S 5 AS 3942/17 WA

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 5 AS 3942/17 WA
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Der Beklagte wird unter Abänderung der endgültigen Leistungsfestsetzung vom 07.02.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18.02.2015 und 08.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2015 (W 4729/14) verurteilt, den Klägern für den Monat Mai 2013 Leistungen nach dem SGB II in folgender Höhe zu zahlen: Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung /Sozialgeld 317,10 317,09 58,05 58,05 23,07 Kosten der Unterkunft 166,24 166,26 166,26 166,26 166,26 Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten im Klageverfahren sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der für den Zeitraum 05/2013 – 10/2013 endgültig festzusetzenden Leistungen nach dem SGB II. Sie streiten ferner über die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015.

Alle Kläger wenden sich gegen den Leistungsbescheid vom 07.02.2014 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 18.02.2015 und 08.05.2015, mit welchem der Beklagte Leistungen für den Zeitraum 05/2013 – 10/2013 endgültig festsetzte (Widerspruchsverfahren W 4729/14). Die Kläger zu 1) und 3) – 5) wenden sich darüber hinaus gegen die Kostenentscheidung im Widerspruchbescheid vom 27.05.2015, soweit es den Widerspruch gegen den gegen sie gerichteten Erstattungsbescheid vom 07.02.2014 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 18.02.2015 und 08.05.2015 (Widerspruchsverfahren W 4727/14) betrifft. Die Klägerin zu 2) wendet sich darüber hinaus gegen die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015, soweit es den Widerspruch gegen den gegen sie gerichteten Erstattungsbescheid vom 07.02.2014 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 18.02.2015 und 08.05.2015 (Widerspruchsverfahren W 4728/14) betrifft. Die Widersprüche gegen die drei genannten Ausgangsbescheide hatte der Be-klagte einheitlich per Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015 beschieden.

Mit Bescheid vom 18.04.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18.06.2013, 16.07.2013 und 09.08.2013 gewährte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 05/2013 – 10/2013 vor dem Hintergrund schwankenden Einkommens vorläufig. Mit Bescheid vom 07.02.2014 setzte er die Leistungen im genannten Zeitraum endgültig fest. Hierbei legte er der Berechnung ein Durchschnittseinkommen des Klägers zu 1) zugrunde. Mit den beiden parallel erlassenen Erstattungsbescheiden (s.o.) forderte der Beklagte vermeintlich überzahlte Leistungen von den Klägern zurück. Auf den Inhalt der genannten Bescheide wird im Einzelnen Bezug genommen. Gegen die drei Bescheide vom 07.02.2014 legten die Kläger mit anwaltlichen Schreiben vom 20.02.2014 ohne Begründung Widersprüche ein. Per Änderungsbescheid vom 18.02.2015 änderte der Beklagte die endgültige Festsetzung ab und berücksichtigte bei dem Kläger zu 1) entstandene Fahrtkosten sowie angefallene Kfz-Versicherungsbeiträge, indem er einen monatlichen Durchschnittswert ansetzte. Die gegen die Kläger gerichteten Erstattungsforderungen änderte der Beklagte mit weiteren Bescheiden vom 18.02.2015 der Neuberechnung entsprechend ab. Per Änderungsbescheid vom 08.05.2015 änderte der Beklagte die endgültige Leistungsfestsetzung abermals ab, indem er ein aktualisiertes Durchschnittseinkommen zugrunde legte. Mit weiteren Bescheiden vom 08.05.2015 hob er die gegen die Kläger gerichteten Erstattungsverfügungen jeweils auf.

Per Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015 wies der Beklagte die Widersprüche W 4729/14, W 4727/14 und W 4728/14 nach Erlass der Bescheide vom 18.02.2015 und 08.05.2015 einheitlich als unbegründet zurück. Die Kosten der Widerspruchsverfahren übernahm er zu 40 %.

Am 26.06.2015 haben die Kläger gegen die Leistungsfestsetzung vom 07.02.2014 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 18.02.2015 und 08.05.2015 sowie gegen die bei-den Erstattungsbescheide vom 07.02.2014 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 18.02.2015 und 08.05.2015 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2015 Klagen erhoben.

Das Gericht hat die Verfahren per Beschluss vom 03.02.2016 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Kläger sind im Kern der Auffassung, der Beklagte habe der endgültigen Leistungsfestsetzung kein Durchschnittseinkommen zugrunde legen dürfen. Sie monieren zudem die Kostenentscheidung im angegriffenen Widerspruchsbescheid. Zu einer Bezifferung ihres Begehrens respektive zu eigenen Leistungsberechnungen haben sie sich nicht bemüßigt gefühlt.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

1.) den Beklagten unter Abänderung der endgültigen Leistungsfestsetzung vom 07.02.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18.02.2015 und 08.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2015 zu verurteilen, ihnen im Zeitraum 05/2013 – 10/2013 höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

2.) den Beklagten unter Abänderung der Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015 zu verurteilen, die in den Widerspruchsverfahren W 4729/14, W 4727/14 und W 4728/14 zu jeweils mehr als 40 % zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verfahren ist durch Beschluss vom 28.12.2016 mit Blick auf das bei dem Bundessozialgericht anhängige Verfahren B 14 AS 18/16 R ruhend gestellt und nach Veröffentlichung der Entscheidungsgründe unter dem Aktenzeichen S 5 AS 3942/17 WA wieder aufgenommen worden.

Der Beklagte hat mit Blick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts eine Neuberechnung durchgeführt. Das Gericht hat die Berechnungen des Beklagten einer abermaligen Korrektur unterzogen. Seine Berechnungen liegen den Beteiligten vor.

Die Beteiligten sind zur Absicht des Gerichts, durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 So-zialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden, gehört worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakten sowie der vorliegenden Leistungsakten des Beklagten wird im Übrigen Bezug genommen. Die genannten Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entscheiden. Die Streitsache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, der Sachverhalt ist geklärt (§ 105 Abs. 1 SGG).

Der Klageantrag zu 1) ist im tenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

Die endgültige Leistungsfestsetzung vom 07.02.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18.02.2015 und 08.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2015 ist in Bezug auf den Monat Mai 2013 zum Nachteil der Kläger rechtswidrig. Die Kläger sind insoweit beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.

Mit dem Änderungsbescheid vom 08.05.2015 waren den Klägern von dem Beklagten Leistungen in folgender Höhe gewährt worden:

Zeitraum: 01.05.2013 – 31.05.2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld 118,93 118,92 Kosten der Unterkunft 166,24 166,26 132,34 132,34 111,70

Zeitraum: 01.06.2013 – 30.06.2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld 126,71 126,70 Kosten der Unterkunft 166,24 166,26 135,96 135,96 114,75

Zeitraum: 01.07.2013 – 31.07.2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld 127,14 127,13 Kosten der Unterkunft 168,24 168,26 137,70 137,70 116,41

Zeitraum: 01.08.2013 – 31.08.2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld 108,53 108,53 Kosten der Unterkunft 98,84 98,84 79,35 79,35 62,06

Zeitraum: 01.09.2013 – 30.09.2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld 127,14 127,13 Kosten der Unterkunft 168,24 168,26 137,70 137,70 116,41

Zeitraum: 01.10.2013 – 31.10.2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld 127,14 127,13 Kosten der Unterkunft 168,24 168,26 137,70 137,70 116,41

Der Beklagte hatte seiner Berechnung hierbei zu Unrecht ein Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt. Hierfür bestand im hierfür maßgeblichen Zeitraum keine gesetzliche Grundlage (Bundessozialgericht, Urt. v. 30.03.2017, Az.: B 14 AS 18/16 R, juris). Die Berechnung hatte vielmehr ausgehend von dem monatlich jeweils tatsächlich zugeflossenen Einkommen zu erfolgen.

Der Beklagte hatte ferner im Rahmen der Berechnung des Freibetrages nach § 11b Abs. 2 S. 2 SGB II fälschlicherweise hinsichtlich der von den Klägern unterhaltenen Kfz-Versicherung einen Jahresdurchschnittsbetrag zugrunde gelegt. Ein Abzug hatte hier nur in den Monaten zu erfolgen, in denen Kosten tatsächlich entstanden sind.

Schließlich hatte der Beklagte neben dem Freibetrag nach § 11b Abs. 2 S. 2 SGB II fälschlicherweise sowohl die Versicherungs- als auch die Werbungskostenpauschale nach § 6 ALG II - VO in Abzug gebracht. Hierfür besteht neben § 11b Abs. 2 S. 2 SGB II keine Grundlage.

Die Berechnungen im letzten Änderungsbescheid vom 08.05.2015 waren insoweit in mehrfacher Hinsicht auch zugunsten der Kläger fehlerhaft.

Auf die Berechnungen des Gerichts wird Bezug genommen. Folgende Leistungsansprüche sind der Betrachtung abschließend zugrunde zu legen:

05/2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld 317,10 317,09 58,05 58,05 23,07 Kosten der Unterkunft 166,24 166,26 166,26 166,26 166,26

06/2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld 40,72 40,74 Kosten der Unterkunft 166,24 166,26 96,05 96,05 81,07

07/2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld Kosten der Unterkunft 138,31 138,31 64,47 64,47 54,50

08/2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld 6,50 6,50 Kosten der Unterkunft 98,84 98,84 40,31 40,31 31,53

09/2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld 93,27 93,26 Kosten der Unterkunft 168,24 168,26 121,91 121,91 103,06

10/2013 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Regelleistung/Sozialgeld 93,27 93,26 Kosten der Unterkunft 168,24 168,26 121,91 121,91 103,06

Bei vergleichender Betrachtung zeigt sich, dass sich nur für den Monat Mai 2013 ein Nachzahlungsanspruch für die Kläger ergibt. Der Tenor bezeichnet den gesamten Leis-tungsanspruch. Bei der anstehenden Nachzahlung sind hiervon bereits erfolgte Zahlungen in Abzug zu bringen.

Eine Saldierung der Unterzahlungen mit im Bewilligungszeitraum erfolgen Überzahlungen kam im hier betroffenen Zeitraum (vor Einführung des § 41a SGB II) nicht in Betracht (vgl. Bundessozialgericht Urt. v. 07.12.2017, Az.: B 14 AS 8/17 R, Rz. 23, juris).

Soweit mit dem Klageantrag zu 1) auch für die weiteren Monate des betroffenen Bewilli-gungszeitraums höhere Leistungen geltend gemacht werden, war er im Übrigen abzuweisen.

Der zulässige Klageantrag zu 2) ist unbegründet.

Die umstrittene Kostenentscheidungen beruht auf § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X. Hiernach hat der Rechtsträger, dessen Behörde einen durch Widerspruch angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Erfolgreich ist ein Widerspruch in erster Linie dann, auf den hin der angegriffene Verwaltungsakt ganz oder teilweise aufgehoben wird. Einer Einschränkung bedarf diese Betrachtungsweise dann, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein anderer Umstand als der Widerspruch dem "Erfolg" rechtlich zurechenbar ist, also keine ursächliche Verknüpfung zwischen der Einlegung des Rechtsbehelfs und der begünstigenden Entscheidung der Behörde besteht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Widerspruchsführer seinen Mitwirkungspflichten erst im Widerspruchsverfahren nachkommt.

Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass der Erfolg in den betroffenen Wi-derspruchsverfahre teilweise nicht kausal auf die Einlegung des Widerspruchs bzw. der Widersprüche, sondern auf die Nachholung von Mitwirkungs- bzw. Anzeigepflichten durch die Kläger zurückzuführen war. Er war nicht daran gehindert, dies bei seiner Kostenentscheidung im Rahmen einer Quotelung zu berücksichtigen. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten zur Bildung der Kostenquote Bezug genommen, denen sich das Gericht anschließt. Ebenfalls zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass Gebühren lediglich einmalig angefallen sind, da den Widerspruchs-verfahren W 4729/14, W 4727/14 und W 4728/14 ein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrunde lag. Die Kostenentscheidung ist bei abschließender Prüfung nicht zu beanstanden. Die Kläger sind hierdurch nicht beschwert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG. Der Umfang des Obsiegens der Kläger trägt hinter dem Umfang ihres Unterliegens gänzlich zurück.
Rechtskraft
Aus
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