L 5 EG 7/18

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 4 EG 7/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 EG 7/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 EG 2/20 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei der Ermittlung von Gewinneinkünften im Bezugszeitraum nach § 2d Abs. 3 Satz 1 BEEG ist grundsätzlich eine mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG entsprechende Gewinnermittlung zugrundezulegen.

2. Nach Durchschnittssätzen ermittelte Gewinne gem. § 13a EStG sind im Wege der teleologischen Reduktion mit einzubeziehen, wenn auch im Bemessungszeitraum Gewinne hiernach ermittelt wurden.

3. Ändert der Gesetzgeber die hierfür maßgebenden Pauschalen zwischen beiden Zeiträumen, ist die im Bemessungszeitraum angewandte Gewinnermittlungsvorschrift (bei unveränderten tatsächlichen Verhältnissen) auch im Bezugszeitraum anzuwenden.
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 25. September 2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat dem Kläger auch für das Berufungsverfahren die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die endgültige Gewährung von Elterngeld nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig.

Der 1983 geborene Kläger ist mit B. A. verheiratet. Beide sind die Eltern der 2014 geborenen C. A. und der 2015 geborenen D. A.

Am 12. Februar 2016 beantragte der Kläger die Gewährung von Elterngeld für seine Tochter D. A. bei dem Beklagten. In dem formularmäßigen Vordruck gab er an, vor der Geburt des Kindes Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit und Gewinneinkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt zu haben. Seinem Antrag fügte er die Lohnabrechnungen aus der Zeit von Dezember 2014 bis November 2015 der E. Handel und Logistik GmbH bei, deren Geschäftsführer er ist. Des Weiteren legte er den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vor, in welchem Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 980,00 EUR bei ihm ausgewiesen waren und teilte mit, dass sich die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2014 auf 0,00 EUR beliefen.

Mit Bescheid vom 20. April 2016 gewährte der Beklagte unter dem Vorbehalt der Rückforderung gemäß § 8 Abs. 3 BEEG dem Kläger vorläufig Elterngeld für den 3. bis 13. Lebensmonat seiner Tochter D. A. in Höhe von 1.120,15 EUR monatlich. Hierbei legte er ein durchschnittliches monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum (Januar bis Dezember 2014) in Höhe von 1.566,65 EUR zugrunde. Dies ergab sich aus dem Bruttoverdienst der nichtselbstständigen Tätigkeit gemindert um die Arbeitnehmerpauschale, abzüglich der Summe der Steuern und Sozialabgaben. 65 % hiervon entsprächen 1.018,32 EUR und führten zuzüglich des Geschwisterbonus in Höhe von 101,83 EUR zu dem gewährten Betrag von 1.120,15 EUR Elterngeld monatlich. Da das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in dem nach § 2b BEEG maßgeblichen Zeitraum nicht abschließend ermittelt werden könne, erfolge die Zahlung des Elterngeldes bis zum Nachweis des tatsächlichen Einkommens vorläufig unter Berücksichtigung des glaubhaft gemachten Einkommens. Das Einkommen sei nach Ablauf des Bezugszeitraums nachzuweisen. Eventuell zu viel gezahltes Elterngeld werde – ohne, dass es weiterer Voraussetzungen zur Erstattungspflicht bedürfe – zurückgefordert, zu gering gezahltes Elterngeld werde nachgezahlt. Zur endgültigen Feststellung sei der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 vorzulegen. Da der Kläger nach seinen eigenen Angaben im Bezugszeitraum des Elterngeldes voraussichtlich Einkommen aus Erwerbstätigkeit haben werde, erfolge die Gewährung des Elterngeldes auch aus diesem Grunde vorläufig. Das Einkommen und die Arbeitszeit seien nach Ablauf des Bezugszeitraums durch die Vorlage monatlicher betriebswirtschaftlicher Auswertungen bezüglich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von Februar 2016 bis Januar 2017 nachzuweisen.

Am 31. Juli 2017 legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 vor, aus welchem sich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG in Höhe von 137,00 EUR bei ihm ergaben. Weiterhin legte er eine Gewinnermittlung seiner Steuerberaterin nach § 13a EStG vom 27. Juli 2017 für den Zeitraum Februar 2016 bis Januar 2017 vor. Der Gewinn des Wirtschaftsjahres 2015/2016 betrug hiernach 12.442,00 EUR (monatlich 1.036,83 EUR) und der des Wirtschaftsjahres 2016/2017 15.172 EUR (monatlich 1.264,33 EUR).

Mit Bescheid vom 24. August 2017 stellte der Beklagte das mit Bescheid vom 20. April 2016 gemäß § 8 Abs. 3 BEEG als vorläufige Leistung gezahlte Elterngeld endgültig in Höhe von 527,65 EUR monatlich für den 3. bis 13. Lebensmonat seiner Tochter D. A. fest. Zwischenzeitlich sei das maßgebende Einkommen nachgewiesen, so dass das Elterngeld endgültig festgestellt werde. Die Überzahlung in Höhe von 6.517,50 EUR sei gemäß § 26 Abs. 2 BEEG i.V.m. § 328 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III) von dem Kläger zu erstatten. Ausweislich der Anlage zum Bescheid legte der Beklagte der Einkommensberechnung im Bemessungszeitraum über die Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit hinaus den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 137,00 EUR zugrunde. Im Bezugszeitraum machte der Beklagte die von der Steuerberaterin am 27. Juli 2017 erstellte Gewinnermittlung nach § 13a EStG zur Grundlage seiner Berechnung.

Mit dem am 22. September 2017 von seiner Steuerberaterin hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger eine unzutreffende Gewinnermittlung im Bezugszeitraum geltend. Die für die Berechnung von Gewinnen aus landwirtschaftlichen Betrieben maßgebende Vorschrift des § 13a EStG habe sich mit Wirkung ab dem 1. Januar 2015 grundlegend geändert. Die Gewinne seien weiterhin pauschal zu ermitteln, allerdings seien u.a. gezahlte Pachtzinsen nicht mehr abzugsfähig. Tatsächlich sei es jedoch bei der Flächengröße, den geleisteten Pachtzahlungen sowie dem Tierbestand zu keiner nennenswerten Änderung in den betreffenden Jahren gekommen. Bei der Berechnung des Elterngeldes sei somit der Gewinn aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit entweder einheitlich nach der alten Fassung (Fassung vom 8. Oktober 2009 (a.F.)) des § 13a EStG oder nach der neuen Fassung (Fassung vom 22. Dezember 2014 (n.F.)) des § 13a EStG zu berechnen. Lege man § 13a EStG a.F. der Berechnung des Elterngeldes zugrunde, ergebe sich für den Bezugszeitraum ein Einkommen des Klägers aus landwirtschaftlicher Tätigkeit in Höhe von 0,00 EUR.

Nachdem der Kläger, auf den entsprechenden Hinweis des Beklagten hin, sich das Vorbringen der Steuerberaterin zu Eigen gemacht hatte, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2017 zurück. Nach § 2d Abs. 2 BEEG seien bei der Ermittlung der im Bemessungszeitraum zu berücksichtigenden Gewinne aus Mischeinkünften die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Gewinne anzusetzen. Dem angefochtenen Bescheid habe der Steuerbescheid 2014 zu Grunde gelegen, aus welchem sich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 137,00 EUR ergaben. Dies sei daher richtigerweise im Bemessungszeitraum als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von Gewinnen aus Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt worden. Nach § 2d Abs. 3 BEEG bilde die Grundlage der Ermittlung der in den Bezugsmonaten zu berücksichtigenden Gewinneinkünfte eine Gewinnermittlung, die mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG entspreche. Dabei sei es nicht maßgebend, aufgrund welcher Fassung der Gewinn gemäß § 13a EStG ermittelt worden sei. Eine Berechnung, die andere rechtliche Vorgaben anwende, als die, die für den Bezugszeitraum gelten, entspreche nicht dem Gesetz. Der Gewinn für die beantragten Lebensmonate (xx. Februar 2016 bis xx. Februar 2017) sei nach der übersandten Gewinnermittlung taggenau berücksichtigt und korrekt eingegeben worden. Die Überzahlung in Höhe von 6.517,50 EUR sei von dem Kläger zu erstatten.

Mit der am 9. November 2017 bei dem Sozialgericht Fulda erhobenen Klage wendete sich der Kläger gegen die endgültige Leistungsfestsetzung und das Erstattungsverlangen des Beklagten. Auch beantragte er zunächst die Feststellung, dass der vom Beklagten zugrunde gelegte letzte steuerliche Veranlagungszeitraum nicht den zutreffenden Gewinnermittlungszeiträumen entspreche. Der Beklagte verkenne, dass es sich bei § 13a EStG um eine eigenständige Gewinnermittlungsvorschrift handele, bei welcher die Zuflüsse bzw. Einnahmen als pauschaler Vom-Hundert-Satz erfasst würden. Das BEEG enthalte insoweit eine Regelungslücke zu der Frage, ob das formale Minimum aus § 4 Abs. 3 EStG elterngeldrechtlich erfüllt sein müsse, obwohl es steuerrechtlich nicht erforderlich sei, wenn die Gewinnermittlung nach § 13a EStG erfolge. Es sei ihm nicht möglich und zumutbar, entgegen der steuerrechtlichen Verwaltungs- und Aufzeichnungsvereinfachung nach § 13a EStG, die für eine lebensmonatsweise konkrete Gewinnermittlung erforderlichen Belege bei dem Beklagten vorzulegen. Nach der Verfahrensweise des Beklagten liege darüber hinaus eine unzulässige Ungleichbehandlung zu denjenigen Elterngeldbeziehern vor, die ihren Gewinn nach § 13a EStG ermitteln, wegen des tatsächlichen Bezugszeitraums aber von dem Gewinnsprung, der ohne Schuld des Berechtigten allein an steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften liege, nicht betroffen seien. Die Vorschriften des BEEG seien über ihren Wortlaut hinaus teleologisch auszulegen. Der Gesetzgeber habe einen Ausgleich zu Gunsten der Eltern für die Belastungen des ersten Lebensjahres eines Kindes schaffen wollen, indem einem repräsentativen vorgeburtlichen Bemessungszeitraum ein repräsentativer nachgeburtlicher Bemessungszeitraum gegenübergestellt werde. Durch die atypische, vom Kläger nicht zu verantwortende Situation einer grundlegenden Neufassung des § 13a EStG zwischen Bemessungs- und Bezugszeitraum sei das steuerlich relevante Einkommen im Bemessungszeitraum nicht repräsentativ. Durch die Entscheidung des Beklagten werde er in seinem Grundrecht auf Gleichheit und Schutz vor Willkür verletzt.

Dem trat der Beklagte entgegen und führte zunächst aus, dass bei den vorliegenden Mischeinkünften immer das Kalenderjahr den maßgebenden Bemessungszeitraum darstelle. Eine abweichende Regelung wegen Härten im Vergleich des Jahres mit denen der letzten 12 Monate vor der Geburt sehe das Gesetz nicht vor. Durch den weiteren Verweis des BEEG auf § 4 EStG habe sich der Gesetzgeber im Elterngeldrecht festgelegt, dass die Summe der steuerlichen Begrifflichkeiten ebenso Anwendung finde wie die zeitliche Abgrenzung von Einkommen. Im Elterngeldrecht sei der Leistungsempfänger unabhängig von etwaigen steuerrechtlichen Vorgaben aufgefordert, die nach § 2 Abs. 3 und § 2d Abs. 3 BEEG notwendigen Belege zu erstellen und einzureichen. Ebenso wie man eine auf das Wirtschaftsjahr abgetrennte Gewinnermittlung anstellen könne, könne man dies auch für den elterngeldrechtlichen Bezugszeitraum abbilden. Der Kläger habe gemäß § 2d Abs. 3 BEEG eine echte Gewinnermittlung eingereicht. Die geänderte Fassung von § 13a EStG sei hinzunehmen. Dies zeige der Vergleich zu einem Gewerbetreibenden, welcher veränderten Abschreibungsbestimmungen ausgesetzt sei. Dieser müsse gleichfalls die Regelungen anwenden, die in der fraglichen Zeit für ihn gelten. Es handele sich vorliegend nicht nur um eine Änderung innerhalb des Steuerrechts, sondern eine dadurch dargestellte neue Einkommenssituation, denn Einkommen sei, was § 2 EStG als Solches definiere (§ 2 BEEG).

Mit Urteil vom 25. September 2018 hob das Sozialgericht den Bescheid vom 24. August 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2017 (gemeint: 9. Oktober 2017) hinsichtlich der Teilrückforderung des auf der Basis des Bescheides vom 20. April 2016 gezahlten Elterngeldes auf. Im Übrigen änderte es den vorbezeichneten Bescheid dahingehend ab, dass der Beklagte verurteilt wurde, dem Kläger Elterngeld in Höhe von 1.124,32 EUR monatlich im Bezugszeitraum zu zahlen. Zur Begründung führte es aus, dass der Anspruch auf Elterngeld dem Grunde nach zwischen den Beteiligten unstreitig sei. Auch sei die Einkommensberechnung im Bemessungszeitraum nicht zu beanstanden. Erzielten Elterngeldberechtigte allerdings nach der Geburt eines Kindes Einkommen aus Erwerbstätigkeit, dass durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, errechne sich das Einkommen auf der Basis des Unterschiedsbetrages zwischen dem vor- und nachgeburtlichen Einkommen (§ 2 Abs. 3 BEEG). Streitentscheidend sei somit, ob der Kläger nach der Geburt seiner Tochter D. A. Einkommen aus Erwerbstätigkeit im elterngeldrechtlichen Sinne erzielt habe. Hierfür sei wiederum allein das Steuerrecht maßgebend. Insofern ergebe sich zunächst kein Rechtsfehler seitens des Beklagten bei der Einkommensberechnung im Bezugszeitraum. Gleichwohl erweise sich das Ergebnis dieses Vorgehens als rechtswidrig. Dies folge aus systematischen und teleologischen Erwägungen unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens. Elterngeld werde an solche Elternteile gezahlt, die zur Betreuung eines Kindes die eigene Erwerbstätigkeit ganz aufgeben oder reduzieren. Den damit regelmäßig eintretenden Einkommensverlust solle dann das Elterngeld teilweise kompensieren. Daraus folge, dass entscheidender Anknüpfungspunkt für die Berechnung des Elterngeldes grundsätzlich der mit der Reduzierung bzw. vollständigen Aufgabe einer Erwerbstätigkeit verbundene Einkommensausfall darstellen müsse. Dementsprechend habe der Gesetzgeber in § 2 Abs. 3 BEEG für den Fall, dass ein Bezieher von Elterngeld (auch) nach der Geburt des Kindes Erwerbseinkommen habe, die Differenz zwischen dem vor- und nachgeburtlichen Einkommen als Berechnungsgröße bestimmt, da diese eben jenen Einkommensausfall darstelle. Gleichzeitig habe der Gesetzgeber mehrfach verdeutlicht, dass zur Bestimmung des Erwerbseinkommens allein steuerrechtliche Maßstäbe gelten sollen. Hierzu sei zentral festzuhalten, dass die Neufassung des § 13a EStG einerseits die Pauschalierung der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen beibehalte und gleichzeitig die Gewinnpauschalen für landwirtschaftliche Betriebe deutlich erhöht habe. Daraus folge, dass einerseits der steuerbare Gewinn des Klägers aus landwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit auch im Bezugszeitraum seines Elterngeldes nicht individualisiert, sondern pauschaliert nach Durchschnittssätzen von typischen Kleinlandwirten habe bestimmt werden müssen und andererseits diese Pauschalgewinne betragsmäßig deutlich über den früheren lägen. Es werde nicht der tatsächliche Gewinn, sondern die durchschnittlich erzielbaren Erträge pro Fläche zugrunde gelegt. Somit treffe das Elterngeldrecht auf ein steuerrechtliches System, das die Einkünfte (Gewinne) eines Anspruchsinhabers unabhängig von seinen konkreten, tatsächlichen Einkommensverhältnissen bestimme und dessen Parameter zur Pauschalierung in dem Zeitraum, der für die Bestimmung der Höhe des Elterngeldanspruchs, hier zwischen Bemessungszeitraum und Bezugszeitraum, (entscheidend) geändert worden sei. Die Anwendung der steuerrechtlichen Vorgaben führe im Elterngeldrecht zu vom tatsächlichen Einkommen eines Anspruchsinhabers losgelösten Ergebnissen, was weder mit dem Zweck, den elterlichen Einkommensausfall weitgehend auszugleichen, noch mit der Vorgabe des § 2 Abs. 3 BEEG vereinbar sei. Dies schließe eine Anwendung der Vorschrift, wie sie der Beklagte vorgenommen habe, aus. Vielmehr sei § 13a EStG a.F. für den Bemessungszeitraum und den Bezugszeitraum anzuwenden. Die Gewinnermittlung der Steuerberaterin des Klägers vom 22. September 2017 zugrunde gelegt, folgten hieraus Einkünfte in Höhe von 0,00 EUR im Bezugszeitraum. Somit bleibe kein Raum für die Anwendung des § 2 Abs. 3 BEEG. Das Elterngeld habe sich nach § 2 Abs. 1 BEEG ohne Teilzeiteinkommen im Bezugszeitraum zu berechnen. Eine Überzahlung des Elterngeldes sei mithin nicht festzustellen. Der angefochtene Bescheid sei hinsichtlich der Rückforderung ebenfalls rechtswidrig und daher aufzuheben.

Gegen das ihm am 29. Oktober 2018 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 21. November 2018 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass für die Einkommensberechnung im Bemessungszeitraum gemäß § 2d Abs. 2 BEEG der Steuerbescheid 2014 in zutreffender Weise zugrunde gelegt worden sei. Aus diesem seien Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 137,00 EUR nach § 13a EStG a.F. hervorgegangen, welche im Bemessungszeitraum korrekt berücksichtigt worden seien. § 2d Abs. 3 BEEG regele sodann, dass die Grundlage der Ermittlung der in den Bezugsmonaten zu berücksichtigten Gewinneinkünften eine Gewinnermittlung sei, die mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG entspreche. In diesem Zusammenhang sei unerheblich, ob und in welcher Fassung Gewinne gemäß § 13a EStG ermittelt worden seien. Mit Schreiben vom 27. Juli 2017 habe der Kläger eine monatliche Gewinn- und Verlustrechnung in diesem Sinne eingereicht, anhand derer der Beklagte den Gewinn taggenau berechnet habe. Unabhängig von steuerrechtlichen Vorgaben sei der Leistungsempfänger aufgefordert, die nach § 2 Abs. 3 und § 2d Abs. 3 BEEG notwendigen Belege einzureichen. Hierbei könne es nicht Aufgabe des Beklagten sein, die Intention des Gesetzgebers bezogen auf die Neufassung des § 13a EStG sowie die daraus resultierenden Folgen für das Elterngeld zu hinterfragen und bei der Entscheidung entsprechend zu berücksichtigen. Eine gesetzliche Verpflichtung, für die Berechnung der Gewinn- und Verlustermittlung im Bezugszeitraum die Vorschrift des § 13a EStG a.F. anzuwenden, bestehe nicht.

Der Beklagte beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 25. September 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf die nach seiner Auffassung zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts. Eine Gewinnermittlungsvorschrift, die ausdrücklich nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse abstellt, könne nicht Grundlage der Berechnung des Elterngeldes sein. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers solle das Elterngeld auf die tatsächlichen Verhältnisse junger Eltern bezogen sein.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die von dem Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.

Die Berufung ist allerdings unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 25. September 2018 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid des Beklagten vom 24. August 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2017 ist rechtswidrig ergangen und beschwert den Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Er hat Anspruch auf die endgültige Gewährung von Elterngeld in der Zeit vom xx. Februar 2016 bis xx. Januar 2017 in Höhe von 1.124,32 EUR monatlich.

Zunächst ist klarzustellen, dass insbesondere der Bescheid vom 20. April 2016, mit dem der Beklagte das dem Kläger zustehende Elterngeld in Höhe von 1.120,15 EUR monatlich unter dem Vorbehalt der Rückforderung festgestellt hat (vgl. § 8 Abs. 3 BEEG), nicht streitgegenständlich ist. Dieser Bescheid ist durch den angefochtenen Bescheid vom 24. August 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2017 ersetzt worden. Ein Vorbehaltsbescheid mit lediglich vorläufiger Bewilligung gemäß § 8 Abs. 3 BEEG erledigt sich mit der Entscheidung über die endgültige Leistungsbewilligung auf sonstige Weise (vgl. § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) und ständige Rechtsprechung des Senats u.a. in den Urteilen vom 23. Juni 2017, Az. L 5 EG 4/14 und L 5 EG 1/17 sowie vom 6. November 2017, Az. L 5 EG 22/14 und L 5 EG 14/14).

Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BEEG lagen auch vor. Nach dieser Vorschrift wird Elterngeld bis zum Nachweis des tatsächlich erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit vorläufig unter Berücksichtigung des glaubhaft gemachten Einkommens gezahlt, wenn das vor der Geburt erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit nicht ermittelt werden kann oder nach den Angaben im Antrag im Bezugszeitraum voraussichtlich Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wird. Dies ist vorliegend der Fall gewesen, denn der Kläger hat vor der Geburt Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit sowie aus Land- und Forstwirtschaft erzielt und angegeben, er werde im Bezugszeitraum voraussichtlich auch Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft haben. Der Beklagte hat daraufhin zutreffend ausgeführt, dass zur endgültigen Feststellung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit im Bemessungs- und im Bezugszeitraum der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 sowie monatliche betriebswirtschaftliche Auswertungen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von Februar 2016 bis Januar 2017 benötigt werden. Bis zum Nachweis des tatsächlich erzielten Einkommens erfolge "die Zahlung des Elterngeldes vorläufig".

Im Rahmen der streitgegenständlichen endgültigen Festsetzung des Elterngeldes steht dem Kläger nach Auffassung des Senats Elterngeld für den 3. bis 13. Lebensmonat (xx. Februar 2016 bis xx. Januar 2017) seiner Tochter D. A. in Höhe von 1.124,32 EUR monatlich zu. Die vom Beklagten vorgenommene Berechnung des Elterngeldes nach § 2 Abs. 3 BEEG, insbesondere die Berücksichtigung von positiven Einkünften des Klägers aus seiner Landwirtschaft nach § 13a EStG n.F. im Bezugszeitraum, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Höhe des Elterngeldes bestimmt sich vorliegend nach § 2 Abs. 1 BEEG.

Unstreitig hat der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld für seine Tochter D. A. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr. 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr. 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr. 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr. 4). Diese Voraussetzungen sind für das am 3. Dezember 2015 geborene Kind bezogen auf den streitgegenständlichen Bezugszeitraum vom 3. Februar 2016 bis 2. Januar 2017 erfüllt, was sich aus den Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren ergibt und zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

Streitig ist im Berufungsverfahren allein die Höhe des Elterngeldes. Diese richtet sich grundsätzlich nach § 2 BEEG. Elterngeld wird nach Absatz 1 der Vorschrift in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG sowie

2. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG,

die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 BEEG hat. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG sind Einkünfte bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a EStG).

Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c BEEG vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes nach § 2b Abs. 1 BEEG maßgeblich. Wenn die berechtigte Person vor der Geburt auch Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte, ist nach § 2b Abs. 3 BEEG abweichend hiervon der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den Gewinnermittlungszeiträumen nach § 2b Abs. 2 BEEG zugrunde liegt.

Diese Vorschriften zugrunde gelegt, sind im hiernach maßgebenden Bemessungszeitraum von Januar bis Dezember 2014 ausweislich des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2014 Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit bei der E. Handel und Logistik GmbH in Höhe von 30.888,00 EUR sowie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 137,00 EUR zugrunde zu legen. Nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrages vom Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit sowie dem Abzug für Steuern und Sozialabgaben folgt hieraus ein monatliches Netto-Erwerbseinkommen in Höhe von 1.572,48 EUR im Bemessungszeitraum. 65 % hiervon (1.022,11 EUR) zuzüglich 10% Geschwisterbonus (102,21 EUR) ergeben den nach Auffassung des Senats zutreffenden Anspruch auf Elterngeld im Bezugszeitraum vom 3. Februar 2016 bis 2. Januar 2017 in Höhe von 1.124,32 EUR monatlich.

Dagegen kann die Berechnung des Elterngeldes im konkreten Einzelfall nicht – wie von dem Beklagten vertreten – auf § 2 Abs. 3 BEEG gestützt werden. Abweichend von den vorgenannten Regelungen bestimmt diese Vorschrift, dass für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, Elterngeld in Höhe des nach § 2 Abs. 1 oder 2 BEEG maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt wird.

Der Kläger hat nach Auffassung des Senats kein elterngeldrechtlich relevantes Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach der Geburt seiner Tochter D. A. erzielt, weswegen die Berechnung des Elterngeldes nicht nach § 2 Abs. 3 BEEG, sondern nach § 2 Abs. 1 BEEG zu erfolgen hat.

Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 BEEG erfasst nach ihrem Wortlaut grundsätzlich auch den vorliegenden Fall. Aus systematischen Gründen und wegen des Zwecks der Gewährung von Elterngeld als Einkommensersatz ergibt sich jedoch deren Unanwendbarkeit für den konkreten Fall dadurch, dass der Kläger im Bezugszeitraum – unter Zugrundelegung derselben Gewinnermittlungsvorschrift nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG a.F.) wie im Bemessungszeitraum – kein Einkommen erzielt hat. Dies ist vorliegend wegen der zwischen dem Bemessungs- und Bezugszeitraum geänderten steuerrechtlichen Bewertung und des damit einhergehenden steuerlichen Gewinns nach § 13a EStG n.F. beachtlich.

Bei Betrachtung des Wortlauts von § 2 Abs. 3 Satz 1 BEEG setzt eine Anwendung dieser Bestimmung voraus, dass die berechtigte Person für Monate nach der Geburt des Kindes ein "Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt". Da nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte u.a. aus Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen ist, liegt diese Voraussetzung bei natürlichem Wortverständnis an sich auch dann vor, wenn nach der Geburt wie vorliegend positive Einkünfte nach der steuerrechtlichen Vorschrift des § 13a EStG erzielt werden. Das BEEG knüpft für den Begriff des "Einkommens aus Erwerbstätigkeit" vollständig an steuerrechtliche Maßstäbe an (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2017, Az. B 10 EG 7/17 R). Ausweislich § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG sind Einkünfte in der Landwirtschaft auch der Gewinn nach § 13a EStG. Eine modifizierte Gewinnermittlungsvorschrift für Kleinlandwirte, die Gewinne nach § 13a EStG ermitteln, gibt es im BEEG – anders als in § 15 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) – nicht. Mithin fließen die nach § 13a EStG ermittelten Gewinne in die Einkommensberechnung grundsätzlich ein.

Zur Ermittlung des im Bezugszeitraum nach der Geburt erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit sind die für die Ermittlung des im Bemessungszeitraum vor der Geburt des Kindes erzielten Einkommens maßgebenden Grundsätze nach § 2 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2c bis f BEEG jedoch nicht in vollem Umfang anzuwenden. Die Unterschiede in der Einkommensermittlung sind darauf zurückzuführen, dass im Fall der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum der tatsächliche und nicht nur – wie im Falle der Elterngeldgewährung auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 BEEG – ein fiktiver Einkommensausfall ausgeglichen werden soll. Für die Ermittlung des durchschnittlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist das im Bemessungszeitraum insgesamt erzielte Einkommen durch zwölf zu teilen, auch wenn in einzelnen dieser Kalendermonate kein Einkommen erzielt wurde. Für die Ermittlung des durchschnittlichen Einkommens in den Bezugsmonaten sind dagegen nur die Bezugsmonate maßgebend, in denen tatsächlich Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wurde. Diese Vorgehensweise folgt zwanglos aus dem Gesetzesentwurf (BT-Drs. 16/1889, S. 20), wenn darin ausgeführt wird:

"Nach Absatz 3 wird Elterngeld auch für die Monate gezahlt, in denen ein Elternteil die Erwerbstätigkeit nicht unterbricht, sondern nur einschränkt. Maßstab für die Höhe des Elterngeldes ist auch in diesen Fällen der tatsächliche Einkommensausfall. Verglichen wird das durchschnittliche Einkommen vor der Geburt mit dem voraussichtlich durchschnittlich erzielten Einkommen nach der Geburt."

Gesetzgeberisch motiviert ist diese Regelung durch die in dem Gesetzesentwurf (BT-Drs. 16/1889, S. 15, 19) ebenfalls ausgeführte generelle Intention des Elterngeldes:

"Das Elterngeld soll den Eltern die Möglichkeit bieten, ihre Erwerbstätigkeit zu unterbrechen oder einzuschränken, um sich vorrangig der Betreuung ihres neugeborenen Kindes zu widmen.

Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, erhält damit erstmals einen am individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für finanzielle Einschränkungen."

Die Feststellung einer tatsächlichen Einkommensdifferenz im Bezugszeitraum in dem aufgezeigten Sinne ist unter Einbeziehung der steuerrechtlichen Gewinnermittlung nach § 13a EStG grundsätzlich nicht möglich. Ausgangspunkt für diese Einschätzung ist die wiederholt vom Bundessozialgericht ausgeführte Rechtsauffassung, dass Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit in dem Zeitraum erzielt ist, in dem es dem Elterngeldberechtigten tatsächlich zufließt (BSG, Urteil vom 5. April 2012, Az. B 10 EG 10/11 R = SozR 4-7837 § 2 Nr. 14; BSG, Urteil vom 29. August 2012, Az. B 10 EG 18/11 R; BSG, Urteil vom 21. Februar 2013, Az. B 10 EG 12/12 R = SozR 4-7837 § 2 Nr. 19; BSG, Beschluss vom 31. August 2015, Az. B 10 EG 4/15 B, juris). Hierbei kann ein Steuerbescheid (vorliegend für die Jahre 2016 und 2017) nicht als maßgeblicher Nachweis für erzieltes Einkommen herangezogen werden, da das auf den Bezugszeitraum anteilig umgerechnete Einkommen, das die elterngeldberechtigte Person im jeweiligen Veranlagungszeitraum hat, keine zuverlässigen Rückschlüsse auf das tatsächliche Einkommen im Bezugszeitraum erlaubt (so ausdrücklich Beschlussempfehlung und Bericht des 13.&8239;Ausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, BT-Drucks. 17/9841, S.&8239;23). Dies gilt nach Auffassung des Senats aber gleichermaßen auch für die vom Kläger vorgelegte Gewinnermittlung nach § 13a EStG.

Nach § 13a Abs. 1 EStG steht dem Kleinlandwirt die Möglichkeit zur Verfügung, die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen vorzunehmen, womit er von den an sich nach § 4 Abs. 1 und 3 EStG bestehenden Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten befreit wird. Dies dient der Förderung der Land- und Forstwirtschaft und ihrer Erhaltung als leistungs- und wettbewerbsfähiger Wirtschaftszweig. Auch soll § 13a EStG zu einer für typische land- und forstwirtschaftliche Betriebe angemessenen Gewinnerfassungsquote führen. Ihrer Natur nach ist die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ein typisierter Betriebsvermögensvergleich. Auf die Ermittlung der tatsächlichen Gewinne und Verluste nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG wird verzichtet. An deren Stelle treten nach gesetzlich festgelegten durchschnittlichen Werten bemessene Gewinne und ausnahmsweise auch Verluste, die nicht den tatsächlichen Gewinnen und Verlusten entsprechen und auch nicht entsprechen sollen. Ein Abweichen von den nach den Grundsätzen der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen fiktiv ermittelten Gewinnen kommt nicht in Betracht. Bei den Durchschnittswerten handelt es sich um eine unwiderlegbare gesetzliche Fiktion des tatsächlichen Gewinns (Nacke in: Blümich, EStG, Stand: 151. EL März 2020, § 13a Rdnr.4).

Die von dem Kläger durchgeführten Gewinnermittlungen nach § 13a EStG stehen ihren Werten nach im Steuerbescheid 2014 und in der Gewinnermittlung vom 27. Juli 2017 unter Bezugnahme auf die jeweils gültige Fassung des § 13a EStG zwischen den Beteiligten nicht im Streit und werden von ihnen auch nicht beanstandet. Hiernach hat der Kläger Einkünfte aus seiner Landwirtschaft im Bemessungs- und im Bezugszeitraum erzielt; unter Anwendung von § 13a EStG n.F. im Bezugszeitraum deutlich höhere Gewinne und unter Anwendung von § 13a EStG a.F. in Höhe von 0,00 EUR. Allerdings ist unabhängig hiervon deren tatsächliche Höhe im Bezugszeitraum, aufgrund der einzig vorliegenden Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen, nicht feststellbar. Es fehlt an einer auf die einzelnen Lebensmonate des Kindes bezogenen individuell für die Landwirtschaft des Klägers erstellten Gewinnermittlung. Wenn sich aber bei unstreitig vorhandenen tatsächlichen Einkommen im Bezugszeitraum dessen konkrete Höhe nicht ermitteln lässt, kann dies nicht zu einem generellen Ausschluss aus dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 BEEG führen. Bei unverändertem tatsächlichen Einkommen im Bezugszeitraum würde sich die Berechnungsmethode (§ 2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 BEEG) und somit auch die Höhe des Elterngeldes danach richten, für welche Gewinnermittlungsart (§ 4 Abs. 1, 3 oder § 13a EStG) sich der Elterngeldberechtigte entscheidet. Um solche mit dem gesetzgeberischen Ziel - ein am individuellen Einkommen orientierter Ausgleich für finanzielle Einschränkungen - unvereinbaren Ergebnisse zu vermeiden, ist eine entsprechende Auslegung von § 2 Abs. 3 BEEG vorzunehmen. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die Anwendung des § 2 Abs. 3 BEEG nach dessen Sinn und Zweck, der Gesetzessystematik und dem Gebot einer verfassungskonformen Auslegung im Wege einer teleologischen Reduktion einzuschränken. Die Regelung findet auch bei nach Durchschnittssätzen ermittelten Gewinneinkünften im Bemessungs- und Bezugszeitraum Anwendung.

Eine solche teleologische Reduktion gehört zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 15. Oktober 2004, Az. 2 BvR 1316/04 = NJW 2005, 352, 353; BVerfG, Beschluss vom 7. April 1997, Az. 1 BvL 11/96 = NJW 1997, 2230, 2231; BVerfGE 88, 145, 167; BVerfGE 35, 263, 279). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG, Beschluss vom 7. April 1997, Az. 1 BvL 11/96 = NJW 1997, 2230, 2231). Jede Auslegung findet allerdings dort ihre Grenzen, wo sie nicht nur mit dem Wortlaut, sondern auch dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde; im Wege der Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (BVerfG, a.a.O.; zu den Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung: BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011, Az. 1 BvR 918/10 = NJW 2011, 836, Rdnr. 50-54).

Eine allein am Wortlaut orientierte Auslegung des § 2 Abs. 3 BEEG legt es – wie bereits ausgeführt – nahe, lediglich bei einem auch seiner Höhe nach feststellbaren tatsächlichen Einkommen im Bezugszeitraum die Berechnung des Elterngeldes auf der Basis der Differenz zwischen vor- und nachgeburtlichen Einkommen vorzunehmen. Hingegen sprechen Sinn und Zweck der im Vergleich zu § 2 Abs. 1 BEEG veränderten Berechnungsgrundlage für eine teleologische Reduktion des Regelungsinhalts hinsichtlich derjenigen Fälle, in denen sowohl im Bemessungs- als auch im Bezugszeitraum Gewinne steuerrechtlich nach Durchschnittssätzen ermittelt werden. § 2 Abs. 3 BEEG dient dem gesetzgeberischen Ziel, den Einkommensverlust nach der Geburt des Kindes unter Berücksichtigung von Einkommen im Bezugszeitraum möglichst konkret abzubilden und so die hieran orientierte Gewährung von Elterngeld den tatsächlichen Umständen anzupassen.

Die Anwendung von § 2 Abs. 3 BEEG auch in Fällen mit einer Ermittlung des Gewinns im Bezugszeitraum anhand von Durchschnittssätzen, wie sie der Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid vorgenommen hat, führt dennoch zu einem dem aufgezeigten Gesetzeszweck zuwiderlaufendem Ergebnis. Die tatsächliche Einkommenssituation des Klägers stellt sich in Bezug auf seine Einkünfte aus der Landwirtschaft im Bemessungs- und Bezugszeitraum im Wesentlich unverändert dar. Die eklatante Abweichung der steuerrechtlichen Bewertung beruht einzig auf der durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (ZollkodexAnpG) vom 22. Dezember 2014 geänderten Fassung des § 13a EStG (a.F.) mit Wirkung zum 1. Januar 2015. Hiermit wurde an dem System der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen unverändert festgehalten und gleichzeitig die Gewinnpauschalen deutlich erhöht. Die Anwendung der jeweils gültigen steuerrechtlichen Vorgaben führt im Elterngeldrecht zu vom tatsächlichen Einkommen des Berechtigten losgelösten Ergebnissen, was weder dem Zweck des Elterngeldes, noch mit den Vorgaben aus § 2 Abs. 3 BEEG vereinbar ist. Eine wie vom Beklagten vorgenommene Berechnung des Elterngeldes im konkreten Einzelfall scheidet damit aus.

Um der gesetzgeberischen Intention in § 2 Abs. 3 BEEG zu entsprechen, ist im konkreten Einzelfall sowohl der Berechnung der pauschalierten Einkünfte im Bemessungszeitraum als auch im Bezugszeitraum § 13a EStG a.F. zugrunde zu legen. Nur so kann die tatsächliche Einkommensdifferenz im konkret zu entscheidenden Einzelfall dargestellt werden.

Nach § 52 Abs. 22a Satz 1, 2 EStG in der Fassung vom 25. Juli 2014 (BGBl. I, S. 1266) ist § 13a EStG in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung letztmals für das Wirtschaftsjahr, das vor dem 31. Dezember 2015 endet und § 13a in der am 1. Januar 2015 geltenden Fassung erstmals für das Wirtschaftsjahr, das nach dem 30. Dezember 2015 endet, anzuwenden. Trotz dieser steuerrechtlichen Übergangsregelung ist vorliegend die Anwendung des früheren § 13a EStG a.F. für die Gewinnermittlung im Bezugszeitraum des Elterngeldes (Wirtschaftsjahre 2015/2016 und 2016/2017) geboten. Dies beruht auf den vom Sozialgericht ausgeführten Grundsätzen zum Vertrauensschutz sowie den Grundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts (grundlegend: Kopp, SGb 1993, 593), auf die vorliegend im Anwendungsbereich des BEEG zurückzugreifen ist. Dies ist trotz der steuerrechtlich geregelten Übergangsvorschrift in § 52 Abs. 22a Satz 1, 2 EStG möglich, da diese nicht auf das Leistungsrecht des BEEG übertragen werden kann. Nach den einschlägigen Grundsätzen gilt: Neues Recht wird unmittelbar mit seinem Inkrafttreten wirksam und erfasst uneingeschränkt zumindest solche Sachverhalte, die erstmals nach seinem Geltungsbeginn eintreten (Kopp a.a.O. S. 595: Grundsatz der Sofortwirkung und Nicht-Rückwirkung). Durch Auslegung des jeweils neuen Rechts ist zu bestimmen, ob es außerdem für früher entstandene, noch nicht abschließend abgewickelte Rechtsverhältnisse gelten will (Kopp a.a.O. S. 597: Grundsatz der sofortigen Anwendung neuen Rechts auch auf nach altem Recht entstandene Rechte und Rechtsverhältnisse). In diesem Sinne "abgeschlossen" ist ein nach dem BEEG gegründetes Sozialrechtsverhältnis erst mit dem bestandskräftigen Ende der aus dem Stammrecht auf Elterngeld fließenden Einzelleistungen. Das § 13a EStG n.F. auf noch nicht abgeschlossene Elterngeldrechtsverhältnisse Anwendung finden soll, lässt sich der steuerrechtlich geregelten Übergangsvorschrift nicht entnehmen. Da das mit dem Antrag auf Gewährung von Elterngeld am 12. Februar 2016 entstandene Sozialrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten noch nicht abschließend abgewickelt ist, hat die endgültige Festsetzung des Elterngeldes und die hierfür erforderliche Ermittlung der Gewinne aus selbstständiger Tätigkeit im Bezugszeitraum somit nach den maßgebenden Pauschalen des § 13a EStG a.F. zu erfolgen.

Diese Ausführungen zugrunde gelegt, folgen aus der unbeanstandeten Berechnung der Steuerberaterin des Klägers Einkünfte aus Landwirtschaft in Höhe von 0,00 EUR im Wirtschaftsjahr 2015/2016 und ebenfalls in Höhe von 0,00 EUR im Wirtschaftsjahr 2016/2017. Mangels hiernach erzielten Einkommen nach der Geburt seiner Tochter im Sinne von § 2 Abs. 3 BEEG ist die Berechnung des Elterngeldes im konkreten Einzelfall auf § 2 Abs. 1 BEEG zu stützen und dem Kläger auf dieser Grundlage (wie bereits ausgeführt) monatliches Elterngeld in Höhe von 1.124,32 EUR für die Zeit vom 3. Februar 2016 bis 2. Januar 2017 zu gewähren.

Mit der vorläufigen Gewährung von Elterngeld in Höhe von nur 1.120,15 EUR monatlich ist für die Zeit vom xx. Februar 2016 bis xx. Januar 2017 somit kein Raum für ein Erstattungsverlangen des Beklagten im Rahmen der endgültigen Leistungsgewährung. Die im streitgegenständlichen Bescheid verfügte Rückforderung ist rechtswidrig und mithin aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Der erkennende Senat misst der Rechtsfrage, ob die im Einkommensteuerrecht geregelten Übergangsvorschriften im Elterngeldrecht mit der Folge Anwendung finden, dass die Einkommensermittlung im Bezugszeitraum – bei unveränderten tatsächlichen Verhältnissen – im Vergleich zum Bemessungszeitraum ein deutlich höheres Einkommen ergibt oder von den steuerrechtlichen Übergangsvorschriften eine bereichsspezifische Ausnahme für die Berechnung des Elterngeldes angezeigt ist, grundsätzliche Bedeutung bei.
Rechtskraft
Aus
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