonach die Pflichtteilnahme an der Versorgungsanstalt seit 1. April 2007 freiwillig fortgesetzt worden sei und die hieraus resultierende Abgaberegelung der eines Pflichtteilnehmers entspreche. Die Bayerische Versorgungskammer teilte auf Anfrage der Beklagten mit, dass der Kläger wegen der Altersgrenze von 45 Jahren nicht Mitglied der Versorgungseinrichtung geworden sei.

Mit Bescheid vom 10. November 2014 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ab, weil aufgrund der vom Kläger seit 1. April 2007 ausgeübten Beschäftigung als angestellter Arzt bei der Krankenhaus GmbH Landkreis S. keine Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer und der berufsständischen Versorgungseinrichtung bestehe. Der Kläger sei ausweislich des Schreibens der Bayerischen Ärzteversorgung vom 22. September 2014 zum Zeitpunkt der Aufnahme der o.g. Beschäftigung kein Pflichtmitglied in der Bayerischen Ärzteversorgung geworden, weil die nach der damals geltenden Satzung maßgebliche Altersgrenze bereits überschritten gewesen sei. Die zwischenzeitlich erfolgte Aufhebung dieser Altersgrenze betreffe entsprechend der Mitteilung nur Ärzte, die nach dem 31. Oktober 2012 im Zuständigkeitsbereich der Bayerischen Ärzteversorgung eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnähmen/aufgenommen hätten. Der Kläger sei seit dem 1. April 2007 lediglich freiwilliges Mitglied der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Diese Mitgliedschaft ersetze auch keine Pflichtmitgliedschaft in einem anderen berufsständischen Versorgungswerk. In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, er sei zu Beginn seiner ärztlichen Tätigkeit 1985 mit Bescheid vom 25. April 1985 von der Deutschen Rentenversicherung befreit worden und schon seit nahezu 30 Jahren Mitglied bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte. Durch den Arbeitgeberwechsel zum 1. April 2007 seien alle davon ausgegangen, dass er weiterhin Pflichtmitglied in der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte sei. Der Bescheid vom 25. April 1985 sei bisher nicht aufgehoben worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI könne eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nur für die Beschäftigung erfolgen, wegen der der Versicherte aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sei und aus dieser Beschäftigung oder Tätigkeit einkommensbezogene Beiträge an die berufsständische Versorgungseinrichtung gezahlt würden. Der Kläger sei ausweislich des Schreibens der Bayerischen Ärzteversorgung vom 22. September 2014 zum Zeitpunkt der Aufnahme der Beschäftigung kein Pflichtmitglied geworden, weil die nach der damals geltenden Satzung maßgebliche Altersgrenze bereits überschritten gewesen sei. Er sei seit dem 1. April 2007 lediglich freiwilliges Mitglied der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Diese Mitgliedschaft ersetze auch keine Pflichtmitgliedschaft in einem anderen berufsständischen Versorgungswerk. Durch den Bescheid vom 25. April 1985 habe kein Vertrauenstatbestand entstehen können. Zwar sei darin nicht explizit der ehemalige Arbeitgeber genannt worden, jedoch sei ausdrücklich mitgeteilt worden, dass die Befreiung grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt sei. Demnach habe der Befreiungsbescheid mit der Aufgabe der Beschäftigung geendet, weil er sich dadurch auf sonstige Art und Weise erledigt habe.

Dagegen hat der Kläger am 10. Dezember 2015 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und – insbesondere im Hinblick auf den Vertrauensschutz – auf die Ausführungen im Rahmen des Widerspruchsverfahrens verwiesen. Der Befreiungsbescheid vom 25. April 1985 habe seine Wirkung nach dem klaren Wortlaut nicht auf das Beschäftigungsverhältnis beschränkt, für das konkret die Befreiung beantragt worden sei, sondern dem Bescheid sei zu entnehmen, dass die Befreiung unabhängig von einem bestimmten Arbeitgeber für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung gelte, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu entrichten wären. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Er sei bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte durchgehend - seit 1. April 2007 - ohne Unterbrechung freiwillig versichert. Die aus der freiwilligen Mitgliedschaft resultierende Abgaberegelung entspreche der eines Pflichtteilnehmers und ersetze die Pflichtteilnahme in einem anderen Versorgungswerk. Der Bescheid vom 25. April 1985 sei bis heute nicht widerrufen worden und sei weiterhin wirksam. Ein Widerruf wäre zudem eine unzulässige Ermessensausübung, da er aufgrund des klaren Wortlautes des Bescheides sein gesamtes berufliches Leben im Hinblick auf die Altersversorgung eingerichtet und auf die Geltung des Bescheides vertraut habe. Zumindest wäre er im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als hätte die Beklagte einen Bescheid erteilt, aus dem für ihn unzweideutig zu entnehmen gewesen wäre, dass sich die Befreiung nicht auf andere Beschäftigungsverhältnisse beziehe. Er wäre dann nicht in ein Beschäftigungsverhältnis in Bayern eingetreten, für das er sich nicht von der Rentenversicherungspflicht hätte befreien lassen können, sondern wäre weiter in Baden-Württemberg berufstätig geblieben, wo er auch durchgehend mit seiner Familie lebe und seinen Hauptwohnsitz unterhalte, und wäre über den 1. April 2007 hinaus aufgrund der Pflichtmitgliedschaft zum dortigen Versorgungswerk von der Rentenversicherungspflicht befreit gewesen. Dementsprechend sei er jedenfalls so zu stellen, als wäre er weiterhin durchgehend auch über den 31. März 2007 hinaus von der Rentenversicherungspflicht befreit.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat auf die ausführlichen Darlegungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen. Hinsichtlich der Annahme des Klägers, dass der Bescheid vom 25. April 1985 bisher nicht aufgehoben worden sei und weiterhin gelten müsste, habe sich das BSG in seinen Urteilen vom 31. Oktober 2012 (B 12 R 8/10 R, B 12 R 3/11 R und B 12 R 5/10 R) mit dem Thema der Wirkung einer Befreiung berufsständisch Versorgter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 SGB VI befasst und dabei – streng am Wortlaut des Gesetzes orientiert – nochmals klargestellt, dass ausnahmslos jede Entscheidung über die Befreiung eines Pflichtmitgliedes eines Versorgungswerkes von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für eine ganz konkrete Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber oder für eine tatsächlich ausgeübte selbständige Tätigkeit gelte. Werde diese Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufgegeben, ende die Wirkung der Befreiung. Solle die Befreiungswirkung auch für eine spätere Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit herbeigeführt werden, sei ein neuer Befreiungsantrag zu stellen. Dies bedeute, dass für jede nach dem 31. Oktober 2012 neu aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung oder versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit ein eigenständiges Befreiungsverfahren durchzuführen sei. Für nach dem 31. Oktober 2012 aufgenommene Beschäftigungen oder Tätigkeiten ergäben sich somit keinerlei Vertrauensschutzaspekte aus einer gegebenenfalls zuvor erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht nach der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Vorschrift des § 7 Abs. 2 AVG bzw. nach der ab dem 1. Januar 1992 geltenden Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Auf den richterlichen Hinweis, dass die Beklagte in ihrem Rundschreiben zur Umsetzung der BSG-Urteile vom 31. Oktober 2012 selbst von Vertrauensschutz für berufsständisch Versorgte, die in der Vergangenheit für die Ausübung einer klassischen berufsspezifischen Tätigkeit befreit worden waren, nach einem Arbeitsplatzwechsel vor dem 31. Oktober 2012 ausgehe, hat die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung festgehalten. Zwar existiere die genannte Vertrauensschutzregelung, diese greife im Fall des Klägers aber nicht, weil dieser bereits die Grundvoraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht erfülle. Der Kläger sei kein Pflichtmitglied des berufsständischen Versorgungswerkes. Die Vertrauensschutzregelung setze aber voraus, dass die Grundvoraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sein müssten, was beim Kläger nicht der Fall sei.

Das SG hat bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte die zum 1. April 2007 geltende Satzung (Stand 1. Januar 2005) und bei der Bayerischen Ärzteversorgung die zum 1. April 2007 geltende Satzung (Stand 1. Januar 2006) beigezogen. Die Bayerische Ärzteversorgung hat ergänzend vorgetragen, bis zum 1. Januar 2005 habe bei nahezu allen heilberuflichen Versorgungswerken in Deutschland aus versicherungsmathematischen Gründen die Altersgrenze 45 als Mitgliedschaftsvoraussetzung gegolten. Vor europarechtlichem Hintergrund habe die Bayerische Ärzteversorgung die Altersgrenze 45 zum 1. Januar 2005 aufgehoben. Nach einer Übergangsregelung gelte diese Altersgrenze weiter für diejenigen Personen, die das 45. Lebensjahr vor dem 1. Januar 2005 vollendet hätten. Wer – wie der Kläger – vor oder nach dem 1. Januar 2005 aufgrund des Alters nicht Mitglied im neu zuständigen Versorgungswerk habe werden können, habe seine Mitgliedschaft im bisherigen Versorgungswerk mit gleichen Rechten und Pflichten fortgesetzt. Die freiwillige Mitgliedschaft im alten Versorgungswerk ersetze vollwertig die Pflichtmitgliedschaft im neu zuständigen Versorgungswerk, was von der Beklagten auch für Befreiungen anerkannt worden sei. Die Beklagte habe ihre Verwaltungspraxis erst ab 31. Oktober 2012 im Gefolge der entsprechenden BSG-Urteile geändert und strengere Maßstäbe an das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk gesetzt. Daher habe auch die Bayerische Ärzteversorgung die Vorschriften zur Altersgrenze für diejenigen Mitglieder geändert, die nach dem 31. Oktober 2012 eine Berufstätigkeit in ihrem Zuständigkeitsbereich aufnehmen (vgl. Änderungssatzung vom 4. Dezember 2013). Davor habe es keinen Bedarf für eine Satzungsänderung gegeben, weil die Beklagte nicht in Zweifel gezogen habe, dass eine freiwillige Mitgliedschaft im Versorgungswerk gleichwertig eine Pflichtmitgliedschaft ersetze. Nach der Presseerklärung der Beklagten aus Januar 2014 gelte Vertrauensschutz für klassische berufsspezifische Beschäftigungen, die vor dem 31. Oktober 2012 begonnen hätten, d.h. der Kläger hätte für seine ab 1. April 2007 bestehende Beschäftigung nach neuer Rechtslage gar keine Befreiung beantragen müssen, weil eine vormals erteilte Altbefreiung für diese Beschäftigung fortgegolten habe.

Mit Urteil vom 25. Januar 2017 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2015 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger für seine vom 1. April 2007 bis 30. September 2016 ausgeübte Beschäftigung im Krankenhaus W. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, zwar gelte die mit Bescheid vom 25. April 1985 erfolgte Befreiung von der Versicherungspflicht nicht für die hier streitige Tätigkeit des Klägers und die Voraussetzungen des § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI seien nicht erfüllt, weil aufgrund des Arbeitsplatzwechsels nicht "dieselbe" Beschäftigung im Sinne der Vorschrift vorliege. Der Kläger habe jedoch gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben einen Anspruch auf die erneute, rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. Er habe die hier streitige sozialversicherungspflichtige Tätigkeit als Unfallchirurg am 1. April 2007 aufgenommen und sei wegen dieser Tätigkeit Mitglied der Bayerischen Landesärztekammer gewesen. Die freiwillige Weiterversicherung ab 1. April 2007 bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt berechtige aus Gründen der Statuskontinuität zur Versicherungsbefreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, soweit nach dem Ausscheiden aus der Pflichtmitgliedschaft noch eine berufsgruppenspezifische – und damit "an sich" zur Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Altersversorgung führende – Tätigkeit ausgeübt werde und der Versicherungsschutz unverändert bleibe. Entscheidend sei, dass durch die materiellen Voraussetzungen für die Versicherungsbefreiung auch während der freiwilligen Weiterversicherung ein der gesetzlichen Rentenversicherung wenigstens gleichwertiger Versorgungsschutz sichergestellt sei. Hinzu komme, dass die freiwillige Weiterversicherung oft nur an die Stelle einer Pflichtversicherung bei einer anderen Versorgungseinrichtung trete, in deren Einzugsbereich sich der Versicherte nach dem Wechsel des Tätigkeitsortes aufhalte und es nicht gerechtfertigt wäre, die – an die Stelle einer Pflichtversicherung getretene – freiwillige Weiterversicherung als Grundlage einer Versicherungsbefreiung abzulehnen. Die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in einer (anderen) berufsständischen Versorgungseinrichtung berechtige zudem regelmäßig zur Befreiung von der Mitgliedschaft in einer Einrichtung, die nach einer Verlegung des Tätigkeitsortes zuständig geworden ist. Dies sei auf den Fall des Klägers zu übertragen. Er habe nach wie vor eine berufsspezifische Tätigkeit ausgeübt, die für sich genommen zu einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung hätte führen müssen, was jedoch aufgrund der Altersgrenzenregelung der damals geltenden Satzung der Bayerischen Altersversorgung nicht möglich gewesen sei. Die Pflichtmitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt sei nur aufgrund der Verlegung des Tätigkeitsortes in ein anderes Bundesland erloschen, aber es sei eine freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft mit unverändertem Versorgungsumfang und unveränderter Versorgungsabgabe möglich gewesen, weil der Kläger zuvor Pflichtmitglied gewesen sei. Wesentliche Unterschiede zu einer Pflichtmitgliedschaft seien nicht ersichtlich. Da allein die örtliche Veränderung der Tätigkeit zum Wegfall der Pflichtmitgliedschaft bei ansonsten gleich gebliebenen versorgungsrechtlichen Verhältnissen geführt habe, erscheine es zu Gunsten der Statuskontinuität gerechtfertigt, die freiwillige Weiterversicherung des Klägers, die auf einer vorherigen Pflichtversicherung beruht habe, für die Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ausreichen zu lassen. Der Kläger sei wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben ab Beschäftigungsbeginn am 1. April 2007 zu befreien, weil im Bescheid vom 25. April 1985, der bis heute nicht aufgehoben worden sei, ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass die Befreiung für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung gelte und erst mit dem förmlichen Widerruf ende. Auch wenn hieraus aufgrund der inzwischen geänderten Rechtslage nicht gefolgt werden könne, dass die Befreiung auf die hier streitgegenständliche Tätigkeit zu erstrecken sei, habe der Kläger aufgrund dieser Hinweise im Zuge des Arbeitsplatzwechsels auf die weitere Geltung der Befreiung vertrauen dürfen und dieses Vertrauen sei auch nicht durch die Verletzung von Mitteilungspflichten ausgeschlossen, weil weder ein bloßer Arbeitsplatzwechsel, der nicht mit der Aufgabe der berufsspezifischen Tätigkeit zusammenhing, noch die Umwandlung der Pflichtversicherung in eine freiwillige Weiterversicherung nach dem Regelungsgehalt des Bescheids einen Umstand dargestellt hätten, der zum Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen geführt hätte. Darüber hinaus habe die Beklagte gemäß einem Rundschreiben zur Umsetzung der BSG-Urteile vom 31. Oktober 2012 ausdrücklich keinen Neuantrag für den Fall eines Arbeitsplatzwechsels bis 31. Oktober 2012 verlangt und dies nach eigenem Bekunden auch so nach außen vermittelt, so dass sie sich hieran nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch im vorliegenden Fall festhalten lassen müsse.

Gegen das ihr am 30. Januar 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 9. Februar 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt (L 13 R 496/17). Das SG habe sie einzig unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verurteilt, den Kläger für seine Beschäftigung als Arzt bei der Krankenhaus GmbH Landkreis S. nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Denn das SG habe selbst festgestellt, dass der Kläger zum einen nicht mehr dieselbe Beschäftigung ausgeübt habe, für welche er mit Bescheid vom 25. April 1985 gemäß § 7 Abs. 2 AVG von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden war und zum anderen bei Aufnahme der in Rede stehenden Beschäftigung aufgrund von Satzungsbestimmungen – einer Altersgrenze – der berufsständischen Versorgungseinrichtung am Ort der Beschäftigung nicht mehr habe Pflichtmitglied werden können. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI setze indes unter anderem voraus, dass die Beschäftigten wegen der Beschäftigung, für welche die Befreiung begehrt werde, am jeweiligen Ort der Beschäftigung aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer seien bzw. dort eine solche Verpflichtung bestehe. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger gerade nicht, wie auch das SG erkannt habe. Der Kläger könne sich nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 31. Oktober 20120 – B 12 R 5/10 R) auch nicht auf einen Vertrauensschutz hinsichtlich der Ausführungen im Bescheid vom 25. April 1985 zum Fortbestand der Befreiung von der Versicherungspflicht in der Versorgungseinrichtung stützen. Soweit das SG zudem ausführe, nach der Verlautbarung der Beklagten zu den Urteilen vom 31. Oktober 2012 wäre gemäß der Verwaltungspraxis ein neuer Befreiungsantrag nicht zu stellen gewesen, sei anzumerken, dass diese Regelung selbstverständlich ausschließlich im Falle des weiteren Vorliegens der übrigen "allgemeinen" Befreiungsvoraussetzungen (Pflichtmitgliedschaft in berufsständischer Kammer und Versorgungseinrichtung, einkommensbezogene Beitragszahlung an die Versorgungseinrichtung usw.) gelten könne und solle.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. Januar 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hat auf das angefochtene Urteil des SG verwiesen.

Mit Beschluss vom 4. Juni 2018 hat der Senat auf übereinstimmenden Antrag des Klägers und der Beklagten das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die beim BSG anhängigen Verfahren B 5 RE 1/18 R und B 5 RE 3/18 R angeordnet.

Am 16. Mai 2019 hat der Kläger das Verfahren wiederangerufen. Das Urteil des BSG vom 13. Dezember 2018 (B 5 RE 3/18 R) könne auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Es fehle im hier streitgegenständlichen Bescheid vom 26. Dezember 1984 (gemeint 25. April 1985) ein entsprechender Hinweis ("Sie ist grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit begrenzt"), so dass auch das Vertrauen des Klägers auf den Bescheid schützenswert gewesen sei. Der Wortlaut des hiesigen Bescheids habe den Eindruck vermittelt, dass die Befreiung für sämtliche Beschäftigungen gelte und ein bloßer Arbeitsplatzwechsel, der nicht mit der Aufgabe der berufsspezifischen Tätigkeit zusammenhänge, nach dem Regelungsinhalt des Bescheides gerade keinen Umstand darstelle, der zum Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen führe. Sein Vertrauen sei auch aufgrund der von der Beklagten praktizierten Handhabung gerechtfertigt gewesen und die Beklagte müsse sich an der im erstinstanzlichen Urteil zitierten Verwaltungspraxis gemäß Rundschreiben vom 31. Oktober 2012 nach Treu und Glauben festhalten lassen, auch im Hinblick darauf, dass das BSG – wie das SG zutreffend ausgeführt habe - in seiner Rechtsprechung zu dem vor 1992 geltenden Recht die Versicherungsbefreiung aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung in der berufsständischen Altersversorgung gestattet habe. Er sei auch im Zusammenhang mit der Umwandlung der Pflichtmitgliedschaft in eine freiwillige Mitgliedschaft bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt nicht darauf hingewiesen worden, dass er noch einen Befreiungsantrag bei der Beklagten zu stellen habe. Vor diesem Hintergrund müsse nicht mehr entschieden werden, dass die inzwischen aufgehobene Altersbegrenzung bei der Bayerischen Ärzteversorgung, die seine Pflichtmitgliedschaft verhindert habe, altersdiskriminierend und daher rechtswidrig gewesen sei und er Anspruch auf Pflichtmitgliedschaft gehabt habe.

Die Beklagte hat ihre Rechtsauffassung durch die Urteile des BSG vom 13. Dezember 2018 (B 5 RE 1/18 R, B 5 RE 3/18) bestätigt gesehen. Diese Urteile seien auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Es existiere nunmehr eine ständige Rechtsprechung des BSG, nach welcher jede Entscheidung über die Befreiung eines Pflichtmitglieds eines Versorgungswerkes von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ausnahmslos nur für eine ganz konkrete Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber oder für eine konkrete selbständige Tätigkeit wirke. Eine einmal erteilte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht entfalte keine Wirkung für ein späteres Beschäftigungsverhältnis bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber, selbst wenn dabei ebenfalls eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit ausgeübt werde. Dem Bescheid vom 25. April 1985 habe – dem Antrag vom 26. Dezember 1984 entsprechend – die Beschäftigung des Klägers ab 1. Januar 1985 als Arzt beim Kreiskrankenhaus G. zugrunde gelegen. Dieser Bescheid sei mit Aufgabe besagter Beschäftigung zumindest gegenstandslos geworden.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt. Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2015 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger für seine vom 1. April 2007 bis 30. September 2016 ausgeübte Beschäftigung im Krankenhaus S. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

Zunächst ist festzustellen, dass - wie das SG zutreffend dargelegt hat - der Bescheid vom 25. April 1985 für die ab 1. April 2007 ausgeübte Tätigkeit des Klägers als Arzt im Krankenhaus S. keine Wirkung mehr entfaltet. Bei dem Kläger waren zwar zunächst die Voraussetzungen für die mit Bescheid vom 25. April 1985 mit Wirkung ab 1. Januar 1985 erteilte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erfüllt. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 2 AVG in der am 1. Juli 1979 in Kraft getretenen Fassung des Art 3 Nr. 2 Buchst a des Gesetzes zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs vom 25. Juni 1979 (BGBl I 797). Danach wurden Personen auf ihren Antrag von der Versicherungspflicht befreit, die aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe sind, wenn für die angestellten Mitglieder nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall der Invalidität und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Diese Voraussetzungen waren bei dem Kläger ursprünglich erfüllt; denn er war bei Erteilung des Befreiungsbescheids in diesem Zeitraum aufgrund landesgesetzlicher Verpflichtung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte in der damaligen Fassung bis 17. Februar 2006 [ÄVersorgAnstG BW]) als Arzt Pflichtmitglied der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Der Befreiungsbescheid hat jedoch keine Wirkung mehr für die zum 1. April 2007 aufgenommene Beschäftigung als Arzt im Klinikum S ... Rechtsgrundlage für die Feststellung hinsichtlich der Reichweite der ursprünglichen Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist § 231 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung des Gesetzes zur Reform der GRV - RRG 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2261; § 231 SGB V a.F.). Nach dieser Bestimmung bleiben Personen, die am 31. Dezember 1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, in derselben Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit von der Versicherungspflicht befreit. Die Voraussetzungen dieser Norm sind jedoch nicht erfüllt, weil die darin geforderte "Identität" zwischen der Beschäftigung des Klägers, die seiner mit Bescheid vom 25. April 1985 erteilten Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zugrunde lag, und der zum 1. April 2007 aufgenommenen Beschäftigung nicht gegeben ist. Wie das BSG bereits im Urteil vom 31. Oktober 2012 (B 12 R 5/10 R SozR 4 2600 § 231 Nr. 5) ausgeführt hat, knüpft § 231 S. 1 SGB VI a.F. für die fortdauernde Wirkung einer früheren Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV an die konkrete Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit an und fordert eine "Identität" der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, die während der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht verrichtet wurde, mit der aktuellen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit. § 231 S 1 SGB VI a.F. ordnet die Fortwirkung einer vor dem 1. Januar 1992 erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht nur hinsichtlich "derselben" Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit an. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich durch die Verwendung des Merkmals "derselben" die Notwendigkeit eines Vergleichs und als dessen Ergebnis einer Identität zwischen der ursprünglichen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit und der aktuellen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit. Diese Fokussierung auf die konkrete Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit entspricht der durch § 6 Abs. 5 S. 1 SGB VI auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkten Wirkung einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht (vgl. hierzu bereits BSG Urteil vom 22. Oktober 1998 B 5/4 RA 80/97 R BSGE 83, 74 = SozR 3 2600 § 56 Nr. 12 m.w.N.; BSG Urteil vom 7. Dezember 2000 B 12 KR 11/00 R SozR 3 2600 § 6 Nr. 5). Darüber hinaus ist dem Wortlaut des § 231 S. 1 SGB VI a.F. zu entnehmen, dass Anknüpfungspunkt für das Fortbestehen einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV allein die (jeweilige) "Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit" des Betroffenen ist. Der Gesetzeswortlaut definiert die Fortwirkung einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht über materielle Merkmale der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflicher Status. "Beschäftigung" wiederum wird in § 7 Abs. 1 S 1 SGB IV als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" definiert und in Abs. 1 S 2 der Regelung gekennzeichnet als Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines (konkreten) Weisungsgebers. Eine andere Beschäftigung liegt damit schon dann vor, wenn eine Beschäftigung- wie im Fall des Klägers - bei einem anderen Arbeitgeber aufgenommen wird (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 5. Dezember 2017 – B 12 KR 11/15 R m.w.N.). Liegen die Voraussetzungen des § 231 S. 1 SGB VI aF durch den Wechsel der Tätigkeit nicht mehr vor, so ist Rentenversicherungspflicht in der nunmehr ausgeübten Beschäftigung kraft Gesetzes eingetreten. Die Befreiungsbescheide brauchten insoweit auch bei Befreiungen, die vor dem 1.1.1992 nach § 7 Abs. 2 AVG ausgesprochen worden sind, nicht aufgehoben zu werden (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 5. Dezember 2017 – B 12 KR 11/15 R m.w.N.).

Die Befreiung galt hier auch nicht nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI für die Beschäftigung des Klägers bei dem Klinikum W. ab 1. April 2007. Nach dieser Vorschrift erstrecken sich Befreiungen auch auf andere Beschäftigungen, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sind. Dies traf für die zum 1. April 2007 aufgenommene Beschäftigung des Klägers nicht zu. Die Befreiung galt auch nicht wegen der im Befreiungsbescheid enthaltenen Hinweise zur Dauer der Befreiung fort. Diese (erläuternden) Hinweise zur Fortdauer der Befreiung für die sich an eine Pflichtmitgliedschaft anschließende freiwillige Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung stellen weder eine rechtliche Regelung i.S. des § 31 S 1 SGB X noch eine Nebenbestimmung i.S. von § 32 SGB X dar (vgl. BSG, Urteil vom 5. Dezember 2017 – B 12 KR 11/15 R m.w.N.).

Aus den dargelegten Gründen war für die seit 1. April 2007 ausgeübte Beschäftigung als Arzt im Klinikum S. eine erneute Befreiung von der Versicherungspflicht erforderlich. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI werden Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, von der Versicherungspflicht befreit, wenn am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat (Buchst. a), für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind (Buchst. b) und aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist (Buchst. c). Im vorliegenden Fall ist der Kläger so zu behandeln, als sei er während seiner Tätigkeit als angestellter Unfallchirurg im Klinikum S. aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, nämlich der baden-württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte gewesen. Er war seit seiner Zulassung als Arzt kraft gesetzlicher Verpflichtung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte [ÄVersorgAnstG BW] in der damals geltenden Fassung bis 17. Februar 2006) Mitglied in der o.g. Versorgungsanstalt und die Pflichtmitgliedschaft erlosch lediglich, weil er seine berufsständische Tätigkeit in Baden-Württemberg aufgab und nach Bayern wechselte (§ 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte), wo er weiterhin eine berufsständische Tätigkeit ausübte. Gemäß Art. 25 Abs. 1 des Gesetzes über das öffentliche Versorgungswesen (2. Teil: Bayerische Ärzteversorgung) vom 25. Juni 1994 in der am 1. April 2007 geltenden Fassung vom 8. November 2002 bestand auch als Arzt, der in Bayern beruflich tätig ist, kraft Gesetzes Pflichtmitgliedschaft in der Bayerischen Ärzteversorgung, wobei die Satzung gemäß Abs. 2 Ausnahmen und Befreiungen von der Pflichtmitgliedschaft vorsehen konnte, insbesondere wenn der Berufsangehörige die Berufstätigkeit nur vorübergehend oder nur in geringem Umfang ausübt, in fortgeschrittenem Lebensalter die Berufstätigkeit aufnimmt oder die Mitgliedschaft zur Berufskammer begründet oder Mitglied in einem anderen berufsständischen Versorgungswerk ist. Eine solche Ausnahme bestand nach der Übergangsregelung des § 91g Abs. 1 der Satzung der Bayerischen Versorgungskammer (Stand 1. Januar 2006) für Personen, die – wie der Kläger – am 31. Dezember 2004 nicht Mitglied waren und vor dem 1. Januar 2005 das 45. Lebensjahr vollendet hatten. Für diese war weiterhin § 16 Nr. 1 der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung der Satzung anwendbar, wonach eine Altersgrenze von 45 Jahren gilt. Dies bedeutet, dass der Kläger, der sein gesamtes Berufsleben als Arzt tätig war und deshalb kraft Gesetzes grundsätzlich Pflichtmitglied einer berufsständischen Versorgungsanstalt gewesen wäre, lediglich aufgrund des Wechsels in ein anderes Bundesland bzw. der in der Satzung der Bayerischen Ärzteversorgung geregelten Altersgrenze ausnahmsweise von der Pflichtmitgliedschaft in der Bayerischen Ärzteversorgung ausgeschlossen war. Außerdem war die daraufhin in der baden-württembergischen Versorgungsanstalt bestehende freiwillige Mitgliedschaft gleichwertig mit einer Pflichtmitgliedschaft, was gemäß § 20 der Satzung der baden-württembergischen Versorgungsanstalt nur möglich war, weil zuvor schon eine Pflichtmitgliedschaft bestanden hatte. Bei dieser Konstellation ist es gerechtfertigt, die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI jedenfalls analog anzuwenden, weil kein relevanter Unterschied zu den Fällen erkennbar ist, in denen ein Arzt – ohne die beim Kläger vorliegende Ausnahmekonstellation mit Wechsel in ein anderes Bundesland bzw. Überschreiten der Altersgrenze nach der Satzung der jeweiligen Versorgungsanstalt – durchgehend Pflichtmitglied kraft Gesetzes einer berufsständischen Versorgungsanstalt war. Da die freiwillige Mitgliedschaft in der baden-württembergischen Versorgungsanstalt nach deren Mitteilung in vollem Umfang einer Pflichtmitgliedschaft entsprochen hat, haben sich auch die versorgungsrechtlichen Verhältnisse nicht geändert, so dass eine Gleichbehandlung mit einer Pflichtmitgliedschaft auch aus Gründen der Statuskontinuität gerechtfertigt ist. Insoweit verweist der Senat auf die Argumentation des SG in der angefochtenen Entscheidung und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Der Kläger ist auch unter Berücksichtigung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sowie Treu und Glauben so zu behandeln, als hätte er den Befreiungsantrag rechtzeitig (d.h. spätestens innerhalb von drei Monaten ab Aufnahme der Beschäftigung als Arzt im Klinikum S. [§ 6 Abs. 4 SGB VI]) gestellt. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt nach ständiger Rechtsprechung des BSG auf der Tatbestandsseite eine dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnende Pflichtverletzung voraus, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 19/14 R – juris Rn, 16, BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 2/14 R – juris Rn 39 m.w.N., BSG, Urteil vom 4. September 2013 – B 12 AL 2/12 R – juris Rn. 19). Rechtsfolge des Bestehens eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ist der Anspruch gegen die Behörde auf Vornahme einer rechtlich zulässigen Amtshandlung, durch den der Zustand wiederhergestellt werden könnte, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl. etwa BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 2/14 R – juris Rn. 39, BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 5 R 5/13 R – juris Rn. 37, BSG, Urteil vom 11. März 2004 – B 13 RJ 16/13 R – juris Rn. 24). Danach kann ein Betroffener bei Betreuungspflichtverletzungen eines Sozialversicherungsträgers so zu behandeln sein, als hätte der angegangene Träger die ihm obliegenden Pflichten (vgl. §§ 14, 15 SGB I) ordnungsgemäß erfüllt (vgl. z.B. BSGE 65, 21, 26 = SozR 4100 § 137 Nr. 12 S 16; BSGE 89, 50, 53 ff = SozR 3—3300 § 12 Nr. 1 S 6; Urteil des BSG vom 29. August 2012 – B 12 R 7/10 R – juris). Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger falsch beraten und/oder durch eine falsche Auskunft der Beklagten von einer erneuten Antragstellung abgehalten wurde, hätte dies zur Folge, dass der Kläger so behandelt werden muss, als wäre ein seinerzeit gestellter Befreiungsantrag rechtmäßig beschieden worden (vgl. BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 B 12 R 3/11 R m.w.N.). Diese Grundsätze sind zur Überzeugung des Senats auf den hier vorliegenden Fall übertragbar. Denn die Beklagte hat im Bescheid vom 25. April 1985 u.a. angegeben, die Befreiung gelte für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu entrichten wäre und die Befreiung gelte nur für die Beschäftigung, auf der die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung beruht und nach deren Arbeitsentgelt die Versorgungsabgaben zu berechnen sind, wenn mehrere Beschäftigungen ausgeübt werden. Ferner wurde u.a. darauf hingewiesen, dass die BfA bei Wegfall der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 AVG die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs zu widerrufen habe und der Kläger daher verpflichtet sei, der BfA die Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall der Voraussetzungen für die Befreiung führen (insbesondere, wenn die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung endet, wenn keine Versorgungsabgaben mehr zu entrichten sind [z.B. nach Bewilligung einer Rente aus der Berufsgruppenversorgung] und wenn Versorgungsabgaben nicht mehr in der dem Einkommen entsprechenden Höhe zu entrichten sind) sowie die Befreiung erst mit dem förmlichen Widerruf durch die BfA ende. Damit hat die Beklagte den Eindruck erweckt, dass ein weiterer Befreiungsantrag nicht erforderlich ist, solange der Kläger – wie es auch tatsächlich der Fall war – Pflichtmitglied oder anschließend freiwilliges Mitglied in der Versorgungseinrichtung ist und entsprechende Beiträge entrichtet. Die Beklagte geht im Übrigen - entsprechend ihrem Rundschreiben zur Umsetzung der BSG-Urteile vom 31. Oktober 2012 – selbst von Vertrauensschutz für berufsständisch Versorgte nach einem Arbeitsplatzwechsel vor dem 31. Oktober 2012 aus, die in der Vergangenheit für die Ausübung einer klassischen berufsspezifischen Tätigkeit befreit worden waren. Denn das BSG hat erst in seinen Urteilen vom 31. Oktober 2012 (B 12 R 8/10 R, B 12 R 3/11 R und B 12 R 5/10 R) - streng am Wortlaut des Gesetzes orientiert – nochmals klargestellt, dass ausnahmslos jede Entscheidung über die Befreiung eines Pflichtmitgliedes eines Versorgungswerkes von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für eine ganz konkrete Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber oder für eine tatsächlich ausgeübte selbständige Tätigkeit gilt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Fall des Klägers, der - wie bereits dargelegt - nach seinem Arbeitsplatzwechsel lediglich aufgrund seines Alters und der in der Satzung der Bayerischen Versorgungskammer geregelten Ausnahme nicht mehr Pflichtmitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung war und dessen Situation unter den von der Beklagten selbst dargelegten Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht abweichend beurteilt werden kann. Demnach konnte der Kläger ohne einen entsprechenden Hinweis der Beklagten nicht erkennen, dass ein neuer Befreiungsantrag bei Aufnahme seiner Beschäftigung als Arzt im Klinikum S. zum 1. April 2007 erforderlich war. Es liegt somit in der Verantwortungssphäre der Beklagten, dass er den Antrag nicht rechtzeitig gestellt hat und der Kläger ist so zu stellen, als läge ein rechtzeitiger Befreiungsantrag im Hinblick auf die ab 1. April 2007 ausgeübte Beschäftigung vor.

Darüber hinaus verstößt es nach der Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 3—2600 § 6 Nr. 5 S. 12) gegen Treu und Glauben, wenn ein Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht eines Betroffenen in der GRV feststellt, nachdem der Träger zuvor in einer Antwort auf die Frage des Betroffenen nach der Reichweite einer früheren Befreiung im Hinblick auf eine neu eingegangene Beschäftigung den Eindruck erzeugt hatte, auch insoweit trete wegen der schon erteilten früheren Befreiung keine Versicherungspflicht ein. Zwar hat sich der Kläger im hier vorliegenden Fall nicht bei der Beklagten nach der Reichweite der früheren Befreiung erkundigt und diesbezüglich keine Auskunft erhalten. Wie bereits dargelegt, konnte der Kläger aber aufgrund der Formulierung im Bescheid vom 25. April 1985 und dem Rundschreiben der Beklagten zur Umsetzung der BSG-Urteile vom 31. Oktober 2012 schon gar nicht erkennen, dass sich die Frage der Reichweite der früheren Befreiung überhaupt stellt. Er ist deshalb auch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben so zu behandeln, als hätte er den Befreiungsantrag rechtzeitig bei Aufnahme der Beschäftigung im Klinikum S. zum 1. April 2007 gestellt.

Aus diesen Gründen war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens hat der Senat berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Rechtszügen voll obsiegt hat.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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