S 10 R 688/13

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 R 688/13
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 531/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten haben die Prozessbeteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am ... 1959 geborene Kläger besitzt nach eigenen Angaben Berufsabschlüsse als Instandhaltungsmechaniker und Facharbeiter für geologische Bohrungen. Zuletzt war er bis Dezember 2010 als Vorarbeiter im Bereich der Hamburger Stadtentwässerung tätig.

Laut Arbeitgeberauskunft vom 8. März 2012 handelt es sich hierbei um eine Anlerntätigkeit von bis zu 12 Monaten, die keiner Vorkenntnisse bedarf.

Wegen Gesundheitsstörungen am linken Hüftgelenk und der Lendenwirbelsäule beantragte der Kläger am 22. Februar 2012 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 25. Mai 2012 und Widerspruchsbescheid vom 12. August 2013 unter Bezugnahme auf ein Gutachten von Dr. F., Facharzt für Orthopädie (3. Mai 2012) und eine Stellungnahme ihres Sozialmedizinischen Dienstes vom 9. Mai 2012 ab.

Demnach fanden sich an wesentlichen Gesundheitsstörungen des Klägers:

- lumbales Radikulärsyndrom links bei Osteochondrose der unteren Lendenwirbelsäule,

- mittelgradige Coxarthrose beidseits,

- Periarthritis humeroskapulares beidseits,

- diskrete Gonarthrose beidseits.

Aufgrund der damit einhergehenden Funktionsstörungen sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf leichte körperliche Arbeit im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen vermindert. Entsprechende Tätigkeiten könne der Kläger noch mehr als 6 Stunden täglich verrichten.

Soweit ihm die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (Hauptberuf) nicht mehr möglich sei, könne der Kläger zumutbar auf die Arbeit als Registrator, Poststellenmitarbeiter oder Pförtner verwiesen werden.

Dagegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 18. Juni 2012 und Klage vom 4. September 2013. Zur Begründung führte er aus, unter "starken bis unerträglichen" Schmerzen an der Lendenwirbelsäule und im Bereich der linken Hüfte zu leiden. In der Folge käme es zu Schlafstörungen, die mit frühzeitiger Erschöpfung einhergingen.

Ein Kfz könne der Kläger nur ca. 30 Minuten führen und seine Gehstrecke wäre auf 50 Meter reduziert.

Daneben leide der Kläger seit Dezember 2012 unter depressiven Schüben und Alkoholismus.

Das Gericht erhob Beweis durch Einholung von Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte.

DM Herr H., Facharzt für Orthopädie und spezielle Schmerztherapie (28. April 2014) teilte mit, dass die Behandlung des Klägers auf den Zeitraum 1. September bis 12. November 2010 begrenzt gewesen sei.

Frau Dr. L., Fachärztin für Allgemeinmedizin (15. Mai 2014), behandelt den Kläger seit Juni 1994 wegen rezidivierender Hüft- und Rückenschmerzen, Ellenbogenschmerzen beidseits, Bluthochdruck, chronischem Alkoholismus und rezidivierenden Knieschmerzen.

Bis August 2013 habe der Kläger regelmäßig Alkohol konsumiert. Seit einer stationären Behandlung im September 2013 sei er abstinent. In der Folge habe sich der Allgemeinzustand des Klägers verbessert und seine Stimmung sei gut.

Frau Dr. L. sieht den Kläger in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeit im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne Tätigkeiten an laufenden Maschinen oder im Akkord, ohne Benutzung von Leitern und Gerüsten noch 6 Stunden täglich zu verrichten. Wegen vorhandener Konzentrationsstörungen sollte die Arbeit abwechselungsreich sein.

Die Wegefähigkeit des Klägers sei hierfür gegeben.

Ausweislich eines Behandlungsberichtes vom 17. Oktober 2013 befand sich der Kläger vom 3. bis 16. September 2013 zur stationären Behandlung im Fachklinikum U., Klinik für Psychiatrie und Suchtmedizin. Grund der Aufnahme war die Einschätzung des Klägers als Gewohnheitstrinker. Die hier erhobenen Diagnosen lauten:

- Entziehungssyndrom/Alkohol (leicht)

- Abhängigkeitssyndrom/Alkohol

- mittelgradige depressive Episode

- alkoholische Polyneuropathie

- alkoholische Lebererkrankung.

Eine weiterführende Therapie habe der Kläger abgelehnt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25. Mai 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2013 zu verurteilen, dem Kläger ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten (Az: ...) haben Vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist frist- und formgerecht eingereicht und somit zulässig.

Sachlich ist die Klage jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.

Versicherte haben Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind bzw. berufsunfähig und vor dem 1. Januar 1961 geboren sind.

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 6. Buch - SGB VI).

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 SGB VI).

Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden täglich gesunken ist. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI).

Ausweislich der insoweit unstrittigen ärztlichen Dokumentationen leidet der Kläger wesentlich unter degenerativen Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates und einem Zustand nach Alkoholmissbrauch.

Aufgrund der damit einhergehenden Funktionsstörungen ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf leichte körperliche Arbeit im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen oder im Akkord gemindert.

Tätigkeiten mit diesem Anforderungsprofil kann der Kläger unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens 6 Stunden täglich verrichten. Insoweit folgt die Kammer den übereinstimmenden Einschätzungen der in das Verfahren einbezogenen Mediziner.

Im Ergebnis konnte eine rentenbegründende Minderung der Erwerbsfähigkeit zur Gewissheit des Gerichts beim Kläger nicht festgestellt werden.

Daran ändert auch nichts, dass der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Vorarbeiter im Bereich der Hamburger Stadtentwässerung (Hauptberuf) nicht mehr ausüben kann.

Nachdem durch ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geschaffenen Mehrstufenschema kann der Kläger aufgrund des Hauptberufes als angelernter

Rohrleitungsbauer zumutbar auf ungelernte Arbeiten verwiesen werden, soweit es sich nicht um die aller einfachsten in ihrer Art handelt.

Die von der Beklagten aufgezeigten Verweisungstätigkeiten - Registrator, Poststellenmitarbeiter und Pförtner - entsprechen dem medizinischen Leistungsbild des Klägers und sind aufgrund der dafür notwendigen Einarbeitungszeit auch zumutbar.

Dementsprechend war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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