L 13 SB 62/20 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 42 SB 1646/19
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 62/20 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Februar 2020 aufgehoben. Für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin zum Aktenzeichen S 42 SB 1646/19 wird mit Wirkung ab dem 28. Oktober 2019 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt R S gewährt. Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen sind nicht zu leisten. Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Klägerin hat ab dem 28. Oktober 2020, dem Eingang der vollständigen Prozess-kostenhilfeunterlagen, Prozesskostenhilfe für das (inzwischen durch Rücknahme beendete) Klageverfahren unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 ff. Zivil-prozessordnung (ZPO) zugestanden. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der – wie die Klägerin – nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Pro-zesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungskonform auszulegen. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG und dem aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Un-bemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe dieses Verfahren an die Stelle des Verfahrens der Hauptsache treten zu lassen (BVerfG, Beschluss vom 28. November 2007, 1 BvR 68/07). Aus diesem Grunde dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen in dem Verfahren der Prozesskostenhilfe nicht entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch von dem Unbemittelten einer prozessualen Klärung im Verfahren der Hauptsache zugeführt werden können (BVerfG a.a.O). Vor diesem Hintergrund ist, ausgehend von dem für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag, eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn das Gericht den klägerischen Rechtsstandpunkt aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder für zumindest vertretbar hält bzw. – sofern der Tatsachenstoff noch nicht geklärt ist – eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden ausgehen würde (so BVerfG a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Gemessen an diesen Maßstäben ist eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage nicht zu verneinen gewesen. Denn im Zeitpunkt der Bewilligungsreife, dem vollständigen Eingang der für den Prozesskostenhilfeantrag erforderlichen Unterlagen, hätte der Sachverhalt weiter aufklärt werden müssen, da sich aus dem MDK-Gutachten vom 8. Juli 2019 Hinweise auf eine Gehbehinderung der Klägerin ergaben. Durch Sachverständigengutachten wäre zu ermitteln gewesen, ob seinerzeit die schwer-behinderte Klägerin infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt war. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a SGG, 127 Abs. 4 ZPO. Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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